Weltwirtschaft droht Depression

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Weltwirtschaft droht Depression

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30.10.06 16:23
HANDELSBLATT, Montag, 30. Oktober 2006, 15:50 Uhr
Auswirkungen des Klimawandels

„Weltwirtschaft droht Depression“


Eine britische Studie sorgt für Aufsehen. Danach sollten sich nicht nur Umweltschützer, sondern auch Konzernlenker Sorgen um den Klimawandel machen. Das Szenario ist erschreckend: Von einer Weltwirtschaftskrise wie in den dreißiger Jahren ist die Rede.


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Baustelle: Ein ungehemmter Klimawandel wird einer britischen Studie zufolge die Weltwirtschaft in eine große Krise stürzen. Foto: dpa

HB LONDON. Wenn ein dramatisches Schrumpfen der Weltwirtschaft mit verheerenden sozialen Folgen noch verhindert soll, muss der Kampf gegen die Erderwärmung nach einer neuen Studie international höchste Priorität bekommen. Durch den Klimawandel drohe der internationalen Wirtschaft ein Rückgang um rund 20 Prozent, heißt es in der am Montag in London vorgelegten Untersuchung.

Die Welt könne in eine Depression schwerer als jene Anfang der 30er Jahre abgleiten. Mehr als 200 Millionen Menschen könnten auf der Flucht vor Überschwemmungen oder Dürren Aufnahme in fremden Ländern suchen.

Premierminister Tony Blair und Schatzkanzler Gordon Brown appellierten an die internationale Gemeinschaft, gemeinsame Abwehrmaßnahmen gegen die drohende Gefahr nicht mehr länger hinauszuzögern. Die Folge weiterer Inaktivität wäre „im wahrsten Sinne des Wortes katastrophal“, sagte Blair. „Und dieses Desaster droht nicht in einer fernen Science-Fiction-Zukunft, sondern in unserer Lebenszeit.“

„Wir haben aber noch die Zeit und wir haben das Wissen zu reagieren“, erklärte der Leiter der von der britischen Regierung im Sommer 2005 in Auftrag gegebenen Untersuchung, der Wirtschaftswissenschaftler Sir Nicholas Stern. „Aber nur, wenn wir weltweit entschlossen und rasch handeln.“

Blair vermied es in seinem Appell an die internationale Gemeinschaft, direkt die USA und deren Weigerung anzusprechen, sich wieder dem Kyoto-Umweltschutzabkommen anzuschließen. Jedoch macht der der 700 Seiten umfassende Stern-Bericht deutlich, dass nach Auffassung seiner Autoren entschlossene internationale Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgase im Gegensatz zur Argumentation der US- Regierung am Ende mehr Geld einbringen als kosten würden.

Blair sagte dazu bei der Vorstellung des Berichtes: „Investitionen werden sich auszahlen, nicht nur für die Umwelt, sondern auch wirtschaftlich.“ Die Welt könne allerdings nicht „wieder fünf Jahre verhandeln wie beim Kyoto-Abkommen - wir haben so viel Zeit einfach nicht und wir müssen akzeptieren, dass wir weit darüber hinaus gehen müssen“.

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Lesen Sie weiter auf Seite 2: Briten entwerfen Schreckensszenario

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Die Aufwendungen für umfassende Aktionen zur Reduzierung der Erderwärmung, die vor allem durch so genannte industrielle Treibhausgase verursacht werde, seien durchaus aufzubringen, rechnete der frühere Chefökonom der Weltbank, Nicholas Stern, vor. Erforderlich seien Ausgaben in Höhe von etwa einem Prozent des weltweiten Bruttosozialprodukts. Der Kampf gegen die Folgen eines weiter anhaltenden Nichtstuns werde eines Tages ein Vielfaches mehr kosten, warnte Stern.

Nach seinen Berechnungen würde eine rasche globale Offensive gegen die zunehmende Belastung der Erdatmosphäre rund 350 Milliarden Dollar (275 Milliarden Euro) kosten. Dadurch bestünde allerdings nicht nur die Chance, verheerende Folgen der Erderwärmung für weite Teile der Welt abzuwenden. Die Weltwirtschaft könnte mit zielgerichteten Umweltinvestitionen bis 2050 sogar insgesamt einen „Profit“ von etwa 2,5 Billionen Dollar erwarten. Hingegen würden die Kosten im Falle des Ausbleibens von Gegenmaßnahmen ein Mehrfaches ausmachen.

