Das Tabu der Vorstandsgehälter

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vega2000:

Das Tabu der Vorstandsgehälter

 
01.02.02 11:36

Das Tabu
Vorstände fürchten die Offenlegung ihrer Gehälter


Der Stahlmanager Gerhard Cromme rührt an einem Tabu. Er will die Gehälter der ThyssenKrupp-Vorstände für das Ende September abgelaufene Geschäftsjahr einzeln und im Detail veröffentlichen. Die deutschen Unternehmer machen traditionell ein Geheimnis aus ihrem Einkommen. Selbst große Aktiengesellschaften weisen in ihren Jahresberichten nur die „Gesamtbezüge des Vorstandes“ aus. Seit es Boni und die in der angelsächsischen Welt üblichen Aktienoptionen gibt, ist die alte Faustregel überholt, diese Gesamtbezüge durch die Kopfzahl zu teilen und dem Vorstandsvorsitzenden einen ordentlichen Zuschlag zu geben. Nicht einmal der Gang an die amerikanische Börse zwingt Unternehmen zu der in den USA üblichen Offenlegung einzelner Manager-Bezüge. Deshalb weiß niemand genau, wie viel etwa Deutsche Bank-Chef Rolf Ernst Breuer verdient hat. Waren es im Jahr 2000 nur 8,4 Millionen Euro oder 11,08 Millionen Euro? Anhaltspunkte für Schätzungen geben Aktienoptionen, die vom Kurs der Papiere und ihrer Inanspruchnahme abhängen.

Für seinen Vorstoß hat Cromme gute Gründe. Er ist Vorsitzender der Kommission, die auf Wunsch der Regierung neue Regeln aufstellt, um die deutschen Unternehmen durchsichtiger und damit international wettbewerbsfähiger zu machen. Seine Empfehlung lautet, die Manager-Gehälter „individuell“ offen zu legen, vor allem aber die festen und variablen Gehaltsbestandteile getrennt aufzulisten. Reinhild Keitel von der Schutzvereinigung der Kleinaktionäre (SdK) sagt: „Das ist ein Witz.“ Es könne nicht angehen, dass Unternehmen die Segnungen der internationalen Gepflogenheiten wie Aktienoptionen bereitwillig übernehmen, sich aber zugleich den Offenlegungspflichten entziehen. Ob die Kritik der Aktionärsvertreter auf offene Ohren stößt, bleibt abzuwarten.

So rät Rainer Schätzle, Partner der Beraterfirma Arthur Andersen, vom Ausweis einzelner Gehälter ab. Er ist nach eigenen Angaben nicht deshalb dagegen, weil er eine Neid-Debatte um Gehälter fürchtet. „Wenn ein Michael Schumacher 700 Millionen im Jahr verdient und für den Transfer von Fußballspielern 150 Millionen rollen, regt das keinen mehr auf“, glaubt er. Der Berater verweist viel mehr auf die Praxis in den USA und Großbritannien. Seit dort die Gehälter veröffentlicht werden, stiegen diese langsam aber sicher in unermessliche Höhen. Gerade weil die Einkommen bekannt sind, könnten die Manager mit Verweis auf die Konkurrenz und ihre eigene Unverzichtbarkeit ihre Forderungen immer höher schrauben. Hier zu Lande würde in einem Kollektiv noch die Funktion der Vorstände bezahlt, im angelsächsischen Bereich regiere die „Ego-AG“.

Die These von Schätzle wird durch Cromme indirekt bestätigt. Der begründet seinen Vorstoß auch damit, dass die Offenlegung der Gehälter vor Augen führen würde, wie unterbezahlt die deutschen Manager im internationalen Vergleich sind. Der aufkommende Neidkomplex bei dem einen oder anderen Betrachter sei da schon eher hinzunehmen. Diese Ansicht teilt das den Chef- Etagen durchaus gewogene Manager-Magazin nicht. Es stellt eine unerquickliche Verteilungsdebatte zwischen Eigentümern, den zum Maßhalten genötigten Arbeitnehmern sowie maßlosen Vorständen in den Raum.

Tatsächlich passt die neue Gehaltskultur an den Unternehmensspitzen nicht in die politische Landschaft. Gewerkschaften ist kaum plausibel zu machen, mit moderaten Forderungen in die Lohnverhandlungen zu gehen, wenn gleichzeitig die Manager immer stärker abkassieren. Die neuen variablen Bestandteile der Gehälter sollten eigentlich die Management-Leistung bewerten, indem sie mit dem Aktienkurs oder dem Jahresüberschuss atmen.

Auch um zu zeigen, ob und wie die Manager in schlechteren Zeiten auf Einkommen verzichten, wäre also die so genannte individuelle Gehaltsangabe von Nutzen. Bisher verweisen die meisten großen Aktiengesellschaften aber auf Datenschutz, Privatsphäre oder Sicherheitsaspekte. Eine Ausnahme gibt es gleichwohl, wie der Blick in den Geschäftsbericht des Computerspezialisten SAP zeigt.

Quelle. Süddeutsche Zeitung


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