Schickt MEHDORN in die Wüste

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proxicomi:

Schickt MEHDORN in die Wüste

 
03.01.03 13:59
Klage gegen Fahrgastverband


Neue Bahnpreise beschäftigen Justiz


Der Streit um die neuen Tarife bei der Deutschen Bahn wird nun auch die Justiz beschäftigen. Der Verkehrskonzern kündigte am Freitag in Berlin an, den Fahrgastverband Pro Bahn wegen geschäftsschädigender Äußerungen zu verklagen.


HB/dpa BERLIN. Dabei geht es vor allem um eine Behauptung von Pro-Bahn-Chef Karl-Peter Naumann, dass seit der Preisreform jeder zweite Kunde für sein Ticket zu viel bezahlen müsse. Die von der Bahn gesetzte Frist für eine Unterlassungserklärung hatte Naumann am Donnerstag verstreichen lassen.

Der Fahrgastverband gehört zu den härtesten Kritikern der neuen Tarife, die seit dem 15. Dezember gelten. Nach einem Tarif-Test in der „Bild am Sonntag“ ließ sich Naumann kurz vor Weihnachten dann mit der Aussage zitieren: „Jeder zweite Kunde zahlt zu viel für sein Ticket.“ In einem Brief an Bahnchef Hartmut Mehdorn räumte er bereits ein, dass diese Aussage nicht verallgemeinert werden könne. Der dpa sagte er, das Zitat sei „verkürzt“ wiedergegeben worden. Auf eine Zusage, die Behauptung nicht zu wiederholen, wollte sich Naumann jedoch nicht einlassen.

Die Klage soll nach Angaben von Bahnsprecher Achim Stauß nun „unverzüglich“ vor einem Landgericht eingereicht werden. Unklar war noch, wo dies geschehen und mit welcher Schadenersatzforderung die Klage verbunden sein soll. Die Bahn wehrt sich damit erstmals mit juristischen Mitteln gegen die Kritik von Verbänden und Verbraucherschützern an dem Preissystem. Auch die Stiftung Warentest hatte den neuen Tarifen eine schlechte Note ausgestellt.

Das Preissystem, mit dem die Bahn Frühbucher, Familien und Gruppenreisende mit Rabatten belohnen will, gilt seit Mitte Dezember. Die Kritik richtet sich vor allem gegen hohe Stornogebühren, die Kontingentierung der preisgünstigsten Ticketangebote sowie die Beratungsqualität. Die Bahn lehnt kurzfristige Änderungen ab. Der Bund als Eigentümer des Unternehmens will bis Ende März eine erste Zwischenbilanz ziehen.


HANDELSBLATT, Freitag, 03. Januar 2003, 13:27 Uhr

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erst werden die angehörigen der opfer von eschede mit 30000 dm abgespeist, dann wird wild gestrichen in allen bereichen. die schaffner(neudeutsch zugbegleiter) sind demotiviert ohne ende. jetzt diese versteckte fahrpreiserhöhung, dabei hat dieser mehdorn selbst mal erklärt, das die personenbeförderung den geringsten teil an den einnahmen der bahn ausmache.
jetzt klagen sie gegen den fahrgastverband, das geld sollen sie mal zur abfindung für den supersanierer mehdorn nehmen. denn verlieren werden sie sowieso.

PS: die sitze in diesen "modernen" zügen, erinnern mich irgendwie an diese hartplastik-schalensitze in den bushaltestellen. naja, es soll ja zeiten gegeben haben da fuhren manche leute noch schlechter, auf stroh.....


gruß
proxi
BRAD PIT:

@proxi

 
03.01.03 14:06
Mehdorn in die Wüste schicken?


Willst du dass nach 2 Wochen der Sand teurer wird?
Happy End:

Nie war Bahnfahren so günstig

 
03.01.03 14:08
Man weiß nicht genau, was sie will, die Deutsche Bahn AG. Wenn die Privatisierung mehr Effektivität bringen sollte, so ist dies sicher gelungen. Nie vergraulte die Bahn so viele Angestellte und Kunden in so kurzer Zeit. Den schlechten Ruf des Staatsunternehmens hat die privatisierte Bahn konsequent und zielstrebig ausgebaut, ohne natürlich die Defizite in nennenswerter Höhe abzubauen. Das verdient Respekt.

