ZN Vision Technologies AG

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ZN Vision Technologies AG

 
03.12.01 23:09
Perfekte Kontrolle

Der Forscher Christoph von der Malsburg schuf das weltweit bestverkaufte Zugangssystem, das auf Gesichtserkennung basiert


Von Jochen Paulus



Mit 17 hatte sich Christoph von der Malsburg eine Theorie von der Arbeitsweise des Gehirns ausgedacht, die seine Freunde nicht ganz zu Unrecht als "Lämpchen-Theorie" verspotteten. Später nahmen die Kollegen viele seiner reiferen Ideen nicht wesentlich ernster, obwohl von der Malsburg am neurophysiologischen Institut in Göttingen promoviert und dort ebenso wie an der Universität von Südkalifornien als Gehirnforscher gearbeitet hat. Vor 20 Jahren formulierte der jetzt 59-Jährige schließlich eine Theorie, die heute als "Bindungsproblem" etliche Hirnforscher in Aufregung versetzt - aber erntete auch dafür erst einmal Kritik. Wie sich seiner Meinung nach das Sehen verstehen ließe, interessierte auch niemanden. "Die haben mich alle ausgelacht."

Er wollte seine Theorien beweisen, indem er Computern das Sehen beizubringen versuchte. Seine Chance kam, als die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen Anfang der neunziger Jahre Forschungsmittel der EU zu verteilen hatte. Von der Malsburg lehrte inzwischen in Bochum. Zusammen mit seinem Professorenkollegen Werner von Seelen ging er ans Werk.

Die ZN Vision Technologies AG entstand, und der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Er trägt den Namen ZN Face. Mit Videokamera und Computer erkennt das System Gesichter und entscheidet, ob ihre Besitzer eine Sperre passieren dürfen. ZN Face ist heute das weltweit bestverkaufte Zugangssystem, das auf Gesichtserkennung beruht. Ursprünglich für Kernkraftwerke entwickelt, kontrolliert es die Mienen von europäischen Microsoft-Mitarbeitern ebenso wie die von holländischen Fitnessstudio-Kunden. ZN Face trug seinen Erfindern 1996 sogar den Innovationspreis der deutschen Wirtschaft ein.

Eine Erweiterung des Systems hilft der Polizei in mehreren deutschen Bundesländern und soll demnächst in ganz Polen eingesetzt werden. ZN Phantomas vergleicht das Phantombild oder den von einer Überwachungskamera aufgenommenen Schnappschuss eines gesuchten Kriminellen mit zigtausend Fotos der Verbrecherkartei und spuckt in Sekundenschnelle die Verdächtigen mit der größten Ähnlichkeit aus.

Seit diesem Jahr kann die ZN-Technik ahnungslose Passanten identifizieren. Das Smart Eye genannte System späht auf Flughäfen nach Verdächtigen oder hält in Casinos nach Berufszockern Ausschau, die mehr gewinnen könnten, als der Spielbank lieb ist. Big Brother lässt grüßen, weshalb von der Malsburg auch für Datenschutz eintritt. Selbst der ist für ihn ein technisches Problem. Das Zugangssystem könnte beispielsweise angewiesen werden: "Du sollst eine Tür aufmachen und nicht jedem Auskunft darüber geben, ob das der Herr Meyer war, der da durchging."

Für Diskussionen dürfte auch das nächste Projekt sorgen. Das System wird etwa in der Wartehalle eines Flughafens erkennen, ob es beispielsweise einen Urlauber oder einen Geschäftsmann vor sich hat. Auf einer elektronischen Reklametafel könnte dann passende Werbung erscheinen, wovon sich von der Malsburg "einen Riesenaufmerksamkeitseffekt" erhofft: "He, Sie mein ich, ja, Sie mit dem Blumenkohl im Arm."

In seinen Visionen sieht von der Malsburg Hunderte Millionen winziger Kameras, die "die ganze Welt pflastern". Und die Erkennungssysteme von ZN Vision würden viele ihrer Bilder auswerten. Angesichts dieser großartigen Zukunft ist sogar der Gang an die Börse geplant.

Nur eines hat von der Malsburg nicht geschafft. Seine alten Kollegen aus der Hirnforschung ignorieren seine Ideen noch immer. Deshalb beschränkt er sich jetzt "nur auf Technik".




