Von CW-Redakteur Martin Bayer.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Mit dem Kauf von Navision verstärkt Microsoft seine Anstrengungen im Bereich Unternehmenssoftware. Allerdings wird der Erfolg davon abhängen, wie schnell und schlüssig das neue Unternehmen die Produktpalette konsolidieren und auf die .NET-Plattform hieven kann. Die Konkurrenz bleibt vordergründig gelassen und glaubt nicht an schnelle Änderungen.
"Vor zehn Jahren haben Office-Produkte geholfen, die Windows-Plattform zu definieren. Jetzt sollen Business-Applikationen wie von Navision zum Meilenstein für die .NET-Welt werden." Mit dieser Aussage legt Doug Burgum, Chef der Microsoft Business Solutions Division, die Latte für den Erfolg seiner Geschäftseinheit hoch. Ziel sei es, kleinen und mittleren Unternehmen komplette Geschäftslösungen anzubieten.
Nach Einschätzung von Microsoft-Boss Steve Ballmer nutzten in diesem Segment bislang nur wenige Firmen das technisch Machbare aus. Deshalb sei der Markt für Enterprise Resource Planning (ERP) wichtig für den Softwarekonzern aus Redmond. Für Jesper Balser, einen der beiden CEOs von Navision, bedeutet der Deal den Ausbau der eigenen Marktposition. Man hätte zwar versuchen können, diesen Weg allein zu gehen. Besser sei es jedoch, sich mit jemanden zu verbünden, der die gleichen Visionen verfolge, erläutert der Däne die gemeinsamen Ziele.
Microsofts Europa-Chef Jean-Phil
Microsoft lässt sich diese gemeinsamen Visionen 1,4 Milliarden Euro kosten. Die Anteilseigner von Navision haben die Möglichkeit, ihre Papiere gegen Bargeld oder Microsoft-Aktien einzutauschen. Nach den Börsenregeln können die Redmonder mit über 90 Prozent der Navision-Papiere die Kontrolle über das Unternehmen gewinnen. Die fünf Gründer des ERP-Spezialisten, die zusammen einen Anteil von 56 Prozent halten, haben dem Geschäft bereits zugestimmt und werden ihre Anteile gegen Microsoft-Aktien eintauschen. Die Verantwortlichen auf beiden Seiten gehen davon aus, dass der Deal bis zum August offiziell abgeschlossen sein wird.
Mit der Übernahme soll Navision wie zuvor bereits Great Plains ein Teil von Microsoft Business Solutions werden. Das dänische Hauptquartier dient künftig als Entwicklungszentrum und Operationsbasis für Europa, den mittleren Osten und Afrika (EMEA). Nach Angaben Microsofts wäre der Standort südlich der dänischen Hauptstadt Kopenhagen das größte Entwicklungszentrum außerhalb der USA. Die beiden CEOs von Navision sollen nach den bisher bekannten Plänen in die neue Organisation mit eingebunden werden: Jesper Balser als Direktor für den Bereich Globale Strategie und Preben Damgaard als Leiter des Geschäfts von Microsoft Business Solutions in der Region EMEA.
Außer diesen Details kann das neue Dreigestirn am ERP-Himmel bestehend aus Microsoft, Great Plains und Navision jedoch nur mit wenig Konkretem aufwarten. Vor allem die Frage, wie das künftige Geschäft aussehen soll, bleibt unbeantwortet. "Das würde mich auch interessieren", kritisiert der deutsche Great-Plains-Chef Thilo Roetger die Vorgehensweise die Firmenbosse. Die Planung, wie das Ganze in den einzelnen Regionen umgesetzt werden könne, fange im Grunde jetzt erst an. Allerdings müssten alle Beteiligten schnell daran arbeiten, um Unsicherheiten bei Kunden, Partnern und Angestellten auszuräumen.
Der deutsche Navision-Geschäftsführer Lars Damsgaard Andersen versucht, aufkommende Zweifel im Umfeld des neuen Unternehmens auszuräumen. "Wir haben eine Verpflichtung unseren Partnern und Kunden gegenüber. Deshalb werden alle aktuellen Produkte weitergeführt", erklärt der dänische Statthalter in Deutschland. Nach Einschätzung von Helmuth Gümbel, Analyst bei Strategy Partners, mache die Übernahme allerdings nur dann Sinn, wenn die verschiedenen Produkte auf eine einheitliche Basis gestellt werden. Hier habe Microsofts Business Solutions Division noch einige Hausaufgaben zu erledigen.
