Rumänien bereitet sich auf den Beitritt zur Europäischen Union und muß dafür einige Hürden nehmen: Seit dem 2. November, als die rumänische Zentralbank beschloß, ihre Interventionen am Kapitalmarkt zurückzufahren, ist die Landeswährung Leu 11,5 Prozent gegenüber dem Euro geklettert
Das belastet zwar bereits den Export, doch ein Wirtschaftswachstum von über acht Prozent, eine Verdoppelung der Direktinvestitionen auf 4,1 Milliarden Euro und eine boomende Börse sind für Wirtschaftsexperten erfreulichen Signale.
"Der Weg zur EU-Mitgliedschaft ist mit einigen Anfangsschwierigkeiten gepflastert", sagt Paul McNamara, Vermögensverwalter bei Julius Baer Investment Management in London. "Der Kapitalzufluß nach Rumänien wird zunehmen und an die damit einhergehenden Probleme müssen sie sich erst gewöhnen." McNamara geht davon aus, daß der Leu im Vorfeld des Beitritts zum weltgrößten Handelsblock weiter zulegen wird.
Exportunternehmen spüren die aufwertende Währung
Leudtragende sind die exportorientierten Unternehmen: Der Auslandsumsatz von Uzinsider Engineering, einem Zulieferer von General Electric und Siemens, ging in den vergangenen sieben Monaten wertmäßig um mehr als 1,6 Millionen Euro zurück. Auch Electroaparataj, ein Hersteller von Elektronikteilen sieht genauso wie die Möbelindustrie des Landes die Auslandsgeschäfte belastet. In einer Umfrage der Group for Applied Economics im Mai erklärten 60 Prozent der 170 befragten Unternehmen, ihre Wettbewerbsfähigkeit sei durch den starken Leu gesunken. Nur 21 Prozent gaben an, davon zu profitieren.
Selbst die Ablehnung der EU-Verfassung durch Frankreich und die Niederlande konnte den Siegeszug des Leu nicht stoppen: Er erreichte am 9. Juni 36.163 Leu je Euro, verglichen mit 36.283 Leu vor den beiden Abstimmungen. Am 1. November hatte die Währung, die übersetzt "Löwe" bedeutet, bei 40.766 Leu notiert. Für die vergangenen zwölf Monate weist der Leu die siebtbeste Performance gegenüber Euro und Dollar auf, nach Währungen wie dem brasilianischen Real und dem kolumbischen Peso.
Reformtempo verlangt viel
Reformen des Währungssystems stehen bevor: Am 1. Juli wird die Regierung die letzten vier Stellen der Währung streichen, so daß eine Million Leu nach der Umstellung 100 Leu entsprechen werden. Bis spätestens Ende nächsten Jahres muß außerdem als Voraussetzung für den EU-Beitritt jede Umtauscheinschränkung wegfallen.
"Was uns zu schaffen macht, ist nicht unbedingt der stärkere Leu, sondern das Tempo, in dem der Anstieg vor sich geht", erklärt Constantin Savu, der Vorstandschef von Uzinsider. Durch den Anstieg der Währung sind die Gewinnmargen der Unternehmen geschrumpft. In der Möbelbranche, die drei Viertel ihrer Produktion ins Ausland liefert, fielen in den ersten beiden Monaten des Jahres 5.000 der insgesamt 100.000 Stellen weg. Weitere 15 Prozent werden bis Ende Juni abgebaut, sollte der Leu nicht wieder fallen, erläutert Aurel Rizea, der Präsident des Branchenverbands Association of Furniture Producers in Bukarest.
Zinssenkungen sollen die Aufwertungsgeschwindigkeit bremsen
Um etwas Druck von den Unternehmen zu nehmen und Spekulationen mit der Währung zu verhindern, hat die Zentralbank die Leitzinsen auf 12,5 Prozent gesenkt und verstärkt Euro für Leu gekauft. In den vergangenen 18 Monaten sind die Finanzierungskosten um fast neun Prozentpunkte gefallen, so daß auch die Kreditkosten der Unternehmen zurückgingen.
