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www.backfire.debackfireWeekly, ausgabe 23/00, vom 30.07.00
2. Analysen
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Wie bereits im letzten Newsletter angekündigt das Interview mit dem ACG Finanzvorstand Herrn Markus Solibieda.
Die ACG AG (WKN:
500770) ist ein High Tech Broker. Die Schwerpunkte der Tätigkeit des Unternehmens liegen im Brokerage von Chips und Chipkarten, kontaktlosen SmartCards und Devices. Dazu zählen weiterhin die chipkartenbasierenden E-Commerce-, Internet- und Homebanking- Produkte. ACG zählt zu unseren langfristigen Favoriten am Neuen Markt.
Backfire: Sehen Sie ACG nach den jüngsten Übernahmen schon international gut positioniert und für einen verstärkten Wettbewerb gerüstet?
M.Solibieda: Die ACG ist nunmehr an 21 internationalen Standorten vertreten. Mit ATC (Paris) haben wir uns in Westeuropa ein wichtiges Standbein geschaffen, mit MGI in den USA. Da sich im Chipbrokerage-Geschäft ähnlich wie im Chipkarten-Geschäft jedoch noch eine Reihe von interessanten strategischen Entwicklungsperspektiven ergeben, werden wir unsere M&A-Aktivitäten weiter fortsetzen.
Backfire: ACG legte bisher eine recht aggressive Expansionspolitik an den Tag. Könnten sich bei der Eingliederung der Übernahmen in die ACG Gruppe unerwartete Schwierigkeiten ergeben? Sind Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden?
M.Solibieda: Grundsätzlich vermeiden wir es, neu akquirierte Gesellschaften einem strengen Integrationsprogramm zu unterziehen. Die unternehmerische Ausrichtung und die Unabhängigkeit des Managements ist für uns vielmehr
ein wichtiges Kriterium, wenn wir Akquisitionskandidaten prüfen. Grundsätzlich sind unternehmerische Risiken
in den Beteiligungsgesellschaften nicht auszuschließen, wenngleich wir diese durch unsere Controlling-Aktivitäten
selbstverständlich versuchen zu minimieren.
Backfire: ACG plant einen Weltmarktanteil bei SmartCards von 10% zu erreichen. Wie wollen Sie das schaffen? Würde dazu das interne Wachstum bereits ausreichen oder sind in diesem Ziel Akquisitionen bereits eingepreist?
M.Solibieda: Wir verfügen über sehr erfahrene Vertriebsteams in den einzelnen Produktbereichen. Unser Geschäftsmodell erlaubt es uns, schnell und flexibel Möglichkeiten im Markt wahrzunehmen, ohne dass wir mit dem Aufbau von Produktionskapazitäten in Vorlage treten müssten. Wir werden unser Team weiter um unternehmerische
Mitarbeiter verstärken. Derzeit gewinnen wir kontinuierlich Marktanteile. Wir werden im SmartCard-Bereich keine Investitionen in Produktionskapazitäten bzw. Produktionsunternehmen vornehmen, sondern allein durch den Aufbau weiterer Vertriebsteams unsere Position als virtueller Produzent verstärken.
Backfire: Ist eine weitere Kapitalerhöhung zur Finanzierung des weiteren Wachstums geplant, oder reichen Ihre
Profite bereits um ausreichend schnell zu wachsen?
M.Solibieda: Nach der erfolgreichen Kapitalerhöhung im März dieses Jahres sehen wir in den nächsten 18 Monaten keinen Bedarf für weitere Kapitalmaßnahmen.
Backfire: Stellen Sie bitte kurz Ihre Umsatz- und Gewinnprognosen für ACG für die nächsten 2 Jahre dar.
M.Solibieda: Wir erwarten im Geschäftsjahr 2000 einen Umsatz von 230 Mio. EUR und einen EBIT von 9 Mio. EUR.
Im Geschäftsjahr 2001 werden wir Top- und Bottomline um mindestens 50% wachsen. Genaue Planzahlen für
2001 veröffentlichen wir mit dem Bericht über das 3. Quartal.
Backfire: Können Sie die genaue Zahl der ausgegebenen Aktien bei ACG nach den Übernahmen, die ja großteils mit ACG Aktien als Übernahmewährung bezahlt wurden, nennen?
M.Solibieda: 3,32 Mio. Aktien. Als Ausnahme wurde ATC zu 75% in bar erworben, in den anderen Fällen zahlen wir
in der Regel ca. 80% des Kaufpreises in Aktien und ca. 20% in bar.
Backfire: Stellen Sie bitte kurz dar, welche Funktionen SmartCards in einigen Jahren zusätzlich zu den bereits
bekannten Anwendungsgebieten übernehmen könnten.
