Bundestagsdebatte um die Hochwasserhilfe
Schröder ganz Staatsmann - Stoiber nervös
Er rückt vor und zurück. Seine Hand nestelt an der Krawatte. Oder sie legt den Stift von der Jackett-Tasche auf das Pult und wieder zurück. Edmund Stoiber ist sichtlich nervös, als Gerhard Schröder seine Regierungserklärung hält. Immer wieder schaut er seine Unterlagen durch, während der Bundeskanzler im Reichstag den Landesvater aller Deutschen gibt.
Schröder beschwört die Solidarität
Ganz staatsmännisch beschwört Schröder die Solidarität aller Deutschen während und nach der Flut. "Was wir in diesen Tagen erleben, ist, dass aus der deutschen Einheit die Einheit der Deutschen wird. Eine Einheit der Herzen," fasst Schröder die Stimmung im Lande zusammen. Neben der aufrichtigen Anteilnahme, schwingt in diesem Satz auch mit, dass die Einheit nicht in der Regierung Kohl, sondern erst unter seiner, Schröders Regentschaft, vollendet wurde. Einer von vielen Seitenhieben auf die Union, die Stoiber während der Regierungserklärung immer nervöser werden lassen.
Der Kanzler will nichts "auf Pump" finanzieren
Gerhard Schröder vergreift sich nicht ein einziges Mal im Ton. Er ist sich ganz sicher, dass er gegenüber seinem Herausforderer die besseren Karten hat. Schließlich sind sich alle Parteien einig, dass sofort geholfen werden muss. Einig sind sie sich auch in der Höhe von 10 Milliarden Euro für die Hilfen. Nur über den Weg gibt es Streit. Das bringt Schröder auf den Punkt: "Wir wollen nichts auf Pump finanzieren." Damit spielt er auf das Konzept der Union an, die die Gewinne der Bundesbank für die Finanzierung der Flutfolgen heranziehen will - und damit die Tilgung von Schulden verschieben will.
Die Vorschläge der Union seziert
Angesichts dieser guten Ausgangslage seziert Schröder die Vorschläge der Union. Und anstatt als Autokanzler oder Genosse der Bosse gibt er erstmals in seiner vierjährigen Amtszeit den Ökokanzler. Er spricht davon, "dass Flüsse nicht nur Wasserstraßen" seien, dass die Agrarwende von rot-grün auch für den Wasserhaushalt richtig sei, dass seine Regierung den Klimaschutz und die erneuerbaren Energien vorangebracht habe. Seine Weg aus "ökonomischer Vernunft und ökologischer Sensibilität" will er weiter gehen, auch nach der Wahl.
Stoiber zügelt seine Angriffslust
Edmund Stoiber ist ebenfalls in Angriffslaune. Doch zunächst zügelt er sich. Im Ton einer Trauerrede beschwört er wie zuvor der Kanzler die Solidarität mit den Opfern der größten Naturkatastrophe seit dem zweiten Weltkrieg. Lange Pausen zwischen den Sätzen sollen die Aufregung verdrängen und das Staatsmännische des Kandidaten betonen. Doch da spielen die Fraktionen von SPD und Grünen nicht mit. Während bei Schröders Rede kaum Zwischenrufe der Opposition ertönten, muss Stoiber gegen einen permanenten Lärmpegel anreden. Zu seiner Sicherheit trägt das nicht bei.
Der Unionskandidat lässt sich verunsichern
Lediglich als Stoiber sagt: "Ich zolle der Bundesregierung Respekt für die Rasche Soforthilfe," sind die Regierungsfraktionen mit Stoiber zufrieden. Doch gleich danach verunsichern den Bayerischen Ministerpräsidenten schon wieder Zwischenrufe. Und das erfolgreich. So sagt Stoiber beispielsweise, dass die Flut "überall in Europa" die Menschen schwer getroffen habe. Doch lediglich Teile Österreichs, Tschechiens, der Slowakei und Deutschlands sind betroffen. Später spricht er von "Blutopfern" statt von "Flutopfern" und als es um die Verschiebung der Steuerreform geht verhaspelt sich der Kandidat in "Tabellenwirkungen" und den Fallstricken der Grammatik.