Zu den dringend erforderlichen Aktionen zur Gefahrenabwehr muss laut Stern gehören, dass die Ziele der Schadstoffreduzierung deutlich erhöht werden und dass sich Länder wie die USA, China und Indien an deren Einhaltung beteiligen. Zur Hilfe für ärmere Staaten müsse die Weltbank rasch einen Fond in Höhe von 20 Milliarden Dollar schaffen. Ländern wie Brasilien, Papua-Neuguinea und Costa Rica müsse geholfen werden, weite Teile der tropischen Regenwälder aufzuforsten.

Für den Fall, dass sich die internationale Gemeinschaft nicht zu entschlossenen und Schritten gegen den Klimawandel bereit findet, umreißt der Stern-Bericht ein Schreckensszenario: Weiter schmelzende Polkappen würden die Flutgefahr dramatisch erhöhen. Steigende Meeresspiegel würden weite Landflächen vernichten und 200 Millionen Menschen in die Flucht treiben. Vor allem in Afrika würden sich landwirtschaftliche Nutzflächen in unfruchtbare Trockenzonen verwandeln. 40 Prozent der Tier- und Pflanzenarten könnten vernichtet werden.


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MaxGreen:

Der wichtigste Satz und einer der

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30.10.06 16:27
entscheidensten: "Blair vermied es in seinem Appell an die internationale Gemeinschaft, direkt die USA und deren Weigerung anzusprechen, sich wieder dem Kyoto-Umweltschutzabkommen anzuschließen."  
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Es muß Ziel aller Länder sein

 
30.10.06 16:47
Zu den dringend erforderlichen Aktionen zur Gefahrenabwehr muss laut Stern gehören, dass die Ziele der Schadstoffreduzierung deutlich erhöht werden und dass sich Länder wie die USA, China und Indien an deren Einhaltung beteiligen. Zur Hilfe für ärmere Staaten müsse die Weltbank rasch einen Fond in Höhe von 20 Milliarden Dollar schaffen. Ländern wie Brasilien, Papua-Neuguinea und Costa Rica müsse geholfen werden, weite Teile der tropischen Regenwälder aufzuforsten.
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Uns bleiben noch 10 Jahre

 
30.10.06 16:54
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unbequeme Wahrheit

 
30.10.06 16:54
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Bild 3

 
30.10.06 16:55
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Hoffnungsträger in den USA

 
30.10.06 16:57
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Gegensätze

 
30.10.06 16:58
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Das Klima wird zur finanziellen Größe

 
30.10.06 18:08
HANDELSBLATT, Montag, 25. September 2006, 15:01 Uhr
Serie: Folgen des Klimawandels

Das Klima wird zur finanziellen Größe

Von Susanne Bergius

Der Klimawandel und seine epochalen Umwälzungen machen vor Deutschland nicht halt. Nicht nur die Schweißporen der Deutschen werden mehr strapaziert, auch die Geldbörsen sind betroffen. Mit einer vorausschauenden Klimastrategie können Unternehmen ihre Bewertung an den Finanzmärkten verbessern.


BERLIN. Die Kosten können bis 2050 auf jährlich 27 Mrd. Euro steigen, schätzt das Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie. Die Schäden infolge extremer Wetterereignisse der vergangenen zehn Jahre betrügen 16,5 Mrd. Euro. „Deutsche Finanzmarktakteure stehen den Risiken noch eher nachlässig und unbedarft gegenüber“, kritisiert Professor Carlo Jäger vom „Potsdam Institut für Klimafolgenforschung“ (PIK): „Mit wenigen Ausnahmen wachen hiesige Finanzdienstleister erst langsam auf und fragen sich, ob sie das Thema auf ihren Radarschirm nehmen sollen.“ Sollten sie, meint der Ökonom.

