Web.de: "Kommunikations-Service gegen Gebühr"
04.10.2000 12:38 Uhr
N-Top 30 1885.14 -48.29
Dax 6794.78 -67.48
Nasdaq 3455.83 -113.07
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Web.de betreibt das gleichnamige Internet-Portal, das dem Nutzer neben einem redaktionell gepflegten Suchkatalog viele zusätzliche Services bietet: unter anderem Nachrichten, Diskussionsforen, Einbindung von WAP-Handys sowie Mail-, Fax und SMS-Dienste. Das Portal hat aktuell rund 1,9 Millionen registrierte Nutzer; Im August lag die Zahl der Seitenabrufe bei 186 Millionen. 1999 generierte Web.de 3,5 Millionen Euro Umsatz und einen operativen Verlust, also vor etwaigen Finanzerträgen, von 10,5 Millionen Euro.
Im Rahmen der Gatrixx-Gespräche besuchte Vorstand Matthias Hornberger die Gatrixx-Zentrale in Berlin. Instock, ein Informationsdienst der Gatrixx AG, sprach mit ihm.
Instock:
Im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres lag Ihr Umsatz bei 5,9 Millionen Euro; der operative Verlust - 14,2 Millionen Euro - war fast dreimal so hoch. Taugt Ihr Geschäftsmodell nichts?
Hornberger:
Die hohen Verluste sind aus unseren großen Marketing-Anstrengungen enstanden. Das ist bei unserem Börsengang im Februar dieses Jahres aber auch so angekündigt worden. Die Akquisition neuer Kunden, das ist für uns eine Investition in die Zukunft. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres haben wir rund 1,4 Millionen voll registrierte Nutzer hinzugewonnen.
Instock:
Das operative Ergebnis im ersten Quartal lag bei minus 7,67 Millionen Euro, im zweiten Quartal bei minus 6,7 Millionen Euro. Das ist keine große Verbesserung.
Hornberger:
Im zweiten Quartal war der Marketingaufwand höher als im ersten. Wenn Sie sich das Ergebnis vor Marketingkosten und Goodwill-Abschreibungen ansehen, haben wir uns von minus 317.000 Euro auf plus 3,7 Millionen Euro verbessert.
Instock:
Sie haben im ersten Halbjahr insgesamt 15,6 Millionen Euro für Werbung und Marketing ausgegeben. Wird dieser Posten weiter so hoch bleiben?
Hornberger:
Nein, im Gesamtjahr wird er zirka 26 Millionen Euro betragen. Im zweiten Halbjahr wird er also auf rund 10,4 Millionen Euro absinken - insbesondere dadurch, dass im dritten Quartal keine größeren Kampagnen laufen. Da wird der Marketingaufwand deutlich unter 5 Millionen Euro liegen.
Instock:
Gemessen an Ihrem Umsatz sind auch 26 Millionen Euro sehr viel. Wie soll die Quote künftig aussehen?
Hornberger:
Wir planen, den Marketingaufwand zukünftig zwar absolut zu erhöhen, relativ zum Umsatz gesehen aber stark zurückzufahren. Im kommenden Jahr werden diese Kosten aus heutiger Sicht unter 30 Millionen Euro liegen. Im Verhältnis zum Umsatz ist das eine deutlich niedrigere Zahl als dieses Jahr. Auf Sicht von drei bis vier Jahren, also 2003, wird sich der Marketingaufwand wie bei einem normalen Internet-Unternehmen bei 20 bis 30 Prozent des Umsatzes einpendeln. So hoch wird er aber bleiben, weil es beim Internet darum geht, die Marke permanent im Markt bekannt zu machen.
Instock:
Momentan mindern Sie Ihren Jahresfehlbetrag, also das, was unterm Strich nach Steuern übrig bleibt, durch hohe Zinseinnahmen aus angelegtem Kapital. Warum investieren Sie dieses Geld nicht in Ihr Kerngeschäft?
Hornberger:
Unser Kassenbestand beläuft sich aktuell auf 186 Millionen Euro. Wir haben das Geld im zweiten Quartal angelegt. Damit wollen wir in die Zukunft investieren. Das heißt aber nicht, dass wir überhastet tätig werden und das Geld mit vollen Händen hinaus werfen. Wir wollen dezidiert in Technologie, in zusätzliche Reichweite, in profitable Umsatzströme investieren. Das ist ein Prozess, der sich über die nächsten zwei bis drei Jahre hinziehen wird. Wir wollen und werden nicht in die Situation kommen, dass wir im nächsten Jahr vor einem Cash-Problem stehen und dann an der Börse um neues Geld nachsuchen müssen.
