SER Systems in Finanznöten
Von CW-Redakteurin Sabine Prehl
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) – Auch für die Anbieter von Dokumenten-Management-Systemen (DMS) sind die Zeiten schwierig. Besonders hart trifft es die SER Systems AG aus Neustadt/Wied bei Bonn. Das am Neuen Markt notierte Unternehmen hat offenbar massive finanzielle Probleme.
Die SER Systems AG, laut Lünendonk-Liste im vergangenen Jahr der fünftgrößte Anbieter von Standardsoftware in Deutschland, wies für die ersten neun Monate des Kalender- und Geschäftsjahres 2001 einen Fehlbetrag von 21,4 Millionen Euro bei einem Umsatz von 123,6 Millionen Euro aus. Vor allem der Umsatzeinbruch im dritten Quartal und die hohen Kosten für die im vergangenen Jahr eingeleitete Umstrukturierung drücken das Ergebnis.
Probleme bereitet SER vor allem die wirtschaftliche Entwicklung seiner US-Tochter SER Inc., die fast 50 Prozent zum Gesamtumsatz beiträgt. Im dritten Quartal verfehlte das Unternehmen seinen geplanten Umsatz eigenen Angaben zufolge um 6,5 Millionen Euro, weil viele Kunden ihre für September vorgesehenen Aufträge nach den Terroranschlägen in New York und Washington auf Eis gelegt hatten.
Aber auch der hohe Schuldenberg macht dem Hersteller von Dokumenten-Management-Systemen, der derzeit rund 1130 Mitarbeiter auf seiner Gehaltsliste hat, zu schaffen: Nach Berechnungen der Investmentbank Dresdner Kleinwort Wasserstein (DKW) stand SER Mitte November mit 37 Millionen Euro in der Kreide. Inzwischen mehren sich die Anzeichen, dass es um die Liquidität des Unternehmens nicht sonderlich gut bestellt ist. Der Verkauf der Tochtergesellschaften SER Schweiz und Banking Solutions lassen auf finanzielle Probleme schließen.
Gert Reinhardt, Gründer und Vorstandsvorsitzender der SER Systems AG, gibt unumwunden zu, dass die Veräußerung der beiden Töchter dazu diente, Geld in die Kasse zu spülen. Allein der Verkauf der Banking Solutions habe einen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag eingebracht, und das hat uns finanziell natürlich deutlich entlastet," so der Firmenchef. Allerdings sei das nicht der einzige Grund gewesen: So habe das Unternehmen seinen Umsatz zu zwei Dritteln aus dem Asset-Management-Geschäft generiert – "mit unseren Produkten hatte das nichts zu tun." Auch in der Schweiz habe es SER nicht geschafft, im Markt Fuß zu fassen. "Unsere Schweizer Tochter hat gerade einmal zwei Millionen Euro Umsatz gemacht – das hat sich nicht gelohnt."
Dass die SER AG im Dezember 275 000 eigene Aktien an der Börse verkauft hat, obwohl der Kurs mit 2,5 Euro einen Tiefstand erreicht hatte, ist laut Reinhardt dagegen nicht als Zeichen für einen finanziellen Notstand zu werten. "Das mussten wir tun", erklärt der Firmengünder: "Laut Aktiengesetz dürfen wir keine eigenen Aktien halten, wenn die Bilanz dies nicht in Form von Rücklagen deckt, die den Preis der Aktien übersteigen. Und das ist nun einmal nicht der Fall."
SER steckt nicht allein in der Krise. Auch Wettbewerber wie Ixos leiden mehr oder weniger unter der Flaute im Markt für DM-Systeme, die in erster Linie auf den weltweiten Wirtschaftsabschwung und die allgemeine Schwäche des IT-Markts zurückzuführen ist. Bei SER kommen nach Ansicht von Experten jedoch noch eine Reihe von Management-Fehlern hinzu.
