Von Martin Ottomeier, Hamburg
Der deutsche Softwarehersteller SAP kommt im Mittelstand anscheinend nicht so schnell voran wie geplant. Die selbstgesetzten Ziele liegen hoch.
In einem Interview prognostiziert Gary Fromer, Vice President für den Mittelstand bei der US-Tochter SAP America, bis 2005 einen Umsatz in diesem Segment von mehr als 1 Mrd. $ (910 Mio. Euro). Das ist eher am unteren Ende der bisherigen Erwartungen. Außerdem verzögert sich die Auslieferung von Business One in den USA. Business One ist SAPs Software für kleine Unternehmen. Der Mittelstand gilt als eines der wichtigsten Wachstumssegmente für den Marktführer bei Unternehmenssoftware.
Viele Großunternehmen haben bereits die Programme aus Walldorf im Einsatz, die zur Steuerung von Unternehmen benutzt werden, zum Beispiel Finanzwesen und Kundenverwaltung. Auch andere Softwarehersteller sind bereits in den Mittelstandsmarkt eingestiegen, unter anderem der Microsoft-Konzern, der hierzu im vergangenen Jahr den Softwarehersteller Navision gekauft hat.
Für den Mittelstand hat sich SAP bislang hohe Ziele gesteckt. Vetriebschef Léo Apotheker hat 2002 einen Umsatzanteil von 20 Prozent in vier Jahren in Aussicht gestellt, das wären bis 2006 rund 1,5 Mrd. Euro - vorausgesetzt, SAPs Umsatz von 7,4 Mrd. Euro 2002 wächst bis dahin nicht. Um diesen Markt besser bedienen zu können, hat SAP im vergangenen Jahr mit Business One eine spezielle Software für kleine Unternehmen gekauft.
Anpassungsschwierigkeiten
In sehr kurzer Zeit sollte das Programm für Europa und die USA angepasst werden. Doch das bereitet offensichtlich mehr Mühe als gedacht. Gegenüber dem Nachrichtendienst CNet gesteht Fromer ein, dass die Anpassung der US-Version länger als geplant dauert und erst im Mai auf den Markt kommt. Eigentlich sollte sie schon Ende 2002 fertig gewesen sein.
Das ist ein Rückschlag für die US-Organisation. Noch Ende 2002 hat SAP-America-Chef Bill McDermott im FTD-Interview angekündigt, er habe sich zum Ziel gesetzt, mit der US-Organisation die Hälfte des Konzernumsatzes zu erzielen. Zurzeit trägt die dortige Organisation weniger als ein Drittel zum Umsatz bei. "Die US-Organisation hat sich sehr ambitionierte Ziele gesetzt", sagt Helmuth Gümbel, Analyst bei der Marktforschungsfirma Strategy Partners.
Auch im Mittelstand habe McDermott die Latte hoch gehängt. "Der Aufbau eines Vertriebskanals ging noch bei keinem Unternehmen so schnell wie gedacht", zeigt er das Problem auf. Die Mittelstandssoftware Business One soll ausschließlich über Vertriebspartner verkauft werden. Im Gegensatz dazu verkauft SAP sein Programm Mysap Business Suite in der Regel direkt an die Kunden. Allerdings findet es Gümbel richtig, zu versuchen, schnell den Mittelstandsmarkt zu besetzen. "Es ist besser, wenn SAP jetzt rennt, als wenn sie später der Konkurrenz hinterherlaufen muss."
© 2003 Financial Times Deutschland