L E B E N S V E R S I C H E R E R
Der Abschreibungshammer
Von Lutz Reiche
Die Ratingagentur Fitch rechnet mit weiteren Insolvenzen unter deutschen Lebensversicherern. Abschreibungen auf Aktienbestände und drohende Steuernachzahlungen in Milliardenhöhe werden viele Unternehmen nicht verkraften. Versicherte müssen sich auf eine geringere Gewinnbeteiligung einstellen.
Köln - Um viele Lebensversicherer in Deutschland ist es nach Einschätzung der Ratingagentur Fitch bedrohlich bestellt. Wie aus einer manager-magazin.de vorliegenden Studie zu 86 Gesellschaften hervorgeht, werden Abschreibungen in Milliardenhöhe zum Ende dieses Jahres eine Vielzahl der Unternehmen in ihrer Existenz bedrohen.
Trotz der jüngsten Erholung an den Kapitalmärkten müsse sich die Auffanggesellschaft Protektor nach dem Fall der Mannheimer Leben auf weitere Insolvenzfälle einstellen, heißt es in dem Report. Bereits Mitte September hatten sich zur Überraschung vieler Marktbeobachter erstmals Vertreter der Assekuranzbranche selbst ähnlich geäußert.
Fitch hat auf Basis der Geschäftsberichte des Jahres 2002 die die Sicherheitsmittel- und Kapitalausstattung der Unternehmen unter die Lupe genommen. Das Ergebnis ist niederschmetternd. So haben der Studie zufolge zahlreiche deutsche Lebensversicherer zum Stichtag 31. Dezember 2002 auf Basis von Marktwerten die gesetzlich geforderten Solvabilitätsanforderungen nicht erreicht.
Den bislang vermiedenen Abschreibungen auf Aktien und Investmentfondsanteile in den Portfolios der Versicherer in Höhe von rund 16,3 Milliarden Euro stehen rund 20 Milliarden Euro stille Reserven auf Immobilien und festverzinsliche Wertpapiere gegenüber, schreibt Fitch. Unter dem Strich verfügten die Unternehmen damit zum Stichtag 31.12.2002 "kaum noch über nennenswerte Reserven zur Glättung zukünftiger Belastungen".
Insgesamt haben die Gesellschaften im vergangenen Jahr 51,1 Milliarden Euro Verluste mit ihren Kapitalanlagen erwirtschaftet. Im März hatte Fitch diese stillen Lasten und Abschreibungen noch auf 45 bis 50 Milliarden Euro geschätzt (wir berichteten).
Die Kapitalerträge der Branche bezifferte Fitch auf Basis der Markterwartungen im Jahr 2002 auf minus 0,1 Prozent. Die durchschnittliche Gewinnbeteiligung der Unternehmen betrug 4,7 Prozent. Die Analysten in London gehen deshalb davon aus, dass trotz der jüngsten Erholung an den Kapitalmärkten nur wenige Lebensversicherer in Zukunft in der Lage sein dürften kapitalbildende Lebens- und Rentenversicherungen profitabel anzubieten.
Die Gewinnbeteiligung wird sinken
Die Konsequenzen liegen für die Experten auf der Hand. Die Lebensversicherer werden ihrer Ansicht nach die Gewinnbeteiligung für die Sparanteile der Versicherten weiter senken müssen. Eine Vielzahl der Unternehmen werde dabei dem neuen gesetzlichen Minimum von 2,75 Prozent sehr nahe kommen, heißt es in der Studie weiter.
Zwar hätten die Lebensversicherer im laufenden Jahr ihr Portfolio bereinigt und zum Stichtag 30.06.2003 die "reine Aktienquote" auf durchschnittlich sieben Prozent reduziert. Damit hätten die Gesellschaften allerdings auch nur unterproportional von der Erholung der Kapitalmärkte profitieren können.
Assekuranz droht Steuernachzahlung von 20 Milliarden
Erschwerend käme hinzu, dass durch die gestiegenen langfristigen Zinsen die stillen Reserven in diesen Kapitalanlagen schwinden dürften. Zugleich drohten der Branche Steuerbelastungen aus Verlusten von Aktien- und Investmentfondsanteilen in Höhe von bis zu 20 Milliarden Euro.
Nach der Steuerreform für Unternehmen zur Jahreswende 1999/2000 müssen Konzerne ihre Gewinne aus Beteiligungsverkäufen nicht mehr versteuern. Die Kehrseite der Medaille: Abschreibungen und mögliche Veräußerungsverluste auf Aktienbestände sind seitdem beim Finanzamt nicht mehr von der Steuer abzusetzen. Dies wird insbesondere Lebens- und Krankenversicherer in Bedrängnis bringen, da laut Fitch nur wenige Unternehmen für die drohenden Steuerforderungen Rückstellungen gebildet haben.
Diesen "weiteren externen Schock" könnten einige Versicherer nicht durch Eigenkapital und Reserven auffangen. Daher sei mit weiteren Fällen für die Auffanggesellschaft Protektor zu rechnen, schreiben die Experten von Fitch.
Nach Einschätzung von Fitch müssten die Lebensversicherer insgesamt ihr Eigenkapital bis zu 50 Milliarden Euro erhöhen, um für stabile Verhältnisse in der Branche zu sorgen.