Wie wurde die Deutsche Bahn so effektiv? Sie bediente sich des wirkungsvollsten Mittels. Schnell erkannte die Bahnführung, dass Zugverspätungen, schlechte Anbindungen, unfreundliches Personal und versiffte Wägen nicht ausreichen würden, um binnen kürzester Zeit viele überzeugte Bahnfahrer zu vertreiben. Am effektivsten ist stets das Drehen an der Fahrpreisschraube.

Der ohnehin masochistisch veranlagte Bahnfahrer nimmt im Zweifelsfall jede Qual auf sich, nur möchte er keine unsäglichen Summen dafür bezahlen. Nachdem diese Lektion gelernt war, wurde sie konsequent umgesetzt.

Ein Beispiel: Noch vor wenigen Jahren konnten mit dem Wochenendticket fünf Erwachsene ein ganzes Wochenende lang für 35,- DM unterwegs sein. Später gestattete die Bahn zwei Erwachsenen (plus ein bis drei Alibikindern) Herumreisen an einem Tag für 40,- DM. Das macht, rechnet man es auf einen Erwachsenen an zwei Tagen hoch, eine Fahrpreissteigerung von 7,- auf 40,- DM. Von dieser Preispolitik können sich die Ölkonzerne noch eine Scheibe abschneiden.

Vielen Effizienzstrategen in der Führungsriege der Bahn AG war die Bahncard schon seit längerem ein Dorn im Auge. Nicht wenigen Deutschen galt sie immer noch als Grund zum Bahnfahren. Ein harter Kern verbohrter Bahnkunden schien sich nicht von der Bahn abbringen zu lassen. Mit der Umsetzung, die Leistungen der Bahncard zu beschneiden, zieht die Bahnführung die notwendige Konsequenz aus der Tatsache, dass die Bahn immer noch nicht zahlungsunfähig ist.

Aus dem Umfeld von Bahnchef Mehdorn heißt es, nur so könne man die letzten Idealisten aufs Abstellgleis oder eben gleich auf die Straße befördern. @

Um tatsächlich alle hartnäckigen Bahnfahrer in die Staus auf den Autobahnen zu treiben sind weitere Maßnahmen nötig. ARIVA schlägt deshalb vor:

Schluss mit dem kostenfreien Abholen von Verwandten und Freunden am Bahnhof. Abholer müssen künftig eine Bahnsteiggebühr von 10 EURO pro Tag zahlen. Mit der Bahnsteigcard gibt es allerdings Ermäßigung, sofern die Abzuholenden älter als 80 Jahre sind.

Der Kaffee im ICE ist zu billig. Statt 2,50 werden künftig 6 EURO Mark für das Pulvergesöff (0,3 Liter) verlangt.

Stehpisser in den Bahn-WCs zahlen eine Strafgebühr von 50 EURO pro daneben gegangenem Zentiliter. Zur Überprüfung ist die Installation von Kameras auf den WCs notwendig.

Es ist nicht erlaubt, Gepäck mit in den Zug zu nehmen.

Selbstmörder, die sich vor einen fahrenden Zug werfen, müssen eine Strafgebühr von 1.000 EURO entrichten.

Selbstmörder, die sich vor einen stehenden Zug werfen, zahlen die Reinigung ihrer Kleider künftig selbst.

Aus Kostengründen werden die Zugdurchsagen künftig nicht mehr von Zugführern mit verschiedenen furchtbaren Dialekten durchgegeben. Sächsisch reicht völlig aus.

Ein Teil der Fahrkartenerlöse wird zur Finanzierung der Sächsisch-Schulungen für die Zugführer verwendet.

Diesmal wird es klappen, Bahnfahren völlig zu diskreditieren! Macht mit bei unserer Email-Aktion und www.bahn.de/extrahtml/pv/home/kontakt/...hn_kundendialog.shtml target="_new" rel="nofollow">schreibt der Deutschen Bahn AG, für wie wirkungsvoll Ihr diese Pläne haltet. Kopiert die obigen Forderungen und weist auf unsere Aktion hin. Gemeinsam schaffen wir es: Runter von der Schiene, rauf auf den Asphalt.
villa:

Zu Mehdorn fällt mir seit

 
03.01.03 14:21
längerem nur folgendes ein: Frech, dumm, dreist und von Kundenfreundlichkeit keine Spur.

Er behandelt die Pendler wie Abschaum.

