Delisting-Pläne für Neuen Markt stoßen auf geteiltes Echo
Die Pläne der Deutschen Börse, künftig so genannte Penny-Stocks aus dem Neuen Markt zu verbannen, sind bei Finanzmarktexperten und -teilnehmern auf ein geteiltes Echo gestoßen. Während Fondsmanager die neuen Regeln begrüßten, bezweifelten andere Marktakteure, ob solche "Delistings" dem Frankfurter Wachstumsegment zu neuem Schwung verhelfen können. Aktienexperten und Anlegerschützer warnten in einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters davor, die Wirkung der Regeln zu überschätzen. Einige der derzeitigen "Penny-Stocks"-Firmen bemängelten, dass die Börse vor der Bekanntgabe ihrer neuen Regeln nicht mit ihnen gesprochen habe, obwohl sie dies angekündigte. Der Neue Markt sackte indes am Freitag vorübergehend auf ein Jahrestief ab. Die Deutsche Börse hatte am Freitag angekündigt, sie wolle künftig Firmen aus dem Neuen Markt verbannen, deren Aktienkurs an 30 aufeinander folgenden Tagen unter einem Euro und deren Börsenwert unter 20 Millionen Euro lägen. Ab Oktober soll die Verschärfung des Regelwerks gelten. Sollten der Aktienkurs und der Firmenwert in den folgenden 90 Börsentagen nicht an mindestens 15 aufeinander folgenden Tagen über einen Euro beziehungsweise über 20 Millionen Euro liegen, wird die Firma einen Monat später vom Neuen Markt ausgeschlossen. Nach Ansicht von Wassili Papas, Fondsmanager bei Union Investment, wird der Neue Markt von Firmen bereinigt, die ohnehin kein nachhaltiges Geschäftsmodell und keine Zukunft hätten. "Der Druck, den Markt aufzuräumen war enorm hoch", sagte Papas. DIT-Fondsmanager Dirk Enderlein begrüßte die neue Regelung. Sie sei ein Schritt in die richtige Richtung. "Es ist nicht im Sinne unserer Anleger, in Werte zu investieren, die nicht mehr als Wachstumswerte zu bezeichnen sind", sagte Enderlein. Für Stefan Schießer, Chefanalyst Neuer Markt bei der GZ-Bank, führen die neuen Regeln nicht zu einem Aufwärtstrend am Neuen Markt. Dieser werde erst einsetzen, wenn es eine Verbesserung im globalen IT-Markt und eine Stabilisierung der Profite gebe. Dies sei derzeit nicht absehbar, sagte Schießer. Franz-Josef Leven vom Deutschen Aktieninstitut (DAI) bewertete die Verschärfung des Regelwerks grundsätzlich positiv, warnte zugleich aber vor übertriebenen Erwartungen an die Neuerungen. Die Delistings seien zu begrüßen, wenn sie dem Neuen Markt eine "Vertrauensspritze" gäben, sagte Leven. "Aber man kann nicht erwarten, dass sie alle Probleme lösen. Die Anleger müssen lernen, zu überprüfen, was sie kaufen und was sie nicht kaufen", fügte Leven hinzu. Kritisch zu den neuen Regeln äußerten sich die Kleinaktionärsschützer. Christian Heise, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für den Wertpapierbesitz (DSW) sagte: "Praktizierter Anlegerschutz kann durch diese Regelung nicht gewährleistet werden. Die Anleger werden doppelt bestraft. Zum einen haben sie bereits einen Wertverfall erlitten und zum anderen werden sie nach den neuen Delisting-Regeln Schwierigkeiten haben, ihre Papiere wieder los zu werden". Auch bei den Unternehmen fielen die Rektionen unterschiedlich aus. Eine Sprecherin des Softwareanbieters Prout sagte, das Unternehmen wolle sich rechtlich beraten lassen. Eine weitere Stellungnahme lehnte sie ab. Bernhard Krauß, Sprecher beim Musiksoftwareanbieter eJay sagte, die neue Regelung sei zwar grundsätzlich zu begrüßen, fraglich sei aber ihre Umsetzung. "Es wurde gesagt, dass mit den Marktteilnehmern gesprochen wird. Mit uns hat niemand gesprochen", sagte Krauß. Krauß zufolge steht eJay zum Neuen Markt. "Unser Ziel ist, dort gelistet zu bleiben". "Ich halte die Regelung für zu hart", sagte Otto Dauer, Vorstandschef von Advanced Medien. "Wir müssen unsere rechtliche Situation prüfen". Dauer zufolge berücksichtigt die Börse keine Sonderfaktoren wie die Eigenkapitalausstattung im Vergleich zur Marktkapitalisierung oder die anhaltende Schwäche in der Medienbranche, von der Advanced betroffen sei. Wenn sich die Stimmung in der Branche bessere, werde sich auch der Kurs von Advanced ändern. "Wir erwarten im zweiten Quartal und im Gesamtjahr deutlich bessere Zahlen als im Vorjahr", sagte Dauer. Blue C-Sprecherin Eva Prinzhorn zeigte sich optimistisch, dass der Aktienkurs des E-Business-Dienstleisters wieder über einen Euro klettert, bis die neue Regelung in Kraft tritt. "Wir verstehen zwar die Maßnahmen, sind aber ein bißchen enttäuscht, dass niemand mit uns sprach oder Kontakt aufnahm", sagte sie. Gerhard Inninger, Finanzchef bei NSE Software, sagte: "Wir haben einen Vertrag mit privatrechtlichen Elementen mit der Börse und sehen so entscheidende Maßnahmen in rechtlicher Hinsicht problematisch." NSE wolle mit seinem Anwalt sprechen, ob die Maßnahmen rechtens seien.