Im Irak hat die entscheidende Schlacht um die Hauptstadt Bagdad begonnen. Der DAX reagierte auf Erfolgsmeldungen der Koalitionsarmee mit Kursgewinnen. Noch aber bleiben die meisten Anleger in Deckung.
von Sven Parplies / Euro am Sonntag
Tag 18 im Krieg gegen Saddam Hussein. Vor Bagdad tobt die Entscheidungsschlacht. Und die Börse stürmt mit. Seit Amerikaner und Briten vergangene Woche ihre Offensive gegen die irakische Hauptstadt begonnen haben, klettert der DAX. Allein am Mittwoch legte er knapp sechs Prozent zu. Ist das schon der Beginn der lang ersehnten Rally?
Die meisten Investoren bleiben vorerst in Deckung. Schon einmal, bei Kriegsbeginn, hatten sie auf einen schnellen Sieg der von den USA geführten Koalition gesetzt und wurden vom hartnäckigen Widerstand der irakischen Armee auf dem falschen Fuß erwischt (siehe Interview Seite 11). So seien es bislang vor allem Hedge-Fonds, die die Kurse an den deutschen Börsen treiben, berichten Händler. Auch jetzt drohen Investoren noch unkalkulierbare Risiken: Terroranschläge, Giftgas gegen amerikanische und britische Soldaten oder ein blutiger Häuserkampf könnten die Aktienkurse schnell wieder in den Keller treiben. Analysten schrecken daher vor kurzfristigen Prognosen zurück: „Die Märkte werden sehr volatil bleiben, mehr lässt sich beim besten Willen nicht voraussagen", warnt Roland Ziegler, Marktstratege der ING BHF-Bank.
Doch nicht nur der Krieg beunruhigt die Börsen. In den USA beginnt Mitte des Monats die Saison der Quartalsberichte. Dann werden die Finanzmärkte erstmals konkret ablesen können, wie stark die Umsätze der Unternehmen durch den Irak-Krieg beeinträchtigt sind. Analysten bereiten sich schon jetzt auf Enttäuschungen vor und senken ihre Prognosen. Mitte März, unmittelbar vor Beginn der Kämpfe, kalkulierten sie für Technologie-Konzerne im S&P500 mit einer durchschnittlichen Steigerung des Quartalsgewinns um 15 Prozent - inzwischen rechnen sie nur noch mit elf Prozent Plus. Selbst das ist Richard Bernstein, dem Chefstrategen von Merrill Lynch, zu optimistisch. Anleger schauten gegenwärtig ausschließlich auf den Krieg im Irak und ließen die fundamentalen Wirtschaftsdaten völlig außer Acht, mahnt der Chefstratege.
Tatsächlich stimmen die jüngsten Konjunkturdaten aus den Vereinigten Staaten alles andere als hoffnungsfroh. Nachdem die Auftragseingänge für langlebige Industriegüter bereits drastisch zurückgegangen waren, knickte vergangene Woche auch der amerikanische Einkaufsmanager-Index ISM ein. Das Barometer, das als einer der wichtigsten Frühindikatoren für die konjunkturelle Entwicklung in den USA gilt, sank auf den tiefsten Stand seit den Terroranschlägen im September 2001.
In Europa sieht es nicht besser aus: Die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) senkte vergangene Woche ihre Wachstumsprognosen für die Eurozone von 1,8 auf 0,9 Prozent. Einer emotional getriebenen Rally dürfte das jedoch nicht im Wege stehen. „Ist der Krieg relativ schnell beendet, wird die Börse auch die Kraft besitzen, schwache Wirtschaftsdaten wegzustecken", glaubt BHF-Stratege Ziegler. Jörg Krämer von Invesco Asset Management stimmt ihm zu. „Europäische Aktien sind derzeit 40 Prozent unterbewertet", glaubt er.
Auch Charttechniker sehen für den DAX bereits ein Potenzial bis mindestens 3000 Punkten. Schon die vergangene Woche deutete an, welche Titel die Nase vorne haben dürften: Neben den zuletzt besonders stark abgestürzten Finanztiteln Allianz, Münchener Rück und HypoVereinsbank legten auch Tech-Titel wie Siemens, SAP und Infineon überproportional zu.