Für mich spielt der zusammen mit Müntefering in der Kreisklasse (ganz unten).  
DarkKnight:

Bahnfahren ist besser als Fliegen

 
03.01.03 14:33
Endlich geklärt:

Bahnfahren besser als Fliegen

Der wahre Reisende scheißt auf Air Schneckenfresser, Lustkranich und Spaghettalia: Die Bahn bietet so viel mehr. Man muss sie nur zu nehmen wissen.

Bahnhöfe sind Horte des Friedens. Die Bahnhofsmission ist nur ein Beispiel von vielen. Die Gelassenheit, mit der Gepäckträger unser Winken ignorieren, kann als zweites Beispiel dienen. Nie hetzt Stress ausstrahlendes Reinigungspersonal durch die öffentlichen Toiletten; die stillen Örtchen sehen ganz im Gegenteil so aus, als habe dort noch nie einer mit seinem Lappen Unruhe unter Kokken und Kakerlaken verbreitet. Flughäfen dagegen sind Orte der vorauseilenden Terrorabwehr und des praktizierten Orwellstaat-Faschismus. Todesstrahlen durchleuchten unser Handgepäck und finden dann doch nicht die Keramikpistole oder das Teppichmesser. Perverse warme Brüder und Nymphomaninnen fassen uns ans Gemächt. In 10.000 Meter Höhe wachsen Tumore im Hirn und platzen auch gleich, Röntgenwellen aus dem All machen Frauen unfruchtbar und Männer impotent (nun...: nicht alle). Mit einem Wort: Fliegen ist der reine Horror.

 
Service bei der Bahn: Nie stresst Reinigungspersonal durch Toiletten  

Flughäfen haben auch diese Parkplätze. Sie sind unverschämt teuer, stehen wie Beton-Abzesse in der Landschaft und locken rostige Benzinstinker an. Die Bahn dagegen verzichtet auf Parkplätze: Das spornt an, umweltgerecht ohne Auto zum Bahnhof zu reisen. Das verschafft den Taxifahrern nicht nur Arbeit, sondern frische, urlaubserwartungsvolle oder (auf dem Rückweg) erholte Ohren, die den taxifahrertypische Klagen über den Unbill des lokalen Straßenbaus mit Freuden lauschen. Flughäfen stehen dagegen für Vereinsamung: Kalte Gesichter mit dünnen Lippen starren durch Sonnenbrillen in aufgeklappte Notebooks, nie hört man Kinder lachen oder eine lustige Shanty-Melodie inmitten einiger Reihen fröhlicher Menschen in Biergärten. Sowas gibt's an Flughäfen nie, was ein weiterer Beweis für die These dieses Essays ist.

Buchung
Gestresste Vielflieger neiden dem durchschnittlichen Bahnreisenden vor allem seine heitere Gelassenheit. Das fängt schon bei der Buchung an. Eine Bahnfahrkarte kriegen Sie an jedem Bahnhof, am Flughafen kriegen Sie statt dessen Parfüme, Krawatten und Koffer. Zugegeben, das deckt den Bedarf mobiler Shopper: Denn Parfüme braucht man, weil Flughäfen und Flieger stickig und stinkig sind; Krawatten, weil man davon nie genug haben kann, wie von den Karamel-Sahne-Toffees mit der Kuh drauf; und Koffer, weil einem ja soeben das Reisegepäck geklaut worden sein könnte. Oder von Phönix aus nach Atlanta flog statt dorthin, wo Sie jetzt sind.

Brauchen wir aber wirklich Samsonites, Polo-Shirts, Golfschläger und Echtes-Leder-Gürtel? Wir sagen: nö. Wir lieben daher die Bahn, denn die beschränkt sich auf das Wesentliche: Tabak, Bücher, Blumen. Bahnreisende sehen daher auch gleich aufregendes und mutiges Unternehmertum in Aktion, denn wer raucht denn heute noch, wo alle zu Strunz-dummen Vitaminjoggern mutieren? Wer liest noch Bücher, schenkt noch Blumen?

Egal. Fahrkarten gibt es ja immerhin auch. Sind ja nicht unwichtig. Das hat auch die Bahn gemerkt. Nur die kleinen, mittleren und mittelgroßen Bahnhöfe kommen noch ohne Fahrkartenschalter aus. Die großen Bahnhöfe betreiben dagegen zum Verkauf ihrer Fahrkarten ganze Schalterhallen mit Dutzenden von Schaltern, jedenfalls zwischen 9 und 17 Uhr. Die großen Bahn-Hallen der Metropolen sind so großzügig angelegt, dass die Zahl der Bahnfahrer noch jahrelang steigen könnte, ohne das es nötig wäre, alle diese Schalter zu öffnen.

