Erster Metaller-Streik seit 1995 steht kurz bevor

Beitrag: 1
Zugriffe: 182 / Heute: 1
Zick-Zock:

Erster Metaller-Streik seit 1995 steht kurz bevor

 
01.05.02 15:51
heftig - heftig .....


STUTTGART/BERLIN (dpa-AFX) - Der erste Metaller-Streik seit 1995 steht unmittelbar bevor. Dazu ist nur noch ein förmliche Entscheidung der IG-Metall-Spitze an diesem Donnerstag in Frankfurt nötig. Der Arbeitskampf dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit am kommenden Montag im größten Tarifgebiet Baden-Württemberg beginnen. Dort hatten sich in einer Urabstimmung gut 90 Prozent von rund 195.000 IG-Metall- Mitgliedern der Branche für den Streik ausgesprochen.

Eine Einigung am Verhandlungstisch gilt als ausgeschlossen. Der IG-Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel und andere führende Funktionäre der größten deutschen Industriegewerkschaft haben immer wieder neue Verhandlungen vor Streikbeginn strikt abgelehnt. Die Arbeitgeber hätten es aber "selbst in der Hand, wie hart und heftig die Auswirkungen des Arbeitskampfes werden", sagte Zwickel auf der DGB-Maikundgebung am Mittwoch in Berlin. Bislang gebe es aber nicht einmal Signale für die Aufnahme neuer Gespräche, ergänzte Zwickel in einem Interview des Fernsehsenders n-tv. "Nach alter Erfahrung, wenn der Streik begonnen hat, werden auch wieder Verhandlungen geführt."

Neben dem Südwesten mit insgesamt 800 000 Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie kommt auch die Hauptstadtregion Berlin/Brandenburg als Streikgebiet in Betracht. Dort hatten bis zu 85 Prozent für einen Arbeitskampf votiert. Nach Angaben aus Gewerkschaftskreisen soll der Ausstand in diesem Tarifgebiet allerdings erst eine Woche später anlaufen. Zuletzt hatten die Metaller 1995 in Bayern gestreikt. In Baden-Württemberg hatte es zuletzt 1984 einen Arbeitskampf gegeben. Für die Region Berlin/Brandenburg wäre es gar der erste seit Kriegsende.

KEIN SPIELRAUM FÜR NEUE VERHANDLUNGEN

Auch für den Arbeitgeberverband Gesamtmetall gibt es zurzeit keinen Spielraum für neue Verhandlungen. Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser bekräftigte am Dienstagabend im ARD-Magazin "Plus Minus", die Arbeitgeber hätten den Rahmen ausgeschöpft. Für die Masse der Betriebe gebe es über der zuletzt verhandelte Größenordnung keine Möglichkeiten.

Die Gewerkschaft war mit ihrer ursprünglichen Forderung von 6,5 Prozent höheren Einkommen in die Urabstimmung gegangen. Die Arbeitgeber hatten zuletzt 3,3 Prozent für 13 Monate angeboten. Danach waren die Gespräche nach einem 15-stündigen Verhandlungsmarathon am 19. April in Baden-Württemberg gescheitert.

Die Metall-Arbeitgeber bedauerten das Ergebnis. Gesamtmetall- Hauptgeschäftsführer Hans Werner Busch sagte in Köln, "der Arbeitskampf trifft uns in einem sehr labilen konjunkturellen Zustand." Die Situation in der Branche sei von einem ungebremst starken Abwärtstrend der Produktion geprägt. "Wir liegen um mehr als acht Prozent unter dem Stand vom Vorjahr und sehen im Moment kein einziges konkretes Zeichen der Besserung."

Wenn der IG Metall-Vorstand am Donnerstag grünes Licht für einen Arbeitskampf im Südwesten gibt, sollen dort zum Auftakt 20 Betriebe mit 53 000 Beschäftigten bestreikt werden. Insgesamt soll in der kommenden Wochen in 85 Betrieben im Südwesten gestreikt werden. Daran sollen sich nach IG Metall-Angaben mehr als 75. 000 Beschäftigte beteiligen.

DGB UNTERSTÜTZT IG METALL

Unterstützung erhielt die IG Metall auch vom DGB. Dessen Vorsitzende Dieter Schulte unterstrich, im Interesse der Konjunktur sei "ein kräftiger Schluck aus der Pulle" nötig. Ausdrücklich sagte Schulte, der Streik in der Metallindustrie sei kein Angriff der Gewerkschaften auf Bundeskanzler Gerhard Schröder. Wenige Monate vor der Bundestagswahl im September hatte der Regierungschef und SPD- Vorsitzende mehrfach vor einem Arbeitskampf gewarnt.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt betonte in einer Mitteilung zum 1. Mai, der nahende Streik gefährde die ohnehin schwachen Wachstumsaussichten der deutschen Wirtschaft zusätzlich. Das Verhalten der Gewerkschaft sei daher verantwortungslos. Ähnlich äußerte sich der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski: "Es zeugt von gesellschaftspolitischer Schizophrenie, dass der Tag der Arbeit zum Tag des Streikaufrufs wird."

Zwickel wies dagegen alle Vorwürfe zurück: "Wir streiken den Aufschwung nicht kaputt. Wir streiken für mehr Geld, um den Aufschwung zu fördern." Rückendeckung erhielt Zwickel von dem Wirtschaftsweisen Bert Rürup, der im Wirtschaftsmagazin "Focus-Money" einen Metallerstreik als "faktisch irrelevant" für die gesamtwirtschaftliche Leistung bezeichnete./DP/af

info@dpa-AFX.de
Es gibt keine neuen Beiträge.


Börsen-Forum - Gesamtforum - Antwort einfügen - zum ersten Beitrag springen
--button_text--