Denn der Klimawandel birgt für die Financiers der Wirtschaft Versicherungs-, aber auch Kreditausfall- sowie Anlagerisiken. Hingegen steigen Kreditsicherheit und Anlagewert, wenn Firmen klimaspezifische Kosten vermeiden und Chancen nutzen, die sich aus dem Klimawandel ergeben. Sie liegen in der Entwicklung emissionsarmer Techniken, Produkte, Produktionsverfahren und Dienstleistungen.

Um Anlagerisiken und -chancen zu erkennen, forderten Großinvestoren aller Kontinente, die insgesamt über sagenhafte 31 Billionen Dollar Anlagekapital gebieten, die 2 100 größten Konzerne des Globus’ auf, ihre Klimabilanz und entsprechende Risiken offen zu legen sowie Klimastrategien zu entwickeln und Emissionen zu senken. Das „Carbon Disclosure Project“ (CDP), das auch die 200 größten deutschen Unternehmen befragte, bilden 225 Banken, Versicherer, Asset Manager und Pensionsfonds.

„Das CDP will die Integration von Klimaschutzaspekten in die Aktienanalyse erleichtern“, erläutert Koordinator Paul Dickinson. Es prangert untätige Konzerne als „ugly“ an, Top-Firmen kommen in den „Climate Leadership Index“. „Klimarisiken sollten regulärer Teil der konventionellen Aktienanalyse sein“, sagt Allianz-Vorstand Joachim Faber.

Das sind sie etwa bei der Münchener Rück. „Klimaschutzaktivitäten sind bei der Prüfung neuer Beteiligungen als zusätzliches Anlagekriterium zu den traditionellen hinzugekommen. Das CDP liefert uns dafür wichtige Informationen. Auch beim Screening bestehender Beteiligungen spielt Klimaschutz eine Rolle“, erläutert Umweltmanager Rolf Häßler. Eine mangelnde Klimastrategie sei zwar kein Ausschlusskriterium, könne aber den Ausschlag geben, heißt es bei britischen Investoren.

HSBC aus London hat sich als weltweit erstes Finanzinstitut zur Kohlendioxid-Neutralität verpflichtet: Ihre Treibhausgasemissionen kompensiert die Bank durch den Kauf von Öko-Energien, Emissionsrechten und Aufforstungsprojekten. KFW und Swiss Re folgen dem britischen Beispiel.

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Lesen Sie weiter auf Seite 2: Wie einige Institute die Chancen des Klimawandels nutzen.

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Kreditvergabe und Versicherungen erfordern künftig ein besseres Risikomanagement. Zu beachten und quantifizieren sind Folgen des Klimawandels, wie Kosten des CO2-Emissionshandels, Anfälligkeiten von Branchen oder Risiken und Chancen von Produktentwicklungen. „Noch steckt die Branche hierbei in den Anfängen“, sagt Armin Sandhövel, zuständig für Nachhaltigkeitsfragen in der zur Allianz gehörenden Dresdner Bank. Aber auch für staatliche Geldbeschaffer könnte das Klima bald eine Größe sein. Tokio bietet das Modell dafür: Die Stadt begab einen „Cat Bond“ mit jährlicher Ausschüttung, der bei besonders schweren Erdbeben verfällt. „So hat der Investor sein Portfolio diversifiziert und die Stadt sich gegen wirtschaftliche Schäden abgesichert“, erläutert Jäger. Seiner Ansicht nach ist das auch für Klimafolgen ein nützliches Instrument. „Investoren können von attraktiven Anlagemöglichkeiten profitieren, solange die Katastrophe ausbleibt“, heißt es bei Credit Suisse, die „Cat Bonds“ seit 2002 anbietet. Wetterderivate, in den USA verbreitet, sichern vor allem Landwirte gegen Wetterunbill ab. „Es sollte sie auch in Europa umfangreich geben“, meint Jäger.

Einige Institute nutzen durch innovative Anlage-, Finanzierungs- und Beratungsinstrumente Chancen des Klimawandels. Die Dresdner Bank testete als erstes deutsches Institut den CO2-Emissionshandel. „Die Emissionsminderungsprojekte brachten uns einen Gewinn und den Kunden einen Vorsprung“, berichtet Sandhövel. Dresdner Kleinwort ist führend bei Börsengängen von Anbietern erneuerbarer Energien.

