Welteke will Teile des Bundesbankgoldes in Aktien tauschen
Für höhere Erträge der Bundesbank aus ihren Reserven / Neue Aufgaben in der Finanzmarktaufsicht
bf./pwe. FRANKFURT, 24. März. Bundesbankpräsident Ernst Welteke schließt nicht aus, daß die Bundesbank nach 2004 Teile der von ihr verwalteten Goldreserven in Aktien umschichtet. Das hat Welteke im Gespräch mit dieser Zeitung über die künftigen Aufgaben der Bundesbank gesagt. "Wir müssen auf mittlere Frist überlegen, ob wir in geringem Umfang und marktschonend einiges von unserem Gold in Wertpapiere umwandeln können", sagte der Bundesbankpräsident. Er denkt dabei nicht nur an Anleihen, sondern auch an ein "Aktiendepot mit einer guten Mischung aus Euro-Stoxx-50-Werten und anderen Standardaktien".
Weltekes Ziel ist eine stärker ertragsorientierte Verwaltung der Gold- und der Devisenreserven. Davon würde vor allem der Bund profitieren, dem der Bundesbankgewinn zusteht. Welteke kündigte an, die Bank werde für 2001 einen leicht höheren Gewinn als zuletzt ausweisen. Im Vorjahr lag der Bundesbankgewinn bei 8,3 Milliarden Euro. Die Bundesbank wird ihren Jahresabschluß 2001 am 11. April verabschieden.
Die Bundesbank hält knapp 3500 Tonnen Gold im Wert von knapp 35 Milliarden Euro und Devisen im Wert von knapp 50 Milliarden Euro. Ökonomen sind geteilter Meinung in der Frage, ob die Goldreserven im herrschenden Papiergeldstandard noch zur Währungssicherung gebraucht werden. Mit Goldverkäufen könnte die Bundesbank frühestens zum Jahresende 2004 beginnen. Bis dann läuft ein Abkommen der europäischen Notenbanken, nach dem diese jährlich nur maximal 400 Tonnen Gold verkaufen dürfen. Erlöse aus Goldverkäufen könnte die Bundesbank nicht in Bundesanleihen anlegen, weil sie damit die Bundesregierung finanzieren würde. Das ist ihr nicht gestattet. Ihre Devisenreserven legt die Bundesbank schon heute größtenteils in amerikanischen Staatsanleihen an.
Welteke betonte, er wolle mit seinen Überlegungen dem künftigen Bundesbankvorstand nicht vorgreifen. Dieser muß nach der gerade beschlossenen Bundesbankreform neu berufen werden. Die stärker ertragsorientierte Verwaltung der Devisen- und der Goldreserven sei aber eine der Aufgaben, der sich die Bundesbank widmen müsse. In diesem Bereich werde die Bank ihr Personal stärken müssen, sagte Welteke. Insgesamt jedoch rechnet er damit, daß die Bank auf Sicht von drei bis fünf Jahren rund 10 Prozent ihrer 16 000 Arbeitsplätze abbauen könne.
Weiteres Wachstumspotential für die Bundesbank sieht der Präsident in der Banken- und Finanzmarktaufsicht. Sollten die neuen Eigenkapitalrichtlinien für Banken ("Basel II" 2006 kommen, dann werde sein Haus im Aufsichtsbereich mehr und höher qualifiziertes Personal benötigen. Bislang beschäftige die Bundesbank hier 600 Mitarbeiter. Mit "Basel II" brauche die Bank zusätzliche 400 Mitarbeiter, die sie auch durch Umschulung von vorhandenem Personal gewinnen wolle, sagte Welteke. Das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BaKred) hatte berechnet, daß mit "Basel II" insgesamt 600 mehr Kontrolleure benötigt werden. BaKred und Bundesbank teilen sich die Aufgaben in der Bankenaufsicht.
Die Aufsicht müsse künftig viel mehr als bisher die Funktionsfähigkeit des gesamten Finanzmarkts in den Mittelpunkt stellen, sagte Welteke. Dazu gehörten nicht nur Banken, sondern auch Versicherungen und Wertpapierhandel. Der Fall Enron zeige, daß die Finanzmarktaufsicht sogar noch erheblich weiter gehen muß, sagte Welteke. Auch Hedge-Fonds, die derzeit keiner Aufsicht unterlägen, müßten von irgendwem beobachtet werden.