Managermagazin.de
Der Abschreibungshammer
Von Lutz Reiche
Die Ratingagentur Fitch rechnet mit weiteren Insolvenzen unter deutschen Lebensversicherern. Abschreibungen auf Aktienbestände und drohende Steuernachzahlungen in Milliardenhöhe werden viele Unternehmen nicht verkraften. Versicherte müssen sich auf eine geringere Gewinnbeteiligung einstellen.
Köln - Um viele Lebensversicherer in Deutschland ist es nach Einschätzung der Ratingagentur Fitch bedrohlich bestellt. Wie aus einer manager-magazin.de vorliegenden Studie zu 86 Gesellschaften hervorgeht, werden Abschreibungen in Milliardenhöhe zum Ende dieses Jahres eine Vielzahl der Unternehmen in ihrer Existenz bedrohen.
Trotz der jüngsten Erholung an den Kapitalmärkten müsse sich die Auffanggesellschaft Protektor nach dem Fall der Mannheimer Leben auf weitere Insolvenzfälle einstellen, heißt es in dem Report. Bereits Mitte September hatten sich zur Überraschung vieler Marktbeobachter erstmals Vertreter der Assekuranzbranche selbst ähnlich geäußert.
Fitch hat auf Basis der Geschäftsberichte des Jahres 2002 die die Sicherheitsmittel- und Kapitalausstattung der Unternehmen unter die Lupe genommen. Das Ergebnis ist niederschmetternd. So haben der Studie zufolge zahlreiche deutsche Lebensversicherer zum Stichtag 31. Dezember 2002 auf Basis von Marktwerten die gesetzlich geforderten Solvabilitätsanforderungen nicht erreicht.
Den bislang vermiedenen Abschreibungen auf Aktien und Investmentfondsanteile in den Portfolios der Versicherer in Höhe von rund 16,3 Milliarden Euro stehen rund 20 Milliarden Euro stille Reserven auf Immobilien und festverzinsliche Wertpapiere gegenüber, schreibt Fitch. Unter dem Strich verfügten die Unternehmen damit zum Stichtag 31.12.2002 "kaum noch über nennenswerte Reserven zur Glättung zukünftiger Belastungen".
Insgesamt haben die Gesellschaften im vergangenen Jahr 51,1 Milliarden Euro Verluste mit ihren Kapitalanlagen erwirtschaftet. Im März hatte Fitch diese stillen Lasten und Abschreibungen noch auf 45 bis 50 Milliarden Euro geschätzt (wir berichteten).
Die Kapitalerträge der Branche bezifferte Fitch auf Basis der Markterwartungen im Jahr 2002 auf minus 0,1 Prozent. Die durchschnittliche Gewinnbeteiligung der Unternehmen betrug 4,7 Prozent. Die Analysten in London gehen deshalb davon aus, dass trotz der jüngsten Erholung an den Kapitalmärkten nur wenige Lebensversicherer in Zukunft in der Lage sein dürften kapitalbildende Lebens- und Rentenversicherungen profitabel anzubieten.
Die Gewinnbeteiligung wird sinken
Die Konsequenzen liegen für die Experten auf der Hand. Die Lebensversicherer werden ihrer Ansicht nach die Gewinnbeteiligung für die Sparanteile der Versicherten weiter senken müssen. Eine Vielzahl der Unternehmen werde dabei dem neuen gesetzlichen Minimum von 2,75 Prozent sehr nahe kommen, heißt es in der Studie weiter.
Zwar hätten die Lebensversicherer im laufenden Jahr ihr Portfolio bereinigt und zum Stichtag 30.06.2003 die "reine Aktienquote" auf durchschnittlich sieben Prozent reduziert. Damit hätten die Gesellschaften allerdings auch nur unterproportional von der Erholung der Kapitalmärkte profitieren können.
Assekuranz droht Steuernachzahlung von 20 Milliarden
Erschwerend käme hinzu, dass durch die gestiegenen langfristigen Zinsen die stillen Reserven in diesen Kapitalanlagen schwinden dürften. Zugleich drohten der Branche Steuerbelastungen aus Verlusten von Aktien- und Investmentfondsanteilen in Höhe von bis zu 20 Milliarden Euro.
Nach der Steuerreform für Unternehmen zur Jahreswende 1999/2000 müssen Konzerne ihre Gewinne aus Beteiligungsverkäufen nicht mehr versteuern. Die Kehrseite der Medaille: Abschreibungen und mögliche Veräußerungsverluste auf Aktienbestände sind seitdem beim Finanzamt nicht mehr von der Steuer abzusetzen. Dies wird insbesondere Lebens- und Krankenversicherer in Bedrängnis bringen, da laut Fitch nur wenige Unternehmen für die drohenden Steuerforderungen Rückstellungen gebildet haben.
Diesen "weiteren externen Schock" könnten einige Versicherer nicht durch Eigenkapital und Reserven auffangen. Daher sei mit weiteren Fällen für die Auffanggesellschaft Protektor zu rechnen, schreiben die Experten von Fitch.
Nach Einschätzung von Fitch müssten die Lebensversicherer insgesamt ihr Eigenkapital bis zu 50 Milliarden Euro erhöhen, um für stabile Verhältnisse in der Branche zu sorgen.
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