Aus der FTD vom 27.12.2001
Das Kapital: Die Steuerreform - ein versteckter Fluch für den Dax?
Die landläufige Meinung ist klar. Durch die Steuerfreiheit von Beteiligungsverkäufen wird eine Kettenreaktion ausgelöst, an deren Ende auf Sicht höhere Kurse stehen.
Im internationalen Vergleich sind deutsche Firmen lausig profitabel. Theoretisch ist es am besten, entweder in Nischen zu agieren und dort hohe Margen zu erwirtschaften - oder als Massenanbieter Größenvorteile zu erzielen. Aus historischen Gründen stehen viele deutsche Unternehmen genau zwischen diesen beiden Extremen.
Bisher war es wegen der hohen Steuern auf Beteiligungsverkäufe schwer, das Geschäft in die eine oder andere Richtung neu auszurichten. An Beteiligungen wurde selbst dann festgehalten, wenn sie nur klägliche Erträge abgeworfen haben. Die Eigenkapitalrenditen wurden zudem dadurch verhagelt, dass die Firmen wenig Schulden haben. So kommen deutsche Aktien, die schon nach den Gewinnen relativ günstig sind, im Verhältnis zum Substanzwert als Schnäppchen daher.
Das soll jetzt anders werden. Zwar gilt die Steuerfreiheit nur für Inlandsbeteiligungen und erst mit Beginn des Geschäftsjahres 2002. Auch darf die Tochter nicht - wie etwa Infineon - durch Auslagerung von Anlagevermögen gegründet worden sein, sonst muss sieben Jahre gewartet werden. Aber wäre es davon abgesehen rundum positiv, wenn die Firmen bald in Geld schwimmen?
Nur bedingt. Die Reform könnte der Wirtschaft insgesamt zu etwas mehr Dynamik verhelfen. Es ist gut, wenn jeder das tut, was er kann. Aber die Kapitalrendite zu steigern ist leichter gesagt als getan. Nicht nur das Management ist gefordert, es kommt auch auf den Markt an. Firmen wie Eon und RWE haben seit langem mehr Geld, als sie im deutschen Kerngeschäft sinnvoll nutzen können. Und nicht in jedem "Kerngeschäft" ist die Rendite toll. Der Bankensektor etwa ist chronisch unprofitabel. Da wird sich die Rendite der Großen kaum verbessern, wenn sie jetzt mehr Geld zur Übernahme kleinerer Konkurrenten haben. Möglich, dass nach einer Konsolidierung die Erträge steigen - irgendwann. Doch viele Banken stecken jede überflüssige Mark ohnehin ins glamouröse Investmentbanking, was sich selten rechnet.
Natürlich wäre es schön, wenn die Aktionäre ihr Geld zurückbekämen. Doch Sonderdividenden sind weiter zu versteuern. Aktienrückkäufe sind zwar inzwischen erlaubt, wurden aber in den meisten Fällen auf höchstens zehn Prozent des Grundkapitals beschränkt. Das fällt oft kaum ins Gewicht. Eon etwa hat bereits für 4,5 Mrd. Euro zehn Prozent der eigenen Aktien gekauft - und trotzdem noch 30 Mrd. Euro in der Kriegskasse. Gut möglich, dass findigen Anwälten Wege einfallen, den Aktionären mehr zuzuschanzen.
Nur haben die meisten Manager kein Interesse daran, ihre Unternehmen gesundzuschrumpfen. Die Versorger etwa gehen im Ausland auf Einkaufstour und überbieten sich dabei gegenseitig. In der Auktionstheorie heißt dieses Phänomen "Winner’s Curse". Dieser Fluch könnte eine Reihe der Großen treffen. Freuen können sich die Eigentümer von Übernahmezielen, etwa kleinen europäischen Versorgern. So könnten - neben den Übernahmezielen im MDax - auch die Steuerzahler in Österreich und Tschechien Gewinner der deutschen Steuerreform werden.
