wo soll das nur enden?

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Pate100:

wo soll das nur enden?

 
27.06.02 10:40
WALL STREET

Das Vertrauen ist zerstört
Von Carsten Matthäus

Mit Geldgier und Betrug haben amerikanische Banker und Firmenchefs für die größte Vertrauenskrise seit 1929 gesorgt. Der Fall Worldcom hat einen gefährlichen Teufelskreislauf beschleunigt - fallende Börsenkurse und die Dollarschwäche bedrohen die Weltwirtschaft.

Erschreckender könnte eine Zeitungsseite kaum sein: Worldcom gibt einen Bilanzbetrug in Höhe von 3,8 Milliarden Dollar zu, Europas Aktienmärkte brechen ein, der Dollar ist auf Crash-Kurs. Jedes dieser drei Top-Themen des "Wall Street Journal" (Online-Ausgabe) vom Mittwoch wäre schon allein in der Lage, Anleger in Angst und Schrecken zu versetzen.

Gemeinsam belegen sie die größte Vertrauenskrise, die die US- Wirtschaft seit der großen Depression in den dreißiger Jahren erlebt hat. Die Wall Street ist wieder drauf und dran, Amerikas Staatsfeind Nummer eins zu werden. Wie 1929 ist in amerikanischen Medien eine beispiellose Hetzjagd auf diejenigen losgebrochen, die sich in den fetten Jahren die Taschen vollgestopft haben: Firmenchefs, Analysten, Investmentbanker und Wirtschaftsprüfer werden derzeit schon bei kleinen Vergehen brutalstmöglich vorgeführt.

Jüngstes Beispiel ist Lifestyle-Königin Martha Stewart. Die Frau, die in den USA rund eine halbe Milliarde Dollar mit Tipps rund um Geranien und Kaffeesatz verdient hat, wird derzeit durch die Gazetten gejagt, als wäre sie ein Monster der Gier. Der Verdacht: Sie könnte vor dem Verkauf von 4000 Imclone- Aktien einen Insidertipp bekommen haben und damit einem Spekulationsverlust von rund 60.000 Dollar entgangen sein. Neben der Empörung der ganzen Nation bekommt die Star-Hausfrau jetzt auch noch zu spüren, wie der sonst krisenfeste Börsenkurs ihrer Firma Martha Stewart Living Omnimedia in sich zusammenfiel. Allein seit Anfang des Monats brach der Kurs um rund 40 Prozent ein und vernichtete rund 100 Millionen Dollar des Börsenwertes.

Diese harsche Reaktion der Anleger zeigt, wie schlecht es um ihr Vertrauen momentan bestellt ist. Hank Paulson, Chef der Investmentbank Goldman Sachs, findet für die derzeitige Situation keine aufmunternden Worte mehr: "In meinem Leben wurde die amerikanische Wirschaft noch nie so hart auf die Probe gestellt wie zur Zeit. Und - um ehrlich zu sein - sie verdient es nicht besser".

Längst wird von allen Seiten nach radikalen Reformen gerufen, um das bitter nötige Vertrauen in amerikanische Unternehmen und ihre Aktien wiederherzustellen. Stanley O'Neal, Co-Chef von Merill Lynch: "Dieser Zynismus geht über berechtigte Skepsis hinaus und könnte leicht zerstörerisch werden". Dummerweise verschließt sich aber noch eine Person dieser Sicht der Dinge: Präsident George W. Bush. Er kommentierte das Börsengeschehen bisher folgendermaßen: "Ich glaube, es gibt einen Überhang an Misstrauen in Hinblick auf den Markt. 95 Prozent der Geschäftswelt ist ehrlich, aber es gibt ein paar faule Äpfel."

Dies ist eine grobe Verniedlichung der Tatsachen. Um im Bild zu bleiben: Die Wall Street ist derzeit mit faulen Äpfeln geradezu gepflastert.

