Hamburg - Bei Siemens in Hamburg stehen mehrere Hundert Arbeitsplätze auf der Kippe. Das Unternehmen mit Sitz in München baut den gesamten Konzern um und plant, sich von Firmenbereichen zu trennen. Bundesweit seien 15 000 Siemens-Mitarbeiter betroffen, sagte die Betriebsratsvorsitzende Birgit Steinborn dem Abendblatt.
Bei Siemens Hamburg mit rund 2700 Mitarbeitern sind drei Bereiche von den Umbauplänen bedroht, sagte Birgit Steinborn. Schon seit etlichen Monaten kränkelt die Kommunikationstechnik, bei der es etwa um den Aufbau der UMTS-Infrastruktur geht. Siemens-Chef Heinrich von Pierer sprach kürzlich von einem "Bestellstreik" in dieser Sparte, die Einbrüche seien "dramatisch". Die Folgen für Hamburg: 50 Arbeitsplätze in der Kommunikationstechnik werden nach Angaben von Birgit Steinborn abgebaut, weitere 150 könnten bei einer Siemens-Tochter zusammengefasst werden, für die schlechtere Tarife als beim Mutterkonzern gelten.
Ebenfalls 300 Hamburger Mitarbeiter, die im Bereich industrielle Dienstleistungen etwa Fabriken wie das Nestlé-Schokoladenwerk in Hamburg warten, müssen bangen. Bei ihnen sollen 50 Arbeitsplätze abgebaut werden, außerdem ist ihr Gehalt aus Sicht des Konzerns zu hoch. "Die Servicemitarbeiter werden nach Metalltarif bezahlt", sagt Siemens-Sprecher Andreas Teske. "Wir stehen ständig vor der Gefahr, dass Firmen mit niedrigerem Handwerkstarif uns die Aufträge wegschnappen." Daher soll der Bereich verkauft werden. Es würden bereits Gespräche mit Interessenten geführt.
Vor schweren Zeiten stehen auch 100 Mitarbeiter der Gebäudetechnik bei Siemens Hamburg, die das Levantehaus oder den Elbtunnel mit Elektrik ausstatten. Siemens will sich in ihrem Bereich vom Starkstromgeschäft trennen.
Um gegen die "Ausverkaufspläne" des Konzerns zu protestieren, treffen sich heute 500 Mitarbeiter vor dem Curio-Haus zu einer Kundgebung. Unterdessen wird der Betriebsrat weiter mit der Siemens-Führung um eine Lösung ringen. Die Verhandlungen werden länger andauern, sagte Teske.
Schon in den vergangenen beiden Geschäftsjahren hatte Deutschlands größter Elektrokonzern mit weltweit 438 000 Mitarbeitern angekündigt, mehr als 30 000 Arbeitsplätze streichen zu müssen. Der Umsatz von rund 82 Milliarden Euro 2001 dürfte in diesem Jahr stagnieren. Allerdings gibt es einzelne Sparten, die nach Angaben von von Pierer exzellent laufen. Dazu gehören in Hamburg vertretene Geschäftsbereiche wie Medizintechnik, Verkehrstechnik und Energieversorgung, die laut Teske auch nicht von den Um- und Abbauplänen berührt sind.
erschienen am 20. Sep 2002 in Wirtschaft