Instock:
Wie fest ist dieses Geld angelegt?
Hornberger:
Dieses Geld wird professionell gemanagt. Zu etwa einem Drittel ist es sehr kurzfristig angelegt; zwei Drittel können mittelfristig realisiert werden.
Instock:
Bei Ihrem Börsengang lautete Ihre Planzahl für das Gesamtjahr 9,4 Millionen Euro Umsatz. Inzwischen wollen Sie diesen Wert "bei weitem übertreffen", sagen Sie. Wie sieht die neue Umsatzprognose aus?
Hornberger:
Nach Schätzungen der Dresdner Bank wird er 14,7 Millionen Euro betragen. Wir widersprechen dem nicht.
Instock:
Wie hoch wird der operative Verlust sein?
Hornberger:
Zirka 24 Millionen Euro und damit niedriger als beim IPO geplant. Als Finanzergebnis, also als Zinseinnahmen, werden wir in Abhängigkeit der Finanzmärkte rund 6 bis 7 Millionen Euro erzielen. Bleiben als Jahresfehlbetrag etwa 18 Millionen Euro.
Instock:
Im ersten Halbjahr lag der Jahresfehlbetrag bei 12,35 Millionen Mark. Glauben Sie wirklich, das schaffen zu können?
Hornberger:
Ja. Erstens läuft das Finanzergebnis zu unseren Gunsten. Und zum Zweiten werden wir die Schere zwischen Umsatz und Verlust im dritten und vierten Quartal weiter stark schließen.
Instock:
Wie sieht die Prognose für 2001 aus?
Hornberger:
Wir denken, dass wir im nächsten Jahr unseren Umsatz, wesentlich abhängig vom künftigen B2B-Geschäft, sicherlich mehr als verdoppeln können - also mindestens 35 bis 50 Millionen Euro. Das operative Ergebnis wird sich in einer Größenordnung von minus 11 bis minus 14 Millionen Euro bewegen. Der Jahresfehlbetrag wird aus heutiger Sicht, in Abhängigkeit vom Finanzergebnis, zwischen 6 und 7 Millionen Euro liegen.
Instock:
Und 2002?
Hornberger:
Da wollen wir profitabel sein. Als operatives Ergebnis streben wir mehr als 7 Millionen Euro an. Und wenn man, einen unveränderten Bestand an Finanzmitteln vorausgesetzt, noch 7 Millionen Euro Zinseinnahmen hinzu rechnet, ist man bei einem Jahresüberschuss von mindestens 14 Millionen Euro.
Instock:
Bei wieviel Umsatz?
Hornberger:
Das ist eine knifflige Sache. Wir müssten den B2B-Bereich mitzählen. Mit dieser Position tun wir uns im Moment aber ein bisschen schwer, weil sie noch ein völlig weißer Fleck ist. Sagen wir mal so: Wir denken, dass wir im Bereich B2C, also Business-to-Consumer, 80 Millionen Euro Umsatz hinbekommen werden. Dazu käme dann noch der B2B-Bereich. Die Dresdner Bank schätzt unseren Umsatz hier auf zusätzlich 45 Millionen Euro im Jahr 2002. Ab 2003 halten wir eine EBIT-Marge von insgesamt 25 Prozent für eine realistische Größenordnung.
Instock:
Sind in diese Schätzungen bevorstehende Akquisitionen eingerechnet?
Hornberger:
Nein, absolut nicht.
Instock:
Sie haben B2B und B2C erwähnt. Was verstehen Sie konkret darunter?
Hornberger:
Im B2C-Bereich ist es unser Credo, dem Privatkunden sehr viele Leistungen für kein oder möglichst wenig Geld zu bieten. Hier erzielen wir unsere Einnahmen aus der klassischen Bannerwerbung, Sponsorenverträgen und E-Commerce-Transaktionen. Im Bereich B2B ist unser Ziel, Geschäftskunden einen webbasierten Kommunikations-Service gegen eine monatliche Lizenz-Gebühr anzubieten.
