Börsenboom beschert Spitzen-Weinen Preisrekorde
Edle Tropfen aus dem Bordelais verteuern sich um rund 300 Prozent. Als ein solcher Run auf die edlen Roten das letzte Mal zu beobachten war, standen die Aktienmärkte vor dem größten Abschwung der vergangenen Dekaden.
Berlin - Wenn die Preise großer Bordeauxweine einen Indikator für die Finanzmärkte abgeben, dann sollten Börsianer langsam etwas unruhig werden. Dieses Jahr sind die roten Spitzentropfen aus Südwestfrankreich nicht nur so teuer wie nie zuvor, vielmehr verzeichneten sie auch Preiszuwächse von durchschnittlich 55 Prozent zum Vorjahr. Als ein solcher Run auf die edlen Roten das letzte Mal zu beobachten war - nämlich vor fünf Jahren - standen die weltweiten Aktienmärkte vor dem größten Abschwung der vergangenen Dekaden.
"Oberflächlich betrachtet ist es diesmal genauso wie 2000 - eine jahrelange Hausse an den Börsen geht einher mit Höchstpreisen bei den französischen Spitzengewächsen", sagt Frank Schallenberger, Stratege bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und Kenner des Weinmarkts. "Je höher weltweit die Aktienmärkte steigen, desto bereitwilliger stecken zu Wohlstand gekommene Finanzmarktakteure ihr Geld auch in edle Tropfen." Sei es zur Diversifizierung oder einfach deshalb, weil man sich die renommierten Bouteillen mit dem beeindruckenden Etikett jetzt leisten könne.
So schlägt eine Flasche Mouton Rothschild in der Subskription (also im Vorausverkauf ab Weingut) derzeit mit rund 500 Euro zu Buche. Der Jahrgang 2004 war in der Subskription noch für rund 130 Euro zu haben. Das berühmte Château ist alles andere als ein Einzelfall. Auch andere renommierte Weingüter konnten dieses Jahr exorbitante Preissteigerungen von bis zu 329 Prozent durchsetzen. Die Gründe für die hochschnellenden Preise sind vielfältig: "Der Jahrgang 2005 dürfte einer der besten der vergangenen Jahrzehnte sein", kommentiert Armin Diel, Herausgeber des maßgeblichen deutschen Weinführers "WeinGuide". Auch andere Kenner des Weinmarkts sprechen von einem außergewöhnlichen Jahrgang. Der extrem einflussreiche amerikanische Weinkritiker Robert Parker ist für den 2005er mit Höchstnoten so freigebig wie selten. Doch die durch eine Kombination vorteilhaften Wetters (trockener Sommer, schöner Herbst) zustande gekommene Güte des 2005ers ist nicht der einzige Grund: "Neue Kundenkreise aus Fernost sind dabei, Wein mehr und mehr als Luxusgut zu entdecken", sagt Diel. Dafür seien die edlen Tropfen aus Südwestfrankreich besonders geeignet, da diese als Kultobjekte weltweites Prestige genössen.
Für Schallenberger hat die Explosion der Bordeaux-Preise mit dem Börsenboom zu tun: "Wenn Nikkei, Dow Jones und Dax noch auf den gleichen niedrigen Niveaus herumkrauchen würden wie 2003, wären derartige Spitzenpreise auch für einen sehr guten Jahrgang wie 2005 kein Thema", so der Stratege, "das nötige Kleingeld muss erst mal da sein."
Beobachter fragen indessen, wie viel Spekulation in den jetzigen Auswüchsen - ähnlich wie beim Aktien- und Rohstoffmarkt - steckt. Zwar verzehnfachten sich ältere Jahrgänge von Spitzenweinen aus dem Bordelais (Premier Crus) in den zurückliegenden 15 Jahren im Wert. Jedoch stellt sich die Frage, ob der Bogen nicht bereits überspannt ist. Viele Kenner der Materie halten einen späteren Absturz der Preise für möglich, falls sich der erst 2008 zur Auslieferung anstehende 2005er in der Flasche nicht so gut entwickelt wie erwartet oder den Wohlhabenden die Trinklust bis dahin ergeht. Auch Diel ist skeptisch, ob es sich lohnt, auf diesem Niveau noch auf spekulative Gewinne zu setzen: "Angesichts der gepfefferten Preise sollten reine Spekulanten vielleicht besser die Finger davon lassen."
Weinliebhaber, denen es darum geht, edle Tropfen zu trinken und nicht in erster Linie damit Geld zu machen, haben übrigens eine Alternative zum teuren 2005er: Flaschen des hoch gerühmten Spitzenjahrgangs 2000 sind vielfach günstiger - und haben den Vorteil, schon jetzt trinkbar zu sein.