M.Solibieda: - Kontaktlose Transponder zur Kennzeichnung von PKWs, Containern und Paketen
- SmartCard als primäres Sicherungsinstrument für PC's und zum Einsatz beim E-Commerce
- Ablösung aller Magnetstreifenkarten (z.B. Kreditkarten) durch SmartCards
- Übernahme von Zahlungsfunktionen für SIM-Karten (Mobiltelefone)
- Personalausweis auf einer SmartCard
Backfire: CE Consumer bezeichnet sich selbst immer gerne als Marktführer im Chip Brokerage Markt. Können Sie diese Behauptung so stehen lassen?
M.Solibieda: Wir werden dieses Jahr im Bereich Chip Brokerage 185 Mio. EUR Umsatz erzielen. Wir denken, dass wir mit dieser Zahl ganz vorne dabei sind.
Backfire: Welche Konkurrenten hat ACG außer CE Consumer noch, insbesondere auch auf dem explodierenden
amerikanischen Markt?
M.Solibieda: In den USA gibt es eine Vielzahl von Chipbrokern, von denen jedoch nur wenige die Größe der ACG erreichen. Ähnlich wie beim Vergleich CE Consumer und ACG ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Produkte, auf die sich ein Player spezialisiert hat, häufig wenig Überschneidungen mit dem Angebot anderer Chipbroker
aufweisen. Aus diesem Grund sehen wir den Wettbewerbsdruck nicht als signifikant an.
Backfire: Mit Amatech, SCM Microsystems und OTI hat ACG am Neuen Markt mittlerweile einige Mitbewerber um den SmartCard Markt. Welche Gründe denken Sie gibt es hier bevorzugt in ACG zu investieren?
M.Solibieda: Der SmartCard Markt ist aufgrund der hohen Wachstumsraten und der Vielzahl neuer Anwendungen grundsätzlich ein interessantes Investment-Thema. Die besondere Stärke der ACG als Broker liegt in der Fähigkeit, weltweit die besten Produkte bei einer Vielzahl von Herstellern fertigen zu lassen - ohne selbst in die Produktion
bestimmter technischer Nischenprodukte investieren zu müssen. Diese breite Palette an Produkten können wir
über unsere weltweite Vertriebspräsenz praktisch jedem Kunden des Smart Card Marktes schnell, flexibel und
preisgünstig anbieten. Die ACG ist damit die Adresse für one-stop-shopping im Smart Card Markt - ein
Anspruch, den wir noch in diesem Sommer auch mit unserem Internet-Portal für SmartCard Produkte erfüllen
werden.
Backfire: Gibt es schon Neuigkeiten zum Rechtsstreit mit Amatech, den Amatech gegen die ACG Tochter Cubit führt ?
M.Solibieda: Wir halten die Klage von Amatech gegen Cubit für aussichtslos. Daneben haben wir eine Nichtigkeitsklage gegen die Patente von Amatech auf den Weg gebracht, da Amatech auf Basis einer Technologie arbeitet, die bereits seit Anfang der 70er Jahre in den USA bekannt ist.
Sollte Amatech mit ihrer Klage Erfolg haben - was wir derzeit ausschließen - wären 1,5% des Umsatzes der
ACG betroffen. Hat die ACG mit ihrer Gegenklage gegen die Amatech Erfolg - hierfür bestehen gute
Aussichten - wären ca. 80% des Umsatzes der Amatech betroffen.
Wir würden die von Amatech gestartete öffentliche Auseinandersetzung gern beenden, da wir diese unter
IR und PR-Aspekten für sehr unprofessionell und schädlich halten.
Backfire: Sind eventuell neue Technologien in Entwicklung, die die Nutzung von SmartCards überflüssig machen
könnten und so das Geschäft von ACG untergraben könnten?
M.Solibieda: Gelegentlich wird die Biometrie als Technologie angesehen, die die Sicherungsfunktion der SmartCard
ersetzen soll. Faktisch ist es jedoch so, dass die Daten aus biometrischen Identifikationsverfahren
zukünftig auf SmartCards anstatt in komplexen Hintergrundsystemen gespeichert werden. Damit ist die
SmartCard ein wichtiger Bestandteil der meisten biometrischen Verfahren.
Daneben sehen wir keine weiteren Technologien, die die SmartCard ersetzen können. Vielmehr hat man gerade
erst begonnen, mit der SmartCard Produkte wie die Magnetstreifenkarte, Ausweise, Barcode-Labels etc.
zu ersetzen.
Backfire: In den USA sollen die bisherigen auf Magnetstreifen basierenden Kreditkarten durch SmartCards ersetzt
werden. Ist ACG gut positioniert in diesem Markt um davon überproportional profitieren zu können?
M.Solibieda: Ja, wir arbeiten bereits heute mit Firmen auf dem amerikanischen Markt zusammen, dessen geringe Mengen bislang fast ausschließlich aus Europa beliefert werden. Sobald die Mengen interessant werden, werden
auch unsere amerikanischen Partner - und mit ihnen die ACG - an der Entwicklung partizipieren.
Backfire: Wir danken Herrn Solibieda für dieses sehr aufschlussreiche Interview!