Instock:
Handelt es sich dabei um Ihren Service Unified Messaging?
Hornberger:
Ja. Bei Unified Messaging handelt es sich um ein E-Mail-Konto, erweitert um die Kommunikationsmöglichkeiten Fax, gesprochene Nachricht, WAP-Handy und Short-Messaging, also SMS. Das alles über nur eine Kommunikationsplattform und dank unserer Verschlüselungstechnologie absolut sicher. Das bieten wir auf unserem Web-Portal an.
Instock:
Dieses Angebot ist gratis für Ihre Nutzer. Was wollen Sie ändern?
Hornberger:
Für Privatanwender wird dieses Angebot gratis bleiben. Hier generieren wir Einnahmen über klassische Bannerwerbung und Pay-per-Click-Modelle, also Bezahlung pro Klick. Das bedeutet für die Kunden, dass sie bestimmte Leistungen nur dann bekommen, wenn sie ein Werbebanner anklicken. Außerdem verdienen wir Geld, wenn Faxe und Voice-Mails von außen in unser System gesendet werden. Dann erhalten wir einen Anteil der Telefongebühren.
Instock:
Wie soll das entsprechende Angebot für Geschäftskunden aussehen?
Hornberger:
Der Geschäftskunde kann eine in ihrem Leistungsumfang erweiterte, werbefreie E-Mail-Box nutzen. Gegen eine monatliche Lizenzgebühr kann er dann seine gesamte Kommunikation über ein webbasiertes System abwickeln. Diese Lizenz wird pro Monat zirka 20 bis 40 Mark kosten. Damit ist das Grundangebot abgedeckt. Mehrkosten enstehen dem Kunden nur bei besonderen Leistungen: Wenn er zum Beispiel größere Faxsendungen nach Südamerika schickt.
Instock:
Ab wann werden Sie diesen Service anbieten?
Hornberger:
Das Angebot wird ab Ende Oktober erhältlich sein. Wir wenden uns an Unternehmen in der Größenordnung von 100 bis 200 Computer-Arbeitsplätzen, aber auch an selbständige Handwerker und Freiberufler. Dieses Jahr sehen wir als Testlauf, planen also noch keine substanziellen Umsätze. Bis Ende 2002, denken wir, umfasst das Potenzial eine Million Lizenzen, so dass wir 2001 sicherlich im sechsstelligen Bereich liegen werden, was die Lizenzen angeht.
Instock:
Warum sollte ein Unternehmen für diesen Service zahlen? Auf Ihrem Portal können die betreffenden Mitarbeiter ihn gratis nutzen.
Hornberger:
Bei dem Lizenz-Modell können die Mitarbeiter auf einer gemeinsamen Plattform agieren. Außerdem werden bestimmte Leistungen einbezogen, die es im Free-Bereich nicht gibt, zum Beispiel das Versenden von Faxen ins europäische Ausland.
Instock:
Trotzdem - jeder Geschäftsmann, der auch nur ein bisschen auf sich hält, hat sein eigenes Telefon, sein eigenes Faxgerät und auch seinen eigenen Internet-Anschluss. Wo sehen Sie die Marktlücke?
Hornberger:
Mit unserer Unified Messaging-Lösung hat ein Unternehmer die Möglichkeit, seine Faxe von überall abzurufen, digital abzuspeichern oder weiterzuleiten - sofern er einen Internet-Anschluss zur Verfügung hat. Zudem hat er über WAP-Handy Zugriff auf seine E-Mails. Er kann entsprechend mobil agieren, ohne darauf angewiesen zu sein, dass seine stationären Geräte funktionieren.
Instock:
Wie groß wird Ihr technologischer Aufwand dafür sein?
Hornberger:
Letztlich fahren wir die Basistechnologie aktuell schon für 1,9 Millionen Anwender beim Free-Service. Insofern sind wir sicher, dass wir die Technologie zur Verfügung haben, um diesen Service auf absolutem Top-Level zu garantieren.
Instock:
Den Verkauf wollen Sie über Ihre Beteiligung E-cho laufen lassen. Wie viele Vertriebsmitarbeiter hat dieses Unternehmen?
Hornberger:
E-cho hat zur Zeit 150 freie Handelsvertreter unter Vertrag, die - und das ist für uns wichtig - auf reiner Erfolgsbasis akquirieren werden. Wir müssen die Vertriebsleistungen also nur erfolgsabhängig bezahlen.