Bei US-Aktien scheinen hingegen die Chancen kurzfristig begrenzt zu sein. Dow Jones und S&P500 haben sich in den vergangenen Monaten deutlich besser gehalten als europäische Indizes und bieten deshalb weniger Aufholpotenzial. „Wir haben amerikanische Titel untergewichtet", berichtet Thomas Meier, Fondsmanager bei Union Investment.
Anleger sollten auch nach Kriegsende vorsichtig bleiben. Wegen der unsicheren Konjunkturlage rät Volker Dosch von der Fondsgesellschaft DWS, eine Rallye zu nutzen, um bei risikoanfälligen Titeln Gewinne zu realisieren und auf defensive Papiere zu setzen.
Es ist viel Angst im Spiel
Die Nervosität ist hoch. Krieg ist eine Ausnahmesituation - auch an der Börse. Verhaltenstherapeut Iver Hand vom Zentrum für psychosoziale Medizin der Uniklinik Hamburg Eppendorf erklärt, wie Investoren dieser Tage reagieren.
EURO: Wie würden Sie die aktuelle Stimmung unter den Anlegern bezeichnen?
Hand: Es ist viel Angst im Spiel. Den Anlegern ist klar geworden, dass der Krieg nicht in zwei Wochen zu Ende ist.
EURO: Wie äußert sich diese Angst?
Hand: In einem sehr unsicheren Verhalten. Manche versuchen, auf die Schnelle kleine Gewinne mitzunehmen. Die meisten warten aber verängstigt ab, was die nicht vorhersehbare Zukunft bringen wird.
EURO: Wo ist die Gier geblieben, die lange Zeit das Verhalten an der Börse bestimmt hat?
Hand: Die gibt es immer. Wir haben an unserem Krankenhaus einige Anleger als Patienten gehabt, die sehr viel Geld verloren haben und glaubten, dass sie nie wieder in kurzfristige Börsengeschäfte einsteigen würden. Es zeigte sich aber, dass sie beim ersten Hoffnungsschimmer an den Finanzmärkten wieder nervös wurden. Das ist das übliche Verhalten von krankhaften Glücksspielern: Sie wollen wenigstens ihre Verluste ausgleichen. Sie sind diesem Glücksspiel mental und psychisch nicht gewachsen.
EURO: Wann wird es für diese Leute gefährlich?
Hand: Wenn die Kurse eine Zeit lang steigen und sie das Gefühl haben, dass sie jetzt wieder dabei sein müssen. Das ist so, als wenn sie an Glücksspielautomaten gerade 80 Prozent ihres verfügbaren Geldes verloren haben und gehen wollen. Doch auf dem Weg nach draußen klingeln auf einmal mehrere Automaten. Dann sagen sich diese Leute: Ich muss es noch mal probieren.
EURO: Das sind Extremfälle. Wie reagieren rational handelnde Anleger in Kriegszeiten?
Hand: Die werden auch in solchen Zeiten die fundamentalen Daten nicht aus den Augen verlieren. Für Leute, die professioneller sind und längerfristig anlegen, kann beispielsweise das Ende des Krieges Signal sein, über ein Investment nachzudenken.
EURO: Die Kurse spielen derzeit Jojo. Handeln Anleger nur danach, ob es Erfolgs- und Misserfolgsmeldungen von der Front gibt?
Hand: Es gibt immer Leute, die aus einzelnen Meldungen Hochrechnungen über den Kriegsverlauf anstellen.
EURO: Ist es falsch, sich an Nachrichten über den täglichen Kriegsverlauf zu orientieren?
Hand: Das Problem ist, dass die kurzfristige Entwicklung der Börsen schon in Friedenszeiten nicht vorauszusehen ist. Das gilt in einem ganz besonderem Maße, wenn Krieg herrscht.
EURO: Hinterfragen die Anleger in Krisenzeiten stärker als sonst ihre Motivation für ein Investment?
Hand: Sie hinterfragen sicher die Art des Investments. Seitdem der Krieg drohte, ist beispielsweise der Goldpreis stark gestiegen. Viele sagten sich: Wenn überhaupt etwas sicher ist, dann Gold.
