Neben der Achse des Bösen und den Saudis sind es nun auch Deutschland und Frankreich.
Hier die neuste Meldung:
Deutsche Firmen in USA
Mitarbeiter verlangen Treueschwur auf Amerika
Von Lutz C. Kleveman, New York
Der politische Zwist zwischen Washington und Berlin bereitet deutschen Unternehmen in den USA ernste Probleme. Zwar brechen die Umsätze trotz aller Boykottaufrufe kaum ein - doch bei den US-Mitarbeitern brodelt der Unmut, sie fordern von der Führung ein klares Bekenntnis zu Amerika.
BMW-Produktion in Spartanburg: "Wie steht Ihr zu uns?"
New York - Etwas Dümmeres hatte Jake Jericho offenbar seit Tagen nicht gehört: dass jemand seine Volkswagen-Autos nicht mögen könnte, weil sie aus Deutschland kommen. "Aus politischen Gründen, weil Deutschland im Uno-Sicherheitsrat gegen Amerika ist? So ein Quatsch!", lacht der Manager des VW-Autohauses "Potamkin" an der West End Avenue in Manhattan.
Er blickt auf das gute Dutzend knallig bunter Golfs, Jettas und neuer Beetles, die im Schauraum ausgestellt sind. An der Wand zeigen Fotos aus den fünfziger Jahren flinke Wirtschaftswunder-Käfer, die in Wolfsburg vom Fließband rollen. Etwa 150 Fahrzeuge verkaufen Jericho und seine fünf Angestellten im Monat, das Geschäft läuft also nicht schlechter als sonst. "Weltpolitik interessiert unsere Kunden nicht", glaubt Jericho. "Die wollen gute deutsche Qualitätsarbeit, das ist alles."
"Ihnen weh tun, ohne dass es uns weh tut"
Dem New Yorker Autohändler könnten sie gleichgültiger nicht sein, die diplomatischen Spannungen zwischen der Bush-Regierung und Deutschland. Dabei versuchen konservative US-Politiker und Kommentatoren seit Wochen, mit Boykottaufrufen gegen deutsche und französische Produkte den störrischen Widerstand aus Berlin und Paris gegen Washingtons Kriegspläne abzustrafen.
"Alles, was wir tun können, um ihnen weh zu tun, ohne dass es uns weh tut, werde ich unterstützen", hatte der republikanische Kongress-Abgeordnete Peter King jüngst in der "Washington Post" gedroht. Dennis Hastert, der Präsident des Repräsentantenhauses, lässt gar prüfen, wie der Import französischer Waren wie Rotwein und Evian-Wasser beschränkt werden kann.
Aufgeschreckt wurden deutsche Unternehmen in den USA, als das Pentagon kürzlich dem deutschen Rüstungskonzern Krauss-Maffei einen lange geplanten Großauftrag entzog. Branchenkenner vermuten die Hintergründe für die Absage im gespannten Verhältnis zwischen Pentagon-Chef Donald Rumsfeld und der deutschen Regierung.
"Unser Kunden wollen Autobahn-getestete Autos"
"Natürlich bekommen wir Briefe von Kunden, die wegen Deutschlands Haltung in der Irak-Krise nie wieder einen Volkswagen kaufen wollen", berichtet VW-Sprecher Tony Fouladpour aus der Konzernzentrale in Michigan. "Aber wir befürchten keine großen Einbrüche im Absatz." Volkswagen und seine Tochter Audi gehören zu den Unternehmen, deren Werbung seit Jahren das Herkunftsprädikat "Made in Germany!" ihrer Waren besonders herausstreichen.
AP
Leopard-Panzer von Krauss-Maffei: Spannungen mit Donald Rumsfeld
Die bewusst nicht ins Englische übersetzten Kampagnen-Slogans "Fahrvergnügen" und "Vorsprung durch Technik" sind mittlerweile jedem Durchschnitts-Amerikaner bekannt. Auch die gegenwärtig im US-Fernsehen geschalteten VW-Werbespots ("Drivers wanted!") setzen voll auf deutsche Ingenieurserfahrung. "Auch in Zukunft werden wir die deutsche Herkunft klar herausstreichen", sagt VW-Sprecher Foulardpour. "Unsere Kunden wollen Autobahn-getestete Autos, und sie können sehr wohl zwischen Politik und Business unterscheiden."
DPA
Chrysler-Zentrale in Auburn Hills: "Feststellbare Verunsicherung"
Unerwartete Gefahr droht deutschen Firmen in den USA allerdings aus einer anderen Ecke: In einer jüngst veröffentlichten Studie der deutschen Handelskammer in New York wurden 415 US-Niederlassungen befragt, ob der politische Zwist zwischen Washington und Berlin ihr Geschäft beeinträchtige. Zwar befürchten dies nur etwa ein Zehntel der Firmen, vornehmlich aus den Branchen Tourismus, Energie und Rüstung.
