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Neuer Markt - Auflösungserscheinungen
Im Juli forderte der Deutsche Schutzververeinigung für Wertpapierbesitz (DSW) die Auflösung von mediantis [ Kurs/Chart ], "da die Bargeldbestände höher sind als die Börsenbewertung". Wenn das beim Börsengang eingesammelte Geld "nicht sinnvoll investiert werden kann, muss man es den Anlegern zurückgeben", hieß es damals. Nun hat es mediantis vorgemacht und das operative Geschäft verkauft - doch wer ist der nächste? Dieser Frage ist Stock-World nachgegangen.
Bei mediascape [ Kurs/Chart ] verhält es sich auf den ersten Blick ähnlich: Der Bestand an Wertpapieren und flüssigen Mitteln liegt aktuell bei rund 40 Millionen Euro, während der Börsenwert lediglich 9,27 Millionen Euro beträgt.
Sophie Lindemann, die Investor Relations-Managerin des Unternehmens, versicherte Stock-World, dass ein Verkauf der Gesellschaft nicht zur Debatte steht. "Wer sollte mediascape als Ganzes kaufen?", sagte die Managerin auf Nachfrage. "Die einzigen Unternehmen, die für einen Kauf in Frage kämen, wären QSC und die Deutsche Telekom. Und die dürften strategisch kein Interesse haben", erklärte Lindemann. Auch eine feindliche Übernahme schließt sie aus, allein schon wegen der Aktionärsstruktur. "Der Freefloat liegt bei gerade mal 23 Prozent, und die Vorstände haben nicht vor, ihre Anteile abzugeben", stellt die IR-Managerin klar.
Sie befürchtet auch nicht, dass der DSW mit einer Auflösungs-Forderung wie bei mediantis vorstellig wird: "Zum einen ist dafür der Freefloat-Anteil - wie schon gesagt - zu gering. Zum anderen haben wir zum Börsengang kommuniziert, dass der Breakeven erst 2003 erreicht werde." Lindemann spricht damit auf die derzeit noch anfallenden Verluste an, die sich aus den hohen Investitionen ergeben. Im Verhältnis zu den flüssigen Mitteln sind die Quartalsverluste - zuletzt rund vier Millionen Euro - allerdings sehr moderat.
Nicht ausschließen möchte sie aber eine strategische Partnerschaft: "Da sind wir jederzeit gesprächsbereit, zurzeit bahnt sich aber nichts an". Insgesamt sieht sie mediascape als "gut positioniert" an. "Bei einem möglichen Gespräch sind wir in der stärkeren Position", ergänzt Sophie Lindemann. Sie verweist abschließend darauf, dass "man nicht immer nur den Börsenwert eines Unternehmens" als Maßstab nehmen sollte. "Auch die innovative Technologie und die Tatsache, dass wir bisher immer unsere Planzahlen erfüllt haben, sind zu beachten", so die Sprecherin.
Weitere Auflösungs-Kandidaten
Auch bei Heiler Software [ Kurs/Chart ] denkt man "ganz und gar nicht" über einen Verkauf des Geschäfts nach. "Wir sehen uns mit unserem Geschäftsmodell, dem elektronischen Katalog, auf dem richtigen Weg, den Markt aus eigener Kraft zu erobern", erklärt IR-Manager Torsten Schüssler. Er räumt ein, dass das Geschäftsmodell zwar noch in der Entwicklung stecke, jedoch "haben uns Kunden wie RWE oder DEA bereits ihr Vertrauen geschenkt". Bisher gab es auch noch keine Anzeichen, dass Heiler übernommen werden könnte.
Die Entwicklung des Aktienkurses seit dem IPO am 07.11.2000 - seitdem verlor der Titel 89 Prozent an Wert - gibt allerdings wenig Grund zum Optimismus. Auch musste die AG erst in der vergangenen Woche ihre Ergebniserwartung für das Geschäftsjahr 2000/01 (bis 30. September) von minus 4,0 auf minus 5,9 Millionen Euro reduzieren. Bei einer weiteren Negativentwicklung könnte hier von Aktionärseite schnell die Frage nach einer Unternehmensauflösung aufkommen. Aktuell hat Heiler rund 26 Millionen Euro auf der hohen Kante, der Börsenwert liegt gleichzeitig bei 9,7 Millionen Euro.
Buch.de [ Kurs/Chart ], wie mediantis im Online-Buchhandel tätig, denkt ebenfalls nicht über eine Geschäftsaufgabe nach. "Über eine Auflösung der Gesellschaft wird bei uns nicht diskutiert," sagt der Vorstand Gerald Winter im Gespräch mit Stock-World. "Buch.de ist mit mediantis ohnehin nicht direkt vergleichbar. Wir haben von Beginn an mit dem stationären Buchhandel zusammengearbeitet. Über unsere Partnerschaft mit der Buchhandlung Thalia (bisher Phönix), die zur Douglas-Gruppe gehört, verfügen wir über bessere Einkaufskonditionen als unsere Wettbewerber."
Winter sieht daher die Planungen vom Börsengang, die den Break-Even für 2002 vorsahen, als nicht gefährdet an. "Wir halten unseren Plan ein." Nach den dramatischen Kursverlusten am Aktienmarkt und der unter dem Cash-Bestand liegenden Börsenbewertung von buch.de zeigt der Vorstand teilweise Verständnis für die Forderungen der Aktionärschützer. Allerdings müsse eine Schließung auch finanziert werden. "Wir glauben, dass eine erfolgreiche Fortführung unseres Konzepts unseren Aktionären mehr nutzt als eine Geschäftsaufgabe."
"Kriminelles Umfeld"
Ihren Focus auf die Auflösungskandidaten hat auch die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) gelegt. Markus Straub, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der SdK, bestätigte gegenüber Stock-World, dass man sich mit der Thematik beschäftigt: "Wir sind für das Geld der Aktionäre zuständig, also ist unsere Position klar". Der SdK sind vor allem ad pepper [ Kurs/Chart ] und CAA [ Kurs/Chart ] aufgefallen. "Das Geschäftsmodell von ad pepper ist überholt und defizitär. CAA hat durch sein kriminelles Umfeld jegliche Glaubwürdigkeit restlos verspielt", erläutert Straub.
Das die betroffenen Unternehmen einen möglichen Verkauf ihres Geschäfts dementieren, ist nur logisch: "Das würde nur Unruhe erzeugen", sagt der SdK-Vorstand. Von Seiten der Schutzgemeinschaft tritt man durchaus an die AGs heran und weist diese auf die Möglichkeit des Verkaufs hin, doch konkrete Beispiele will Straub nicht nennen. "Eigentlich sollte der Vorschlag aber von der Gesellschaft selber stammen", ergänzt er.
Fazit:
Offenbar gibt es derzeit keine Nachahmer für mediantis, eine Welle an Geschäftsauflösungen am Neuen Markt steht nicht bevor. Allerdings hat auch der Vorstand von mediantis im Sommer die Forderungen über eine Geschäftsaufgabe abgelehnt. Ende Oktober darf eine außerordentliche Hauptversammlung über die Auflösung des Online-Buchhändlers befinden. Bis Mitte 2002 soll das Unternehmen aufgelöst und der Börsenmantel wenn möglich verkauft werden.
Vielleicht ändern angesichts der ständig weiter einbrechenden Aktienkurse auch andere Neuer Markt-Unternehmen ihre Meinung und folgen dem Beispiel von mediantis doch noch.
© 24.09.2001 www.stock-world.de