EURO: Der Krieg ist ja nur einer der negativen Faktoren, die auf die Börse wirken. Darüber hinaus belasten die schwache Konjunktur und seit einigen Tagen die Krankheit SARS. Wie viele solcher schlechten Nachrichten verträgt eigentlich ein Finanzmarkt?
Hand: Man muss sehen, dass bereits vor diesen Ereignissen ein starker Vertrauensverlust der Anleger eingesetzt hatte. Die Renten sind mehr als unsicher geworden. Die D-Mark ist dahin. Die starke Ausweitung der Eurozone verunsichert viele Menschen. Dazu kam der Kurssturz an den Börsen. Viele Menschen wissen überhaupt nicht mehr, wie sie sich für die Zukunft absichern sollen. Das führt zu einer Reduzierung oder Enthaltung im Konsum.
EURO: Auch bei Börsengeschäften?
Hand: Ja.
EURO: Könnte der Anleger irgendwann an den Punkt kommen, wo er all diese negativen Nachrichten ignoriert. Dass er sagt: Krieg hin, Konjunktur her, SARS - genug davon. Ich investiere jetzt, auch wenn das Umfeld schlecht ist?
HAND: Solche Leute gibt es auch jetzt. Zum Glück, sonst würde die Börse ja völlig zusammenbrechen. Aber man sollte sich mal ansehen, was mit dem Normalbürger passiert ist. Der Staat und die Großbanken haben ihm vor Jahren gesagt: Lege dein Geld in Aktien an. Viele sind dem naiv gefolgt. Und haben sich an der Börse furchtbar die Finger verbrannt.
EURO: Eine ethische Frage im Angesicht des Krieges: Darf man mit dem Leid anderer Geschäfte machen, indem man jetzt Aktien kauft, die vom Kriegsgeschehen möglicherweise profitieren?
Hand: Viele haben keine Skrupel, so zu handeln. Die Führungselite akzeptiert Kriege als Mittel der Politik. Wir haben erfahren, dass selbst im Frieden in der Wirtschaft rücksichtslos Existenzen vernichtet werden. Ethik scheint in den oberen Etagen von Politik und Wirtschaft Mangelware geworden zu sein. Von daher lassen sich viele Leute nicht von solchen Investments abhalten. Man sieht, wie jemand schwächer wird und fragt sich: Wie kann ich zubeißen, um mich selbst zu stärken.
von Sven Parplies / Euro am Sonntag
Tag 18 im Krieg gegen Saddam Hussein. Vor Bagdad tobt die Entscheidungsschlacht. Und die Börse stürmt mit. Seit Amerikaner und Briten vergangene Woche ihre Offensive gegen die irakische Hauptstadt begonnen haben, klettert der DAX. Allein am Mittwoch legte er knapp sechs Prozent zu. Ist das schon der Beginn der lang ersehnten Rally?
Die meisten Investoren bleiben vorerst in Deckung. Schon einmal, bei Kriegsbeginn, hatten sie auf einen schnellen Sieg der von den USA geführten Koalition gesetzt und wurden vom hartnäckigen Widerstand der irakischen Armee auf dem falschen Fuß erwischt (siehe Interview Seite 11). So seien es bislang vor allem Hedge-Fonds, die die Kurse an den deutschen Börsen treiben, berichten Händler. Auch jetzt drohen Investoren noch unkalkulierbare Risiken: Terroranschläge, Giftgas gegen amerikanische und britische Soldaten oder ein blutiger Häuserkampf könnten die Aktienkurse schnell wieder in den Keller treiben. Analysten schrecken daher vor kurzfristigen Prognosen zurück: „Die Märkte werden sehr volatil bleiben, mehr lässt sich beim besten Willen nicht voraussagen", warnt Roland Ziegler, Marktstratege der ING BHF-Bank.
Doch nicht nur der Krieg beunruhigt die Börsen. In den USA beginnt Mitte des Monats die Saison der Quartalsberichte. Dann werden die Finanzmärkte erstmals konkret ablesen können, wie stark die Umsätze der Unternehmen durch den Irak-Krieg beeinträchtigt sind. Analysten bereiten sich schon jetzt auf Enttäuschungen vor und senken ihre Prognosen. Mitte März, unmittelbar vor Beginn der Kämpfe, kalkulierten sie für Technologie-Konzerne im S&P500 mit einer durchschnittlichen Steigerung des Quartalsgewinns um 15 Prozent - inzwischen rechnen sie nur noch mit elf Prozent Plus. Selbst das ist Richard Bernstein, dem Chefstrategen von Merrill Lynch, zu optimistisch. Anleger schauten gegenwärtig ausschließlich auf den Krieg im Irak und ließen die fundamentalen Wirtschaftsdaten völlig außer Acht, mahnt der Chefstratege.
