Samstag, 14. Juni 2008
War es Spekulation?
Ölpreis auf dem Prüfstand
Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Internationale Energieagentur (IEA) sollen die Rolle von Spekulationen beim Anstieg der Ölpreise überprüfen. Darauf verständigten sich die Finanzminister der sieben größten Industrieländer und Russlands (G8) zum Abschluss zweitägiger Beratungen im japanischen Osaka.
Man habe "intensiv" über den möglichen Anteil von Spekulationen auf die Energiepreisentwicklung gesprochen, sagte Finanzstaatssekretär Thomas Mirow. "Das Problem ist, alle haben den Eindruck, das spielt eine Rolle. Niemand kann es wirklich greifen und quantifizieren."
Ehe Schlussfolgerungen gezogen würden, "muss man erstmal wissen, was Sache ist", sagte Mirow nach Abschluss der Beratungen zu Journalisten. Daher seien IWF und IEA beauftragt worden, diese Frage genau zu analysieren. Bei der Jahrestagung des IWF im Oktober soll es dazu einen Bericht geben. Es habe bei der Finanzministertagung in Osaka keine Debatte über eventuelle wirtschaftspolitische Maßnahmen gegeben, sagte Mirow. Erstmal müsse man ein genaueres Bild haben. In ihrer gemeinsamen Abschlusserklärung forderten die G8-Finanzminister die Ölförderländer zu einer Aufstockung ihrer Produktion auf.
Die steigenden Rohstoff- und Nahrungsmittelpreise stellten weltweit eine "ernste Herausforderung für stabiles Wachstum" dar und könnten einen globalen Inflationsdruck verstärken. Zudem könnten die Ölmärkte durch "größere Transparenz und Verlässlichkeit bei Marktdaten einschließlich Ölvorräten" effizienter gemacht werden. Das gelte auch für die Höhe der in den Markt fließenden Finanzmittel.
Bitte Ölhahn aufdrehen
Die G-8 appellierten in ihrer Abschlusserklärung an "alle Förderländer, die Produktion zu erhöhen und in die Raffineriekapazitäten zu investieren", um den weltweiten Preisauftrieb abzubremsen. Der Ölpreis war Ende vergangener Woche auf fast 140 Dollar pro Fass (159 Liter) geklettert. Der IWF und die IEA sollten die "realen und finanziellen Faktoren" für den hohen Ölpreis und die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft untersuchen, hieß es in der Erklärung weiter. Die Gründe für den Preisanstieg seien nicht klar, sagte IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn. "Wir brauchen eine Untersuchung, um diese Frage zu beantworten." Der IWF will den Bericht bei seiner nächsten Vollversammlung im Oktober vorlegen.
US-Finanzminister Henry Paulson sagte, Spekulationen seien seiner Ansicht nach nicht der Grund für die Preisexplosion. Vielmehr deuteten "alle Anzeichen" darauf hin, dass die große Nachfrage und geringe Fördermengen den Preis für Öl in die Höhe betrieben hätten. Grund für den gestiegenen Ölpreis sei, dass es seit zehn Jahren keine bedeutende Erhöhung der Ölförderung gegeben habe. "Finanzinvestoren schaffen meiner Erfahrung nach keine Trends. Sie folgen vielleicht Trends", sagte Paulson. Im Interesse der USA sei zudem ein starker Dollar. Der hohe Ölpreis wird durch den niedrigen Kurs der US-Währung angetrieben.
Nachfrage schrumpft Die OPEC erwartet im zweiten Halbjahr wegen der hohen Ölpreise eine geringere Nachfrage für Rohöl vor allem in den westlichen Industriestaaten, die nicht vom höheren Verbrauch der Entwicklungsländer ausgeglichen wird. Das geht aus dem Monatsbericht der Organisation Erdöl exportierender Länder hervor. Sie deckt sich weitgehend mit denen der Internationalen Energiebehörde (IEA) und dem US-Energieministerium.
Die OPEC erwartet, dass die Rohölnachfrage statt wie bisher angenommen um 1,35 nur noch um 1,28 Prozent steigen wird. Das macht in der täglichen Förderung einen Unterschied von 60.000 Barrel (Fass zu je 159 Liter) aus. Ursache sei neben den rasant gestiegenen Energiepreisen auch die nachlassende Konjunktur in den Industriestaaten.
Die massiven Preisausschläge von bis zu zehn Dollar am Tag deutete die OPEC als Bestätigung ihrer Einschätzung, dass die hohen Preise derzeit "nicht die Realität von Angebot und Nachfrage reflektieren". Auch die OPEC weist dabei auf den "spekulativen Druck" hin. "Eine Prüfung der Aussichten für das verbleibende Jahr ergibt wenig Unterstützung dafür, dass die Preise auf dem gegenwärtigen Niveau bleiben", hieß es in dem OPEC-Monatsbericht. In New York wurde am Freitag 134,90 Dollar für das Barrel Öl gezahlt, 1,84 Dollar weniger als am Vortag.
http://www.n-tv.de/979551.html
"Malo mori quam foederari - Lieber sterben als sich entehren"