Neben den spektakulären Fällen wie Enron, Global Crossing, Tyco und Worldcom haben US-Unternehmen aller Branchen ihre Anleger lange über die wahren Geschäfstverhältnisse im Unklaren gelassen. Von Amazon.com bis Yahoo! haben die Gurus der New Economy nur von ihren Pro-Forma-Gewinnen gesprochen und damit die tatsächliche Finanzsituation gekonnt überspielt. Auch andere Firmen haben alle Möglichkeiten der Bilanzierungskunst genutzt, um ihre Milliardengräber unter der Decke zu halten. Als dann AOL Time Warner mit einem Verlust von 54,2 Milliarden Dollar an die Presse ging, wurde auch dem letzten Anleger klar, dass viele Unternehmenszahlen eher von Wunschdenken denn von harten Fakten bestimmt werden. Außerdem sind viele Geschäftsberichte schlicht das Hochglanzpapier nicht wert, auf denen sie Anlegern und Journalisten präsentiert werden. Seit 1997 mussten laut "Economist" fast 1000 US-Firmen ihre Gewinnmeldungen korrigieren, weil diese zuvor falsch oder irreführend waren.

Eigentlich werden Wirtschaftsprüfer dafür bezahlt, die Bilanzen von Unternehmen nachzuprüfen und auf mögliche Unsauberkeiten hinzuweisen. Da aber nicht wenige Prüfungsfirmen gleichzeitig als Berater für die Unternehmen tätig sind, verkehrte sich diese eigentlich sinnvolle Einrichtung teilweise in ihr Gegenteil: Die Buchhalter in den Firmen bekamen von den eingekauften Bilanzexperten die Tricks und Kniffe beigebracht, mit denen es auch für die besten Zahlenleser unmöglich ist, die Leichen im Keller noch zu finden. Eine traurige Berühmtheit erlangte Arthur Andersen als Schredder-Gehilfe des Milliardenpleitiers Enron. Doch die sonst so diskrete Prüfergilde ist nicht etwa bereit, Wirtschaftsprüfung und Beratung voneinander zu trennen. Mit rund vier Millionen Dollar an Wahlkampfhilfen haben sie laut "Business Week" dafür gesorgt, dass ein entsprechender Gesetzesentwurf abgewürgt wurde. Die Wirtschaftszeitung fragt deshalb in der Überschrift: "What Cleanup?" (Welche Säuberungsaktion?)

Analysten und Investmentbanker veralberten Anleger nach Strich und Faden

Die Empfehlungen von Henry Blodget

Zu Infospace am 13. Juli 2000
intern: "Diese Aktie ist ein Pulverfass"
offizell: "Kurzfristig kaufen und langfristig kaufen"

Zu Internet Capital am 6. Oktober 2000
intern: "Wir sehen in naher Zukunft keinen Turnaround"
offiziell: "Kurzfristig akkumulieren und langfristig kaufen"

Zu 24/7 Media am 10. Oktober 2000
intern: "Stück Scheiße"
offiziell: "Kurzfristig akkumulieren und langfristig akkumulieren"

Zu Lifeminders am 4. Dezember 2000
intern: "Stück Scheiße"
offiziell: "Kurzfristig akkumulieren und langfristig kaufen"

Quelle: Staatsanwaltschaft New York

Nicht allein Henry Blodget von Merrill Lynch oder Jack Grubman von Salomon Smith Barney waren mehr Werbefiguren als Analysten. Die Irreführung der Anleger hatte System, um damit lukrative Aufträge für Börsengänge oder Firmenkäufe an Land zu ziehen. Dazu verkauften die meisten Banken die Geschichte der unüberwindlichen chinesischen Mauer zwischen Investment Bankern und Analysten. Diese Mauer bestand, das weiß man spätestens seit der Anklageschrift des New Yorker Staatsanwalts Eliot Spitzer, nicht einmal aus Reispapier. Um wieder Vertrauen zurückzugewinnen, müssten die Banken ihre Investmentabteilungen komplett vom restlichen Bankgeschäft abspalten. Davon ist bisher noch nichts zu sehen. Im Gegenteil - selbst der "schlechteste Analyst aller Zeiten" ("Money Magazine" über Jack Grubman) wird von seiner Bank noch als wertvoller Mitarbeiter bezeichnet und bekommt weiter sein Millionengehalt bezahlt.