(c) DIE ZEIT   33/2001    


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Unbestechliches Auge

 
03.12.01 23:14

Unbestechliches Auge



Die Bochumer ZN Vision Technologies AG ist der weltweit führende Anbieter von Gesichtserkennungssystemen. Das Unternehmen verfügt mit zahlreichen Patenten über den Schlüssel zum künstlichen Sehen - der nächsten Revolution in der Computertechnik.

Der lang gesuchte Terrorist hatte keine Chance. Bei dem Versuch, sich per Flugzeug nach Übersee abzusetzen, wurde er auf dem Airport erkannt - trotz Brille und falschem Bart. Das erkennende Auge gehörte keinem Grenzbeamten aus Fleisch und Blut, sondern einer Videokamera. Sie lieferte ihre Bilder in Bruchteilen von Sekunden an Phantomas, die weltweit erste Lichtbilddatenbank für digitale Fotografie, die Gesichter automatisch identifizieren und vergleichen kann. Da half auch keine Verkleidung - Phantomas erkennt Personen trotz veränderter Mimik, neuer Brille oder anderer Frisur an der Konstellation verschiedener Gesichtsmerkmale. Das elektronische Auge ist nicht nur schnell, sondern auch absolut unbestechlich.

 
Der Vorgang ist keine Fiktion, sondern handfeste Realität eines Pilotprojektes der Bochumer ZN Vision Technologies AG an einem großen europäischen Flughafen. Das 1993 von den Professoren Christoph von der Malsburg und Werner von Seelen als Spinoff der Bochumer Ruhr-Universität und der University of Southern California in Los Angeles gegründete Unternehmen ist eines der innovativsten europäischen Unternehmen im Bereich der digitalen Bildverarbeitung per Computer.

300 Mannjahre sind in Forschung und Entwicklung geflossen


Der Erfolg der ZN Vision Technologies AG gründet sich auf die Anwendung innovativer Methoden der Neuroinformatik, kombiniert mit modernen Bildverarbeitungs- und Informationstechniken. 300 Mannjahre sind bereits in die Forschung und Entwicklung geflossen, ca. 30 Millionen Euro wurden bislang investiert. Das Ergebnis sind fünf bis zehn Patente pro Jahr, die den Schlüssel für die Zukunft in der Computertechnik bilden. Seine Systeme zu Gesichtserkennung hat das Unternehmen bis heute an mehr als 100 Kunden verkauft, an deutsche Landeskriminalämter und ausländische Polizeiorganisationen ebenso wie an Banken, Kraftwerksbetreiber, Softwarehäuser oder Trust Center. Das LKA in Nordrhein-Westfalen gehört ebenso dazu wie Microsoft oder die DATEV. "Früher wurden die Tresorräume streng bewacht, heute sind es die Rechenzentren", schmunzelt Marcel Yon, Vorstandsvorsitzender des Unternehmens.
Obwohl der Sicherheitsmarkt boomt, möchte sich der Betriebswirt zukünftig nicht auf die Sicherheitstechnik beschränken. Die Entwicklungsmöglichkeiten künstlichen Sehens sind für Marcel Yon grenzenlos. "Mithilfe unserer Organic-Vision-Technologie ist es nicht nur möglich, Personen zu identifizieren, sondern auch krebsverdächtige Hautveränderungen zu erkennen, Daten zu komprimieren oder Kraftfahrzeuge zu steuern."

Bei seiner Expansion setzt das Unternehmen weiterhin auf strategische Allianzen, beispielsweise mit der ORGA Kartensysteme GmbH oder der Bundesdruckerei. Bislang konnte sich die ZN Vision Technologies AG über industrielle Auftragsforschung, über Fördermittel der EU und über Venture-Capital finanzieren. In nächster Zeit steht der Börsengang ins Haus, der für das Jahr 2003 avisiert ist. Zu diesem Thema sagt der ehrgeizige Chef des Hightech-Unternehmens: "Die Fülle der Projekte lässt sich langfristig mit Venture-Capital nicht mehr finanzieren, dazu ist früher oder später Public Money erforderlich."

 
ZN Vision Technologies AG
Unternehmenssitz: Bochum
Umsatz 2000: 1,7 Millionen Euro
Wachstum 00-01: keine Angaben
Gründungsjahr: 1993
Mitarbeiter: 60


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