Weiteren Lebensversicheren droht die Pleite

Beiträge: 2
Zugriffe: 327 / Heute: 1
Nassie:

Weiteren Lebensversicheren droht die Pleite

 
30.09.03 14:40
L E B E N S V E R S I C H E R E R

Der Abschreibungshammer

Von Lutz Reiche

Die Ratingagentur Fitch rechnet mit weiteren Insolvenzen unter deutschen Lebensversicherern. Abschreibungen auf Aktienbestände und drohende Steuernachzahlungen in Milliardenhöhe werden viele Unternehmen nicht verkraften. Versicherte müssen sich auf eine geringere Gewinnbeteiligung einstellen.

Köln - Um viele Lebensversicherer in Deutschland ist es nach Einschätzung der Ratingagentur Fitch bedrohlich bestellt. Wie aus einer manager-magazin.de vorliegenden Studie zu 86 Gesellschaften hervorgeht, werden Abschreibungen in Milliardenhöhe zum Ende dieses Jahres eine Vielzahl der Unternehmen in ihrer Existenz bedrohen.


Trotz der jüngsten Erholung an den Kapitalmärkten müsse sich die Auffanggesellschaft Protektor nach dem Fall der Mannheimer Leben auf weitere Insolvenzfälle einstellen, heißt es in dem Report. Bereits Mitte September hatten sich zur Überraschung vieler Marktbeobachter erstmals Vertreter der Assekuranzbranche selbst ähnlich geäußert.

Fitch hat auf Basis der Geschäftsberichte des Jahres 2002 die die Sicherheitsmittel- und Kapitalausstattung der Unternehmen unter die Lupe genommen. Das Ergebnis ist niederschmetternd. So haben der Studie zufolge zahlreiche deutsche Lebensversicherer zum Stichtag 31. Dezember 2002 auf Basis von Marktwerten die gesetzlich geforderten Solvabilitätsanforderungen nicht erreicht.

Den bislang vermiedenen Abschreibungen auf Aktien und Investmentfondsanteile in den Portfolios der Versicherer in Höhe von rund 16,3 Milliarden Euro stehen rund 20 Milliarden Euro stille Reserven auf Immobilien und festverzinsliche Wertpapiere gegenüber, schreibt Fitch. Unter dem Strich verfügten die Unternehmen damit zum Stichtag 31.12.2002 "kaum noch über nennenswerte Reserven zur Glättung zukünftiger Belastungen".

Insgesamt haben die Gesellschaften im vergangenen Jahr 51,1 Milliarden Euro Verluste mit ihren Kapitalanlagen erwirtschaftet. Im März hatte Fitch diese stillen Lasten und Abschreibungen noch auf 45 bis 50 Milliarden Euro geschätzt (wir berichteten).

Die Kapitalerträge der Branche bezifferte Fitch auf Basis der Markterwartungen im Jahr 2002 auf minus 0,1 Prozent. Die durchschnittliche Gewinnbeteiligung der Unternehmen betrug 4,7 Prozent. Die Analysten in London gehen deshalb davon aus, dass trotz der jüngsten Erholung an den Kapitalmärkten nur wenige Lebensversicherer in Zukunft in der Lage sein dürften kapitalbildende Lebens- und Rentenversicherungen profitabel anzubieten.

Die Gewinnbeteiligung wird sinken

Die Konsequenzen liegen für die Experten auf der Hand. Die Lebensversicherer werden ihrer Ansicht nach die Gewinnbeteiligung für die Sparanteile der Versicherten weiter senken müssen. Eine Vielzahl der Unternehmen werde dabei dem neuen gesetzlichen Minimum von 2,75 Prozent sehr nahe kommen, heißt es in der Studie weiter.

Zwar hätten die Lebensversicherer im laufenden Jahr ihr Portfolio bereinigt und zum Stichtag 30.06.2003 die "reine Aktienquote" auf durchschnittlich sieben Prozent reduziert. Damit hätten die Gesellschaften allerdings auch nur unterproportional von der Erholung der Kapitalmärkte profitieren können.

Assekuranz droht Steuernachzahlung von 20 Milliarden

Erschwerend käme hinzu, dass durch die gestiegenen langfristigen Zinsen die stillen Reserven in diesen Kapitalanlagen schwinden dürften. Zugleich drohten der Branche Steuerbelastungen aus Verlusten von Aktien- und Investmentfondsanteilen in Höhe von bis zu 20 Milliarden Euro.