"26,5 Prozent von Null ist auch Null"
Edmund Stoiber spricht davon, dass es noch eine zweite Katastrophe in Deutschland gebe, die der Arbeitslosigkeit. Deshalb dürften jetzt auch keine Steuern erhöht werden. Dies sei Gift für die Konjunktur. Die Finanzierung der Flutkatastrophe über die Bundesbankgewinne sei deshalb der richtige Weg. Alles andere sei "Gift für den Einzelhandel und den Mittelstand". Die Erhöhung der Körperschaftssteuer lehnt Stoiber ebenfalls ab, obwohl er sie zunächst selbst forderte. Da derzeit kaum ein Unternehmen diese Steuer zahle, könne auch kein Geld eingenommen werden: "25 Prozent von Null ist Null und 26,5 Prozent von Null ist auch Null", so Stoiber griffig.
Stoiber wird an eigene Donaupolitik erinnert
Als Stoiber die Ökologie zu seiner Chefsache macht, wird es in den Regierungsfraktionen immer lauter. Denn Stoiber spricht von Hochwasserschutz und Überschwemmungsflächen. "Und was ist mit dem Donauausbau," wird da Stoiber an die Politik seiner Staatsregierung erinnert, die die Donau zur breiten Wasserstraße ausbauen will.
Der Umweltschutz ist nicht sein Thema
Als er dann noch 100 Millionen für den Wärmeschutz vorschlägt, schlagen die Wellen richtig hoch. Rot-Grün hat bereits eine Milliarde dafür ausgegeben, so Joschka Fischer später. Und auf die Stoibers Ankündigung, die letzte Stufe der Ökosteuer auszusetzen, da sie keinerlei ökologische Effekte habe, verweist Fischer darauf, dass in den Jahren 2000 und 2001 erstmals der Ausstoß von klimarelevanten Spurengasen im Straßenverkehr zurück gegangen sei. Und der Verbrauch von Neuwagen sei merklich gesunken.
Fischer nutzt die neue Ökologie-Welle
Sichtliches Vergnügen bereitet es dem Obergrünen, als er Stoiber und Westerwelle vorhält, wie die jeweiligen Parteien bei den Abstimmungen zum Erneuerbaren-Energien-Gesetz oder zur Kraft-Wärme-Koppelung abgestimmt haben. Ökologie ist wieder ein Thema. Und Fischer nutzt es. Denn in zwei Dingen sind sich alle Parteien an diesem Mittag im Bundestag einig: Den Hochwasseropfern muss schnell und umfassend geholfen werden und mit der Flut lässt sich trefflich Wahlkampf machen. Auch wenn jeder sagt, dass man das doch tunlichst vermeiden solle.
Schröder ganz Staatsmann - Stoiber nervös
Er rückt vor und zurück. Seine Hand nestelt an der Krawatte. Oder sie legt den Stift von der Jackett-Tasche auf das Pult und wieder zurück. Edmund Stoiber ist sichtlich nervös, als Gerhard Schröder seine Regierungserklärung hält. Immer wieder schaut er seine Unterlagen durch, während der Bundeskanzler im Reichstag den Landesvater aller Deutschen gibt.
Schröder beschwört die Solidarität
Ganz staatsmännisch beschwört Schröder die Solidarität aller Deutschen während und nach der Flut. "Was wir in diesen Tagen erleben, ist, dass aus der deutschen Einheit die Einheit der Deutschen wird. Eine Einheit der Herzen," fasst Schröder die Stimmung im Lande zusammen. Neben der aufrichtigen Anteilnahme, schwingt in diesem Satz auch mit, dass die Einheit nicht in der Regierung Kohl, sondern erst unter seiner, Schröders Regentschaft, vollendet wurde. Einer von vielen Seitenhieben auf die Union, die Stoiber während der Regierungserklärung immer nervöser werden lassen.
Der Kanzler will nichts "auf Pump" finanzieren
Gerhard Schröder vergreift sich nicht ein einziges Mal im Ton. Er ist sich ganz sicher, dass er gegenüber seinem Herausforderer die besseren Karten hat. Schließlich sind sich alle Parteien einig, dass sofort geholfen werden muss. Einig sind sie sich auch in der Höhe von 10 Milliarden Euro für die Hilfen. Nur über den Weg gibt es Streit. Das bringt Schröder auf den Punkt: "Wir wollen nichts auf Pump finanzieren." Damit spielt er auf das Konzept der Union an, die die Gewinne der Bundesbank für die Finanzierung der Flutfolgen heranziehen will - und damit die Tilgung von Schulden verschieben will.
Die Vorschläge der Union seziert
Angesichts dieser guten Ausgangslage seziert Schröder die Vorschläge der Union. Und anstatt als Autokanzler oder Genosse der Bosse gibt er erstmals in seiner vierjährigen Amtszeit den Ökokanzler. Er spricht davon, "dass Flüsse nicht nur Wasserstraßen" seien, dass die Agrarwende von rot-grün auch für den Wasserhaushalt richtig sei, dass seine Regierung den Klimaschutz und die erneuerbaren Energien vorangebracht habe. Seine Weg aus "ökonomischer Vernunft und ökologischer Sensibilität" will er weiter gehen, auch nach der Wahl.