Schlangen
Nur wer hart in einer Schlange bleibt kann sein Auge für Schlangenverhalten schärfen. Schlangen an Flughäfen arbeiten sich wohlgeordnet und zivilisiert ab - das ist langweilig, stumpfsinnig und öde. Da fliegen wieder mal Deutsche nach Mallorca, das bedeutet Gelassenheit, Großmut und gekonntes Schlangestehen ohne jede Art von Irritation, aber eben auch ohne jede Art von Inspiration. Sicher, fantasievolle Geschäftsleute in blauen Anzügen drängeln sich immer wieder mal vor Gebrechliche oder Nonnen, doch diese armen Manager haben ja auch einen verdammt harten Job, während Klapper-Omas und religiöse Fanatiker ohnehin nur auf ihr Ende warten.

Wie anders ist da die Bahn, wie viel mehr bietet sie da durch ihre Schalterhallen. Platzangst kommt nie auf, da stets nur vier von 24 Schaltern geöffnet sind und diese quer über die Schalterhalle verteilt sind. Das macht Sinn, denn es hält Wankelmütige davon ab, die Schlangen zu wechseln. Es ist die Hoffnung auf eine schnellere Abfertigung, die dennoch immer wieder Ansteh-Ambivalente zu solch unüberlegten Schritten treibt. Doch diese Hoffnung trügt: Die Bahn-Bediensteten an den Schaltern haben strenge Anweisung, das Schalter-geschlossen-Schild ans Fenster zu knallen, sobald verdächtig viele Personen zwischen den Schlangen wechseln. Und wer kann es einer Bahn-Angestellten wirklich verübeln, wenn sie den Anblick der wachsenden, wartenden Menschenmassen nicht mehr ertragen kann und vor den gehetzten Armbanduhr-Fahrplan-Armbanduhr-Blicken in die xte Zigarettenpause flüchtet?

Schalter
Die Bahn bringt Menschen zusammen: Schalterhallendesigner designen Schalterhallen hierzu als Orte der Begegnung. Die Pfade der Reisenden, die ihre Rollkoffer mit den kaputten Rollen von den U-Bahn-Schächten und Taxiständen zu den Gleisen schleifen, sind dank komplexer topologischer Gleichungen so gelegt, dass sie sich garantiert mit den Schlangen vor den Fahrkartenschaltern kreuzen. Oder mit den Schlangen, in denen sich verzweifelte Info-Hungernde um die letzten Mini-Zugpläne prügeln, in der irrigen Hoffnung, dass deren Angaben zutreffen.

Der einzelne Schalter selbst ist ein Kunstwerk aus Plexiglas, das zu mehr Interaktivität und Fantasie im Umgang miteinander anregt: Um der Gegenseite mitzuteilen, welche Art von Fahrkarte man haben möchte, bleiben oft nur Gesten und Gebärden. Denn die Stimmen-Entfremdungs-Anlage eines typischen Schalters verhindert wirkungsvoll, dass die potentiellen Fahrgäste sich beim Schalterkauf auf die ausgetrampelten Pfade verbaler Kommunikation begeben können. Das macht den öden Konsum zum attraktiven Abenteuer.

Delikatessen
Wie überhaupt der ganze Bahnhof immer mehr zum abenteuerlichen Themenpark wird, ganz besonders die Gastronomie. Vorbei sind die Zeiten, da man die Wahl hatte zwischen einer simplen, aber fetten Bratwurst mit Senf und dem schlappen Brot der früheren Besatzer. Vorbei das finstre Mittelalter schmieriger Bahnhofs-Pommesbuden, in deren finstrer Schaschlikhöhle allein die Currywurst golden und purpurn herausleuchtete. Vorbei. Die zu Erlebniswelten gestalteten Bereiche fritöser Fettatmosphäre locken mit allerlei internationalen Spezialitäten. Und dank tatkräftiger Polizei und 24-Videoauszeichnung stören weder verschorfte H-Junkies noch die Miniröcke 12jähriger Prostituierter das gastritische Bild bürgerlichen Mampf-Anstands.

