...und das wird wohl auch noch ne weile anhalten.
hier n schöner artikel, der die sache auf den punkt bringt - damit ihr auch was zu diskutieren habt... :-)
19.11.2002 - 18:29 Uhr
Der Leidensdruck in Japan ist noch nicht groß genug
- von vwd Korrespondent Peter Trautmann -
Frankfurt (vwd) - Kenneth Rogoff, der Chefvolkswirt der Internationalen Währungsfonds, hat neulich zu Recht angemerkt, dass Japan zwar nicht unbedingt in einer ökonomischen Krise sei, andererseits jedoch einen Riesenhaufen ökonomischer Probleme vor sich herschiebe. In der Tat haben sich nach dem Platzen der japanischen Börsen- und Immobilienblase vor rund zehn Jahren zahlreiche Schieflagen aufgebaut: Die seit drei Jahren währende Deflation, ein großer Berg mehr oder weniger uneinbringlicher Bankenkredite und eine scheinbar unaufhaltsam wachsende Staatsverschuldung, die alle Maastrichter Kriterien sprengen würde.
Angesichts des geringen Reformtempos in Japan - man leidet immerhin auf dem hohen Niveau des erreichten Wohlstands - schließen nicht wenige Beobachter aus, dass auch die kommenden zehn Jahre nicht wirklich viel besser werden. Es wundert deshalb nicht, dass die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) an diesem Dienstag Japan wieder einmal zu verstärkten und beschleunigten Reformanstrengungen in allen Bereichen aufgerufen hat.
Der Kernproblem der japanischen Wirtschaft - vor allem mit Blick auf die mittlere Frist - ist die Deflation, der fortgesetzte Rückgang der Preise Deflation bewirkt beim Verbraucher Konsumzurückhaltung (schließlich kann das gewünschte Automobil morgen schon billiger sein) und dämpft die Investitionen (weil die reale Schuldenlast bei entsprechender Fremdfinanzierung steigt und der Preisverfall insgesamt auf die Profite drückt). All dies lastet auf dem Wirtschaftswachstum eines Landes, keine Volkswirtschaft hat im vergangenen Jahrhundert bei länger anhaltender Deflation eine dynamische Wirtschaftsentwicklung verzeichnet.
Die Hauptlast bei der Bekämpfung der japanischen Deflation liegt nach Einschätzung der OECD auf Seiten der Notenbank. Doch die Bank of Japan hat mittlerweile ihr klassisches Instrumentarium weitgehend ausgereizt, ohne den Preisverfall umkehren zu können. Die Notenbankzinsen sind auf null, die langfristigen Kapitalmarktzinsen liegen bei etwas mehr als einem Prozent Die OECD mahnt deshalb an, neue geldpolitische Wege zu gehen. Doch es bleibt fraglich, wie der Übergang von Deflation zu Inflation erfolgen soll, wenn die geldpolitischen Transmissionsmechanismen nachhaltig gestört sind und die Banken angesichts der faulen Kredite (NPL) ihre Ausleihungen zurückfahren.
Die Lösung des Deflationsproblems kann damit nur in einer Behebung der Schieflage des Bankensystems liegen. Die faulen Kredite betragen knapp geschätzt rund 400 Mrd EUR, und ein Großteil dieser Summe muss wohl endgültig abgeschrieben werden. Damit werden weitere Unternehmenspleiten und womöglich eine Fortsetzung oder Verstärkung des deflationären Prozesses verbunden sein. Die ersten Maßnahmen zur Bereinigung des NPL-Problems sind beschlossen worden, doch sie gelten als zu halbherzig, vielleicht auch, weil der Leidensdruck noch nicht stark genug ist. Ein mutigeres Vorgehen ist notwendig, sonst ist Japan auch in zehn Jahren keinen Schritt weiter.
vwd/19.11.2002/ptr/hab