Stoiber zügelt seine Angriffslust
Edmund Stoiber ist ebenfalls in Angriffslaune. Doch zunächst zügelt er sich. Im Ton einer Trauerrede beschwört er wie zuvor der Kanzler die Solidarität mit den Opfern der größten Naturkatastrophe seit dem zweiten Weltkrieg. Lange Pausen zwischen den Sätzen sollen die Aufregung verdrängen und das Staatsmännische des Kandidaten betonen. Doch da spielen die Fraktionen von SPD und Grünen nicht mit. Während bei Schröders Rede kaum Zwischenrufe der Opposition ertönten, muss Stoiber gegen einen permanenten Lärmpegel anreden. Zu seiner Sicherheit trägt das nicht bei.
Der Unionskandidat lässt sich verunsichern
Lediglich als Stoiber sagt: "Ich zolle der Bundesregierung Respekt für die Rasche Soforthilfe," sind die Regierungsfraktionen mit Stoiber zufrieden. Doch gleich danach verunsichern den Bayerischen Ministerpräsidenten schon wieder Zwischenrufe. Und das erfolgreich. So sagt Stoiber beispielsweise, dass die Flut "überall in Europa" die Menschen schwer getroffen habe. Doch lediglich Teile Österreichs, Tschechiens, der Slowakei und Deutschlands sind betroffen. Später spricht er von "Blutopfern" statt von "Flutopfern" und als es um die Verschiebung der Steuerreform geht verhaspelt sich der Kandidat in "Tabellenwirkungen" und den Fallstricken der Grammatik.
"26,5 Prozent von Null ist auch Null"
Edmund Stoiber spricht davon, dass es noch eine zweite Katastrophe in Deutschland gebe, die der Arbeitslosigkeit. Deshalb dürften jetzt auch keine Steuern erhöht werden. Dies sei Gift für die Konjunktur. Die Finanzierung der Flutkatastrophe über die Bundesbankgewinne sei deshalb der richtige Weg. Alles andere sei "Gift für den Einzelhandel und den Mittelstand". Die Erhöhung der Körperschaftssteuer lehnt Stoiber ebenfalls ab, obwohl er sie zunächst selbst forderte. Da derzeit kaum ein Unternehmen diese Steuer zahle, könne auch kein Geld eingenommen werden: "25 Prozent von Null ist Null und 26,5 Prozent von Null ist auch Null", so Stoiber griffig.
Stoiber wird an eigene Donaupolitik erinnert
Als Stoiber die Ökologie zu seiner Chefsache macht, wird es in den Regierungsfraktionen immer lauter. Denn Stoiber spricht von Hochwasserschutz und Überschwemmungsflächen. "Und was ist mit dem Donauausbau," wird da Stoiber an die Politik seiner Staatsregierung erinnert, die die Donau zur breiten Wasserstraße ausbauen will.
Der Umweltschutz ist nicht sein Thema
Als er dann noch 100 Millionen für den Wärmeschutz vorschlägt, schlagen die Wellen richtig hoch. Rot-Grün hat bereits eine Milliarde dafür ausgegeben, so Joschka Fischer später. Und auf die Stoibers Ankündigung, die letzte Stufe der Ökosteuer auszusetzen, da sie keinerlei ökologische Effekte habe, verweist Fischer darauf, dass in den Jahren 2000 und 2001 erstmals der Ausstoß von klimarelevanten Spurengasen im Straßenverkehr zurück gegangen sei. Und der Verbrauch von Neuwagen sei merklich gesunken.
Fischer nutzt die neue Ökologie-Welle
Sichtliches Vergnügen bereitet es dem Obergrünen, als er Stoiber und Westerwelle vorhält, wie die jeweiligen Parteien bei den Abstimmungen zum Erneuerbaren-Energien-Gesetz oder zur Kraft-Wärme-Koppelung abgestimmt haben. Ökologie ist wieder ein Thema. Und Fischer nutzt es. Denn in zwei Dingen sind sich alle Parteien an diesem Mittag im Bundestag einig: Den Hochwasseropfern muss schnell und umfassend geholfen werden und mit der Flut lässt sich trefflich Wahlkampf machen. Auch wenn jeder sagt, dass man das doch tunlichst vermeiden solle.