Hier ein Artikel aus der Zeit warum Gold auch in Zukunft ein interessantes Investment sein könnte.
Quelle: http://www.zeit.de/2003/21/GS-Gold
Hätten wir nur auf Opa gehört
Der Goldpreis steigt und steigt. Das Edelmetall ist ein krisenfestes Investment – aber wehe, die Krise endet
Von Klaus Spanke
Welch eine Enttäuschung: Keine Carrera-Bahn, kein Zauberwürfel. Noch nicht einmal Geld. Nein, zur Heiligen Kommunion gab’s vor zwanzig Jahren eine olle Goldmünze vom Opa. Und als sei das noch nicht Strafe genug, erzählte er, nachdem man sich artig bedankt hatte, obendrein noch eine langweilige Geschichte. Davon, dass früher während der großen Inflation nur auf Gold Verlass gewesen sei.
Zwanzig Jahre und einen Börsenkrach später erkennen viele Anleger, was der Großvater immer schon gewusst hat: Gold ist in schweren Zeiten ein sicherer Hafen fürs eigene Vermögen. Seit Menschengedenken gilt Gold in Kriegen und Krisen als letzter Helfer in der Not. Wenn Geld nichts mehr wert ist und Unsicherheit allerorten herrscht, dann brechen goldene Zeiten an – zumindest für das gelbe Edelmetall.
Den besten Beweis lieferte jüngst die Irak-Krise. Mit stetig wachsender Kriegsgefahr stieg auch der Goldpreis, bis er im Februar mit 380 US-Dollar je Feinunze seinen höchsten Stand seit sechs Jahren erreichte. Mit Kriegsausbruch und dem späteren Sieg über Saddam Hussein gab der Goldpreis wieder nach – die Kriegsprämie fiel weg. Doch nach Ansicht vieler Experten ist dieser Preisrückgang nur vorübergehend.
Denn während so mancher Aktienkurs ins Bodenlose stürzte, startete der Goldpreis schon vor zwei Jahren seine Aufholjagd. Und die soll weitergehen.
So erwartet die Londoner Research- und Beratungsagentur Gold Fields Mineral Services (GFMS) für die zweite Jahreshälfte einen erneuten Anstieg des Goldpreises. GFMS veröffentlicht einmal jährlich den Branchenreport Gold Survey 2003. GFMS-Geschäftsführer Philip Klapwijk ist sich sicher: „Der gesamtwirtschaftliche Ausblick bleibt pro Gold.“ Vor allem, wenn die USA auch nach dem Sieg im Irak ihren Krieg gegen den Terror fortsetzten. Doch auch ohne weitere Kriege sprächen alle Anzeichen für einen weiter steigenden Goldpreis, so Philip Klapwijk. Niedrige Zinsen, geringes Wirtschaftswachstum, müde Aktienmärkte und der schwache Dollar seien beste Voraussetzungen für einen steigenden Goldpreis.
Eine Sichtweise, die Wolfgang Wilke, Rohstoff- und Edelmetall-Experte der Dresdner Bank in Frankfurt, teilt. Nach zwanzig Jahren Gold-Baisse mehren sich für ihn die Anzeichen einer Trendwende am Goldmarkt. Seien für steigende Aktienkurse die Gewinnsituation der Unternehmen sowie die Zinsen bestimmend, so sei für einen steigenden Goldpreis die Höhe der Inflationsrate grundlegend. Wilke gesteht ein, dass der Goldpreisanstieg der vergangenen beiden Jahre auf den ersten Blick nicht mit der Inflationsrate erklärt werden könne. Denn in den Industrienationen herrscht ausgesprochene Preisstabilität. Warum also der Preisanstieg für eine Unze, also 31,1035 Gramm, des gelben Metalls?
