Rot-grüner Irakkurs bringt Schäuble auf
Mehrheitlich sind die Deutschen in den Umfragen gegen eine deutsche Beteiligung an einem Irak-Krieg. Das macht die Union offenbar nervös. Ex-CDU-Parteichef Wolfgang Schäuble hält der Regierung nun vor, den deutschen Interessen mit ihrem neuen Kurs nachhaltig geschadet zu haben.
Berlin - Vor allem Peter Struck werde "in die Geschichte als der Verteidigungsminister mit der kürzesten Amtszeit und der größten Beschädigung der deutsch-amerikanischen Beziehungen eingehen", schrieb der CDU-Politiker in einem Beitrag für "Bild am Sonntag". Er kritisierte besonders, dass die Regierung den USA eine Neigung zu militärischen Alleingängen unterstelle.
Der frühere SPD-Fraktionschef Struck hatte in der vergangenen Woche unter anderem gesagt, ein US-Militärschlag werde "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die internationale Allianz gegen den Terror" zusammenbrechen lassen. Die in Kuwait stationierten deutschen Spürpanzer vom Typ "Fuchs" müssten dann abgezogen werden. Dieser Schlussfolgerung stimmten Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber und CDU-Chefin Angela Merkel am Freitag dann zu - eine Wendung, die in deutschen Medien mit Überraschung aufgenommen worden war.
Offenbar fürchten führende Unionskreise, dass der Eindruck entstehen könnte, CDU und CSU verfolgten in der Irakfrage einen zu unkritischen Kurs gegenüber den USA. Umfragen zeigen, dass ein Militärschlag auch mehrheitlich unter den Anhängern der Union abgelehnt wird. Schäuble hatte zu Beginn der Debatte vor rund vier Wochen, die durch Formel des Bundeskanzlers nach einem "deutschen Weg" in der Irakfrage entzündet worden war, eine Beteiligung Deutschlands an einem Krieg offen gelassen. Der CDU-Politiker, der im Wahlkampfteam von Stoiber für die Außenpolitik zuständig ist, hatte erklärt, Deutschland werde sich in "angemessener" Form beteiligen, sollte ein Uno-Mandat vorliegen.
Im Beitrag für die "Bild am Sonntag" forderte Schäuble jetzt ein Ende von deutschen Sonderwegen. Die Bundesrepublik brauche "enge Absprache mit unseren europäischen Freunden, Solidarität mit unseren Partnern in den Vereinten Nationen und mehr Diplomatie". Zu "Kriegshysterie" bestehe kein Anlass.
Währenddessen wendet sich die rot-grüne Bundesregierung beharrlich gegen eine Militär-Intervention der USA im Irak. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) verwies am Wochenende darauf, es gebe in dem Nahost-Staat "keine substanzielle Veränderung bei den Faktoren der Bedrohungsanalyse". Die Begründung für eine US- Militäraktion sei damit mehr als unzureichend, sagte er im "Hessischen Rundfunk".
Fischer sagte zu einem Militäreinsatz für den Fall, dass der Irak weiterhin die Zulassung von UN-Rüstungskontrolleuren verweigere, diese Frage führe in ein "hoch riskantes Szenario". Seine Analyse der Risiken sei von den anderen Außenministern der Europäischen Union bei Beratungen in der dänischen Stadt Helsingør weitgehend geteilt worden. Es gebe aber "unterschiedliche Gewichtungen" bei der Lagebeurteilung, berichtete Fischer nach dem Treffen am Samstag.
Spiegel