Die Behörden sind von der Masse der Betrügereien überfordert

Es klingt zunächst Vertrauen erweckend, dass die US- Börsenaufsicht fast täglich neue Ermittlungen gegen Bilanzsünder ankündigt. Viel Erfolg darf man sich von der chronisch unterbesetzten unterbezahlten und überforderten Behörde allerdings nicht erwarten. Gerade einmal 100 Anwälte sind bei der SEC beschäftigt, um die finanziellen Machenschaften der rund 17.000 börsennotierten Unternehmen zu durchleuchten. Einer der Chefprüfer der Behörde gab kürzlich zu, dass nur eines von 15 eingehenden Zahlenwerken überhaupt angeschaut wird.

Es sind also nicht nur ein paar faule Äpfel. Wegen des Fäulnisgestanks läuft die Wall Street und damit die gesamte US-Wirtschaft Gefahr, in einen Teufelskreis zu geraten. Fließt nämlich immer weniger Kapital in die USA, wird das den Dollar als internationale Leitwährung weiter schwächen. Eine Abwertung des Dollar wirkt vernichtend auf den Wert der Aktien für ausländische Anleger. Die Folge: Sie ziehen weiter Kapital aus den USA ab und die Kurse an der Wall Street brechen ein. Das wiederum trifft ins Herz der amerikanischen Wirtschaft, denn Amerikaner halten eine großen Teil ihres Vermögens in Wertpapieren. Sinkt der Wert ihres Depots, werden sie weniger konsumieren. Da rund 70 Prozent der US-Wirtschaft vom inländischen Konsum getragen werden, ergibt das ein ernstes Problem für die US-Wirtschaft.

Stephen Roach, Chefökonom von Morgan Stanley befürchtet, dass dieser Teufelskreis einen neuen Abschwung der US- Wirtschaft einläuten könnte. "Der Dollar profitierte von den Stärken der US-Wirtschaft, jetzt könnte er das Opfer ihrer Schwächen werden." Sollte sich die Dollarschwäche fortsetzen, so ist laut Roach erneut eine "harte Landung" der US- Konjunktur in Sicht.
Grinch:

Kann mir das einer mal erklären:

 
27.06.02 10:45
"... und die Dollarschwäche bedrohen die Weltwirtschaft."

Europa ist selbst ein äusserst starker Wirtschaftsraum mit viel mehr Konsumenten als die US... Der Euro ist zwar noch jung hat aber schon bewiesen das er keinen Babysitter á la Dollar braucht. Im Gegenteil... er steht ohne eine Orientierung am Dollar sogar stärker da.

Bin aber lernbereit!!!

egal:

unter uns, denn..

 
27.06.02 10:47
1929 gab es kaum Medien. Heute passiert das nicht noch mal. Ich schau schon seit 2 Jahren zu und bau mein Haus während die Profis sich die Schädel einschlagen.

keine Angst, die besten bleiben über...


fG
mod:

@Grinch, vielleicht hilft Dir das

 
27.06.02 10:54
welt.de/daten/2002/06/27/0627fi340848.htx
Grinch:

@Mod: Thx! Also mal wieder auf Reformen

 
27.06.02 11:01
warten??? Gut dann ist das doch ein Problem für uns!!!
hjw2:

habe bis jetzt keine stichhaltige begründung

 
27.06.02 11:09
finden können, wieso die usa die lokomotive ist...

sie behaupten es alle.....aber....??

chreil:

Weltwirtschaft ist ein großes Wort

 
27.06.02 11:14
aber das Vertrauen ist wirklich raus - ich merk's ja bei mir selber... ;-)

Obwohl, Rudi Völler, dem vertrau ich noch!
mod:

hjw

 
27.06.02 13:35
In den letzten (?) ca. 40 Jahren war die USA aufgrund ihrer Innovationskraft und Dynamik fast immer die Weltwirtschaftslokomotive.