Sich nach dem Börsengang eine Firma nach der anderen einzuverleiben war auch bei vielen DMS-Herstellern gängige Praxis. Das Geld saß noch locker, zudem galt die Erschließung neuer Bereiche als sinnvoll, da die Auguren in regelmäßigen Abständen das Ende des DMS-Markts prophezeiten. SER trieb seine Einkaufsaktivitäten nach Meinung von Branchenkennern jedoch auf die Spitze.
Angekreidet wird dem Unternehmen dabei vor allem, dass es bei seinen Akquisitionen zu wenig strategisch vorging. So handelte es sich bei den übernommenen Firmen meist um Hersteller, deren Produkte – etwa Enterprise-Resource-Planning- oder Front-Office-Lösungen – wenig mit dem Kerngeschäft DMS zu tun hatten und damit kaum Synergieeffekte ermöglichten. „SER hat gekauft und erst dann überlegt, was es mit den Firmen machen soll“, bringt es ein Marktbeobachter auf den Punkt. Auch die Integration der neuen Geschäftsfelder und die Umwandlung von einer GmbH in eine Aktiengesellschaft habe SER zu lange verdauen müssen. „Der Wandel im Kopf zur AG hat bei SER erst im letzten Jahr begonnen.“ Erst im Sommer habe das Management angefangen, den Wildwuchs seiner Beteiligungen und Zukäufe zu ordnen.
Ein Fehler, den sich einige DMS-Anbieter zuzuschreiben haben, ist laut Bernhard Zöller von der Unternehmensberatung Zöller & Partner in Sulzbach die Vernachlässigung des Kerngeschäfts. Mit Lösungen zur Archivierung von Massendaten und Eingangspost konnten Firmen wie SER ihre jetzige Größe überhaupt erst erreichen. Die Weiterentwicklung der DMS-Kernprodukte ist nach Ansicht des Beraters für das Unternehmen dringend notwendig, um künftigen Anforderungen gerecht werden zu können. Weitere Verzögerungen seien daher fatal.
Von CW-Redakteurin Sabine Prehl
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) – Auch für die Anbieter von Dokumenten-Management-Systemen (DMS) sind die Zeiten schwierig. Besonders hart trifft es die SER Systems AG aus Neustadt/Wied bei Bonn. Das am Neuen Markt notierte Unternehmen hat offenbar massive finanzielle Probleme.
Die SER Systems AG, laut Lünendonk-Liste im vergangenen Jahr der fünftgrößte Anbieter von Standardsoftware in Deutschland, wies für die ersten neun Monate des Kalender- und Geschäftsjahres 2001 einen Fehlbetrag von 21,4 Millionen Euro bei einem Umsatz von 123,6 Millionen Euro aus. Vor allem der Umsatzeinbruch im dritten Quartal und die hohen Kosten für die im vergangenen Jahr eingeleitete Umstrukturierung drücken das Ergebnis.
Probleme bereitet SER vor allem die wirtschaftliche Entwicklung seiner US-Tochter SER Inc., die fast 50 Prozent zum Gesamtumsatz beiträgt. Im dritten Quartal verfehlte das Unternehmen seinen geplanten Umsatz eigenen Angaben zufolge um 6,5 Millionen Euro, weil viele Kunden ihre für September vorgesehenen Aufträge nach den Terroranschlägen in New York und Washington auf Eis gelegt hatten.
Aber auch der hohe Schuldenberg macht dem Hersteller von Dokumenten-Management-Systemen, der derzeit rund 1130 Mitarbeiter auf seiner Gehaltsliste hat, zu schaffen: Nach Berechnungen der Investmentbank Dresdner Kleinwort Wasserstein (DKW) stand SER Mitte November mit 37 Millionen Euro in der Kreide. Inzwischen mehren sich die Anzeichen, dass es um die Liquidität des Unternehmens nicht sonderlich gut bestellt ist. Der Verkauf der Tochtergesellschaften SER Schweiz und Banking Solutions lassen auf finanzielle Probleme schließen.