Instock:
Für 2001 rechnen Sie mit einer sechsstelligen Anzahl von Lizenzen. Wie sollen 150 Handelsvertreter die akquirieren? Da kämen auf jeden mindestens 670 Lizenzen - und das innerhalb eines Jahres.
Hornberger:
Bei dieser sechsstelligen Anzahl handelt es sich nicht um 100.000 Unternehmen, sondern um 100.000 Lizenzen. Nimmt man eine mittelständische Firma mit fünfzig Computer-Arbeitsplätzen, ergäbe das gleich fünfzig Lizenzen. Außerdem planen wir, diese Zahl der Handelsvertreter in den nächsten Monaten zu verdreifachen.
Instock:
Das würde bedeuten, dass diese mittelständische Firma 1000 bis 2000 Mark pro Monat für Ihren Service bezahlen müsste. Dafür könnte sie sich etliche eigene Faxgeräte leisten.
Hornberger:
Dafür hat sie beim Unified Messaging je nach Paket keine Faxgebühren mehr. Die Firma hätte ein komplettes Kommunikationssystem, wofür sie sonst einen fünfstelligen Betrag als Investitionskosten ausgeben müsste. Sie müssen nur überlegen, was ein lokales Netzwerk oder ein Exchange-Server kostet. Plus Lizenzgebühren an Microsoft, Hardware und Systemadministration - dagegen sind die Kosten für das Unified Messaging nur ein Bruchteil.
Instock:
Ist Ihr Ziel - mindestens 100.000 Lizenzen bis 2001 - nicht doch ein bisschen zu optimistisch?
Hornberger:
Nein. Wenn Sie sich die Prognosen anschauen für den europäischen Unified Messaging-Markt, zum Beispiel vom Marktforschungsunternehmen Frost & Sullivan, dann sehen Sie: Das ist einer der Zukunftsmärkte überhaupt. Und ganz klar ist, dass der deutsche Mittelstand auf der Kommunikationsebene noch sehr unzureichend ausgerüstet ist. Die Unternehmen haben, wenn es hoch kommt, einen Internet-Zugang von T-online.
04.10.2000 12:38 Uhr
N-Top 30 1885.14 -48.29
Dax 6794.78 -67.48
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Euro in $ 0.8746 -0.0012
Bund 105.22 +0.02
Service
Börsen-ABC
Info an Instock.de
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Impressum
Indizes
Web.de betreibt das gleichnamige Internet-Portal, das dem Nutzer neben einem redaktionell gepflegten Suchkatalog viele zusätzliche Services bietet: unter anderem Nachrichten, Diskussionsforen, Einbindung von WAP-Handys sowie Mail-, Fax und SMS-Dienste. Das Portal hat aktuell rund 1,9 Millionen registrierte Nutzer; Im August lag die Zahl der Seitenabrufe bei 186 Millionen. 1999 generierte Web.de 3,5 Millionen Euro Umsatz und einen operativen Verlust, also vor etwaigen Finanzerträgen, von 10,5 Millionen Euro.
Im Rahmen der Gatrixx-Gespräche besuchte Vorstand Matthias Hornberger die Gatrixx-Zentrale in Berlin. Instock, ein Informationsdienst der Gatrixx AG, sprach mit ihm.
Instock:
Im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres lag Ihr Umsatz bei 5,9 Millionen Euro; der operative Verlust - 14,2 Millionen Euro - war fast dreimal so hoch. Taugt Ihr Geschäftsmodell nichts?
Hornberger:
Die hohen Verluste sind aus unseren großen Marketing-Anstrengungen enstanden. Das ist bei unserem Börsengang im Februar dieses Jahres aber auch so angekündigt worden. Die Akquisition neuer Kunden, das ist für uns eine Investition in die Zukunft. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres haben wir rund 1,4 Millionen voll registrierte Nutzer hinzugewonnen.
Instock:
Das operative Ergebnis im ersten Quartal lag bei minus 7,67 Millionen Euro, im zweiten Quartal bei minus 6,7 Millionen Euro. Das ist keine große Verbesserung.
Hornberger:
Im zweiten Quartal war der Marketingaufwand höher als im ersten. Wenn Sie sich das Ergebnis vor Marketingkosten und Goodwill-Abschreibungen ansehen, haben wir uns von minus 317.000 Euro auf plus 3,7 Millionen Euro verbessert.