Tatsächlich stimmen die jüngsten Konjunkturdaten aus den Vereinigten Staaten alles andere als hoffnungsfroh. Nachdem die Auftragseingänge für langlebige Industriegüter bereits drastisch zurückgegangen waren, knickte vergangene Woche auch der amerikanische Einkaufsmanager-Index ISM ein. Das Barometer, das als einer der wichtigsten Frühindikatoren für die konjunkturelle Entwicklung in den USA gilt, sank auf den tiefsten Stand seit den Terroranschlägen im September 2001.
In Europa sieht es nicht besser aus: Die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) senkte vergangene Woche ihre Wachstumsprognosen für die Eurozone von 1,8 auf 0,9 Prozent. Einer emotional getriebenen Rally dürfte das jedoch nicht im Wege stehen. „Ist der Krieg relativ schnell beendet, wird die Börse auch die Kraft besitzen, schwache Wirtschaftsdaten wegzustecken", glaubt BHF-Stratege Ziegler. Jörg Krämer von Invesco Asset Management stimmt ihm zu. „Europäische Aktien sind derzeit 40 Prozent unterbewertet", glaubt er.
Auch Charttechniker sehen für den DAX bereits ein Potenzial bis mindestens 3000 Punkten. Schon die vergangene Woche deutete an, welche Titel die Nase vorne haben dürften: Neben den zuletzt besonders stark abgestürzten Finanztiteln Allianz, Münchener Rück und HypoVereinsbank legten auch Tech-Titel wie Siemens, SAP und Infineon überproportional zu.
Bei US-Aktien scheinen hingegen die Chancen kurzfristig begrenzt zu sein. Dow Jones und S&P500 haben sich in den vergangenen Monaten deutlich besser gehalten als europäische Indizes und bieten deshalb weniger Aufholpotenzial. „Wir haben amerikanische Titel untergewichtet", berichtet Thomas Meier, Fondsmanager bei Union Investment.
Anleger sollten auch nach Kriegsende vorsichtig bleiben. Wegen der unsicheren Konjunkturlage rät Volker Dosch von der Fondsgesellschaft DWS, eine Rallye zu nutzen, um bei risikoanfälligen Titeln Gewinne zu realisieren und auf defensive Papiere zu setzen.
Es ist viel Angst im Spiel
Die Nervosität ist hoch. Krieg ist eine Ausnahmesituation - auch an der Börse. Verhaltenstherapeut Iver Hand vom Zentrum für psychosoziale Medizin der Uniklinik Hamburg Eppendorf erklärt, wie Investoren dieser Tage reagieren.
EURO: Wie würden Sie die aktuelle Stimmung unter den Anlegern bezeichnen?
Hand: Es ist viel Angst im Spiel. Den Anlegern ist klar geworden, dass der Krieg nicht in zwei Wochen zu Ende ist.
EURO: Wie äußert sich diese Angst?
Hand: In einem sehr unsicheren Verhalten. Manche versuchen, auf die Schnelle kleine Gewinne mitzunehmen. Die meisten warten aber verängstigt ab, was die nicht vorhersehbare Zukunft bringen wird.
EURO: Wo ist die Gier geblieben, die lange Zeit das Verhalten an der Börse bestimmt hat?
Hand: Die gibt es immer. Wir haben an unserem Krankenhaus einige Anleger als Patienten gehabt, die sehr viel Geld verloren haben und glaubten, dass sie nie wieder in kurzfristige Börsengeschäfte einsteigen würden. Es zeigte sich aber, dass sie beim ersten Hoffnungsschimmer an den Finanzmärkten wieder nervös wurden. Das ist das übliche Verhalten von krankhaften Glücksspielern: Sie wollen wenigstens ihre Verluste ausgleichen. Sie sind diesem Glücksspiel mental und psychisch nicht gewachsen.
