Streicheleinheiten für Zombie-Unternehmen

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Happy End:

Streicheleinheiten für Zombie-Unternehmen

 
31.10.02 08:43
Mit knallharten Gesetzen wollte Japans neuer Wirtschaftsminister Heizo Takenaka den Bankensektor reformieren und sein Land aus einer zehnjährigen Agonie befreien. Doch das milliardenschwere Paket aus Staatsbürgschaften wird wohl eher dazu dienen, hunderte von Pleitekandidaten am Leben zu erhalten.
 
Tokio - Kurze Zeit sah es so aus, als würde der Neue kurzen Prozess machen. Nach seinem Amtsantritt verkündete Heizo Takenaka, er werde sich unverzüglich des ebenso siechen wie überschuldeten Bankensektors annehmen. Der Minister drohte, er werde die Branche zwingen, ihre faulen Kredite in Höhe von 336 Milliarden Dollar schleunigst abzuschreiben. Wenn deshalb einige Institute über die Klinge springen müssten - egal. Falls in der Folge andere Konzerne Pleite gingen, die am Kredittropf der Banken hängen - nicht Takenakas Problem.

Kurz darauf wurde der übereifrige Reformer von der bleiernen japanischen Realität eingeholt. Der eher unpolitische Akademiker, der in der Bürokratie nur wenige und in der regierenden liberaldemokratischen Partei (LDP) überhaupt keine Verbündeten hat, musste sich vergangenen Mittwoch von einer wütenden Runde LDP-Granden beschimpfen und bedrohen lassen. "Da gab es gegenüber Takenaka keine Zurückhaltung mehr", so ein älterer LDP-Politiker. Premierminister Junichiro Koizumi kassierte daraufhin das Reformpaket erst einmal ein, um es von einer Koalitionsrunde nachbearbeiten - sprich: weichspülen - zu lassen.

Rigor mortis statt vigor fortis

Das am heutigen Mittwoch von der Regierung bekannt gegebene Maßnahmenpaket zeigt eindrucksvoll, wie man eine ganze Batterie tief greifender wirtschaftlicher Maßnahmen binnen einer Woche in ihr Gegenteil verkehren kann. Die von Takenaka ursprünglich vorgeschlagenen Schritte - darunter die Einführung von strikteren Bilanzstandards nach US-Vorbild - sind in der Endversion des Reformpakets de facto annulliert worden. Auch der Plan des Finanzexperten, mit Beginn des Geschäftsjahres 2003 die Höhe der Steuergutschriften einzuschränken, die Banken ihrer Kapitaldecke zurechnen können, wurde gekippt.

Statt dessen soll eine neue Behörde aufgebaut werden, die verschuldete, aber lebensfähige Firmen mit Krediten über Wasser hält. Hintergrund ist das japanische Phänomen der so genannten Zombie-Unternehmen: Zahlreiche Firmen sind bereits völlig überschuldet und hätten in den meisten anderen Industrieländern schon lange Insolvenz anmelden müssen, weil keine Bank ihnen mehr Kredit gewährt. Nicht so in Japan - dort stützen die Banken über Jahre Unternehmen, die kaum mehr als lebende Leichen sind.

Zombies im Kaufhaus

Der vielleicht berühmteste Zombie ist die Kaufhauskette Daiei. Spätestens seit Ende der Neunziger hat Daiei ernsthafte Probleme: Seit 1999 ist der Umsatz um ein Viertel zurückgegangen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr machten die "Depatoo" (Kaufhäuser) von Daiei 3,7 Milliarden Dollar Verlust, bei einem Umsatz von insgesamt 14 Milliarden Dollar. Dennoch ist es dem Unternehmen immer wieder gelungen, von seinen Banken Millionenkredite zu bekommen. Noch besser lief es für den siechen Baukonzern Haseko. Trotz zwanzigprozentigen Gewinneinbruchs und einer Aktie, die bei zehn Cent dümpelt, erließen die Hausbanken Daiwa, Chuo Mitsui Trust und Industrial Bank of Japan dem Unternehmen im Februar mehr als 100 Millionen Dollar an Schulden.

Statt auf durchgreifende Reformen setzt Japan lieber erneut auf staatliche Intervention. Mit einem Milliardenpaket will Japans Regierung die Schuldenkrise im Bankensektor und die jahrelange Deflationsspirale aus Rezession und sinkenden Preisen bekämpfen. Das "Takenaka light"-Paket sieht unter anderem staatliche Hilfen für verschuldete Firmen vor, um den Banken beim Abbau ihrer Problemkredite zu helfen. Mit steuerlichen Maßnahmen soll zudem der private Konsum und damit die seit Jahren schwächelnde Konjunktur angekurbelt werden. Ähnliche Pakete hat Japan in der Vergangenheit bereits mehrfach verabschiedet. Das einzige vorzeigbare Resultat ist die höchste Staatsverschuldung aller Industrieländer - circa 250 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Müssten die Banken, wie von Takenaka gefordert, zügig ihre Bilanzen in Ordnung bringen und faule Kredite abschreiben, wären größere Insolvenzen, vor allem im Bausektor, praktisch unvermeidbar. Das möchten führende Politiker der seit Ende des zweiten Weltkriegs fast ununterbrochen regierenden LDP mit allen Mitteln verhindern. "Die größten Geldgeber der LDP sind die Banken und die Baufirmen. Wenn die Liberaldemokraten die Banken retten, retten sie auch Baubranche", so Fumihiko Igarashi von der oppositionellen Demokratischen Partei in der "New York Times". "Solange wir diese Struktur nicht gänzlich ausrotten, kann das ganze Problem nicht gelöst werden."

Streicheleinheiten für Zombie-Unternehmen 835919
Happy End:

JAPAN: Im Land der untergehenden Kurse

 
31.10.02 11:06
Schnorrer:

Wir brauchen wieder einen Krieg. Glasklar .... o. T.

 
31.10.02 11:48
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