Etwa 40 Prozent allerdings berichten, in den amerikanischen Belegschaft und bei hiesigen Geschäftspartnern würden Unmut und Sorge wachsen. "Viele Mitarbeiter sind besorgt, was ein Zerbrechen des Bündnisses zwischen den USA und Deutschland für ihre Unternehmen und ihre Jobs bedeuten könnte", sagt Markus Lahrkamp, Chef der Unternehmensberatung Droege und Autor der Studie. "Oft fordern amerikanische Angestellte ein klares Bekenntnis von der deutschen Firmenleitung und nicht zuletzt vom deutschen Mutterhaus. Sie fragen: 'Wie steht Ihr zu uns?'"
"Zunehmende Verunsicherung"
Nach Lahrkamps Ansicht müssen die Top-Manager nun schnell reagieren, um Motivationsverlust und Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Fachkräften zu vermeiden. "Doch nur in jedem zehnten Fall haben die Konzernführer etwas unternommen und der Belegschaft kommuniziert: Egal was die Politik macht, wir stehen zu Euch!"
Auch Werner Walbröl, Präsident der deutschen Handelskammer in New York, sieht die Ergebnisse der Studie mit gemischten Gefühlen: "Das Ansehen der deutschen Unternehmen in den Vereinigten Staaten beruht auf langjährigen Partnerschaften und dem erfolgreich geführten Wettbewerb im härtesten Markt der Welt. Sorgen bereiten muss jedoch die zunehmend feststellbare Verunsicherung bei den amerikanischen Mitarbeitern und Geschäftspartnern."
Im Werk des bayerischen Automobil-Herstellers BMW in South Carolina sieht man die Dinge gelassener. "Wir wissen, dass unsere Mitarbeiter miteinander offen über die aktuelle politische Lage diskutieren, aber es hat noch nicht einen Streit gegeben", sagt Konzern-Sprecher Carl Flescher. Mehr als 150.000 Fahrzeuge produzieren die etwa 4700 Angestellten, darunter 150 Deutsche, pro Jahr in der 1995 eröffneten Fabrik in Spartanburg. Damit ist BMW eines der größten unter den 1800 deutschen Unternehmen in den USA, die zusammen etwa 500 Milliarden Dollar Umsatz machen und knapp eine Million Menschen beschäftigen.
"Unser Management unterhält einen offenen Dialog mit der Belegschaft, um etwaige Probleme zu lösen", berichtet BMW-Sprecher Flescher. "Unsere Mitarbeiter wissen auch, dass das Mutterhaus in München plant, in den USA noch mehr Autos als bisher herzustellen."
Patriotische Freiheits-Fritten
AP
Umpatriotischer Fastfood: Fast überall in den USA heißen French fries weiterhin French fries, in North Carolina aber werden inzwischen "Freiheits-Fritten" verkauft
Weitaus härter als deutsche Unternehmen trifft die feindselige öffentliche Meinung in den USA derzeit die Franzosen. Die Opposition aus Paris gegen den Irak-Kurs der Bush-Regierung empfinden besonders konservative Amerikaner als regelrechten Verrat, der an die anti-amerikanischen Ausfälle Charles de Gaulles anknüpft.
Das "French Bashing" in den bürgerlichen Medien geht so weit, dass die Freiheitsstatue, im Jahre 1886 von der französischen Regierung als Geschenk an das amerikanische Volk nach New York verschifftnunmehr fast schon als trojanisches Pferd gilt. Mit gespieltem Entsetzen erinnern Fernsehkommentatoren daran, dass Franzosen so eklige Dinge wie Froschschenkel und Pferdefleisch essen und angeblich Rotwein mit Ochsenblut strecken.
Olivier Watrin lässt das kalt. Der Franzose kommt regelmäßig nach New York, um erlesenen Traubensaft aus Bordeaux an Weinhandlungen zu verkaufen. "Dass die Geschichte mit dem Ochsenblut haltlose Propaganda ist, weiß jeder Weinkenner", sagt Watrin. "Ich habe diese Woche nicht eine Flasche weniger als sonst verkauft." Nur ein einziger Weinhändler in Manhattan habe ihm einen erbosten Vortrag über das schändliche Verhalten von Frankreichs Außenminister Dominique de Villepin im Uno-Sicherheitsrat gehalten. "Aber nachdem er sich abreagiert hatte, fragte er mich, was ich denn Köstliches im Angebot hätte."
Alles nur ein Sturm im Wasserglas also? Vielleicht nicht ganz: Der Besitzer eines Fast-Food-Restaurants in der Kleinstadt Beaufort in North Carolina hat auf seiner Speisekarte die "French Fries" - so der englische Begriff für Pommes Frites - in "Freedom Fries" umbenannt: Freiheits-Fritten. Der astrein-patriotische Schritt erinnert an den Ersten Weltkrieg, als deutschfeindliche Ressentiments die Amerikaner dazu bewogen, Sauerkraut umzutaufen : in "Liberty Cabbage".
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© SPIEGEL ONLINE 2003