EURO: Wann wird es für diese Leute gefährlich?
Hand: Wenn die Kurse eine Zeit lang steigen und sie das Gefühl haben, dass sie jetzt wieder dabei sein müssen. Das ist so, als wenn sie an Glücksspielautomaten gerade 80 Prozent ihres verfügbaren Geldes verloren haben und gehen wollen. Doch auf dem Weg nach draußen klingeln auf einmal mehrere Automaten. Dann sagen sich diese Leute: Ich muss es noch mal probieren.
EURO: Das sind Extremfälle. Wie reagieren rational handelnde Anleger in Kriegszeiten?
Hand: Die werden auch in solchen Zeiten die fundamentalen Daten nicht aus den Augen verlieren. Für Leute, die professioneller sind und längerfristig anlegen, kann beispielsweise das Ende des Krieges Signal sein, über ein Investment nachzudenken.
EURO: Die Kurse spielen derzeit Jojo. Handeln Anleger nur danach, ob es Erfolgs- und Misserfolgsmeldungen von der Front gibt?
Hand: Es gibt immer Leute, die aus einzelnen Meldungen Hochrechnungen über den Kriegsverlauf anstellen.
EURO: Ist es falsch, sich an Nachrichten über den täglichen Kriegsverlauf zu orientieren?
Hand: Das Problem ist, dass die kurzfristige Entwicklung der Börsen schon in Friedenszeiten nicht vorauszusehen ist. Das gilt in einem ganz besonderem Maße, wenn Krieg herrscht.
EURO: Hinterfragen die Anleger in Krisenzeiten stärker als sonst ihre Motivation für ein Investment?
Hand: Sie hinterfragen sicher die Art des Investments. Seitdem der Krieg drohte, ist beispielsweise der Goldpreis stark gestiegen. Viele sagten sich: Wenn überhaupt etwas sicher ist, dann Gold.
EURO: Der Krieg ist ja nur einer der negativen Faktoren, die auf die Börse wirken. Darüber hinaus belasten die schwache Konjunktur und seit einigen Tagen die Krankheit SARS. Wie viele solcher schlechten Nachrichten verträgt eigentlich ein Finanzmarkt?
Hand: Man muss sehen, dass bereits vor diesen Ereignissen ein starker Vertrauensverlust der Anleger eingesetzt hatte. Die Renten sind mehr als unsicher geworden. Die D-Mark ist dahin. Die starke Ausweitung der Eurozone verunsichert viele Menschen. Dazu kam der Kurssturz an den Börsen. Viele Menschen wissen überhaupt nicht mehr, wie sie sich für die Zukunft absichern sollen. Das führt zu einer Reduzierung oder Enthaltung im Konsum.
EURO: Auch bei Börsengeschäften?
Hand: Ja.
EURO: Könnte der Anleger irgendwann an den Punkt kommen, wo er all diese negativen Nachrichten ignoriert. Dass er sagt: Krieg hin, Konjunktur her, SARS - genug davon. Ich investiere jetzt, auch wenn das Umfeld schlecht ist?
HAND: Solche Leute gibt es auch jetzt. Zum Glück, sonst würde die Börse ja völlig zusammenbrechen. Aber man sollte sich mal ansehen, was mit dem Normalbürger passiert ist. Der Staat und die Großbanken haben ihm vor Jahren gesagt: Lege dein Geld in Aktien an. Viele sind dem naiv gefolgt. Und haben sich an der Börse furchtbar die Finger verbrannt.
EURO: Eine ethische Frage im Angesicht des Krieges: Darf man mit dem Leid anderer Geschäfte machen, indem man jetzt Aktien kauft, die vom Kriegsgeschehen möglicherweise profitieren?
Hand: Viele haben keine Skrupel, so zu handeln. Die Führungselite akzeptiert Kriege als Mittel der Politik. Wir haben erfahren, dass selbst im Frieden in der Wirtschaft rücksichtslos Existenzen vernichtet werden. Ethik scheint in den oberen Etagen von Politik und Wirtschaft Mangelware geworden zu sein. Von daher lassen sich viele Leute nicht von solchen Investments abhalten. Man sieht, wie jemand schwächer wird und fragt sich: Wie kann ich zubeißen, um mich selbst zu stärken.