Neben den alten Great-Plains- und Damgaard-Produkten müssten das neue "E-Enterprise" von Great Plains sowie die Navision-Lösungen unter einen Hut gebracht werden. Mit der Konsolidierung von Produktlinien gerade im ERP-Umfeld hätten allerdings bisher alle Firmen ihre Schwierigkeiten gehabt. Microsoft, das bis dato keine Erfahrung in diesem Umfeld vorweisen könne, dürfte keine Ausnahme bilden. Deshalb werde es nach Einschätzung Gümbels noch eine Weile dauern, bis eine gemeinsame Produktlinie auf .NET-Basis geschaffen sei.
Diese Einschätzung teilt Rüdiger Spiess von der Meta Group nicht. Microsoft spreche laut seinen Informationen angeblich von Ankündigungen noch in diesem Jahr. Er selbst rechne Ende des dritten, Anfang des vierten Quartals damit. Great Plains sei mit der Entwicklung von .NET-fähigen Produkten relativ weit, und auch Navision müsse mit seiner Entwicklungsarbeit nicht bei Null anfangen
Die Konkurrenten sehen dieser Entwicklung nach eigenem Bekunden gelassen entgegen. Ob und wie sich der Markt durch .NET verändern werde, bleibe abzuwarten, erklärt Friedrich Koopmann, Sprecher von Soft M. Es gehe im Mittelstand vor allem darum, Kosten einzusparen und Prozesse zu optimieren. Mittelständler würden nicht nach vorne stürmen, um neue Modelle und Plattformen auszuprobieren. "Das sind keine Pioniere." Für Heinz Bäurer, Geschäftsführer der Bäurer AG, stoßen mit Navision als Lösungsanbieter und Microsoft als Softwarelieferant zwei Welten aufeinander. Wie diese zusammenkommen sollen, sei unklar. "Größe allein macht nicht glücklich und vor allem nicht automatisch erfolgreicher."
Auch Ralf Othmer, General Manager von Baan Deutschland, bleibt gelassen. Den Wettbewerber Navision habe es schon vor der Übernahme gegeben. Auch wenn jetzt Microsoft dahinter stehe, werde sich vorerst nicht viel ändern. "Ein ERP-System wechselt man nicht von heute auf morgen wie ein Office-Paket." Peter Dewald, Deutschland-Chef von Sage KHK, rechnet ebenfalls nicht mit schnellen Veränderungen. Es würden zwar neue Technologien angekündigt, bis die im Markt eine Rolle spielen würden, dürften noch einige Jahre vergehen. Auch bei Great Plains habe Microsoft einiges im Nachhinein verschoben.
Für die SAP dürfte das Geschäft in Zukunft allerdings schwerer werden, vermutet Nils Niehörster, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Raad Consult. So verfüge Microsoft mit Navision über ein funktionierendes Vertriebsnetz, was man bei der Mittelstandsinitiative der Walldorfer bislang vermisse. Daher dürfte es für die SAP nicht einfach sein, die Lösungen des im März übernommenen Unternehmens Top-Manage an den Mann zu bringen.
Plattner hat keine Angst vor der Konkurrenz
SAP sieht der Microsoft-Initiative gelassen entgegen. Die Integration der verschiedenen Produktlinien funktioniere nach Plan. Hasso Plattner zeigt jedenfalls keine Angst vor der Konkurrenz. Microsofts Strategie, kurz nach Great Plains eine zweite ERP-Firma zu kaufen, zeuge von mangelnder Marktkenntnis. Man selbst sei gut gerüstet im Kampf um die Mittelstandskunden. Doch die geben sich relativ unbeeindruckt. Wichtig seien vor allem die Beziehungen zu den Partnern, die über das notwendige Branchen-Know-how verfügten, so der einhellige Tenor aus den Reihen der Navision-Anwender. Wenn keine gravierenden Änderungen im Geschäftsmodell oder im Support anstünden, sei es im Grunde egal, ob Navision oder Microsoft die Rechte an der Software besitze.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Mit dem Kauf von Navision verstärkt Microsoft seine Anstrengungen im Bereich Unternehmenssoftware. Allerdings wird der Erfolg davon abhängen, wie schnell und schlüssig das neue Unternehmen die Produktpalette konsolidieren und auf die .NET-Plattform hieven kann. Die Konkurrenz bleibt vordergründig gelassen und glaubt nicht an schnelle Änderungen.
