Die Siltronic-Aktien werden zwischen 14,50 und 19 Euro angeboten
Wacker-Chemie will Beteiligung auf 36 bis 44 Prozent verringern / Verschuldung im ersten Quartal gestiegen
Siltronic AG, München. Bei dem für den 26. März geplanten Börsengang der Siltronic AG sollen bis zu 63,9 Prozent der 90 Millionen Stammaktien an der Frankfurter Börse und im Rahmen einer Privatplazierung an institutionelle Investoren im Ausland verkauft werden. Die Preisspanne liege zwischen 14,50 und 19 Euro, war am Sonntag vorab zu hören. Der endgültige Preis für die Papiere des Herstellers von Siliziumscheiben für die Halbleiterindustrie (Wafer) wird am 25. März, dem Tag vor dem Börsengang festgelegt.
Die Muttergesellschaft Wacker-Chemie GmbH will 10 Millionen Aktien sowie weitere 7,5 Millionen Aktien aus einer Mehrzuteilungsoption (Greenshoe) abgeben, 40 Millionen Aktien stammen aus einer Kapitalerhöhung. Ohne die Ausübung der Option ergäbe sich für Wacker-Chemie eine verbleibende Beteiligung von rund 44 Prozent. Diese Informationen lassen sich dem Verkaufsprospekt von Siltronic entnehmen, der seit Samstag im Internet zu lesen ist.
Das untere Ende der Preisbildungsspanne ergab sich schon aus der früheren Ankündigung des Unternehmens, mit der Emission der Aktien aus der Kapitalerhöhung die Finanzschulden zu tilgen und mindestens 160 Millionen Euro Liquidität zu erhalten. Die Bankverbindlichkeiten sind seit Ende 2003 von 293 Millionen auf 370,2 Millionen Euro am 5. März gestiegen. Zur Begründung für die höhere Verschuldung heißt es in Finanzkreisen, die am Börsengang von Siltronic beteiligt sind, im laufenden Quartal schlügen sich die Investitionen in das neue Werk in Freiberg nieder. Die zugesagte Förderung für den Neubau in Sachsen, insgesamt 120 Millionen Euro für eine Investitionssumme von 432 Millionen Euro, sei dagegen noch nicht an das Unternehmen geflossen.
In den zwei vergangenen Wochen hieß es im Kreis der Konsortialbanken, der Unternehmenswert von Siltronic werde auf 1,5 Milliarden bis mehr als 2 Milliarden Euro geschätzt. Unabhängige Analysten und Fondsmanager sowie Aktionärsschützer hatten in dieser Zeitung die erwartete obere Spanne als zu hoch bezeichnet (F.A.Z. vom 9. März). Bei einem Unternehmenswert von 2 Milliarden Euro ergäbe sich ein Preis von mehr als 22 Euro je Aktie, der weit über dem erwarteten unteren Ende der Preisbildungsspanne von rund 14 Euro läge. Die untere Grenze müsse für Zeichner reizvoll sein, hieß es am Wochenende in den Finanzkreisen. Der faire Wert des Unternehmens liege jedoch höher. Wie angedeutet wurde, wird die Spanne relativ groß sein, um eine mögliche Erholung der Börsen nach der Schwäche in der vergangenen Woche zu berücksichtigen. Von der Kritik an der Vorbereitung und den Bedingungen des Börsengangs des Erfurter Halbleiterherstellers X-Fab zeigt sich die Bankengruppe um Siltronic unbeeindruckt. Institutionelle Investoren wüßten genau zu unterscheiden, hieß es. Angeführt wird das Bankenkonsortium für den Börsengang von Siltronic von der Deutschen Bank und Morgan Stanley. Beteiligt sind außerdem die Citigroup, Dresdner Kleinwort Wasserstein, die Hypo-Vereinsbank, die Bayerische Landesbank, die WestLB und die DZ Bank.
Vom Erfolg des Börsengangs hängt auch ab, welcher Teil des Gesellschafterdarlehens von 330,66 Millionen Euro an die Wacker-Chemie zurückgezahlt wird. Ab einem bestimmten Emissionserlös, der im Verkaufsprospekt noch nicht beziffert ist, wird ein Teil dafür verwendet. Einwänden, dem Börsengänger fließe somit nicht der gesamte Betrag zu, begegnet man im Umfeld von Siltronic mit dem Argument, das Unternehmen werde mit einer Eigenkapitalquote von 80 Prozent der Bilanzsumme ausgestattet und schuldenfrei sein. Auf einen Teil des Darlehens, 36,74 Millionen der 367,4 Millionen Euro Ende 2003, hat Wacker verzichtet.
Siltronic hat im vergangenen Jahr bei einem Umsatz von 877 Millionen Euro einen Nettoverlust von 66,7 Millionen Euro ausgewiesen. Für dieses Jahr hat der Vorstand zwar eine Ergebnisverbesserung angekündigt, schließt aber wegen der Schwäche des Dollar einen abermaligen Verlust nicht aus. Im Kapitel zu den Risiken heißt es im Verkaufsprospekt, es sei nicht auszuschließen, daß es Siltronic nicht gelingen werde, in Zukunft Gewinne zu erwirtschaften. Hingewiesen wird auch darauf, daß Qualitätsmängel zu Umsatzausfällen und Haftungsansprüchen führen können. "Beispielsweise entstand der Gesellschaft durch einen größeren Schadensfall im Dezember 2002 bei einem ihrer beiden wichtigsten Kunden ein erheblicher finanzieller Verlust" von 21 Millionen Dollar. Ende 2003 seien verunreinigte Siliziumscheiben an denselben Kunden geliefert worden. Als Grund werden defekte Verpackungen genannt. Auch dies habe zu einem Umsatzrückgang im Geschäft mit diesem Kunden geführt.
Außerdem zählt das Unternehmen zu den Risiken Umweltlasten, die erhebliche Kosten verursachen könnten. Am amerikanischen Produktionsstandort Portland hätten Untersuchungen ergeben, daß Boden und Grundwasser vor allem mit Trichlorethan belastet seien. Auch im Hafen von Portland seien schädliche Stoffe festgestellt worden. "Zur Zeit ist nicht ersichtlich, ob und in welchem Umfang Siltronic für die Sanierung des Portland-Hafens verantwortlich gemacht wird", heißt es im Prospekt. Siltronic habe dafür Rückstellungen gebildet. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, daß diese nicht ausreichten. (him.)
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.03.2004, Nr. 63 / Seite 18
Bildmaterial: ZB
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