Da ist Osaka Gojira Shushi, der Schlipsträgern und Exotixfans leichte, feine, kleine Speischen bietet, die nicht schwer im Magen liegen, und deren Preis dennoch die hohe Qualität des duftigen Klebereises symbolisiert. Da ist Döner Kebab, ein hochintegrierter bis assimilierter Bestandteil der deutsch-türkischen Kultur, 1971 in Berlin erfunden und noch heute von getürkten Deutschen gern verkauft. Er bringt einen Hauch Istanbul mit Knoblauchyoghurt ins Leben - und wenn er lustig tropft, dann auch mal aufs Hemd. Da ist Chop Suey mit seinem glibbernden Topf halbgaren Gemüses mit Fleischeinwaage, über dessen Herkunft man noch am Abend zuvor informiert worden war, in der Spiegel-TV-Doku über den Alltag deutscher Lebensmittelkontrolleure. Zu erwähnen wären noch der Nordsee-Stand, der in München dasselbe Alaska-Seelachsfilet verkauft wie in Hamburg - ein Zeichen der innigen Freundschaft zwischen "Fischköpfen" und "Bayrischen Bazis". Nicht zu vergessen die Mafiatorten-Mütze, eine beliebte Pizza-Kette, die nie an Teig oder Öl spart, denn Kohlenhydrate und Lipide sind nahrhaft, wohl aber am Belag, denn Pilze und Salami sind ja ohnehin schadstoffbelastet, und Thunfischpizzen erinnern einen doch arg unsanft an die süßen kleinen Babydelphine, die gemeinsam mit den Thunfischen in den Fischwolf kamen.

Check-In
Da bin ich nun wohl ein wenig abgeschweift. Solche Abschweifungen sind ärgerlich, den sie kosten den Leser Zeit. Die könnte er aber auch schlechter investieren, zum Beispiel in ein Check-in bei der Schweineklasse der Touri-Bomber. Ein Fluggast muss da schon Stunden vor dem Abflug am Flughafen erscheinen, um in ca. 3 Minuten ein Gepäckstück auf ein Band zu legen und maximal 2 Worte mit dem uniformierten, blonden und dick geschminkten Fluggast-Abfertigungs-Roboter Marke "Ruppig&Runzelig" zu wechseln.

 
Warten am Gepäckband: Frauen tragen Kosmetika und Dildos spazieren  
Wie anders, wie stressfrei ist da die Bahn: Hier darf jeder sein Gepäck noch selbst in die Hand nehmen und verstauen. Es gibt keine lästige Trennung von Reisekoffern (Smart nennt diese Dinger Autos) und Handgepäck. Zur Erinnerung: Handgepäck im Flugzeug, das sind Rollkoffer von den Abmessungen eines Kühlschrankes; Frauen tragen darin ihre Kosmetika und Dildos spazieren, Männer ihre Pornoheftchen und Kunststoffvaginas, beide ihre ausgedruckten Powerpoint-Folien, die sie sich dann gegenseitig präsentieren, an exotischen Tagungsorten. Und dann immer das Theater, wenn man Ende des Flugs zwanzig graue Samsonites über das Gepäckband kommen - der Bahnreisende greift einfach nach oben und hat sein Gepäck sofort zu Hand, oft kommt es auf lustigen Schunkel-Strecken schon von selbst herunter.

Platz nehmen
Relaxed auch der Weg zum Platz, zumindest für alle, die nicht reserviert haben: es gibt nämlich keinen mehr, also wozu rennen und hetzen? Ebenso gut haben es die Rauchabteil-Reservierer, denn sie dürfen bis zum Ende des Zuges spazieren, um ihren Platz zu finden, und können dabei in aller Ruhe noch zwei, drei Glimmstängel durchziehen.

Normal reserviert Habende erwartet Spaß und Spannung durch unverbindlichen Oberflächensex mit Hunderten von Personen. Denn sie dürfen sich an all jenen vorbeiquetschen, die aus der anderen Richtung kommen und verzweifelt versuchen, die Zahl auf ihrer Reservierung mit der Zahl eines Sitzes zu vergleichen - tja, nicht jeder kann halt ein Mathe-Genie sein. Verwirrung stiftet übrigens meist, dass Reservierungen wenig beeindrucken: auf den reservierten Plätzen sitzen kiffende AStA-Sozialpädagogik-Studenten oder saufende Wehrdienstleistende ("Nato-Ralley"). Beim Versuch, die terroristischen Reservierungs-Enteigner in die Flucht zu schlagen, kommt man immerhin ins Gespräch, was helfen kann, pauschale Vorurteile abzubauen. "Auch diese Menschen bluten, wenn man ihnen den Hartschalenkoffer ins Grinsen rammt." - wer würde das auf einem Flug lernen können? Die Bahn bringt eben Menschen zusammen, die sich im Flugzeug nie zu Gesicht bekämen. Nur der Verteidigungsminister fliegt. Was ebenfalls für die Bahn spricht.