"Vor zehn Jahren haben Office-Produkte geholfen, die Windows-Plattform zu definieren. Jetzt sollen Business-Applikationen wie von Navision zum Meilenstein für die .NET-Welt werden." Mit dieser Aussage legt Doug Burgum, Chef der Microsoft Business Solutions Division, die Latte für den Erfolg seiner Geschäftseinheit hoch. Ziel sei es, kleinen und mittleren Unternehmen komplette Geschäftslösungen anzubieten.
Nach Einschätzung von Microsoft-Boss Steve Ballmer nutzten in diesem Segment bislang nur wenige Firmen das technisch Machbare aus. Deshalb sei der Markt für Enterprise Resource Planning (ERP) wichtig für den Softwarekonzern aus Redmond. Für Jesper Balser, einen der beiden CEOs von Navision, bedeutet der Deal den Ausbau der eigenen Marktposition. Man hätte zwar versuchen können, diesen Weg allein zu gehen. Besser sei es jedoch, sich mit jemanden zu verbünden, der die gleichen Visionen verfolge, erläutert der Däne die gemeinsamen Ziele.
Microsofts Europa-Chef Jean-Phil
Microsoft lässt sich diese gemeinsamen Visionen 1,4 Milliarden Euro kosten. Die Anteilseigner von Navision haben die Möglichkeit, ihre Papiere gegen Bargeld oder Microsoft-Aktien einzutauschen. Nach den Börsenregeln können die Redmonder mit über 90 Prozent der Navision-Papiere die Kontrolle über das Unternehmen gewinnen. Die fünf Gründer des ERP-Spezialisten, die zusammen einen Anteil von 56 Prozent halten, haben dem Geschäft bereits zugestimmt und werden ihre Anteile gegen Microsoft-Aktien eintauschen. Die Verantwortlichen auf beiden Seiten gehen davon aus, dass der Deal bis zum August offiziell abgeschlossen sein wird.
Mit der Übernahme soll Navision wie zuvor bereits Great Plains ein Teil von Microsoft Business Solutions werden. Das dänische Hauptquartier dient künftig als Entwicklungszentrum und Operationsbasis für Europa, den mittleren Osten und Afrika (EMEA). Nach Angaben Microsofts wäre der Standort südlich der dänischen Hauptstadt Kopenhagen das größte Entwicklungszentrum außerhalb der USA. Die beiden CEOs von Navision sollen nach den bisher bekannten Plänen in die neue Organisation mit eingebunden werden: Jesper Balser als Direktor für den Bereich Globale Strategie und Preben Damgaard als Leiter des Geschäfts von Microsoft Business Solutions in der Region EMEA.
Außer diesen Details kann das neue Dreigestirn am ERP-Himmel bestehend aus Microsoft, Great Plains und Navision jedoch nur mit wenig Konkretem aufwarten. Vor allem die Frage, wie das künftige Geschäft aussehen soll, bleibt unbeantwortet. "Das würde mich auch interessieren", kritisiert der deutsche Great-Plains-Chef Thilo Roetger die Vorgehensweise die Firmenbosse. Die Planung, wie das Ganze in den einzelnen Regionen umgesetzt werden könne, fange im Grunde jetzt erst an. Allerdings müssten alle Beteiligten schnell daran arbeiten, um Unsicherheiten bei Kunden, Partnern und Angestellten auszuräumen.
Der deutsche Navision-Geschäftsführer Lars Damsgaard Andersen versucht, aufkommende Zweifel im Umfeld des neuen Unternehmens auszuräumen. "Wir haben eine Verpflichtung unseren Partnern und Kunden gegenüber. Deshalb werden alle aktuellen Produkte weitergeführt", erklärt der dänische Statthalter in Deutschland. Nach Einschätzung von Helmuth Gümbel, Analyst bei Strategy Partners, mache die Übernahme allerdings nur dann Sinn, wenn die verschiedenen Produkte auf eine einheitliche Basis gestellt werden. Hier habe Microsofts Business Solutions Division noch einige Hausaufgaben zu erledigen.