Ob das in Zukunft auch so sein wird, muss sich erst zeigen.
Vermutlich ja.

Viele Grüsse
m.
hjw2:

mod, innovationskraft..ich lach mich weg

 
27.06.02 13:41
auf einigen wenigen gebieten sicherlich..

schau dir mal die stahlproduktion an, wie bei uns in den fünfzigern...

oder die supermodernen waschmaschinen in den us-haushalten...

glatter 50-jahre-standard...

frag mal zit, der kennt sich da besser aus.

gruss
hjw

mod:

stimmt, hjw,

 
27.06.02 13:46
in den von Dir genannten Fällen.

Aber sonst ..

Leidest Du etwa
an "selektiver Wahrnehmung"? *g*

"Es kann nicht sein, was nicht sein darf!"

Viele Grüsse
m.
jahr2002istda:

m.

 
27.06.02 13:48
Jede Bundesregierung hat es in der Vergangenheit bisher immer geschafft, zur Bundestagswahl einen kleinen wirtschaftlichen Aufschwung zu initialisieren!!!!!

Hoffnung auf bessere wirtschaftliche Verhältnisse beeinflusst das Wahlverhalten.

Schröder und Berater werden auch diesmal ca. Frühjahr 2002 entsprechende fiskalpolitische Instrumente einsetzen; vom Sparen der öffentl. Hand wird dann keine Rede mehr sein. Eichel hat einen entsprechenden Politikwechsel bereits  angedeutet. Die Öffentlichkeit wird vorsichtig vorbereitet, da das Timing entscheidend ist.
Fazit: Spätestens ca. Mai/Juni 2002 gehört in der BRD die Rezession der Vergangenheit an.

Auch wenn Ihr keine Rot-Grün-Anhänger seid, unterschätzt bitte nicht die Cleverness der massgeblichen Regierungsmitglieder, und aufgrund der Tatsache, dass viele Länder und Städte SPD-dominiert sind, kann es zu einer konzertierten Aktion kommen. Genossen halten letztlich immer zusammen, denn das Prinzip der Solidarität ist ihre eigentliche Stärke.   Bisherige Bewertungen:
1x interessant ,
1x gut analysiert  


vega2000:

"Stoiber möchte nicht zusammen mit der

 
27.06.02 13:56
SPD regieren, -Schröder auch nicht"

Harald Schmidt
mod:

dann noch die Fussballweltmeisterschaft

 
27.06.02 13:57
Sieger wird sein:

 Gerhard Schröder
hjw2:

ja ja mod

 
27.06.02 14:23
auch  iacocca gelesen, aktueller den je..hehe

die amis rettet nur noch eine massive abwertung

vor dem schlimmsten.



was exportieren die eigentlich

von den boeings und pcs mal abgesehen

ms-scheisse, weizen, mais, hamburger,heinz-ketchup, coca cola,
schaukelkisten (autos) die nur geradeausfahren können,
sekten die ihr unwesen treiben..

hab ich noch was vergessen...?

god bless amerika...

hjw











mod:

hjw,

 
27.06.02 14:34
mit Gefühlen ist kein Geschäft zu machen.

Es zählt

Umsatz,
Profit usw.

Allerdings, dass weisst Du alles selbst.

Wenn es die Leute eben gut finden und dafür zahlen?

Massstab für den (wirtschaftlichen) Wohlstand einer Nation:
immer noch BIP

Vielleicht ist das auch nur ein Generationsproblem mit der Qualität (1.46)?

Gönn Dir demnächst bitte eine 4wöchige Rundreise in die USA.
Reisen soll ja bilden.

Viele Grüsse
m.




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