CALI (dpa-AFX) - Vor der 16. UN-Konferenz zur biologischen Vielfalt (COP16) in Cali fordern Umweltschützer mehr konkrete Schritte zum Schutz der weltweiten Artenvielfalt. Vor zwei Jahren hatten sich die Staaten in Montreal auf ein umfangreiches Naturschutzabkommen geeinigt - seitdem ist allerdings nach Einschätzung von Kritikern wenig passiert. "Das historische Weltnaturschutzabkommen droht schon nach zwei Jahren zu scheitern", sagt Georg Schwede von der Umweltschutzorganisation Campaign for Nature. "Bisher passiert zu wenig, zu langsam und zu viel in die falsche Richtung, um die dringend notwendige Trendwende beim Verlust der Artenvielfalt bis 2030 einzuleiten."
Im Jahr 2022 verpflichteten sich in Montreal rund 200 Staaten auf 23 Ziele, die bis 2030 erreicht werden sollen. Beispielsweise wurde vereinbart, mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen. Zudem sollen die Industrieländer bis 2025 jährlich rund 20 Milliarden Dollar (Dollarkurs) für den Schutz der Artenvielfalt bereitstellen. Während es in Kanada vor allem um die politische Einigung ging, liegt der Fokus bei der am Montag in Kolumbien beginnenden COP16 nun auf der technischen Umsetzung.
"Biodiversitätskrise und die Klimakrise eng miteinander verknüpft"
"Die Situation ist in den vergangenen zwei Jahren nicht besser geworden", räumt Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) ein. "Wir müssen begreifen, wie eng die Biodiversitätskrise und die Klimakrise miteinander verknüpft sind." Im laufenden Jahr stellt die Bundesregierung 1,36 Milliarden Euro für den Erhalt von Arten und Ökosystemen in Entwicklungs- und Schwellenländern zur Verfügung. Das sind rund 450 Millionen Euro mehr als im Vorjahr.
Umweltverbände begrüßen die zusätzlichen Mittel zwar als positives Signal, werfen der Bundesregierung allerdings vor, im eigenen Land nicht mit gutem Beispiel voranzugehen. "Deutschland hinkt hinterher", sagt der Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu), Jörg-Andreas Krüger. "Es fehlen auf nationaler Ebene klare, messbare, verbindliche Ziele und wirksame Maßnahmen. Der Artenverlust geht ungebremst weiter, und wir verlieren wertvolle Lebensräume, die für das Wohlergehen zukünftiger Generationen unverzichtbar sind."
Wildtier-Populationen um 73 Prozent geschrumpft
Wie groß der Handlungsbedarf ist, zeigte zuletzt der "Living Planet Report 2024" der Umweltstiftung WWF und der Zoologischen Gesellschaft London. Demnach schrumpften die insgesamt 35.000 untersuchten Wildtier-Populationen - darunter Säugetiere, Vögel, Fische, Amphibien und Reptilien - in den vergangenen 50 Jahren um durchschnittlich 73 Prozent. Am stärksten betroffen sind Lateinamerika und die Karibik (95 Prozent), gefolgt von Afrika (76 Prozent) und der Asien-Pazifik-Region (60 Prozent).
"Der Mensch ist für das dramatische Artensterben verantwortlich und reißt sich damit selbst in den Abgrund. Wir müssen uns klarmachen, dass die Beiträge von Wildtieren für unser eigenes gutes und sicheres Leben niemals hinreichend von technischen Alternativen ersetzt werden können", sagte WWF-Artenschutzexpertin Anne Hanschke. "Der einzige Ausweg ist es, das Artensterben zu stoppen und die Bestände von Wildtieren, die uns in der Natur noch bleiben, zu erhalten und zu stärken. Dazu müssen wir die Arten selbst und ihre Lebensräume schützen und sie vor Übernutzung, Wilderei und illegalem Artenhandel bewahren."/dde/DP/mis
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