Instock:
Sie haben im ersten Halbjahr insgesamt 15,6 Millionen Euro für Werbung und Marketing ausgegeben. Wird dieser Posten weiter so hoch bleiben?
Hornberger:
Nein, im Gesamtjahr wird er zirka 26 Millionen Euro betragen. Im zweiten Halbjahr wird er also auf rund 10,4 Millionen Euro absinken - insbesondere dadurch, dass im dritten Quartal keine größeren Kampagnen laufen. Da wird der Marketingaufwand deutlich unter 5 Millionen Euro liegen.
Instock:
Gemessen an Ihrem Umsatz sind auch 26 Millionen Euro sehr viel. Wie soll die Quote künftig aussehen?
Hornberger:
Wir planen, den Marketingaufwand zukünftig zwar absolut zu erhöhen, relativ zum Umsatz gesehen aber stark zurückzufahren. Im kommenden Jahr werden diese Kosten aus heutiger Sicht unter 30 Millionen Euro liegen. Im Verhältnis zum Umsatz ist das eine deutlich niedrigere Zahl als dieses Jahr. Auf Sicht von drei bis vier Jahren, also 2003, wird sich der Marketingaufwand wie bei einem normalen Internet-Unternehmen bei 20 bis 30 Prozent des Umsatzes einpendeln. So hoch wird er aber bleiben, weil es beim Internet darum geht, die Marke permanent im Markt bekannt zu machen.
Instock:
Momentan mindern Sie Ihren Jahresfehlbetrag, also das, was unterm Strich nach Steuern übrig bleibt, durch hohe Zinseinnahmen aus angelegtem Kapital. Warum investieren Sie dieses Geld nicht in Ihr Kerngeschäft?
Hornberger:
Unser Kassenbestand beläuft sich aktuell auf 186 Millionen Euro. Wir haben das Geld im zweiten Quartal angelegt. Damit wollen wir in die Zukunft investieren. Das heißt aber nicht, dass wir überhastet tätig werden und das Geld mit vollen Händen hinaus werfen. Wir wollen dezidiert in Technologie, in zusätzliche Reichweite, in profitable Umsatzströme investieren. Das ist ein Prozess, der sich über die nächsten zwei bis drei Jahre hinziehen wird. Wir wollen und werden nicht in die Situation kommen, dass wir im nächsten Jahr vor einem Cash-Problem stehen und dann an der Börse um neues Geld nachsuchen müssen.
Instock:
Wie fest ist dieses Geld angelegt?
Hornberger:
Dieses Geld wird professionell gemanagt. Zu etwa einem Drittel ist es sehr kurzfristig angelegt; zwei Drittel können mittelfristig realisiert werden.
Instock:
Bei Ihrem Börsengang lautete Ihre Planzahl für das Gesamtjahr 9,4 Millionen Euro Umsatz. Inzwischen wollen Sie diesen Wert "bei weitem übertreffen", sagen Sie. Wie sieht die neue Umsatzprognose aus?
Hornberger:
Nach Schätzungen der Dresdner Bank wird er 14,7 Millionen Euro betragen. Wir widersprechen dem nicht.
Instock:
Wie hoch wird der operative Verlust sein?
Hornberger:
Zirka 24 Millionen Euro und damit niedriger als beim IPO geplant. Als Finanzergebnis, also als Zinseinnahmen, werden wir in Abhängigkeit der Finanzmärkte rund 6 bis 7 Millionen Euro erzielen. Bleiben als Jahresfehlbetrag etwa 18 Millionen Euro.
Instock:
Im ersten Halbjahr lag der Jahresfehlbetrag bei 12,35 Millionen Mark. Glauben Sie wirklich, das schaffen zu können?
Hornberger:
Ja. Erstens läuft das Finanzergebnis zu unseren Gunsten. Und zum Zweiten werden wir die Schere zwischen Umsatz und Verlust im dritten und vierten Quartal weiter stark schließen.
Instock:
Wie sieht die Prognose für 2001 aus?