Welteke, der Mitglied des Rats der Europäischen Zentralbank (EZB) ist, sagte zur geldpolitischen Lage, die EZB könne "auf absehbare Zeit die Politik der ruhigen Hand fortsetzen". Die Erwartung, daß der konjunkturelle Aufschwung im Euro-Raum schon in diesem Frühjahr einsetze, beruhe zur Zeit noch mehr auf Hoffnungswerten als auf harten Fakten und Daten. Risiken für die Preisstabilität sieht Welteke sowohl bei der Lohnentwicklung wie bei den Ölpreisen. "Mit der Geldpolitik können wir externen Entwicklungen wie den Ölpreisen jedoch nicht entgegenwirken", sagte Welteke. "Wenn aber über die Lohnentwicklung her Preiserhöhungsdruck entsteht, dann müßte die EZB sehr wachsam sein."
Der Bundesbankpräsident schloß nicht aus, daß im März die Inflationsrate im Euro-Raum als Folge der Euro-Bargeldeinführung noch einmal leicht nach oben geht. Ende Februar laufe in einigen Euro-Staaten die Pflicht zur doppelten Preisauszeichnung aus. Damit entfalle für den Verbraucher die Möglichkeit zur direkten Kontrolle. Manche Händler könnten dies zu Preiserhöhungen nutzen.
Die Bundesbankreform hatte am Freitag den Bundesrat passiert. Sie sieht eine Straffung der Organisation vor; der Zentralbankrat wird künftig durch einen achtköpfigen Vorstand abgelöst. Welteke forderte Bund und Länder auf, ihre Mitglieder für den Vorstand schnell zu benennen. Sie müßten darauf achten, daß das Personaltableau dem Anforderungsprofil für die Verwaltung der Bundesbank genüge. Der Bundesrat verabschiedete ferner das Gesetz über die Allfinanzaufsicht, dem zufolge sowohl die neue Aufsichtsbehörde wie die Bundesbank Aufgaben in der Bankenaufsicht übernehmen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.03.2002, Nr. 71 / Seite 13
Für höhere Erträge der Bundesbank aus ihren Reserven / Neue Aufgaben in der Finanzmarktaufsicht
bf./pwe. FRANKFURT, 24. März. Bundesbankpräsident Ernst Welteke schließt nicht aus, daß die Bundesbank nach 2004 Teile der von ihr verwalteten Goldreserven in Aktien umschichtet. Das hat Welteke im Gespräch mit dieser Zeitung über die künftigen Aufgaben der Bundesbank gesagt. "Wir müssen auf mittlere Frist überlegen, ob wir in geringem Umfang und marktschonend einiges von unserem Gold in Wertpapiere umwandeln können", sagte der Bundesbankpräsident. Er denkt dabei nicht nur an Anleihen, sondern auch an ein "Aktiendepot mit einer guten Mischung aus Euro-Stoxx-50-Werten und anderen Standardaktien".
Weltekes Ziel ist eine stärker ertragsorientierte Verwaltung der Gold- und der Devisenreserven. Davon würde vor allem der Bund profitieren, dem der Bundesbankgewinn zusteht. Welteke kündigte an, die Bank werde für 2001 einen leicht höheren Gewinn als zuletzt ausweisen. Im Vorjahr lag der Bundesbankgewinn bei 8,3 Milliarden Euro. Die Bundesbank wird ihren Jahresabschluß 2001 am 11. April verabschieden.
Die Bundesbank hält knapp 3500 Tonnen Gold im Wert von knapp 35 Milliarden Euro und Devisen im Wert von knapp 50 Milliarden Euro. Ökonomen sind geteilter Meinung in der Frage, ob die Goldreserven im herrschenden Papiergeldstandard noch zur Währungssicherung gebraucht werden. Mit Goldverkäufen könnte die Bundesbank frühestens zum Jahresende 2004 beginnen. Bis dann läuft ein Abkommen der europäischen Notenbanken, nach dem diese jährlich nur maximal 400 Tonnen Gold verkaufen dürfen. Erlöse aus Goldverkäufen könnte die Bundesbank nicht in Bundesanleihen anlegen, weil sie damit die Bundesregierung finanzieren würde. Das ist ihr nicht gestattet. Ihre Devisenreserven legt die Bundesbank schon heute größtenteils in amerikanischen Staatsanleihen an.