Der Zugbegleiter
Wer sitzt, hat gewonnen. Und kann sich dem Zugbegleiter widmen. Dieses Faltblättchen bewirbt die eine oder andere miese Kaschemme am Wegesrand und informiert über Abfahr- und Ankunftszeiten der Züge des letzten Jahres - und über Zugnamen. Und auch hier schlägt die Bahn jeden Flieger: Flugzeuge heißen schäbig 747, lieblos 737 oder abfällig 767, Zugzeuge dagegen heißen klangvoll "ICE Alfons Schicklgruber" oder ehrlich "EC Eduard Stoiber" oder bedeutend "InterRegio Michel Friedman". Das strahlt menschliche Wärme aus und vermittelt den Gästen aus Übersee, erkennbar an den Let's-Go-Europe-Taschenbüchlein, die Superiorität europäischer Kultur.

Leider endet die spannende Lektüre des Zugbegleiters oft jäh, meist 30 Minuten nach der offiziellen Abfahrtszeit, denn dann fährt der Zug los. Daran sieht man eben, dass die Deutschen keine Pünktlichkeits-Bürokraten sind, sondern das alles locker sehen, anders als bei den Uhrwerks-Faschisten an den Flughäfen. Die Bahn versprüht damit südländischen Charme und konnte so das Herz vieler Reisender gewinnen. Zumal die bange Frage nach der Erreichbarkeit rücksichtsloser Anschlusszüge jeden Transatlantikflug-TV-Thriller an Spannung aussticht.

Bordrestaurant
Wo wir beim Vergleichen sind: Flugzeugnahrung vs. "in der Mitte des Zuges ein Bordrestaurant, in dem Sie das Mitropa-Team gerne erwartet". Während Lufthansa & Co. ihren Fluggästchen nämlich dreist & lieblos Tabletts mit geschrumpften, farbentsättigten, denaturierten Fetzen klebriger Gemüse- und Tierleichenteile vor den Latz knallt und zum Runterwürgen nicht mal mehr verdauungsfördernde Drinks anbietet (abgeschobenen Asylbewerber sicher schon, denn den Asylanten schiebt's der Staat ja vorne und hinten rein, die werden ja angeblich sogar Erste Klasse in den örtlichen Gulag geflogen), lässt die Bahn dem Reisenden volle Freiheit bei der Gestaltung seiner individuellen Reisemahlzeit.

 
Gleichgewichtsübungen in geräumigen Waggons: vom Mitropa-Team gerne erwartet  
Während die Flug-Fresser, in enge Sitzen geschnallt, über Butter- und Schmelzkäse-Portionspäckchen binnen Sekunden Herzkranz-Fett ansetzen, erwartet Bahnreisende ein sportliches Erlebnis: der Ausflug ins Mitropa-Zugrestaurant. Das übt auch die Gleichgewichtssinne, der wer will die beiden Kaffees in schwabbeligen Pappbechern, die einem ja schon schier die Hand verbrühen, einem Sitzenden auf den Notebook kippen? Niemand. Also ist Konzentration gefordert, und es ist kein Zufall, dass Bahnreisende in der Pisa-Studie besser abschneiden.

Zuweilen kommt im Zug auch ein Gastarbeiter mit einem fahrenden Wagen vorbei und bietet dem Reisenden verschiedene Mitropa-Spezialitäten an, in der Regel täuschend echt nachgemachte Nahrungsmittel aus Pappmaché sowie die bekannten Industrie-Drinks der Carzino-Gen Corporation. Freilich, das bringt immer wieder mal einen gewissenhaften Patrioten auf, denn man sieht eigentlich nur Speisewagen-Herumfahrer ausländischer Herkunft, folglich haben all diese vielen, vielen Ausländer guten, deutschen Speisewagen-Herumfahrern den Job weggenommen. Und das ist typisch: Die Sozis lassen Milliarden Computer-Inder über unsere fahrenden Zugrestaurants schwappen, während aufrechte Deutsche nicht mal mehr bei der Müllabfuhr oder als Schuhputzer oder als Döner-Kebab-Männer Jobs kriegen.

