Am 22. Dezember nimmt der renommierte Hamburger Anwalt Walter Wellinghausen seine Arbeit als Staatsrat in der Innenbehörde auf. WELT-Korrespondentin Ira von Mellenthin sprach mit dem langjährigen SPD-Mitglied über Motive, Interessenskollisionen und Ziele.
DIE WELT: Die GAL-Opposition hat errechnet, dass Sie im Dezember nur zwei volle Arbeitstage arbeiten und befürchtet jetzt, dass Sie ein volles Gehalt bekommen könnten...
Walter Wellinghausen: Die GAL kann beruhigt sein. Beamte bekommen nur die Tage bezahlt, die sie gearbeitet haben. Zudem werde ich als Staatsrat im Dezember nicht nur zwei, sondern acht volle Tage meine Tätigkeit ausüben, inklusive Silvester.
DIE WELT: Warum fangen Sie überhaupt im Dezember noch an. Wäre der 2. Januar nicht das bessere Datum?
Wellinghausen: Warum? Bei meiner Zusage, das Amt zu übernehmen, habe ich um vier Wochen gebeten, um meine bisherige Tätigkeit abzuwickeln. Diese Frist endet am 21. Dezember.
DIE WELT: Dem Tag, auf den das Ende des neuen Prozesses gegen Ronald Schill terminiert ist. Steht schon fest, ob Sie Ihr Mandat für Schill wahrnehmen?
Wellinghausen: Das Mandantengespräch steht noch aus.
DIE WELT: Halten Sie die Übernahme des Mandates als künftiger Staatsrat tatsächlich für vertretbar?
Wellinghausen: Ich bin bis zum 21. Dezember als Anwalt tätig und werde meinen Beruf bis dahin so ernst nehmen wie bisher. Nichts und niemand wird mich dazu bewegen, meine Mandate nicht ordnungsgemäß zu Ende zu führen.
DIE WELT: Gibt es politisch-hygienische Gründe, die verbieten könnten, dass ein Staatsrat einen Innensenator anwaltlich vertritt?
Wellinghausen: Das ist eine hypothetische Frage. Wenn ich Staatsrat bin, kann ich Herrn Schill natürlich nicht mehr verteidigen. Ich trenne das klar, und es gibt weder vorher noch nachher irgendeine Verquickung.
DIE WELT: Teile der Opposition stellen Ihre Qualifikation für die neue Aufgabe in Frage....
Wellinghausen: Ich traue mir die Aufgabe zu und werde mich nicht damit auseinander setzen, ob Einzelne mich für qualifiziert halten. Dann müsste ich ja in einen Wettbewerb eintreten mit denjenigen, die in den vergangenen 40 Jahren alle möglichen Ämter ausgeübt habe - auch aus der jetzigen Opposition.
DIE WELT: Die SPD hadert mit Ihrer Mitgliedschaft. Der Landeschef behauptet jetzt, Sie hätten nur vergessen, Ihr Parteibuch zurückzugeben, andere vermuten späte Rache an Ihrer Partei.
Wellinghausen: Beides ist Unsinn. Ich gebe mein Parteibuch nicht zurück, solange ich mich noch einer SPD von Willy Brandt verbunden fühle. Und Rache müsste sich lohnen. Das gilt für das neue Amt schon wirtschaftlich nicht.
DIE WELT: Partner in Ihrer Kanzlei haben zig Mandanten aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität vertreten. Führt das nicht zwingend zu Interessenkollisionen mit Ihrer neuen Tätigkeit?
Wellinghausen: Wir haben in der Kanzlei seit langem eine klare Aufteilung. Danach habe ich bis auf ganz wenige Ausnahmen dienst- und strafrechtlich nur Polizisten und andere Mitarbeiter aus Sicherheitsbehörden vertreten. Daher wird es auch künftig, wie bisher schon, eine Konfliktsituationen geben.
DIE WELT: Bislang haben Sie viele Polizisten anwaltlich vertreten. Was wollen Sie als Staatsrat für die Beamten tun?
Wellinghausen: Als einer der obersten Dienstherren habe ich eine Fürsorgepflicht für alle Beamten wahrzunehmen. Das nehme ich sehr ernst.
DIE WELT: Ist es nicht eher die Aufgabe des Polizeipräsidenten, für die Sorgen und Nöte da zu sein?
Wellinghausen: Das ist die Aufgabe jedes Vorgesetzen, auch des Staatsrates.
DIE WELT: Wie definieren Sie das Profil des neuen Polizeipräsidenten?
Wellinghausen: Er muss nicht aus dem Apparat kommen, kann es aber. Zudem erwarte ich hohe fachliche Qualifikationen, eine ausgeprägte Führungsstärke, umfassende Kenntnisse der Großstadt und bereits Erfahrungen mit der Polizei.
DIE WELT: Wie kann nach den letzten Präsidenten das Amt wieder positiv besetzt werden?
Wellinghausen: Indem ein Mensch eingesetzt wird, der etwas von seinem Fach versteht und hohe Akzeptanz genießt.
DIE WELT: Haben Sie einen Weihnachtswunsch?
Wellinghausen: Einen großen. Ich möchte, dass mit mir offen umgegangen wird. Ich halte Kritik aus, möchte aber, dass sie mir offen ins Gesicht gesagt wird.