Welteke betonte, er wolle mit seinen Überlegungen dem künftigen Bundesbankvorstand nicht vorgreifen. Dieser muß nach der gerade beschlossenen Bundesbankreform neu berufen werden. Die stärker ertragsorientierte Verwaltung der Devisen- und der Goldreserven sei aber eine der Aufgaben, der sich die Bundesbank widmen müsse. In diesem Bereich werde die Bank ihr Personal stärken müssen, sagte Welteke. Insgesamt jedoch rechnet er damit, daß die Bank auf Sicht von drei bis fünf Jahren rund 10 Prozent ihrer 16 000 Arbeitsplätze abbauen könne.
Weiteres Wachstumspotential für die Bundesbank sieht der Präsident in der Banken- und Finanzmarktaufsicht. Sollten die neuen Eigenkapitalrichtlinien für Banken ("Basel II" 2006 kommen, dann werde sein Haus im Aufsichtsbereich mehr und höher qualifiziertes Personal benötigen. Bislang beschäftige die Bundesbank hier 600 Mitarbeiter. Mit "Basel II" brauche die Bank zusätzliche 400 Mitarbeiter, die sie auch durch Umschulung von vorhandenem Personal gewinnen wolle, sagte Welteke. Das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BaKred) hatte berechnet, daß mit "Basel II" insgesamt 600 mehr Kontrolleure benötigt werden. BaKred und Bundesbank teilen sich die Aufgaben in der Bankenaufsicht.
Die Aufsicht müsse künftig viel mehr als bisher die Funktionsfähigkeit des gesamten Finanzmarkts in den Mittelpunkt stellen, sagte Welteke. Dazu gehörten nicht nur Banken, sondern auch Versicherungen und Wertpapierhandel. Der Fall Enron zeige, daß die Finanzmarktaufsicht sogar noch erheblich weiter gehen muß, sagte Welteke. Auch Hedge-Fonds, die derzeit keiner Aufsicht unterlägen, müßten von irgendwem beobachtet werden.
Welteke, der Mitglied des Rats der Europäischen Zentralbank (EZB) ist, sagte zur geldpolitischen Lage, die EZB könne "auf absehbare Zeit die Politik der ruhigen Hand fortsetzen". Die Erwartung, daß der konjunkturelle Aufschwung im Euro-Raum schon in diesem Frühjahr einsetze, beruhe zur Zeit noch mehr auf Hoffnungswerten als auf harten Fakten und Daten. Risiken für die Preisstabilität sieht Welteke sowohl bei der Lohnentwicklung wie bei den Ölpreisen. "Mit der Geldpolitik können wir externen Entwicklungen wie den Ölpreisen jedoch nicht entgegenwirken", sagte Welteke. "Wenn aber über die Lohnentwicklung her Preiserhöhungsdruck entsteht, dann müßte die EZB sehr wachsam sein."
Der Bundesbankpräsident schloß nicht aus, daß im März die Inflationsrate im Euro-Raum als Folge der Euro-Bargeldeinführung noch einmal leicht nach oben geht. Ende Februar laufe in einigen Euro-Staaten die Pflicht zur doppelten Preisauszeichnung aus. Damit entfalle für den Verbraucher die Möglichkeit zur direkten Kontrolle. Manche Händler könnten dies zu Preiserhöhungen nutzen.
Die Bundesbankreform hatte am Freitag den Bundesrat passiert. Sie sieht eine Straffung der Organisation vor; der Zentralbankrat wird künftig durch einen achtköpfigen Vorstand abgelöst. Welteke forderte Bund und Länder auf, ihre Mitglieder für den Vorstand schnell zu benennen. Sie müßten darauf achten, daß das Personaltableau dem Anforderungsprofil für die Verwaltung der Bundesbank genüge. Der Bundesrat verabschiedete ferner das Gesetz über die Allfinanzaufsicht, dem zufolge sowohl die neue Aufsichtsbehörde wie die Bundesbank Aufgaben in der Bankenaufsicht übernehmen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.03.2002, Nr. 71 / Seite 13