Des Rätsels Lösung sei in der US-Wirtschaft und im Dollar zu finden, meint Wilke. Schließlich wird die Feinunze Gold international in US-Dollar abgerechnet. In einem Dollar, der mit großen Problemen der US-Wirtschaft zunehmend belastet wird. „Ich vermute, dass der Goldmarkt derzeit die Erwartung einer drohenden US-Inflation zur Finanzierung des riesigen Leistungsbilanzdefizites vorwegnimmt“, sagt Wilke. Während des Börsenbooms der neunziger Jahre hätten die Finanzmärkte dieses Problem ignoriert und ausländische Investoren dieses Defizit bereitwillig finanziert. Doch mittlerweile investieren japanische und europäische Anleger in den USA nicht mehr so kräftig oder ziehen sogar Gelder ab. Und das niedrige Zinsniveau sowie der schwächere Dollar locken keine neuen Finanz-Investoren mehr an. In dieser Situation bleibe der US-Regierung eigentlich nur noch die staatliche Binnenfinanzierung über die Notenpresse, so Wilke. Die US-Regierung weitete ihren Rüstungsetat enorm aus und bewilligte allein für den Irak-Krieg 75 Milliarden US-Dollar. Ein Szenario, das stark an die Finanzierung des Vietnam-Krieges erinnert. Damals folgte den aufgeblähten Etats mit rund zwei Jahren Verzögerung die Inflation, der Wertverfall des Dollars und damit der Anstieg des Goldpreises.
Dass die US-Notenbank die Geldpresse anwirft und frische Dollar unters Volk bringt, erscheint heute nicht mehr ganz abwegig. Sie bereitet sich auf den Ernstfall vor: die Bekämpfung der Deflation mit allen Mitteln. Bereits im vergangenen November sprach US-Notenbank-Gouverneur Ben Bernanke den berühmten und für einen Notenbanker provozierenden Satz: „Die US-Regierung verfügt über eine Technologie, genannt ‚Geldpresse‘, mit der sich so viele Dollar wie gewünscht herstellen lassen.“ Je mehr wertlosere Dollar es im Vergleich zur Goldmenge gibt, desto höher wird der Goldpreis.
Doch nicht nur der schwache Dollar gilt als Argument für ein Investment in Gold. „Auch das niedrige Zinsniveau in den Industrienationen macht Gold attraktiv für Anleger“, sagt Stefan Schilbe, Chefvolkswirt des Bankhauses HSBC Trinkaus & Burkhardt in Düsseldorf. Gold, das als Edelmetall keine Zinsen abwirft, wird attraktiver, weil der Verzicht auf die niedrigeren Zinserträge leichter wird.
Grundsätzlich sieht auch Schilbe kaum Hemmnisse für einen weiteren Anstieg des Goldpreises. „Seit einigen Jahren übertrifft die Nachfrage die Goldproduktion jährlich um 900 bis 1200 Tonnen.“ Größter Nachfrager auf dem Weltmarkt ist die indische Schmuckindustrie. Im vergangenen Jahr wegen Dürre in die Krise geraten, könnte in diesem Jahr dort die Nachfrage weiter anziehen und so den Goldpreis stützen. Dass das Gold-Angebot weiter gering bleibt, dafür sorgt neben dem Rückgang der Goldförderung auch das Washington Agreement der 15 überwiegend europäischen Zentralbanken aus dem Jahr 1999. Die Zentralbanken verabredeten, ihre Goldverkäufe bis zum Jahr 2004 auf jährlich 400 Tonnen zu beschränken. Insgesamt lagern in den Tresoren dieser Zentralbanken aber über 15000 Tonnen Gold, die seit der Washingtoner Abmachung nicht mehr angeboten werden können.
Vermutungen, dass die Abmachung im kommenden Jahr verlängert werden soll, will die Deutsche Bundesbank zwar nicht kommentieren. Experten wie Schilbe erwarten jedoch eine Neuauflage. Kommt es dazu nicht, droht dem Goldpreis allerdings ein Rückschlag. Denn das Zentralbank-Gold könnte zehn Jahre und länger die Angebotslücke auf dem Weltmarkt schließen. Da die Zentralbanken aber kein Interesse an einem kräftigen Rückgang des Goldpreises haben dürften, spricht wenig gegen die Verlängerung des Abkommens.
