DIE ZEIT
Politik 26/2002
Bilder einer Republik
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Das Zentralorgan deutscher Befindlichkeit wird 50
von Josef Joffe
Es ist schon lange her, dass Bild, nun 50 Jahre alt, "Schlagzeilen wie Schlagstöcke" einsetzte, gar (angeblich) die "Rhetorik des Faschismus" pflegte. Es ist aber auch lange her, dass diese Republik regelmäßig den ideologischen Bürgerkrieg inszenierte - von der Wiederbewaffnung bis zum Nato-Beitritt, vom RAF-Terror bis zur Raketenschlacht. Der Jubilar ist Kind und getreuer Spiegel dieser Republik; das ist die Moral von der Geschicht. Wie sollte es anders sein, wenn täglich elf Millionen das Blatt lesen? Und lesen sollen.
Es ist auch schon lange her, dass Jürgen Habermas von den "Massenmedien als einer vermachteten Arena" raunte, welche die "Öffentlichkeit zugleich vorstrukturieren und beherrschen" würden. Derlei "Arena" hat im freien Deutschland wohl nie existiert; heute gibt es sie auf keinen Fall. Denn Öffentlichkeit und Politik haben sich so verändert wie der Jubilar, das deutscheste aller Blätter.
Goebbels hatte seinen Volksempfänger, Adenauer musste nur einen TV-Sender bedienen, um das Medium zur Message zu machen. Schröder muss auf allen 30 Kanälen tanzen, um sich und seine Botschaft "rüberzubringen". Wer kann noch die special interest-Magazine zählen, die eng gedrängt die Kioske tapezieren? Broadcasting hieß der Sendebetrieb einst auf Englisch, heute ist alles narrowcasting. Je kleiner das Grüppchen, desto größer die Werberendite.
.................."
"....Kein Wunder, dass sich auch das Verhalten der Politiker verändert hat. Einst wollten sie mit Programmen Stimmengewinne maximieren, heute wollen sie Stimmenverluste minimieren. Bloß keine Wählergruppe verärgern, und deshalb das Diffuse, das Kantenlose ihrer Werbung. Einst machte die Boulevardpresse Stimmungen, heute reitet sie auf ihnen. Genauso wie die Politiker, die von Welle zu Welle springen, ohne sich je einem Brecher entgegenzustemmen. Sie würden weggespült. Besser ein maulender, "politikverdrossener" Wähler als ein zorniger. Der Bürger will keine "Führer" mehr; er ist tatsächlich mündig geworden. Und Politik zum Parallelogramm der Kräfte. Das Rezept, wie man es schöner, besser und edler machen könnte, ohne die Demokratie zu coupieren, ist noch nicht erfunden...."
www.zeit.de/2002/26/Politik/200226_1._leiter.html
"..Das Rezept, wie man es schöner, besser und edler machen könnte, ohne die Demokratie zu coupieren, ist noch nicht erfunden...."
Das sehe ich in der Tat anders, entmachtet den Parteienfilz...!!
Politik 26/2002
Bilder einer Republik
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Das Zentralorgan deutscher Befindlichkeit wird 50
von Josef Joffe
Es ist schon lange her, dass Bild, nun 50 Jahre alt, "Schlagzeilen wie Schlagstöcke" einsetzte, gar (angeblich) die "Rhetorik des Faschismus" pflegte. Es ist aber auch lange her, dass diese Republik regelmäßig den ideologischen Bürgerkrieg inszenierte - von der Wiederbewaffnung bis zum Nato-Beitritt, vom RAF-Terror bis zur Raketenschlacht. Der Jubilar ist Kind und getreuer Spiegel dieser Republik; das ist die Moral von der Geschicht. Wie sollte es anders sein, wenn täglich elf Millionen das Blatt lesen? Und lesen sollen.
Es ist auch schon lange her, dass Jürgen Habermas von den "Massenmedien als einer vermachteten Arena" raunte, welche die "Öffentlichkeit zugleich vorstrukturieren und beherrschen" würden. Derlei "Arena" hat im freien Deutschland wohl nie existiert; heute gibt es sie auf keinen Fall. Denn Öffentlichkeit und Politik haben sich so verändert wie der Jubilar, das deutscheste aller Blätter.
Goebbels hatte seinen Volksempfänger, Adenauer musste nur einen TV-Sender bedienen, um das Medium zur Message zu machen. Schröder muss auf allen 30 Kanälen tanzen, um sich und seine Botschaft "rüberzubringen". Wer kann noch die special interest-Magazine zählen, die eng gedrängt die Kioske tapezieren? Broadcasting hieß der Sendebetrieb einst auf Englisch, heute ist alles narrowcasting. Je kleiner das Grüppchen, desto größer die Werberendite.
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"....Kein Wunder, dass sich auch das Verhalten der Politiker verändert hat. Einst wollten sie mit Programmen Stimmengewinne maximieren, heute wollen sie Stimmenverluste minimieren. Bloß keine Wählergruppe verärgern, und deshalb das Diffuse, das Kantenlose ihrer Werbung. Einst machte die Boulevardpresse Stimmungen, heute reitet sie auf ihnen. Genauso wie die Politiker, die von Welle zu Welle springen, ohne sich je einem Brecher entgegenzustemmen. Sie würden weggespült. Besser ein maulender, "politikverdrossener" Wähler als ein zorniger. Der Bürger will keine "Führer" mehr; er ist tatsächlich mündig geworden. Und Politik zum Parallelogramm der Kräfte. Das Rezept, wie man es schöner, besser und edler machen könnte, ohne die Demokratie zu coupieren, ist noch nicht erfunden...."
www.zeit.de/2002/26/Politik/200226_1._leiter.html
"..Das Rezept, wie man es schöner, besser und edler machen könnte, ohne die Demokratie zu coupieren, ist noch nicht erfunden...."
Das sehe ich in der Tat anders, entmachtet den Parteienfilz...!!