Konjunkturwende? Börsianer sind skeptisch. Händler können sich eine weitere Abwärtsbewegung vorstellen, auch wenn die Erwartungen positiv sind
Frankfurt fhs - Mal hoch, mal runter. An den Aktienmärkten dreht die Tendenz derzeit fast wöchentlich. In der vergangenen Woche schloss der Dax mal wieder im Plus bei 5097 Punkten, der Dow Jones erholte sich bis Freitagabend auf 10.369 Punkte. Beide etablierten sich deutlich über den psychologisch wichtigen Marken von 5000 beziehungsweise 10.000 Punkten. Doch es würde nicht überraschen, wenn es in der kommenden Woche zur Abwechslung mal wieder nach unten ginge.
"Uneinheitlich" heißt das dann im Börsianerdeutsch. Und alles spricht dafür, dass diese Tendenz noch eine Zeit lang vorherrscht - zu unklar ist das Bild von der wirtschaftlichen Lage. So riss der überraschend deutlich gestiegene Einkaufsmanager-Index aus den USA die Börsenindizes zwar am Freitag wieder mal nach oben. Erst am Dienstag waren sie dagegen eingebrochen auf Grund eines gesunkenen Konsumentenvertrauens. Andere Indikatoren verstärken das Hin und Her. So ist die Zahl der Baubeginne für Einfamilienhäuser in den USA zwar stark angestiegen, andererseits ging der Index für Kreditanträge für Eigenheime leicht zurück. In Deutschland zeigte der Ifo- Geschäftsklimaindex zwar eine deutliche Aufhellung des Wirtschaftsklimas auf Sicht von sechs Monaten. Gleichzeitig hat sich die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage aber weiter verschlechtert.
Das Starren auf die Zahlenkolonnen der Statistiker setzt sich daher auch in der kommenden Woche fort. "Für die Einschätzung des aktuellen konjunkturellen Bildes in Euroland fällt in den kommenden Tagen den deutschen Auftragseingängen für Januar eine Schlüsselrolle zu", glaubt David Folkerts-Landau von der Deutschen Bank. Die Zahlen könnten allerdings aufs Neue für Konfusion sorgen: Im Dezember war der Anstieg überraschend stark ausgefallen. Daher ist nun wieder ein leichter Rückgang zu erwarten. Nur ein starker Einbruch wäre ein negatives Signal.
In den USA wird dagegen die Finanzwelt wieder mal die Worte Alan Greenspans zu deuten versuchen, wenn er am Donnerstag vor dem Senat seine Sicht der Wirtschaft darlegt. Dabei kann er sich auf das Beige Book, den Wirtschaftsbericht der Notenbank, stützen. Es wird am Mittwoch veröffentlicht. In der vergangenen Woche hatte Greenspan schon leichten Optimismus verbreitet, allerdings gepaart mit Betonung der Risiken.
Für die Rentenmärkte bedeutet dieses unklare Bild, dass mit einem Ende der Seitwärtsbewegung nicht zu rechnen ist. Kurzfristig könnte die Sitzung der Europäischen Zentralbank am Donnerstag zwar die Märkte beeinflussen. Inzwischen gehen die meisten Experten jedoch davon aus, dass die EZB die Zinsen nicht weiter senkt.
Auf die Aktienmärkte könnte noch eine Zahl aus der vergangenen Woche nachwirken. Das US-Bruttoinlandsprodukt für das vierte Quartal wurde deutlich nach oben revidiert. Das bedeutet zwar auf den ersten Blick nur, dass die Vergangenheit besser war als gedacht. Doch auf den zweiten Blick könnten damit auch die Unternehmensgewinne besser ausfallen als bisher angenommen, vor allem im Technologiebereich. "Für diesen Sektor geht der Konsensus für das laufende Quartal nicht mehr von einem Gewinneinbruch von 33 Prozent, sondern nur noch von 23 Prozent aus", berichtet Michael Pohn von der DZ Bank. Für das zweite und dritte Quartal gehen die Schätzungen sogar schon wieder von Gewinnzuwächsen um 40 beziehungsweise 140 Prozent aus.
Also wieder dezente Hoffnungsschimmer - wäre da nicht die ständige Angst vor neuen Bilanzskandalen. "Erst im weiteren Verlauf dieses Monats sollte dieses Thema überwunden werden", glaubt Pohn. In den nächsten Wochen werden die amerikanischen Unternehmen ihre jährlichen Pflichtberichte bei der US-Börsenaufsicht einreichen. Darin müssen sie auch ihre Rechnungslegungspraktiken erläutern. Dann werden entweder neue Skandale aufgedeckt oder das Thema verschwindet endlich aus dem Blickwinkel.
Doch so lange bleiben die Märkte schwankungsanfällig und davon kann sich auch Europa nicht abkoppeln. In Japan dagegen wurden in der vergangenen Woche wieder einige Bullen gesichtet. Der Nikkei stieg um rund fünf Prozent, obwohl viele das von der Regierung vorgelegte Reformprogramm als zu schwach qualifizieren. Dennoch verweisen beispielsweise die Experten von Crédit Suisse First Boston darauf, dass der japanische Aktienmarkt bei einer anziehenden Weltkonjunktur meist überdurchschnittlich zulegt.
Wichtige Unternehmenszahlen stehen in den USA in der kommenden Woche nicht auf der Tagesordnung, abgesehen vom Quartalsergebnis des Halbleiterkonzerns National Semiconductor am 7. März. In Deutschland dagegen präsentieren mit Adidas- Salomon, Fresenius Medical Care und Henkel immerhin drei Dax- Unternehmen ihre Bilanzen. Sie könnten für leichte Bewegung bei den Kursen sorgen. Am Neuen Markt stellen mit Aixtron, CE Consumer Electronic und Balda einige der letzten Aufrechten ihre Ergebnisse vor. Für Bewegung dürften an diesem Segment aber wieder ganz andere Unternehmen sorgen, allen voran Mobilcom. Dort hat sich nun schon die Politik eingeschaltet, um notfalls die 2000 Arbeitsplätze des Mobilfunkunternehmens zu retten. Die Lage scheint also dramatisch zu sein. Das wirft die Frage auf, ob das Gründungsmitglied des Neuen Marktes dessen nächsten Geburtstag noch erlebt.
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