Auf der Suche nach billigem Geld entdecken viele Kleinanleger den Wertpapierkredit. Tatsächlich sind diese Kredite (auch Effektenlombardkredite genannt) derzeit günstig zu haben. So gibt es einen 20.000-Mark-Kredit mit 36-monatiger Laufzeit bereits für rund 5,6 Prozent, während die billigsten Ratenkredite erst bei etwa sieben Prozent starten. "Das Zinsniveau ist wirklich günstig, allerdings sollten Anleger bei einem Wertpapierkredit die Risiken nicht unterschätzen", warnt Finanzexperte Rainer Zuppe von der Stiftung Warentest.
Das Prinzip der Effektenlombardkredite: Aktien, Fonds und Anleihen dienen den Kreditinstituten als Sicherheit. Die Höhe, zu der die Werte beliehen werden, hängt von der Zusammensetzung des Depots ab. So werden Standardaktien mit bis zu 60 Prozent des aktuellen Wertes beliehen, Fonds bis zu 80 Prozent und verzinsliche Wertpapiere bis zu 90 Prozent. Bei Aktiennebenwerten liegt die Höhe zwischen 30 und 50 Prozent. Während manche Institute Wertpapierkredite nur zur Aufstockung des Portfolios vergeben, ist der Verwendungszweck bei anderen frei.
Günstig, aber riskant
Wertpapierkredite sind günstig, bergen allerdings ein erhebliches Risiko. Sinkt der Depotwert nämlich unter die Beleihungsgrenze, muss der Kunde den Kredit meist zurückzahlen oder neue Sicherheiten bieten. Nach Erfahrungen der Stiftung Warentest lassen die Banken ihm dafür in der Regel zwei bis vier Wochen Zeit. Die aktuelle Kursentwicklung ist nach Ansicht Zuppes allerdings wenig geeignet, um seine Wertpapiere zu beleihen. "Die Börse reagiert derzeit äußerst labil und das ist nicht gerade die beste Voraussetzung für einen solchen Kredit", sagt Zuppe.
"Stellt die Bank eine Unterdeckung fest, sollte der Kunde sofort reagieren", rät Petra Krüll von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Viele Kreditnehmer würden entsprechende Warnhinweise ihrer Bank oft ignorieren und auf steigende Kurse setzen. Das könne jedoch fatale Folgen haben, da die Institute dann meist eine Position nach der anderen verkauften, um ausstehende Raten oder Zinsen auszugleichen. "Ein Gespräch mit der Bank lohnt sich meist, denn dann lässt sich entweder eine Stundung vereinbaren oder festlegen, welche Werte zuerst verkauft werden sollen", sagt Krüll.
Allerdings gelten auch für die Banken besondere Pflichten. Nach einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichtes Nürnberg (Az. 12 W 365/01) müssen sie vor der Vergabe eines Wertpapierkredites die Eignung des Kunden für solche Geschäfte und seine wirtschaftlichen Verhältnisse prüfen sowie ihn auf die Risiken eines Kredites hinweisen.
Beliebtes Lockmittel für Banken
Nach den Erfahrungen der DSW kommen viele Banken dieser Verpflichtung nicht nach. Nur vereinzelt müssten Kunden Risikohinweise unterzeichnen. Zugleich sind die Banken eifrig bemüht, Anleger via Kredit zu neuen Investitionen zu verhelfen, wie Warentest-Experte Zuppe weiß: "Wertpapierkredite sind für manche Bank ein beliebtes Lockmittel, gerade in schlappen Börsenzeiten".
Quelle: Der Stern