Hornberger:
Wir denken, dass wir im nächsten Jahr unseren Umsatz, wesentlich abhängig vom künftigen B2B-Geschäft, sicherlich mehr als verdoppeln können - also mindestens 35 bis 50 Millionen Euro. Das operative Ergebnis wird sich in einer Größenordnung von minus 11 bis minus 14 Millionen Euro bewegen. Der Jahresfehlbetrag wird aus heutiger Sicht, in Abhängigkeit vom Finanzergebnis, zwischen 6 und 7 Millionen Euro liegen.
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Und 2002?
Hornberger:
Da wollen wir profitabel sein. Als operatives Ergebnis streben wir mehr als 7 Millionen Euro an. Und wenn man, einen unveränderten Bestand an Finanzmitteln vorausgesetzt, noch 7 Millionen Euro Zinseinnahmen hinzu rechnet, ist man bei einem Jahresüberschuss von mindestens 14 Millionen Euro.
Instock:
Bei wieviel Umsatz?
Hornberger:
Das ist eine knifflige Sache. Wir müssten den B2B-Bereich mitzählen. Mit dieser Position tun wir uns im Moment aber ein bisschen schwer, weil sie noch ein völlig weißer Fleck ist. Sagen wir mal so: Wir denken, dass wir im Bereich B2C, also Business-to-Consumer, 80 Millionen Euro Umsatz hinbekommen werden. Dazu käme dann noch der B2B-Bereich. Die Dresdner Bank schätzt unseren Umsatz hier auf zusätzlich 45 Millionen Euro im Jahr 2002. Ab 2003 halten wir eine EBIT-Marge von insgesamt 25 Prozent für eine realistische Größenordnung.
Instock:
Sind in diese Schätzungen bevorstehende Akquisitionen eingerechnet?
Hornberger:
Nein, absolut nicht.
Instock:
Sie haben B2B und B2C erwähnt. Was verstehen Sie konkret darunter?
Hornberger:
Im B2C-Bereich ist es unser Credo, dem Privatkunden sehr viele Leistungen für kein oder möglichst wenig Geld zu bieten. Hier erzielen wir unsere Einnahmen aus der klassischen Bannerwerbung, Sponsorenverträgen und E-Commerce-Transaktionen. Im Bereich B2B ist unser Ziel, Geschäftskunden einen webbasierten Kommunikations-Service gegen eine monatliche Lizenz-Gebühr anzubieten.
Instock:
Handelt es sich dabei um Ihren Service Unified Messaging?
Hornberger:
Ja. Bei Unified Messaging handelt es sich um ein E-Mail-Konto, erweitert um die Kommunikationsmöglichkeiten Fax, gesprochene Nachricht, WAP-Handy und Short-Messaging, also SMS. Das alles über nur eine Kommunikationsplattform und dank unserer Verschlüselungstechnologie absolut sicher. Das bieten wir auf unserem Web-Portal an.
Instock:
Dieses Angebot ist gratis für Ihre Nutzer. Was wollen Sie ändern?
Hornberger:
Für Privatanwender wird dieses Angebot gratis bleiben. Hier generieren wir Einnahmen über klassische Bannerwerbung und Pay-per-Click-Modelle, also Bezahlung pro Klick. Das bedeutet für die Kunden, dass sie bestimmte Leistungen nur dann bekommen, wenn sie ein Werbebanner anklicken. Außerdem verdienen wir Geld, wenn Faxe und Voice-Mails von außen in unser System gesendet werden. Dann erhalten wir einen Anteil der Telefongebühren.
Instock:
Wie soll das entsprechende Angebot für Geschäftskunden aussehen?
Hornberger:
Der Geschäftskunde kann eine in ihrem Leistungsumfang erweiterte, werbefreie E-Mail-Box nutzen. Gegen eine monatliche Lizenzgebühr kann er dann seine gesamte Kommunikation über ein webbasiertes System abwickeln. Diese Lizenz wird pro Monat zirka 20 bis 40 Mark kosten. Damit ist das Grundangebot abgedeckt. Mehrkosten enstehen dem Kunden nur bei besonderen Leistungen: Wenn er zum Beispiel größere Faxsendungen nach Südamerika schickt.
Instock:
Ab wann werden Sie diesen Service anbieten?
Hornberger:
Das Angebot wird ab Ende Oktober erhältlich sein. Wir wenden uns an Unternehmen in der Größenordnung von 100 bis 200 Computer-Arbeitsplätzen, aber auch an selbständige Handwerker und Freiberufler. Dieses Jahr sehen wir als Testlauf, planen also noch keine substanziellen Umsätze. Bis Ende 2002, denken wir, umfasst das Potenzial eine Million Lizenzen, so dass wir 2001 sicherlich im sechsstelligen Bereich liegen werden, was die Lizenzen angeht.