Vermögensverwalter bieten Fonds für erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit. „Nachhaltigkeitsratings, -indices und -fonds haben eine ungeheure Wirkung auf Unternehmen, denn sie beeinflussen deren Reputation, die mehr ist als ein weiches Asset“, urteilt Professor Jäger. Sie seien sehr wichtig für den Klimaschutz, zumal es – wissenschaftlich erwiesen – keinen Zielkonflikt mit der Performance gebe.


Finanzielle Sicherheit vor Naturkräften – Wetterderivate

Wetterabhängigkeit: Da etwa vier Fünftel aller wirtschaftlichen Aktivitäten vom Wetter beeinflusst sind, besteht ebenso wie bei Preisen und Währungskursen ein Bedürfnis der Unternehmen, Risiken abzusichern. Ein Instrument können die in den 90er Jahren entwickelten Wetterderivate sein, die eine Firma mit einer Bank abschließt. Vorreiter waren US-Energieversorger, da die Energieverbrauchsmenge mit der Tagestemperatur korreliert.

Kaum Standards: Anders als Sicherungsinstrumente für Zinsänderungs- oder Wechselkursrisiken sind Wetterderivate wenig standardisiert. Denkbar sind etwa Zahlungen der Bank an den Kunden für jeden Tag unter einer gewissen Temperatur. Wetter-Futures als standardisiertes Produkt werden bislang in nur sehr geringem Umfang an der Chicago Mercantile Exchange und der LIFFE in London gehandelt. Der generelle Unterschied zu anderen Sicherungsinstrumenten ist, dass die Basis – also Temperatur und Niederschläge – nicht von einem Markt und dessen Volatilität abhängt, sondern von Naturkräften, die nicht – zumindest nicht unmittelbar – vom Menschen abhängig sind.


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Einige Einblicke in den chinesischen Umweltschutz

 
30.10.06 18:09
TraderonTour:

Klimawandel könnte zu Weltwirtschafts-Krise führen

 
30.10.06 18:14
London/Bonn/Berlin (dpa) - Wenn ein dramatisches Schrumpfen der Weltwirtschaft mit verheerenden sozialen Folgen noch verhindert werden soll, muss der Kampf gegen die Erderwärmung nach einer neuen Studie international höchste Priorität bekommen. Durch den Klimawandel droht der internationalen Wirtschaft ein Rückgang um rund 20 Prozent.

Diese Aussagen macht die am Montag in London vorgelegten Studie. Die Welt könne in eine Depression schwerer als jene Anfang der 30er Jahre abgleiten. Mehr als 200 Millionen Menschen könnten auf der Flucht vor Überschwemmungen oder Dürren Aufnahme in fremden Ländern suchen.

Der britische Premierminister Tony Blair und Schatzkanzler Gordon Brown appellierten an die internationale Gemeinschaft, gemeinsame Abwehrmaßnahmen gegen die drohende Gefahr nicht mehr länger hinauszuzögern. Die Folge weiterer Inaktivität wäre «im wahrsten Sinne des Wortes katastrophal», sagte Blair. «Und dieses Desaster droht nicht in einer fernen Science-Fiction-Zukunft, sondern in unserer Lebenszeit.» «Wir haben aber noch die Zeit und wir haben das Wissen zu reagieren», erklärte der Leiter der von der britischen Regierung im Sommer 2005 in Auftrag gegebenen Untersuchung, der Wirtschaftswissenschaftler Sir Nicholas Stern. «Aber nur, wenn wir weltweit entschlossen und rasch handeln.»

In den Industrieländern hat der Ausstoß von Treibhausgasen ungeachtet der Klimaschutzziele von Kyoto erneut zugenommen. In den Jahren 2000 bis 2004 stiegen die Emissionen in den ost- und mitteleuropäischen Ländern um 4,1 Prozent, in den westlichen Industrieländern um 2 Prozent, wie das UN-Klimasekretariat am Montag in Bonn mitteilte. Exekutivsekretär Yvo de Boer forderte die Staaten auf, ihre Anstrengungen zur Umsetzung wirksamer Klimaschutzmaßnahmen zu verstärken.