Neben den alten Great-Plains- und Damgaard-Produkten müssten das neue "E-Enterprise" von Great Plains sowie die Navision-Lösungen unter einen Hut gebracht werden. Mit der Konsolidierung von Produktlinien gerade im ERP-Umfeld hätten allerdings bisher alle Firmen ihre Schwierigkeiten gehabt. Microsoft, das bis dato keine Erfahrung in diesem Umfeld vorweisen könne, dürfte keine Ausnahme bilden. Deshalb werde es nach Einschätzung Gümbels noch eine Weile dauern, bis eine gemeinsame Produktlinie auf .NET-Basis geschaffen sei.
Diese Einschätzung teilt Rüdiger Spiess von der Meta Group nicht. Microsoft spreche laut seinen Informationen angeblich von Ankündigungen noch in diesem Jahr. Er selbst rechne Ende des dritten, Anfang des vierten Quartals damit. Great Plains sei mit der Entwicklung von .NET-fähigen Produkten relativ weit, und auch Navision müsse mit seiner Entwicklungsarbeit nicht bei Null anfangen
Die Konkurrenten sehen dieser Entwicklung nach eigenem Bekunden gelassen entgegen. Ob und wie sich der Markt durch .NET verändern werde, bleibe abzuwarten, erklärt Friedrich Koopmann, Sprecher von Soft M. Es gehe im Mittelstand vor allem darum, Kosten einzusparen und Prozesse zu optimieren. Mittelständler würden nicht nach vorne stürmen, um neue Modelle und Plattformen auszuprobieren. "Das sind keine Pioniere." Für Heinz Bäurer, Geschäftsführer der Bäurer AG, stoßen mit Navision als Lösungsanbieter und Microsoft als Softwarelieferant zwei Welten aufeinander. Wie diese zusammenkommen sollen, sei unklar. "Größe allein macht nicht glücklich und vor allem nicht automatisch erfolgreicher."
Auch Ralf Othmer, General Manager von Baan Deutschland, bleibt gelassen. Den Wettbewerber Navision habe es schon vor der Übernahme gegeben. Auch wenn jetzt Microsoft dahinter stehe, werde sich vorerst nicht viel ändern. "Ein ERP-System wechselt man nicht von heute auf morgen wie ein Office-Paket." Peter Dewald, Deutschland-Chef von Sage KHK, rechnet ebenfalls nicht mit schnellen Veränderungen. Es würden zwar neue Technologien angekündigt, bis die im Markt eine Rolle spielen würden, dürften noch einige Jahre vergehen. Auch bei Great Plains habe Microsoft einiges im Nachhinein verschoben.
Für die SAP dürfte das Geschäft in Zukunft allerdings schwerer werden, vermutet Nils Niehörster, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Raad Consult. So verfüge Microsoft mit Navision über ein funktionierendes Vertriebsnetz, was man bei der Mittelstandsinitiative der Walldorfer bislang vermisse. Daher dürfte es für die SAP nicht einfach sein, die Lösungen des im März übernommenen Unternehmens Top-Manage an den Mann zu bringen.
Plattner hat keine Angst vor der Konkurrenz
SAP sieht der Microsoft-Initiative gelassen entgegen. Die Integration der verschiedenen Produktlinien funktioniere nach Plan. Hasso Plattner zeigt jedenfalls keine Angst vor der Konkurrenz. Microsofts Strategie, kurz nach Great Plains eine zweite ERP-Firma zu kaufen, zeuge von mangelnder Marktkenntnis. Man selbst sei gut gerüstet im Kampf um die Mittelstandskunden. Doch die geben sich relativ unbeeindruckt. Wichtig seien vor allem die Beziehungen zu den Partnern, die über das notwendige Branchen-Know-how verfügten, so der einhellige Tenor aus den Reihen der Navision-Anwender. Wenn keine gravierenden Änderungen im Geschäftsmodell oder im Support anstünden, sei es im Grunde egal, ob Navision oder Microsoft die Rechte an der Software besitze.