Studie: Amtliche contra "gefühlte" Teuerungsrate
Sechs Monate ist der Euro alt - und die Diskussion um damit einhergehende Preissteigerungen will nicht verstummen. Das Statistische Bundesamt hat jetzt eine Studie vorgestellt, die den Disput um die amtliche Teuerungsrate und die vom Verbraucher "gefühlte" Inflation auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen.
Reuters WIESBADEN. Die Euro-Einführung hat nach Erkenntnissen des Statistischen Bundesamtes vor allem bei Dienstleistungen zu deutlichen Preiserhöhungen geführt, aber keinen wesentlichen Einfluss auf die Lebenshaltungskosten insgesamt gehabt. „Unser Geld hat durch die Einführung des Euro nicht an Wert verloren“, sagte Johann Hahlen, Präsident des Bundesamtes am Dienstag in Frankfurt. Allerdings habe es Sonderentwicklungen gegeben, die die subjektiven Eindrücke der Bürger zumindest teilweise bestätigten. Das Amt habe seine Untersuchung der Euro-Preiseffekte fortgesetzt, um die zum Teil emotional geführte Diskussion über die amtliche Teuerungsrate und die von Verbrauchern „gefühlte“ Inflation zu versachlichen.
Die Statistiker analysierten 18 000 Preisreihen täglicher Bedarfsgüter aus 35 Produktgruppen. Der geschätzte Einfluss eurobedingter Preisänderungen habe bis zum Mai dieses Jahres bei den einzelnen Produktgruppen minus 0,9 bis plus 2,2 Prozentpunkte der jeweiligen Jahresteuerungsraten betragen.
Bei Dienstleistungen seien die Preise im Januar auf einen Schlag auf Euro umgestellt worden, wobei es zu deutlichen Preiserhöhungen gekommen sei. Diese seien auch nicht zurückgenommen worden. Vielmehr setze sich die im langfristigen Trend leicht steigende Preisentwicklung auf höherem Niveau fort. Bei Nahrungsmitteln hat sich die Lage den Statistikern zufolge nach den witterungsbedingten Preisanstiegen bei Obst und Gemüse entspannt. Die Preise für Produkte wie Vollmilchschokolade seien dagegen erst im Frühjahr auf attraktive Euro-Schwellenpreise kräftig aufgerundet worden trotz schon vorangegangener Verteuerungen.
„Der Einfluss der Euro-Bargeldeinführung auf das Preisniveau ist wissenschaftlich nicht bestimmbar“, weist das Amt auf das Dilemma der offiziellen Preisstatistik hin. Die Verbraucher hatten sich über viele einzelne Preiserhöhungen bei der Euro-Umstellung - insbesondere bei Gaststätten, Friseuren, Reinigung, aber auch einzelnen Produkten - geärgert. Viele Menschen haben den Eindruck, alles sei mit dem Euro teurer geworden. Die „Bild“-Zeitung startete eine Kampagne gegen den „Teuro“. Besonders der Einzelhandel wurde mit Kaufzurückhaltung bestraft, obwohl er den Vorwurf von Euro-Preiserhöhungen immer weit von sich wies.
Auf die amtliche Preisstatistik schlugen sich die beobachteten Preiserhöhungen aber nicht messbar nieder, da der Verbraucherpreisindex mit rund 700 Posten viel umfassender ist als der Warenkorb des einzelnen Konsumenten. Mit den Mieten enthält der Index etwa gewichtige Teile der Lebenshaltungskosten, die sich kaum verteuert haben. Im Januar war die Jahresteuerungsrate auf 2,1 % gestiegen, wofür aber vor allem das Wetter und Steuererhöhung verantwortlich gemacht worden waren. Bis Juni hat sie sich auf geschätzte 0,9 % und damit auf den tiefsten Stand seit zweieinhalb Jahren abgeschwächt. Die Diskrepanz von tatsächlich messbarer und subjektiv wahrgenommener Preissteigerungen wurde mit dem Phänomen der „gefühlten“ Inflation erklärt - der einzelne Konsument nimmt höhere Preise bei Gütern des täglichen Bedarfs besonders wahr und registriert zudem Preiserhöhungen stärker als Preissenkungen.
Die aktualisierte Darstellung der Preisanalysen des Statistischen Bundesamtes aus Anlass der Euro-Einführung im Internet enthält die neuen Ergebnisse und grafische Darstellungen für eine Reihe ausgewählter Produkte. Sie ist zu finden unter: www.destatis.de/basis/d/preis/vpitsti10.htm. Dort findet sich auch eine Liste der Gewichte und aktuellen Teuerungsraten aller im Warenkorb enthaltenen Waren und Dienstleistungen.
Quelle: www.dmeuro.com/dmwwwangebot/fn/dmo/SH/0/.../0/brt/1/index.html