Besonders im Transportwesen seien Verringerungen der Treibhausgase dringend notwendig, sagte de Boer. In diesem Sektor hätten die Emissionen zwischen 1990 und 2004 um 23,9 Prozent zugenommen. Die Gesamtemissionen der Industrieländer sind den Zahlen zufolge zwischen 1990 und 2004 zwar um 3,3 Prozent gesunken. Das sei aber in erster Linie auf eine Absenkung der Emissionen um 36,8 Prozent in den mittel- und osteuropäischen Staaten durch den Zusammenbruch vieler Industrien zurückzuführen.

Seit Beginn dieses Jahrhunderts habe sich der Trend in diesen Ländern jedoch umgekehrt. In den übrigen Industriestaaten seien die Treibhausgasemissionen von 1990 bis 2004 um insgesamt 11,0 Prozent gestiegen. Das Kyoto-Protokoll verpflichtet gegenwärtig 35 Industriestaaten und die Europäische Gemeinschaft, die Treibhausgasemissionen im ersten Verpflichtungszeitraum zwischen 2008 und 2012 um durchschnittlich 12 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sieht die in London vorgelegte Studie als Bestätigung für die heraufziehende Bedrohung. «Wir müssen jetzt handeln - auf nationaler und internationaler Ebene. Die nächsten 10 bis 15 Jahre entscheiden darüber, ob wir die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels noch verhindern können oder sie unseren Kindern und Enkeln einfach zumuten.»

Blair vermied es in seinem Appell an die internationale Gemeinschaft, direkt die USA und deren Weigerung anzusprechen, sich wieder dem Kyoto-Umweltschutzabkommen anzuschließen. Jedoch macht der der 700 Seiten umfassende Stern-Bericht deutlich, dass nach Auffassung seiner Autoren entschlossene internationale Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgase im Gegensatz zur Argumentation der US- Regierung am Ende mehr Geld einbringen als kosten würden. Zu den dringend erforderlichen Aktionen zur Gefahrenabwehr muss laut Stern gehören, dass die Ziele der Schadstoffreduzierung deutlich erhöht werden und dass sich Länder wie die USA, China und Indien an deren Einhaltung beteiligen.

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Je länger wir warten, desto teuerer wird es

 
31.10.06 13:37
HANDELSBLATT, Dienstag, 31. Oktober 2006, 13:27 Uhr
Exklusiv-Interview


„Je länger wir warten, desto teuerer wird es"
Das Interview führte Matthias Thibaut


Der Weltwirtschaft droht einer britischen Studie über die Ökonomie des Klimawandels zufolge eine Depression, wenn nicht weltweit gegengesteuert wird. Sir Nicholas Stern, Autor des Berichts, über die Gründe, warum der Kampf gegen die Klimaerwärmung nicht aufgeschoben werden darf.

Handelsblatt: Sir Nicholas, nächste Woche fahren sie nach Nairobi und unterrichten die UN-Klimakonferenz über ihre Erkenntnisse. Was werden sie den Delegierten sagen?

Stern: Was in meinem Bericht steht: Dass wir versuchen müssen, die CO2 Konzentrationen in der Atmosphäre bei etwa 450 parts per million (ppm) zu stabilisieren und dass wir, um dies zu schaffen, sehr schnell handeln müssen. Wenn das CO2 auf 550 ppm oder höher steigt, sind die Folgen unabsehbar, vor allem in den armen Ländern, wo die Wirkungen als erstes zu spüren sind. Ganze Landstriche werden vernichtet. Je länger wir warten, desto teuerer wird es. Handeln wir jetzt, beträgt der Wachstumsverlust bis zum Jahr 2050 vielleicht ein Prozent. Machen wir weiter „Business as usual“, büßen wir um die 20 Prozent Wachstum ein.

Wie viel Zeit haben wir für diese Ein-Prozent-Lösung?

