Aus der FTD vom 2.10.2001 www.ftd.de/logistik
D. Logistics wagt riskante Übernahme
Von Jörn Paterak, Hamburg
Der Logistik-Dienstleister D. Logistics hat am Montag die Übernahme der niederländischen Cargo Service Center (CSC) Holding abgeschlossen. Aus informierten Kreisen verlautet, dass sich D.-Logistics-Chef Detlef Hübner die Akquisition der Tochter der Fluggesellschaft KLM rund 120 Mio. Euro kosten lässt.
Hübner selbst macht keine Angaben über den Kaufpreis. Bereits im April veröffentlichte D. Logistics eine entsprechende Absichtserklärung, das Geschäft wurde aber auf Grund von Finanzierungsfragen erst am Montag abgewickelt. CSC beschäftigt 3000 Mitarbeiter und unterhält 65 Standorte in 17 Ländern. Nach Angaben von D. Logistics vom April erwartet CSC im laufenden Jahr einen Umsatz von rund 200 Mio. Euro und ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 10 Mio. Euro.
Die am Neuen Markt notierte D. Logistics wird damit zum weltweit ersten unabhängigen Komplettanbieter für Logistik-Dienstleistungen im Luftfrachtbereich. Das ist jedoch nur die eine Seite der Medaille: D. Logistics droht mit der CSC-Übernahme in den Strudel des Luftfrachtgeschäfts gezogen zu werden, das spätestens seit den Terroranschlägen in den USA in der Krise steckt. Die Branche leidet unter der Konjunkturschwäche, den Kosten für verstärkte Sicherheit und den jüngsten Sperrungen des US-Luftraums.
Geschäftsbereich "Airport Services"
Zwar unterhält D. Logistics keine eigenen Flugzeuge, sondern wickelt nur das Frachtaufkommen am Flughafen ab (Lagerhaltung, Management der Zollpapiere, Kommissionierung, Verpackung). Dennoch bekommt das Unternehmen ebenfalls die Folgen sinkender Transportmengen zu spüren. Immerhin ist der Geschäftsbereich "Airport Services", der zuletzt knapp 30 Prozent des Gesamtumsatzes erzielte, durch die CSC-Übernahme zum größten D.-Logistics-Geschäft geworden. Im ersten Halbjahr 2001 (31. 12.) machte D. Logistics mit der Sparte einen Umsatz von knapp 90 Mio. Euro sowie ein Ebit von knapp 3,2 Mio. Euro. Die CSC-Zahlen sind in diesen Werten bereits berücksichtigt und tragen fast ausschließlich zum Erfolg bei.
Damit unterscheidet sich die Strategie des D.-Logistics-Chefs deutlich von der seiner Konkurrenten am Kapitalmarkt: Thiel, Microlog oder Müller lila Logistik sind nicht oder bei weitem nicht so stark im Luftfracht-Bereich engagiert. Das erkennen auch die Logistik-Analysten der HypoVereinsbank. In einer aktuellen Studie schreiben sie über D. Logistics: "Die gegenüber dem Vorjahr auf 20 bis 25 Prozent veranschlagten Volumenrückgänge des Marktes in der Luftfracht sollten sich im Bestandsgeschäft niederschlagen, allerdings zum Teil durch höher als ursprünglich veranschlagtes Neukundengeschäft egalisiert werden."
Offenbar hat D. Logistics tatsächlich etliche Neukunden an der Angel, mit denen die von der KLM übernommenen Kapazitäten besser ausgelastet und das einbrechende Frachtgeschäft mit alten Kunden kompensiert werden könnten. Fraglich ist jedoch, ob der Logistiker das Neugeschäft schnell genug ankurbeln kann, um Verluste zu verhindern.
Analysten zuversichtlich
Die HypoVereinsbank sieht das Problem bislang gelassen und will ihre Planzahlen für 2001 nicht korrigieren. Die Analysten trauen Hübner einen Konzernumsatz von 748 Mio. Euro sowie ein Ebit von 33 Mio. Euro zu. Zum Vergleich: Im vergangenen Geschäftsjahr erzielte Hübner bei einem Umsatz von über 400 Mio. Euro ein Ebit in Höhe von gut 23 Mio. Euro.
Die Schätzwerte der HypoVereinsbank liegen allerdings ohnehin deutlich unter den Werten, die der D.-Logistics-Chef selbst verkündet: Noch im März wollte Hübner 774 Mio. Euro umsetzen und ein Ebit von knapp 47 Mio. Euro einfahren. Im August gab er für das Ebit dann eine Bandbreite zwischen 42 und 52 Mio. Euro an.
Mittlerweile hat sich die Konzernpolitik erneut geändert: Eine Sprecherin weist auf Anfrage darauf hin, dass D. Logistics gar keine konkreten Planzahlen mehr veröffentlichen will. Die im März gemachten Vorgaben seien nicht mehr gültig. Auch zu den Zahlen des dritten Quartals könne sich das Unternehmen noch nicht äußern.
Anleger müssen sich also noch bis zum 27. November gedulden, bis der entsprechende Bericht veröffentlicht wird.
© 2001 Financial Times Deutschland