Gert Reinhardt, Gründer und Vorstandsvorsitzender der SER Systems AG, gibt unumwunden zu, dass die Veräußerung der beiden Töchter dazu diente, Geld in die Kasse zu spülen. Allein der Verkauf der Banking Solutions habe einen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag eingebracht, und das hat uns finanziell natürlich deutlich entlastet," so der Firmenchef. Allerdings sei das nicht der einzige Grund gewesen: So habe das Unternehmen seinen Umsatz zu zwei Dritteln aus dem Asset-Management-Geschäft generiert – "mit unseren Produkten hatte das nichts zu tun." Auch in der Schweiz habe es SER nicht geschafft, im Markt Fuß zu fassen. "Unsere Schweizer Tochter hat gerade einmal zwei Millionen Euro Umsatz gemacht – das hat sich nicht gelohnt."
Dass die SER AG im Dezember 275 000 eigene Aktien an der Börse verkauft hat, obwohl der Kurs mit 2,5 Euro einen Tiefstand erreicht hatte, ist laut Reinhardt dagegen nicht als Zeichen für einen finanziellen Notstand zu werten. "Das mussten wir tun", erklärt der Firmengünder: "Laut Aktiengesetz dürfen wir keine eigenen Aktien halten, wenn die Bilanz dies nicht in Form von Rücklagen deckt, die den Preis der Aktien übersteigen. Und das ist nun einmal nicht der Fall."
SER steckt nicht allein in der Krise. Auch Wettbewerber wie Ixos leiden mehr oder weniger unter der Flaute im Markt für DM-Systeme, die in erster Linie auf den weltweiten Wirtschaftsabschwung und die allgemeine Schwäche des IT-Markts zurückzuführen ist. Bei SER kommen nach Ansicht von Experten jedoch noch eine Reihe von Management-Fehlern hinzu.
Sich nach dem Börsengang eine Firma nach der anderen einzuverleiben war auch bei vielen DMS-Herstellern gängige Praxis. Das Geld saß noch locker, zudem galt die Erschließung neuer Bereiche als sinnvoll, da die Auguren in regelmäßigen Abständen das Ende des DMS-Markts prophezeiten. SER trieb seine Einkaufsaktivitäten nach Meinung von Branchenkennern jedoch auf die Spitze.
Angekreidet wird dem Unternehmen dabei vor allem, dass es bei seinen Akquisitionen zu wenig strategisch vorging. So handelte es sich bei den übernommenen Firmen meist um Hersteller, deren Produkte – etwa Enterprise-Resource-Planning- oder Front-Office-Lösungen – wenig mit dem Kerngeschäft DMS zu tun hatten und damit kaum Synergieeffekte ermöglichten. „SER hat gekauft und erst dann überlegt, was es mit den Firmen machen soll“, bringt es ein Marktbeobachter auf den Punkt. Auch die Integration der neuen Geschäftsfelder und die Umwandlung von einer GmbH in eine Aktiengesellschaft habe SER zu lange verdauen müssen. „Der Wandel im Kopf zur AG hat bei SER erst im letzten Jahr begonnen.“ Erst im Sommer habe das Management angefangen, den Wildwuchs seiner Beteiligungen und Zukäufe zu ordnen.
Ein Fehler, den sich einige DMS-Anbieter zuzuschreiben haben, ist laut Bernhard Zöller von der Unternehmensberatung Zöller & Partner in Sulzbach die Vernachlässigung des Kerngeschäfts. Mit Lösungen zur Archivierung von Massendaten und Eingangspost konnten Firmen wie SER ihre jetzige Größe überhaupt erst erreichen. Die Weiterentwicklung der DMS-Kernprodukte ist nach Ansicht des Beraters für das Unternehmen dringend notwendig, um künftigen Anforderungen gerecht werden zu können. Weitere Verzögerungen seien daher fatal.