Lösung ist nicht das richtige Wort. Es geht darum, die Risiken zu reduzieren. Wie viel Zeit? Wir sind bereits bei 430 ppm und fügen etwa 2,5 ppm jedes Jahr hinzu, mit steigender Tendenz. Wenn wir in den nächsten zehn, nicht wirklich hart handeln wird es sehr schwer werden, die Konzentration nicht über 450 ppm steigen zu lassen. Das Problem ist, dass sich diese Sachen über lange Zeit hinweg ansammeln, man die Konsequenzen aber erst sehr spät sieht. Wir dürfen es nicht hinausschieben. Wenn wir jetzt nicht handeln, verlieren wir die Chance, die Emissionen unter 450 ppm zu halten.

Haben wir international die richtigen Strukturen und Mechanismen dafür?

Wir kommen dahin. Wir brauchen mehr, aber wir machen Fortschritte. Kyoto ist sehr hilfreich. Der EU Emissionshandel ist sehr wertvoll, die asiatisch-pazifische Technologiepartnerschaft ist eine anderes Instrument, das hilft. Wir müssen all diese Mechanismen ausbauen und verstärken. Europa kann dabei eine Führungsrolle spielen, unser Emissionshandelsystem ist das effektivste und umfassendste der Welt. Europa ist auch stark im technologischen Bereich und wir brauchen sehr viel neue Technologie. Deutschland ist stark in Sonnen- und Windenergie. Wir brauchen aber mehr, auch die Nuklearenergie muss eine Rolle spielen. Und am allerwichtigsten ist die Kohlenstoffabscheidung bei der Kohleverbrennung. Indien, China, Australien, die USA – alle haben viel Kohle und werden diese auch zur Stromerzeugung einsetzen. Kohle ist am gefährlichsten im Hinblick auf Co2 – deshalb ist die Abscheidungstechnologie so unheimlich wichtig. Auch hier kann Deutschland eine Führungsrolle spielen.

Deutschland übernimmt die Präsidentschaft der EU und der G8. Was sollte Deutschland in diese Zeit tun, um die Sache voranzubringen?

Deutschland hat versprochen, den Klimawandel zu einer Priorität machen und muss daran festhalten. Das ist das Wichtigste. Wir dürfen die internationale Dynamik in diesem Prozess nicht verlieren, sondern riskieren wir, dass das „window of opportunity“, das wir jetzt haben, sich ungenutzt schließt. Dann ist ein wichtiger Punkt die Entwicklungshilfe. Viele der armen Länder werden als erste und am härtesten von den Effekten des Klimawandels getroffen. Alle Länder müssen sich den Klimaveränderungen anpassen, aber für diese Länder ist es am schwierigsten und sie brauchen zusätzliche Hilfe. Deutschland und die anderen EU-Länder haben versprochen, 0,7 Prozent ihres BIP bis 2015 für die Entwicklungshilfe zu geben und es ist wichtig, dass diese Zusagen erfüllt werden. Dann kann Deutschland den Ausbau des europäischen Emissionshandels mit vorantreiben und, wie gesagt, bei der technologischen Entwicklung, vor allem bei der Kohletechnologie, eine Führungsrolle spielen.

Lesen Sie weiter auf Seite 2: „Unternehmen brauchen wirtschaftliche Anreize, um auf kohlenstoffarmen Technologien umzustellen.“

Es gibt nun eine etwas ideologische Debatte, ob wie mehr staatliche Regulierung brauchen oder ob Marktmechanismen die Emissionen drücken können. Wo stehen sie in dieser Debatte?

Ich habe da keine besondere Meinung, das hängt von den Umständen, vom Land, von den einzelnen Problemen ab. Sicher ist, dass wir starke Preisanreize brauchen. Unternehmen brauchen wirtschaftliche Anreize, um auf kohlenstoffarmen Technologien umzustellen. Viel kann sehr schnell auch durch neue Industrienormen bewirkt werden – für Elektrogeräte, Autos, für die Energiegewinnung. Auf diesem Wege kann man sehr schnell Ergebnisse erzielen und schafft auch Sicherheit und Vertrauen. Denn es handelt sich hier um langfristige Investitionsentscheidungen und Unternehmen müssen Gewissheit haben, in welche Richtung die Entwicklung geht. Ich glaube nicht, dass dies eine ideologische Frage ist, man muss alle Möglichkeiten in Betracht ziehen. Am wichtigsten ist dabei immer, dass die internationale Interaktion und der Fluss von Kapital gefördert wird, besonders bei der Finanzierung in den Entwicklungsländern.

