Segensreiche Finanzinnovationen?
Von Dr. Bernd Niquet
Meine erste Aktie besass ich bereits in den 60er Jahren – eine VW-Aktie im Depot meiner Mutter. Fuer die Boerse interessiert habe ich mich ab Mitte der 70er Jahre, als ich grosse Teile meiner Bankausbildung auf dem Boersenparkett verbracht sowie die Boersianer in der Bank mit meinen Fragen bis zur Weissglut gereizt habe. Ein richtiges Verstaendnis ueber das Zusammenwirken aller Faktoren an der Boerse ergab sich schliesslich Anfang der 80er Jahre, als ich mein Studium anfing.
Doch was Discount-Zertifikate, Turbo-Scheine, Waves, Lock-Ins und Knock-Outs sind, davon weiss ich gar nichts.
Ich habe das niemals fuer noetig erachtet. Vielleicht war es auch ein stummer Protest gegen den Zeitgeist. Bewusst von diesen Dingen nichts verstehen zu wollen, um einerseits sich nicht locken zu lassen, und andererseits zu zeigen, dass man auch ohne Derivate gehoerige Verluste anhaeufen kann. Neulich ist mir jedoch eine „Zertifikate-Beilage“ der „Welt“ in die Hand gekommen, in der ich ein bisschen geblaettert und sehr interessante Dinge gefunden habe.
„Wir koennen die Gesetze der Boerse nicht aufheben. Wir helfen aber, sie beherrschbar zu machen“, wird hier zum Beispiel Thorsten Michalik von der Deutschen Bank zitiert. Schon bei diesem Satz fuehle ich mich natuerlich nur zu gut bestaetigt in meiner Meinung. Das ist typisches Verkaufsgefasel von skrupellosen Verkaeufern. Hier wird dem unbedarften Anleger, der selbst keine jahrzehntelange Erfahrung hat, eine Beherrschbarkeit suggeriert, die es niemals und nirgendwo an der Boerse gibt. Das Einzige, was hier beherrschbar ist, ist die Provisionskasse der Banken, in die saemtliche in den ganzen Finanzkonstruktionenen versteckten Gewinnspannen hineinfliessen.
Ein anderer gnadenloser Verkaeufer, Wolfgang Gerhardt von Sal. Oppenheim, sagt zu diesem Thema: „Heute muss eigentlich niemand mehr Aktien kaufen. Denn am Derivatemarkt gibt es fuer jede Markterwartung ein Produkt, das ein hoeheres Renditepotential bietet.“ Gut gebruellt, Loewe! Natuerlich ist das richtig. Doch wer soll damit etwas anfangen? Denn letztlich bedeutet dieses Statement nichts anderes als Folgendes: Wenn es nicht regnen wird, gehen Sie am besten ohne Regenschirm aus dem Haus! Wenn es leicht regnen wird, nehmen Sie den kleinen Regenschirm, und wenn es stark regnen wird, den grossen!
Doch wer weiss schon, ob es regnen wird, wann es regnen wird und wie stark es regnen wird. Aber das ist natuerlich voellig egal, denn den Banken geht es ausschliesslich um ihre Provisionen.
„Und tatsaechlich“ geistesblitzt dann auch der Autor der Titelstory, Rolf Andress: „Warum eine Aktie kaufen, bei der eine Kursverdoppelung erwartet wird, wenn selbst mit einem weniger spekulativen Bull-Turbo auch eine Vervielfachung des Kapitals moeglich ist.“ Ja warum nur, du Schlaumeier? Weil kein anderer so klug ist und im Voraus weiss, wann sich welche Aktie verdoppeln wird. Vielleicht mit Ausnahme von Bernd Foertsch und seiner Mannschaft.
Ich habe jedenfalls beschlossen, aufgrund meiner generellen Unwissenheit ueber die Zukunft, die mich anscheinend so kategorisch von allen Branchenkollegen trennt, auch weiterhin auf eine Direktanlage in Aktien zu setzen. Eine klitzekleine Ausnahme werde ich jedoch machen. Und zwar bei der neuen MAGGI-Anleihe, die wirklich ein Leckerbissen ist. Das Papier besitzt eine 100%ige Kapitalgarantie zuzueglich einer 2,5%igen jaehrlichen Garantieverzinsung, die bis zum Ende der Laufzeit am 14.7.2008 jedoch noch folgendermassen gesteigert werden kann: Faellt der Dax nicht wenigstens einmal um mindestens 50 %, dann partizipiert der Anleger von den Dax-Steigerung im quotalen Verhaeltnis seines Tuetensuppenkonsum, wobei Tomatensuppe einen Multiplikationsfaktor (MPKF) von 0,7 aufweist, Griessnockerlsuppe einen MPKF von 0,8 und Sternchennudelsuppe sogar einen MPKF von 0,99.
Aus meiner Sicht sind das hervorragende – und im Gegensatz zu vielen anderen Produkten – leicht verstehbare Finanzkonstruktionen, die ueberdies auch noch richtig lecker schmecken.