Fazit
Bahnfahren ist besser als Fliegen, diese These ist nun bewiesen. Wurde etwas vergessen? Das Gebimmel der Handys, dass sich als Melodienwettbewerb spielerisch nutzen lässt? Junge Männer mit Notebooks an ICE-Steckdosen, die sich auf dem DVD-Laufwerk mit japanischen Hentai-Bukakke-Videos vergnügen? Die Klimaanlage, die für ausgeglichene 13 Grad (im Hochsommer) bzw. 28 Grad (im Winter) sorgt? Die Bahncard, die einem satt überlappende 50 Promille Rabatt beschert (vom Grundpreis; auf folgenden Strecken:...; außer an folgenden Tagen:...; nicht in diesen Zügen:..; (jeweils Symbole; Legende links unten, leider abgeschnitten))?

Übrigens: Das Zugpersonal ist angesichts der Umstände überwiegend freundlich. Schade nur, das es bald wegrationalisiert wird, damit sich der Bahn-AG-Vorstand das Salär erhöhen kann.

Zara | ZYN! Magazin

baer45:

Es wird höchste Zeit!

 
03.01.03 14:38
Die Bahn hat endlich die Börsenreife erreicht. Wir brauchen sie unbedingt im DAX!

:o)
proxicomi:

@happy und dk

 
03.01.03 14:55
lustige geschichten, schöne formulierungen dk.
selten so gelacht.

aber leider hat dieser mehdorn nicht die logik des marktes verstanden, die kuh die es zu melken gilt wird gleich ins schlachthaus getrieben. ein ehemaliger staatsbetrieb bleibt ebend nur ein subventionierbarer schrottplatz.


gruß
proxi
ruhrpottzocker:

Na, wenn das alles so stimmt, was ihr schreibt,

 
03.01.03 15:08

dann werden sie ja wohl pleite machen.

Es stehen genügend andere Unternehmen parat, die übernehmen können bzw übernommen haben. Der Kunde wird entscheiden, wer überlebt.

Das ist nun mal Gesetz. Und das ist auch gut so.

Schickt MEHDORN in die Wüste 896056
DarkKnight:

Ich bin seit über 1 Jahren Bahnkkunde und

 
03.01.03 15:12
kann nur sagen: der Artikel von Zyn, den ich hier reinkopiert habe, ist noch untertrieben.

Wer darauf angewiesen ist, muß alles schlucken. Es hat sich unter den Kunden schon eine Lethargie breit gemacht, die erschreckend ist.

Die Bahn hat sich das Vorbild Japan genommen: einige ausgewählte Strecken mit hoher Auslastung fahren, den Rest läßt man sterben.

Dabei gabs noch vor 20 Jahren Vorlesungen über "Öffentliche Wirtschaft" und der Notwendigkeit defizitärer Betriebe zum Wohle einer gewissen Grundversorgung. Scheint wohl alles vergessen worden zu sein.
DarkKnight:

über 10 Jahre, sorry. Und nochwas:

 
03.01.03 15:16
während früher die Fahrt zum arbeitsplatz in München nicht mehr als 2 Stunden täglich in Anspruch genommen hat, sind es mittlerweile 4, an schlechten Tagen deutlich mehr.

Aber vielleicht ist das ein geheimes Arbeitsbeschaffungsprogramm: für jeden Pendler muß man sicherheitshalber zwei Arbeitsplätze einrichten, weil man in der Regel mit Hin- und Rückfahrt bereits seine tägliche Energie verbraucht hat?
Nobody II:

@Darkknight

 
03.01.03 15:17
bei leeren Kassen auch nachvollziehbar. Staat verabschiedet sich von Grundversorgung.

Telekom, Post, Bahn, Strom, ...

scheint aber nach durch Wettbewerb zu funktionieren.

Gruß
Nobody II
proxicomi:

@nobodyII

 
03.01.03 15:26

diese these stimmt. nur muss der staat befürchten, daß die immer unzufriedeneren menschen bald den staat abschaffen.