Das Kapital: Die Steuerreform - ein versteckter Fluch für den Dax?
Die landläufige Meinung ist klar. Durch die Steuerfreiheit von Beteiligungsverkäufen wird eine Kettenreaktion ausgelöst, an deren Ende auf Sicht höhere Kurse stehen.
Im internationalen Vergleich sind deutsche Firmen lausig profitabel. Theoretisch ist es am besten, entweder in Nischen zu agieren und dort hohe Margen zu erwirtschaften - oder als Massenanbieter Größenvorteile zu erzielen. Aus historischen Gründen stehen viele deutsche Unternehmen genau zwischen diesen beiden Extremen.
Bisher war es wegen der hohen Steuern auf Beteiligungsverkäufe schwer, das Geschäft in die eine oder andere Richtung neu auszurichten. An Beteiligungen wurde selbst dann festgehalten, wenn sie nur klägliche Erträge abgeworfen haben. Die Eigenkapitalrenditen wurden zudem dadurch verhagelt, dass die Firmen wenig Schulden haben. So kommen deutsche Aktien, die schon nach den Gewinnen relativ günstig sind, im Verhältnis zum Substanzwert als Schnäppchen daher.
Das soll jetzt anders werden. Zwar gilt die Steuerfreiheit nur für Inlandsbeteiligungen und erst mit Beginn des Geschäftsjahres 2002. Auch darf die Tochter nicht - wie etwa Infineon - durch Auslagerung von Anlagevermögen gegründet worden sein, sonst muss sieben Jahre gewartet werden. Aber wäre es davon abgesehen rundum positiv, wenn die Firmen bald in Geld schwimmen?
Nur bedingt. Die Reform könnte der Wirtschaft insgesamt zu etwas mehr Dynamik verhelfen. Es ist gut, wenn jeder das tut, was er kann. Aber die Kapitalrendite zu steigern ist leichter gesagt als getan. Nicht nur das Management ist gefordert, es kommt auch auf den Markt an. Firmen wie Eon und RWE haben seit langem mehr Geld, als sie im deutschen Kerngeschäft sinnvoll nutzen können. Und nicht in jedem "Kerngeschäft" ist die Rendite toll. Der Bankensektor etwa ist chronisch unprofitabel. Da wird sich die Rendite der Großen kaum verbessern, wenn sie jetzt mehr Geld zur Übernahme kleinerer Konkurrenten haben. Möglich, dass nach einer Konsolidierung die Erträge steigen - irgendwann. Doch viele Banken stecken jede überflüssige Mark ohnehin ins glamouröse Investmentbanking, was sich selten rechnet.
Natürlich wäre es schön, wenn die Aktionäre ihr Geld zurückbekämen. Doch Sonderdividenden sind weiter zu versteuern. Aktienrückkäufe sind zwar inzwischen erlaubt, wurden aber in den meisten Fällen auf höchstens zehn Prozent des Grundkapitals beschränkt. Das fällt oft kaum ins Gewicht. Eon etwa hat bereits für 4,5 Mrd. Euro zehn Prozent der eigenen Aktien gekauft - und trotzdem noch 30 Mrd. Euro in der Kriegskasse. Gut möglich, dass findigen Anwälten Wege einfallen, den Aktionären mehr zuzuschanzen.
Nur haben die meisten Manager kein Interesse daran, ihre Unternehmen gesundzuschrumpfen. Die Versorger etwa gehen im Ausland auf Einkaufstour und überbieten sich dabei gegenseitig. In der Auktionstheorie heißt dieses Phänomen "Winner’s Curse". Dieser Fluch könnte eine Reihe der Großen treffen. Freuen können sich die Eigentümer von Übernahmezielen, etwa kleinen europäischen Versorgern. So könnten - neben den Übernahmezielen im MDax - auch die Steuerzahler in Österreich und Tschechien Gewinner der deutschen Steuerreform werden.