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Von Dr. Bernd Niquet
Meine erste Aktie besass ich bereits in den 60er Jahren – eine VW-Aktie im Depot meiner Mutter. Fuer die Boerse interessiert habe ich mich ab Mitte der 70er Jahre, als ich grosse Teile meiner Bankausbildung auf dem Boersenparkett verbracht sowie die Boersianer in der Bank mit meinen Fragen bis zur Weissglut gereizt habe. Ein richtiges Verstaendnis ueber das Zusammenwirken aller Faktoren an der Boerse ergab sich schliesslich Anfang der 80er Jahre, als ich mein Studium anfing.
Doch was Discount-Zertifikate, Turbo-Scheine, Waves, Lock-Ins und Knock-Outs sind, davon weiss ich gar nichts.
Ich habe das niemals fuer noetig erachtet. Vielleicht war es auch ein stummer Protest gegen den Zeitgeist. Bewusst von diesen Dingen nichts verstehen zu wollen, um einerseits sich nicht locken zu lassen, und andererseits zu zeigen, dass man auch ohne Derivate gehoerige Verluste anhaeufen kann. Neulich ist mir jedoch eine „Zertifikate-Beilage“ der „Welt“ in die Hand gekommen, in der ich ein bisschen geblaettert und sehr interessante Dinge gefunden habe.
„Wir koennen die Gesetze der Boerse nicht aufheben. Wir helfen aber, sie beherrschbar zu machen“, wird hier zum Beispiel Thorsten Michalik von der Deutschen Bank zitiert. Schon bei diesem Satz fuehle ich mich natuerlich nur zu gut bestaetigt in meiner Meinung. Das ist typisches Verkaufsgefasel von skrupellosen Verkaeufern. Hier wird dem unbedarften Anleger, der selbst keine jahrzehntelange Erfahrung hat, eine Beherrschbarkeit suggeriert, die es niemals und nirgendwo an der Boerse gibt. Das Einzige, was hier beherrschbar ist, ist die Provisionskasse der Banken, in die saemtliche in den ganzen Finanzkonstruktionenen versteckten Gewinnspannen hineinfliessen.
Ein anderer gnadenloser Verkaeufer, Wolfgang Gerhardt von Sal. Oppenheim, sagt zu diesem Thema: „Heute muss eigentlich niemand mehr Aktien kaufen. Denn am Derivatemarkt gibt es fuer jede Markterwartung ein Produkt, das ein hoeheres Renditepotential bietet.“ Gut gebruellt, Loewe! Natuerlich ist das richtig. Doch wer soll damit etwas anfangen? Denn letztlich bedeutet dieses Statement nichts anderes als Folgendes: Wenn es nicht regnen wird, gehen Sie am besten ohne Regenschirm aus dem Haus! Wenn es leicht regnen wird, nehmen Sie den kleinen Regenschirm, und wenn es stark regnen wird, den grossen!
Doch wer weiss schon, ob es regnen wird, wann es regnen wird und wie stark es regnen wird. Aber das ist natuerlich voellig egal, denn den Banken geht es ausschliesslich um ihre Provisionen.
„Und tatsaechlich“ geistesblitzt dann auch der Autor der Titelstory, Rolf Andress: „Warum eine Aktie kaufen, bei der eine Kursverdoppelung erwartet wird, wenn selbst mit einem weniger spekulativen Bull-Turbo auch eine Vervielfachung des Kapitals moeglich ist.“ Ja warum nur, du Schlaumeier? Weil kein anderer so klug ist und im Voraus weiss, wann sich welche Aktie verdoppeln wird. Vielleicht mit Ausnahme von Bernd Foertsch und seiner Mannschaft.
Ich habe jedenfalls beschlossen, aufgrund meiner generellen Unwissenheit ueber die Zukunft, die mich anscheinend so kategorisch von allen Branchenkollegen trennt, auch weiterhin auf eine Direktanlage in Aktien zu setzen. Eine klitzekleine Ausnahme werde ich jedoch machen. Und zwar bei der neuen MAGGI-Anleihe, die wirklich ein Leckerbissen ist. Das Papier besitzt eine 100%ige Kapitalgarantie zuzueglich einer 2,5%igen jaehrlichen Garantieverzinsung, die bis zum Ende der Laufzeit am 14.7.2008 jedoch noch folgendermassen gesteigert werden kann: Faellt der Dax nicht wenigstens einmal um mindestens 50 %, dann partizipiert der Anleger von den Dax-Steigerung im quotalen Verhaeltnis seines Tuetensuppenkonsum, wobei Tomatensuppe einen Multiplikationsfaktor (MPKF) von 0,7 aufweist, Griessnockerlsuppe einen MPKF von 0,8 und Sternchennudelsuppe sogar einen MPKF von 0,99.
Aus meiner Sicht sind das hervorragende – und im Gegensatz zu vielen anderen Produkten – leicht verstehbare Finanzkonstruktionen, die ueberdies auch noch richtig lecker schmecken.
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