 

diese grundversorgung hat nämlich ein ganz bestimmtes kalkül, nach dem krieg eingeführt sollte es die breite proletenmasse ruhig halten, häusschen, auto etc. der so zufriedenen wohlstandspassive mensch wird zum politischen kalkulierbaren neutrum.

aber wehe, wenn wie wir sehenden auges, mit erschrecken feststellen müssen,  daß all diese vorzüge wegbrechen. die informationen die im vegetativen nervensystem abgespeichert sind, aus urzeiten, werden plötzlich wieder aktiv..... so radikalisiert sich die umwelt zunehmend.

 

 

gruß

proxi

Nobody II:

@proxi

 
03.01.03 15:35
Ich finde da nichts Schlimmes, aber du hast Recht, dass der Dt. Michel für alles einen braucht der für ihn denkt.

Das der Staat nicht abgeschafft werden kann, ist klar, aber die Aufgaben die er hat sind zu groß.

Mal abgesehen von den Versorgern, auch eine Arbeitslosenversicherung kann die Privatwirtschaft übernehmen. Eine Allianz würde sich doch bei den 6,5% vom Bruttolohn dumm und dämlich verdienen. Das Risiko trägt die Privatwirtschaft und die Entscheidungsfreiheit hat der Bürger, wenn ich mich versichere gut, wenn nicht selbst schuld.

Der aufgeblasene Verwaltungsapparat des Staates führt doch dazu, dass bei jeder Bearbeitung mind. 10% des Volumens verpuffen. Deswegen kann man wie im anderen Thread, getrost davon sprechen, dass die 4,5 Mio € Sozialhilfebetrug in Hamburg Peanuts sind.

Bildung wird immer Staatsaufgabe sein. Ich denke aber, wenn der Staat sich auf Aufgaben konzentriert, welche die Privatwirtschaft vernachlässigt, dann hätten wir ein System, welches funktioniert.

Weniger Staat, mehr Eigenverantwortung, mehr Unternehmergeist, höhere Leistungsbereitschaft.

Ein schlanker Staat hat weniger Kosten und auch effektiver arbeiten. Aber die Bonzen sitzen schon zu fest. Da geht nix mehr. Schau dir doch den Bundestag an. Die werden nie eine Rentnerschadende Entscheidung treffen. Sind ja alles selbst welche !



Gruß
Nobody II
ruhrpottzocker:

Das ist der richtige Ansatz, Nobody !!

 
03.01.03 16:10

Verkehrsinfrastruktur und Verkehrsangebote sind nicht Sache des Staates. Das können Private besser.

In Frankreich kannst du heute für schlappe 100 Euro Autobahngebühr komplett durch das ganze Land über sehr gepflegte, gemütliche Autobahnen mit einem umfangreichen Angebot an sauberen Rastplätzen fahren. Der Nutzer bestimmt durch den Grad der Inanspruchnahme selber, wieviel er dafür bezahlen will. In Deutschland wirst du als Steuerzahler zur Kasse gebeten, egal ob du nutzt oder nicht.

In Deutschland findest du diese Vorteile seit der Bahnreform auf der Schiene. Da tummelt sich schon einiges, was nicht zur ehemaligen Bundesbahn zählt. Allerdings braucht eine derartige Entwicklung Zeit. Was im Güterverkehr auf der Schiene schon sehr weit fortgeschritten ist, nämlich Konkurrenzangebote inländischer und ausländischer Bahnen, und in durchaus nennenswerten Ansätzen auch schon im Personen-Regionalverkehr anzutreffen ist, wird es auch bald im Personen-Fernverkehr geben.
Den Argumenten, dass seitdem beispielsweise immer wieder Lokführer auf Deutschlands Schienen angetroffen werden, die der deutschen Sprache kaum mächtig sind, oder dass Güter in mehr als klapprigen Güterwagen durch die Gegend gefahren werden, ist zu entgegnen, dass die Überwachung der Einhaltung gewisser Regeln eine derjenigen Aufgaben des Staates ist, derer dieser sich dann mit viel mehr Sorgfalt als bisher widmen könnte - gegen angemessene Gebühren, versteht sich.

Gut Ding will bekannterweise Weile haben; die Entwicklung in eine positive Richtung ist aber nicht mehr aufzuhalten.

Ausnahme: bei der Entwicklung und Einführung neuer Techniken im Interesse der Allgemeinheiten sollte der Staat noch "Anschubarbeit" leisten. Allerdings nur auf absehbare Dauer und nicht durch Schenkungen, sondern durch Kreditierung.      

Schickt MEHDORN in die Wüste 896136
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