Das Interesse an Rumänien ist groß. Die Direktinvestitionen haben sich auf 4,1 Milliarden Euro verdoppelt. Nachdem das Bruttoinlandsprodukt letztes Jahr um 8,3 Prozent zulegte, rechnet die Regierung für 2005 mit mindestens 5,5 Prozent. Der Benchmark-Index des Landes der BET 10 liegt dieses Jahr auf Euro-Basis mit 12,51 Prozent im Plus und verdoppelte sich im vergangenen Jahr, was ihn zum Index mit der drittbesten Performance unter 80 von Bloomberg News verfolgten Leitindizes machte.
Rating soll besser werden
Zudem will Standard & Poor's die Bonität auf Investmentstufe heraufsetzen. Eine Anhebung von zur Zeit "BB+" um eine Stufe dürfte in den nächsten zwölf Monaten erfolgen, erklärte S&P- Analyst Moritz Kraemer in London. Das wird die Aktienkurse weiter nach oben treiben. Denn da viele Fonds lediglich in Unternehmen auf Investmentgradstufe investieren, ist ein größeres Interesse an rumänischen Aktien und damit verbunden auch eine steigende Nachfrage nach Leu vorprogrammiert.
Bereits jetzt ist das Interesse im Ausland so groß wie nie. Internationale Banken wie die Deutsche Bank und UniCredito sind an der Übernahme der Banca Comerciala Romana, der größten Bank des Landes, interessiert, gab Finanzminister Ionut Popescu bekannt. Für Casa de Economii si Consemnatiuni, die größte Sparkasse des Landes, steht ein weiteres Dutzend Interessenten Schlange.
"Rumänien ist definitiv ein sehr wichtiges Ziel, weil es der letzte große Markt in der Region ist, der noch übrig ist", sagt Manfred Wimmer, zuständig für die Strategie bei Erste Bank, der nach Bilanzsumme zweitgrößten österreichischen Bank, die ebenfalls die Casa de Economii kaufen will. "Wir haben noch einen weiten Weg vor uns, um diesen Markt zu betreten."
Text: Bloomberg
Bildmaterial: Bloomberg, AP
Das belastet zwar bereits den Export, doch ein Wirtschaftswachstum von über acht Prozent, eine Verdoppelung der Direktinvestitionen auf 4,1 Milliarden Euro und eine boomende Börse sind für Wirtschaftsexperten erfreulichen Signale.
"Der Weg zur EU-Mitgliedschaft ist mit einigen Anfangsschwierigkeiten gepflastert", sagt Paul McNamara, Vermögensverwalter bei Julius Baer Investment Management in London. "Der Kapitalzufluß nach Rumänien wird zunehmen und an die damit einhergehenden Probleme müssen sie sich erst gewöhnen." McNamara geht davon aus, daß der Leu im Vorfeld des Beitritts zum weltgrößten Handelsblock weiter zulegen wird.
Exportunternehmen spüren die aufwertende Währung
Leudtragende sind die exportorientierten Unternehmen: Der Auslandsumsatz von Uzinsider Engineering, einem Zulieferer von General Electric und Siemens, ging in den vergangenen sieben Monaten wertmäßig um mehr als 1,6 Millionen Euro zurück. Auch Electroaparataj, ein Hersteller von Elektronikteilen sieht genauso wie die Möbelindustrie des Landes die Auslandsgeschäfte belastet. In einer Umfrage der Group for Applied Economics im Mai erklärten 60 Prozent der 170 befragten Unternehmen, ihre Wettbewerbsfähigkeit sei durch den starken Leu gesunken. Nur 21 Prozent gaben an, davon zu profitieren.
Selbst die Ablehnung der EU-Verfassung durch Frankreich und die Niederlande konnte den Siegeszug des Leu nicht stoppen: Er erreichte am 9. Juni 36.163 Leu je Euro, verglichen mit 36.283 Leu vor den beiden Abstimmungen. Am 1. November hatte die Währung, die übersetzt "Löwe" bedeutet, bei 40.766 Leu notiert. Für die vergangenen zwölf Monate weist der Leu die siebtbeste Performance gegenüber Euro und Dollar auf, nach Währungen wie dem brasilianischen Real und dem kolumbischen Peso.