Artikel erschienen am 13.09.2006
Edle Tropfen aus dem Bordelais verteuern sich um rund 300 Prozent. Als ein solcher Run auf die edlen Roten das letzte Mal zu beobachten war, standen die Aktienmärkte vor dem größten Abschwung der vergangenen Dekaden.
Berlin - Wenn die Preise großer Bordeauxweine einen Indikator für die Finanzmärkte abgeben, dann sollten Börsianer langsam etwas unruhig werden. Dieses Jahr sind die roten Spitzentropfen aus Südwestfrankreich nicht nur so teuer wie nie zuvor, vielmehr verzeichneten sie auch Preiszuwächse von durchschnittlich 55 Prozent zum Vorjahr. Als ein solcher Run auf die edlen Roten das letzte Mal zu beobachten war - nämlich vor fünf Jahren - standen die weltweiten Aktienmärkte vor dem größten Abschwung der vergangenen Dekaden.
"Oberflächlich betrachtet ist es diesmal genauso wie 2000 - eine jahrelange Hausse an den Börsen geht einher mit Höchstpreisen bei den französischen Spitzengewächsen", sagt Frank Schallenberger, Stratege bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und Kenner des Weinmarkts. "Je höher weltweit die Aktienmärkte steigen, desto bereitwilliger stecken zu Wohlstand gekommene Finanzmarktakteure ihr Geld auch in edle Tropfen." Sei es zur Diversifizierung oder einfach deshalb, weil man sich die renommierten Bouteillen mit dem beeindruckenden Etikett jetzt leisten könne.
So schlägt eine Flasche Mouton Rothschild in der Subskription (also im Vorausverkauf ab Weingut) derzeit mit rund 500 Euro zu Buche. Der Jahrgang 2004 war in der Subskription noch für rund 130 Euro zu haben. Das berühmte Château ist alles andere als ein Einzelfall. Auch andere renommierte Weingüter konnten dieses Jahr exorbitante Preissteigerungen von bis zu 329 Prozent durchsetzen. Die Gründe für die hochschnellenden Preise sind vielfältig: "Der Jahrgang 2005 dürfte einer der besten der vergangenen Jahrzehnte sein", kommentiert Armin Diel, Herausgeber des maßgeblichen deutschen Weinführers "WeinGuide". Auch andere Kenner des Weinmarkts sprechen von einem außergewöhnlichen Jahrgang. Der extrem einflussreiche amerikanische Weinkritiker Robert Parker ist für den 2005er mit Höchstnoten so freigebig wie selten. Doch die durch eine Kombination vorteilhaften Wetters (trockener Sommer, schöner Herbst) zustande gekommene Güte des 2005ers ist nicht der einzige Grund: "Neue Kundenkreise aus Fernost sind dabei, Wein mehr und mehr als Luxusgut zu entdecken", sagt Diel. Dafür seien die edlen Tropfen aus Südwestfrankreich besonders geeignet, da diese als Kultobjekte weltweites Prestige genössen.
Für Schallenberger hat die Explosion der Bordeaux-Preise mit dem Börsenboom zu tun: "Wenn Nikkei, Dow Jones und Dax noch auf den gleichen niedrigen Niveaus herumkrauchen würden wie 2003, wären derartige Spitzenpreise auch für einen sehr guten Jahrgang wie 2005 kein Thema", so der Stratege, "das nötige Kleingeld muss erst mal da sein."
Beobachter fragen indessen, wie viel Spekulation in den jetzigen Auswüchsen - ähnlich wie beim Aktien- und Rohstoffmarkt - steckt. Zwar verzehnfachten sich ältere Jahrgänge von Spitzenweinen aus dem Bordelais (Premier Crus) in den zurückliegenden 15 Jahren im Wert. Jedoch stellt sich die Frage, ob der Bogen nicht bereits überspannt ist. Viele Kenner der Materie halten einen späteren Absturz der Preise für möglich, falls sich der erst 2008 zur Auslieferung anstehende 2005er in der Flasche nicht so gut entwickelt wie erwartet oder den Wohlhabenden die Trinklust bis dahin ergeht. Auch Diel ist skeptisch, ob es sich lohnt, auf diesem Niveau noch auf spekulative Gewinne zu setzen: "Angesichts der gepfefferten Preise sollten reine Spekulanten vielleicht besser die Finger davon lassen."
Weinliebhaber, denen es darum geht, edle Tropfen zu trinken und nicht in erster Linie damit Geld zu machen, haben übrigens eine Alternative zum teuren 2005er: Flaschen des hoch gerühmten Spitzenjahrgangs 2000 sind vielfach günstiger - und haben den Vorteil, schon jetzt trinkbar zu sein.
Artikel erschienen am 13.09.2006