4investors.com (21.05.2003) Wasser im Übernahmewein
Die Übernahme des Flügelbauers SSP ist zwar durchaus ein attraktiver Schritt zum Technologie-Anbieter, der aber auch Kritikpunkte birgt.
Mit einem deutlichen Kursrückgang quittierte die Plambeck-Aktie die Meldung über die Akquisition des dänischen Unternehmens SSP Technology. Dabei ist sicherlich nicht nur der Kauf einer der Gründe für den Rückgang, auch charttechnische Aspekte setzen dem Anteilsschein des Windpark-Projektieres zu. Nachdem der Kurs wiederholt vergeblich versucht hatte, die Widerstandszone zwischen 4,25 und 4,30 Euro zu nehmen, geht es nun in die entgegengesetzte Richtung.
Sicherlich spielen aber auch Unsicherheiten bezüglich der kommenden Ausrichtung der Plambeck Neue Energien AG (PNE) eine Rolle bei dem heutigen Kursrückgang im schwachen Marktumfeld. Mit der Übernahme der SSP vollzieht Plambeck den Schritt zum Technologie-Wert im Windenergie-Sektor. War man bisher hier lediglich Projektierer, positioniert sich das Cuxhavener Unternehmen nun zusätzlich als Komponentenanbieter in einem Bereich, der in der Branche als schwierig und kostenintensiv gilt. Dennoch gibt sich das Unternehmen positiv. Die neue Tochter habe eine innovative Technologie entwickelt, die eine kostengünstigere Produktion von Flügeln für Windenergieanlagen ermögliche. Gleichzeitig sollen die Flügel aufgrund verbesserter aerodynamischer Aspekte eine Steigerung der Leistungsfähigkeit für Windenergieanlagen bringen.
Die Technologie ist entwickelt, SSP hat mit der Produktion von 34-Meter-Flügeln begonnen, die in der zurzeit stark nachgefragten Anlagenklasse zwischen 1,5 und 1,8 Megawatt auf Interesse stoßen dürften. Erste Auslieferungen sollen im dritten Quartal des Jahres erfolgen. Laut Aussage des Unternehmenssprechers Rainer Heinsohn gegenüber www.4investors.de ist der Absatz für die kommenden beiden Jahre bereits gesichert. Längere Flügel, die letztendlich an Turbinen im Multi-Megawatt-Bereich montiert werden dürften, sind in der Entwicklung. Genaue Planungen zu Umsatz und Ergebnis oder der Produktionskapazität macht Plambeck nicht. Das Unternehmen spricht lediglich von der Erwartung erheblicher Umsätze und Ergebnisse, die SSP beitragen soll.
Ist der Schritt zum Technologieanbieter letztlich – sofern sich die SSP-Technologie tatsächlich durchsetzt - eine durchaus positiv zu interpretierende Entscheindung der Cuxhavener, stoßen die Umstände der Übernahme durchaus auf Kritik. Der Kaufpreis für 50,1 Prozent der SSP-Anteile wird über eine Kapitalerhöhung aus genehmigten Kapital beglichen. Rund 5,5 Mio. Aktien gehen an die SSP-Alteigentümer – neben dem SSP-Management ist dies auch die Plambeck Holding AG, das Unternehmen des PNE-Aufsichtsratschefs Norbert Plambeck.
Die Aktien werden laut Heinsohn dabei mit dem Durchschnittskurs der vergangenen drei Monate bewertet. Der 60-Tage-Schnitt liegt derzeit nur knapp oberhalb der aktuellen Kursnotiz, sodass von einem Preis von grob gerechnet 25 Mio. Euro für 50,1 Prozent der SSP-Anteile ausgegangen werden muss. Grundlage der Übernahme ist laut Angaben von Plambeck eine externe, unabhängige Unternehmensbewertung. Die jungen Aktien seien mit einer zweijährigen Lockup-Frist versehen, sagt Heinsohn gegenüber www.4investors.de.
Letztlich sind die Auswirkungen des Deals auf Umsatz und Ertrag von PNE in den kommenden Jahren kaum zu beziffern, solange die Cuxhavener keine Angaben zu den Planungen und Produktionskapazitäten bei SSP machen. So lassen sich letztlich auch keine Aussagen über die Bewertung der Tochter treffen. Umso mehr stößt daher ein anderer Punkt bei der Transaktion auf: Die massive Verwässerung infolge der umfangreichen Kapitalerhöhung.
5,5 Mio. Aktien werden neu emittiert, sodass die „neue“ PNE aus rund 19 Mio. Aktien bestehen wird. Damit verwässert sich das Eigenkapital je Aktie massiv. Dies liegt zurzeit bei rund 12,50 Euro je Aktie, basierend auf den Zahlen der Bilanz zum ersten Quartal 2003. Vorausgesetzt, das Kapital wird wie errechnet gegen Sacheinlage um 25 Mio. Euro erhöht, ergibt ich nach der Transaktion ein anderes Bild: Pro Aktie wäre das Eigenkapital dann um rund 20 Prozent abgeschmolzen und läge nur noch bei rund 10,20 Euro. Auch die Gewinnerwartungen für 2003 werden zu einem hohen Prozentsatz verwässert. Eine weitere Verwässerung bringt zusätzlich die angekündigte Ausgabe von Aktien als „Dividende“ für 2002 im Verhältnis 20:1. Vor diesem Hintergrund sind deutliche Rücknahmen der Gewinnschätzungen je Aktie für 2003 von Analystenseite zu erwarten. Dadurch relativiert sich auch das derzeit noch optisch günstige KGV.
Auch die deutliche Aufstockung des Anteils, den Aufsichtsratschef Norbert Plambeck direkt oder indirekt über die Plambeck Holding AG hält, dürfte den ein oder anderen irritieren. Hält Plambeck bislang rund 31 Prozent der PNE-Aktien, davon gut 9 Prozent der PNE-Aktien direkt. Nach Beendigung der Transaktion wird der Anteil des Aufsichtsratschefs bei rund 46 Prozent liegen. Bei so viel Wasser im Wein ist ein Kursabschlag schon verständlich.