Instock:
Warum sollte ein Unternehmen für diesen Service zahlen? Auf Ihrem Portal können die betreffenden Mitarbeiter ihn gratis nutzen.
Hornberger:
Bei dem Lizenz-Modell können die Mitarbeiter auf einer gemeinsamen Plattform agieren. Außerdem werden bestimmte Leistungen einbezogen, die es im Free-Bereich nicht gibt, zum Beispiel das Versenden von Faxen ins europäische Ausland.
Instock:
Trotzdem - jeder Geschäftsmann, der auch nur ein bisschen auf sich hält, hat sein eigenes Telefon, sein eigenes Faxgerät und auch seinen eigenen Internet-Anschluss. Wo sehen Sie die Marktlücke?
Hornberger:
Mit unserer Unified Messaging-Lösung hat ein Unternehmer die Möglichkeit, seine Faxe von überall abzurufen, digital abzuspeichern oder weiterzuleiten - sofern er einen Internet-Anschluss zur Verfügung hat. Zudem hat er über WAP-Handy Zugriff auf seine E-Mails. Er kann entsprechend mobil agieren, ohne darauf angewiesen zu sein, dass seine stationären Geräte funktionieren.
Instock:
Wie groß wird Ihr technologischer Aufwand dafür sein?
Hornberger:
Letztlich fahren wir die Basistechnologie aktuell schon für 1,9 Millionen Anwender beim Free-Service. Insofern sind wir sicher, dass wir die Technologie zur Verfügung haben, um diesen Service auf absolutem Top-Level zu garantieren.
Instock:
Den Verkauf wollen Sie über Ihre Beteiligung E-cho laufen lassen. Wie viele Vertriebsmitarbeiter hat dieses Unternehmen?
Hornberger:
E-cho hat zur Zeit 150 freie Handelsvertreter unter Vertrag, die - und das ist für uns wichtig - auf reiner Erfolgsbasis akquirieren werden. Wir müssen die Vertriebsleistungen also nur erfolgsabhängig bezahlen.
Instock:
Für 2001 rechnen Sie mit einer sechsstelligen Anzahl von Lizenzen. Wie sollen 150 Handelsvertreter die akquirieren? Da kämen auf jeden mindestens 670 Lizenzen - und das innerhalb eines Jahres.
Hornberger:
Bei dieser sechsstelligen Anzahl handelt es sich nicht um 100.000 Unternehmen, sondern um 100.000 Lizenzen. Nimmt man eine mittelständische Firma mit fünfzig Computer-Arbeitsplätzen, ergäbe das gleich fünfzig Lizenzen. Außerdem planen wir, diese Zahl der Handelsvertreter in den nächsten Monaten zu verdreifachen.
Instock:
Das würde bedeuten, dass diese mittelständische Firma 1000 bis 2000 Mark pro Monat für Ihren Service bezahlen müsste. Dafür könnte sie sich etliche eigene Faxgeräte leisten.
Hornberger:
Dafür hat sie beim Unified Messaging je nach Paket keine Faxgebühren mehr. Die Firma hätte ein komplettes Kommunikationssystem, wofür sie sonst einen fünfstelligen Betrag als Investitionskosten ausgeben müsste. Sie müssen nur überlegen, was ein lokales Netzwerk oder ein Exchange-Server kostet. Plus Lizenzgebühren an Microsoft, Hardware und Systemadministration - dagegen sind die Kosten für das Unified Messaging nur ein Bruchteil.
Instock:
Ist Ihr Ziel - mindestens 100.000 Lizenzen bis 2001 - nicht doch ein bisschen zu optimistisch?
Hornberger:
Nein. Wenn Sie sich die Prognosen anschauen für den europäischen Unified Messaging-Markt, zum Beispiel vom Marktforschungsunternehmen Frost & Sullivan, dann sehen Sie: Das ist einer der Zukunftsmärkte überhaupt. Und ganz klar ist, dass der deutsche Mittelstand auf der Kommunikationsebene noch sehr unzureichend ausgerüstet ist. Die Unternehmen haben, wenn es hoch kommt, einen Internet-Zugang von T-online.