In Großbritannien wird schon über neue Ökosteuern diskutiert. Ist das für die reichen industrialisierten Ländern ein guter Weg?

Das hängt von den einzelnen Ländern ab. Ich glaube, es wir eine Kombination von Steuern, Emissionshandel und Normen und Regulierung sein. Entscheidend ist, dass ein Preis auf CO2 gesetzt wird und die Menschen klare Anreize haben.

Auch Schatzkanzler Gordon Brown hat ja diesen verbindlichen, globalen Preis für CO2 Emissionen als zentrales Instrument herausgestellt. Wie schnell muss das umgesetzt werden?

Sehr schnell. Es ist dringlich und das ist die große Herausforderung. Ich glaube wir haben nur ein paar Jahre, diese globalen Handelsmechanismen einzuführen und wirklich stark und wirkungsvoll zu machen.


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Kohlendioxid-Konzentration erreichte 2005 Rekordwe

 
03.11.06 15:04
HANDELSBLATT, Freitag, 3. November 2006, 14:35 Uhr
Umwelt

Kohlendioxid-Konzentration erreichte 2005 Rekordwert



dpa GENF. Die Konzentration des Treibhausgases Kohlendioxid hat im Jahr 2005 einen Rekordwert erreicht. Das berichtete die Weltwetterorganisation (WMO) in Genf. Wenige Tage vor Beginn des Weltklimagipfels in Nairobi teilten die Wetterforscher mit, dass die Konzentration des klimaschädlichen Gases von 2004 auf 2005 erneut um ein halbes Prozent gestiegen sei.

„Das geltende Kyoto-Protokoll wird nicht ausreichen, um diese Konzentrationen zu stabilisieren, vielleicht wird es die Zunahme bremsen“, warnte der WMO-Chefwissenschaftler, Geir Braathen.

Gestiegen ist dem Report zufolge auch der Gehalt von Lachgas, dem so genannten Distickstoff-Oxid (N2O), das ein weiteres sehr wirksames Treibhausgas ist. Die Konzentration von Methan (CH4) blieb hingegen auf hohem Niveau gleich.

Gemessen an den Werten, wie sie um das Jahr 1 750 und damit vor der Industrialisierung herrschten, ergeben sich demnach folgende Steigerungen: Kohlendioxid (CO2) plus 35,4 Prozent, Lachgas plus 18,2 Prozent und Methan plus 154,7 Prozent. Gemeinsam sind diese drei Gase für 88 Prozent des Treibhauseffektes verantwortlich, hieß es bei der WMO weiter. Die Gase werden zum großen Teil beim Verbrennen von Öl, Gas und Kohle frei.

Dem Bericht zufolge betrug die durchschnittlichen Konzentration von CO2 im Vorjahr 379,1 ppm (Teile pro Mill. Teile). Bei Methan waren es 1 783 ppm, bei Lachgas 319,2. CO2 ist alleine für 62 Prozent der vom Menschen verursachten Erderwärmung verantwortlich. Um das Kohlendioxid wirklich zu reduzieren, müssten viel drastischere Mittel ergriffen werden als bislang, ergänzte Braathen.

Unter anderem darüber wird vom 6. bis zum 17. November auf dem Klima-Gipfel in Nairobi beraten. Dort sollen auch die Weichen gestellt werden für die Zeit nach dem Auslaufen des Kyoto-Protokolls im Jahr 2012. Laut Klimarat der Vereinten Nationen (Ipcc, Intergovernmental Panel on Climate Change) ist der größte Teil der Erderwärmung in den vergangenen 50 Jahren auf von Menschen gemachte Treibhausgase zurückzuführen. Die Substanzen halten zunehmend die Sonnenenergie in der Atmosphäre - und damit auf der Erde - zurück.


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