Reformtempo verlangt viel
Reformen des Währungssystems stehen bevor: Am 1. Juli wird die Regierung die letzten vier Stellen der Währung streichen, so daß eine Million Leu nach der Umstellung 100 Leu entsprechen werden. Bis spätestens Ende nächsten Jahres muß außerdem als Voraussetzung für den EU-Beitritt jede Umtauscheinschränkung wegfallen.
"Was uns zu schaffen macht, ist nicht unbedingt der stärkere Leu, sondern das Tempo, in dem der Anstieg vor sich geht", erklärt Constantin Savu, der Vorstandschef von Uzinsider. Durch den Anstieg der Währung sind die Gewinnmargen der Unternehmen geschrumpft. In der Möbelbranche, die drei Viertel ihrer Produktion ins Ausland liefert, fielen in den ersten beiden Monaten des Jahres 5.000 der insgesamt 100.000 Stellen weg. Weitere 15 Prozent werden bis Ende Juni abgebaut, sollte der Leu nicht wieder fallen, erläutert Aurel Rizea, der Präsident des Branchenverbands Association of Furniture Producers in Bukarest.
Zinssenkungen sollen die Aufwertungsgeschwindigkeit bremsen
Um etwas Druck von den Unternehmen zu nehmen und Spekulationen mit der Währung zu verhindern, hat die Zentralbank die Leitzinsen auf 12,5 Prozent gesenkt und verstärkt Euro für Leu gekauft. In den vergangenen 18 Monaten sind die Finanzierungskosten um fast neun Prozentpunkte gefallen, so daß auch die Kreditkosten der Unternehmen zurückgingen.
Das Interesse an Rumänien ist groß. Die Direktinvestitionen haben sich auf 4,1 Milliarden Euro verdoppelt. Nachdem das Bruttoinlandsprodukt letztes Jahr um 8,3 Prozent zulegte, rechnet die Regierung für 2005 mit mindestens 5,5 Prozent. Der Benchmark-Index des Landes der BET 10 liegt dieses Jahr auf Euro-Basis mit 12,51 Prozent im Plus und verdoppelte sich im vergangenen Jahr, was ihn zum Index mit der drittbesten Performance unter 80 von Bloomberg News verfolgten Leitindizes machte.
Rating soll besser werden
Zudem will Standard & Poor's die Bonität auf Investmentstufe heraufsetzen. Eine Anhebung von zur Zeit "BB+" um eine Stufe dürfte in den nächsten zwölf Monaten erfolgen, erklärte S&P- Analyst Moritz Kraemer in London. Das wird die Aktienkurse weiter nach oben treiben. Denn da viele Fonds lediglich in Unternehmen auf Investmentgradstufe investieren, ist ein größeres Interesse an rumänischen Aktien und damit verbunden auch eine steigende Nachfrage nach Leu vorprogrammiert.
Bereits jetzt ist das Interesse im Ausland so groß wie nie. Internationale Banken wie die Deutsche Bank und UniCredito sind an der Übernahme der Banca Comerciala Romana, der größten Bank des Landes, interessiert, gab Finanzminister Ionut Popescu bekannt. Für Casa de Economii si Consemnatiuni, die größte Sparkasse des Landes, steht ein weiteres Dutzend Interessenten Schlange.
"Rumänien ist definitiv ein sehr wichtiges Ziel, weil es der letzte große Markt in der Region ist, der noch übrig ist", sagt Manfred Wimmer, zuständig für die Strategie bei Erste Bank, der nach Bilanzsumme zweitgrößten österreichischen Bank, die ebenfalls die Casa de Economii kaufen will. "Wir haben noch einen weiten Weg vor uns, um diesen Markt zu betreten."
Text: Bloomberg
Bildmaterial: Bloomberg, AP