Trotzdem sucht man in den meisten Depots Gold bislang vergebens. Micheal Durose, Goldanalyst bei Morgan Stanley, rät zu einem Mix: „In dem Maß, wie die Aktienmärkte stark schwankend und die geopolitischen Risiken hoch bleiben, sind drei bis fünf Prozent Goldanteil im Portfolio eine sinnvolle Strategie.“ Dabei ist der Kauf von Goldbarren oder -münzen nur eine Möglichkeit. Neben dem physischen Gold bieten fast alle Großbanken zahlreiche Alternativen. So bietet die Deutsche Bank ein Goldkonto ab einer Mindesteinlage von 7500 Euro an. Das Konto lautet nicht auf Euro, sondern auf eine bestimmte Menge Gold. Die Idee: Ohne reales Gold zu kaufen, profitieren die Anleger von der Wertentwicklung.
Doch leider haben derartige, unverzinste Konten einen entscheidenden Haken. Denn bei vielen Anbietern besteht kein Lieferanspruch auf physisches Gold im Wert des Kontostandes. „Als Anlage in Krisenzeiten sind diese Konten deshalb denkbar ungeeignet“, sagt Martin Siegel, Herausgeber der Zeitschrift Der Goldmarkt und Berater des Goldfonds PEH Q-Goldmines. Anleger sollen ja gerade mit dem Halten des Edelmetalls die Bonitätsrisiken von Banken ausschließen und sich so vor Bankenpleiten schützen. „Doch bei diesen Konten handele ich mir als Anleger genau dieses Bonitätsrisiko ein.“ Ein genauer Blick in die Vertragsbedingungen sei deshalb ratsam. Auf jeden Fall sollten Anleger vor einem Investment prüfen, ob die Bank das Goldkonto nur als Depotverwalter führt oder der Einlagensicherungsfonds die Anlage für den Fall der Bankenpleite absichert.
Auch Aktien von Goldminen haben ihre Tücken. Für Anleger in Deutschland besteht das Problem, dass Aktien australischer oder nordamerikanischer Goldminen an deutschen Börsen nur schwach gehandelt werden. „Das lässt die Kurse enorm schwanken.“ Und ein Kauf an den Heimatbörsen verteuere sich nicht zuletzt durch die Währungsumrechnungen. Deshalb rät Siegel zum Kauf von Fondsanteilen. „Dort zahlt man nur den Ausgabeaufschlag, der oft unter den Kosten des direkten Goldaktienkaufs liegt“, sagt er. Der empfohlene Anteil von 20 Prozent physischem Gold der im Goldbereich angelegten Mittel sollte der Anleger in Form von mehrwertsteuerfreien Goldmünzen wie zum Beispiel Krügerrand oder Degussa-Goldbarren seinem Depot zusätzlich beimischen.
Eine weitere Möglichkeit, sich am Gold zu freuen und in sichere Werte zu investieren, sind historische Sammlermünzen. Laut Rudolf Reichert, Leiter des größten deutschen Münzkabinetts bei der BW-Bank in Stuttgart, ist der Markt für derartige Münzen erstaunlich stabil geblieben und so eine gute Adresse für werthaltige Anlagen. Doch er warnt: „Ohne Grundkenntnisse oder die nötige Geduld sollten Münzkäufer sehr vorsichtig sein.“ Nicht jede Goldmünze ist wertvoll, nur weil sie alt ist. Es komme vielmehr auf die Seltenheit und die Qualität einer Münze an. Im Zweifel sollte auf jeden Fall der Rat von Experten eingeholt werden, bevor blind Münzen gekauft oder verkauft werden.
Im Fall von Opas alter Münze war es die elterliche Expertise, die einen vorschnellen Verkauf verbot. Und mittlerweile scheint von der kalten, schweren Münze ein wärmerer goldener Glanz auszugehen als noch vor zwanzig Jahren.