Nach der Steuerreform für Unternehmen zur Jahreswende 1999/2000 müssen Konzerne ihre Gewinne aus Beteiligungsverkäufen nicht mehr versteuern. Die Kehrseite der Medaille: Abschreibungen und mögliche Veräußerungsverluste auf Aktienbestände sind seitdem beim Finanzamt nicht mehr von der Steuer abzusetzen. Dies wird insbesondere Lebens- und Krankenversicherer in Bedrängnis bringen, da laut Fitch nur wenige Unternehmen für die drohenden Steuerforderungen Rückstellungen gebildet haben.

Diesen "weiteren externen Schock" könnten einige Versicherer nicht durch Eigenkapital und Reserven auffangen. Daher sei mit weiteren Fällen für die Auffanggesellschaft Protektor zu rechnen, schreiben die Experten von Fitch.

Nach Einschätzung von Fitch müssten die Lebensversicherer insgesamt ihr Eigenkapital bis zu 50 Milliarden Euro erhöhen, um für stabile Verhältnisse in der Branche zu sorgen.

Managermagazin.de
Nassie:

Versicherer wehren sich

 
30.09.03 18:40
Köln (vwd) - Die jüngste Studie von Fitch Ratings zu steuerinduzierten Unternehmensschieflagen in der Assekuranz stößt auf Kritik. Die Fitch-Schätzungen von zehn bis 20 Mrd EUR Steuerzahlungen auf Verluste und Abschreibungen für Fondsanteile werden von Experten als zu hoch erachtet. Wie Reiner Will, Geschäftsführer der Assekurata, am Dienstag zu vwd sagte, gibt es einige Unternehmen, die ohne eine neue Gesetzesinitiative zur Abschaffung in ernste Schwierigkeiten kämen. Externe könnten den Steueraufwand wegen der Vielzahl von Unbekannten nicht ermitteln. Will rechnet mit der im Markt gehandelten Zahl von fünf Mrd EUR Steuern.

Fitch hatte berichtet, dass der Branche durch die möglichen Steuerzahlungen ein externer Schock drohe, der zu neuen Fällen für den Sicherungsfonds der Branche, Protektor AG, führen könne. Nach diesen Berechnungen verfügten die Gothaer Lebensversicherung AG, die Hannoversche Lebensversicherung aG, die Victoria Lebensversicherung AG, die Bayerische Beamten Lebensversicherung aG und die Inter Lebensversicherung aG zum Bilanzstichtag 2002 auf Marktwertbasis nicht mehr über ausreichend Eigenkapital, hätten sie die drohenden Steuern gezahlt.

Für die Victoria Lebensversicherung sei die Platzierung nicht nachvollziehbar, sagte Unternehmenssprecher Willy Lünstroth. Die für die zur Münchener Rückversicherung gehörende Gesellschaft zugrunde gelegten 3,9 Mrd EUR für Abschreibungen und stille Lasten seien um ein "Vielfaches" zu hoch angesetzt. Man habe die Steuerproblematik bereits bei der Bilanzgestaltung 2002 berücksichtigt, so dass der Jahresabschluss nicht mehr aufgemacht werden müsse.

Die Inter Versicherung teilte mit, dass man aufgrund eines klar festgelegten und mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) abgestimmten Plans die stillen Lasten bei Aktien bis zum Jahresende nahezu vollständig abbauen wolle. Hierzu würden auch stille Reserven aufgelöst. Sollte es jedoch zu einer Vollbesteuerung komme, müsse dieser Plan modifiziert werden, so Vorstandsvorsitzender Bernd Jansen. Die 2002 ausgewiesenen stillen Lasten von 119 Mio EUR hätten sich dank der Kurserholung inzwischen auf 106 Mio EUR vermindert.

Bei Protektor bleibt man derweil auf den Fall Mannheimer Lebensversicherung konzentriert. "Wir sind gerade erst dabei, die rund 140 Mitarbeiter der Mannheimer zu übernehmen, von weiteren Schieflagen wissen wir nichts", sagte Unternehmenssprecher Michael Gaedicke.

Nach der Unternehmenssteuerreform können Lebens- und Krankenversicherer Abschreibungen und Veräußerungsverluste auf Investmentfonds nicht mehr steuerlich geltend machen. Viele Unternehmen hätten dies 2002 mit steuerfreien Erträgen kompensiert, so Will. Andere Unternehmen hätten Rückstellungen für die drohenden Zahlungen gebildet. Wie Fitch rechnet aber auch Will damit, dass die Sachlage für die Krankenversicherer noch größere Probleme mit sich bringen wird. Infolge der Steuerzahlung müssten hier in absehbarer Zeit die Beiträge angehoben werden.
+++ Monika Lier
vwd/30.9.2003/§lie/har/nas

Es gibt keine neuen Beiträge.


Börsen-Forum - Gesamtforum - Antwort einfügen - zum ersten Beitrag springen
--button_text--