MWG-Biotech: "Bald Leukämie-Chip"
(gatrixx) Kernkompetenz von MWG-Biotech ist das Erbgut, die DNA. Neben Genom-Analysen gehören auch Hochdurchsatz-Entschlüsselung, die Entwicklung von Labor-Robotern und der Verkauf von technischen Instrumenten zum Produkt-Portfolio. MWG ist in den europäischen Kernländern und den USA vertreten. Im vergangenen Jahr lag der Umsatz bei 93,2 Millionen Mark, das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT) bei minus 42,4 Millionen Mark. Im Rahmen der Gatrixx-Gespräche besuchte Finanzvorstand Markus Frieser die Gatrixx-Zentrale in Berlin.
gatrixx:
Ihr Hoffnungsträger ist der Bereich DNA-Chips. Können Sie kurz erläutern, worum es geht?
Frieser:
Mit so einem DNA-Chip hat man die Möglichkeit, genetische Informationen auf sehr kleiner Fläche zu speichern. Diese Informationen können dann in den Bereichen Diagnostik und Medikamenten-Entwicklung verwendet werden - zum Beispiel, um zu untersuchen, welche Gene für bestimmte Krankheiten ursächlich sind. Durch DNA-Chips können nicht nur ein oder zwei Experimente parallel gefahren werden, wie früher, sondern Tausende. Und die Ergebnisse stehen mit Hilfe eines Auslesegerätes sofort zur Verfügung.
gatrixx:
Die Chips sollen künftig auch der individuellen Therapie von Krankheiten dienen, oder?
Frieser:
Genau. Wenn sich die Technologie so weiter entwickelt, können irgenwann Medikamente genau abgestimmt auf den jeweiligen Menschen und die Krankheit verschrieben werden. Beispiel Leukämie: Es gibt da an die 40 verschiedene Unterarten. Mit Hilfe eines DNA-Chips kann man sagen, welche Unterart jeweils vorliegt. Und dafür entwickelt man dann die nötige Chemotherapie. Das ist um so wichtiger, als der Körper des Menschen im Regelfall nur eine Chemotherapie durchsteht.
gatrixx:
Wann wird diese individuelle Therapie Realität?
Frieser:
Ich kann mir gut vorstellen, dass die ersten Anwendungen in fünf Jahren in die Praxis umgesetzt werden.
gatrixx:
Sie wollen in diesem Jahr 147 Millionen Mark umsetzen. In welchem Maß sind die Einnahmen aus dem Bereich DNA-Chips eingerechnet?
Frieser:
Wir wollen dieses Jahr zirka 20.000 DNA-Chips verkaufen. Der durchschnittliche Preis beläuft sich dabei auf 600 Mark pro Chip. Das wären dann insgesamt 12 Millionen Mark, die auch in der Planung eingerechnet sind. Von diesen 12 Millionen können wir sehr sicher ausgehen. Irgendwann sollen daraus dann 120 Millionen werden.
gatrixx:
Wann wird das sein?
Frieser:
Wann dieser Markt expoldiert, ist schwierig zu sagen. Das hängt nicht nur von MWG ab. Es ist eine neue Technologie. Affymetrix, in diesem Bereich mit Abstand Weltmarktführer, hat zur Zeit ein jährliches Wachstum von 30 bis 35 Prozent.
gatrixx:
Affymetrix ist ein etabliertes US-Unternehmen. Haben Sie überhaupt eine Chance, sich gegen solche Wettbewerber durchzusetzen?
Frieser:
Wir werden es versuchen. Wir gehen jetzt auch massiv in den amerikanischen Chip-Markt, der von Affymetrix beherrscht wird. Affymetrix ist aber nicht unser Konkurrent, sondern unser Kooperationspartner. Wir haben von ihm die Lizenz für unsere Chips gekauft. Zudem sind unsere Chips im mitteldichten Bereich angesiedelt und decken ganz andere Anwendungsgebiete ab als die hochdichten Chips von Affymetrix. Und nicht zuletzt haben wir eine andere Technologie.
gatrixx:
Inwiefern?
Frieser:
Sie ist einfacher, schneller, flexibler und weniger kostenintensiv als die von Affymetrix. Davon müssen wir den Markt jetzt überzeugen - und ihn mit unseren Chips und Auslesegeräten bedienen. Da sind wir dran: mit Marketingaktionen, Roadshows, wissenschaftlichen Vorträgen, Messebesuchen. Vielleicht passiert bei uns schon bald etwas: Im dritten Quartal dieses Jahres wird unser Leukämie-Chip fertig. Wenn man dann in der Presse lesen könnte: Aufgrund dieses Chips hat ein Patient überlebt, wäre das eine Riesen-Schlagzeile für uns.
gatrixx:
Besteht nicht die Gefahr, dass Ihre Technologie veraltet ist, bis der große Durchbruch gelingt?
Frieser:
Nein. Wir sind mit unserer Technologie weit voraus. Das betrifft den Bereich der Oligo-Chips. Oligo ist das Produkt unserer DNA-Synthese: ein Abschnitt einer DNA. Es gibt natürlich auch andere Chip-Arten. Aber die Oligos sind prädestiniert für diese Technologie.
gatrixx:
Die Lizenz für die Herstellung der Oligo-Chips haben Sie von Affymetrix gekauft. War das nötig?
Frieser:
Nach unserem heutigen Wissen ja. Affymetrix hält über 120 Patente im Bereich der Bio-Chip-Technologie. Wenn wir Oligo-Chips legal produzieren und vertreiben wollen, ist diese Lizenz vonnöten.
gatrixx:
Was hat sie gekostet?
Frieser:
Wir haben im Jahr 2000 rund 63 Millionen Mark investiert. Davon haben wir die Hälfte in den Lizenz-Bereich gesteckt. Der Hauptposten war hier die Affymetrix-Lizenz. Die genaue Zahl darf ich nicht nennen. Es gibt ein entsprechendes Abkommen mit Affymetrix.
gatrixx:
War das eine einmalige Zahlung?
Frieser:
Es war ein Einmalbetrag, dem weitere Lizenzgebühren folgen. Das ist eine umsatzabhängige Größe im einstelligen Prozent-Bereich. Je mehr Umsatz wir machen, desto geringer wird sie.
gatrixx:
Für welche Regionen gilt die Lizenz?
Frieser:
Sie gilt weltweit, ist aber nicht exklusiv. Sie läuft über fünf Jahre, plus einer Option für uns auf weitere fünf Jahre.
gatrixx:
Was ist, wenn Sie ausläuft?
Frieser:
Der Biotech-Bereich ist so innovativ - fragen Sie mich nicht, was in zehn Jahren ist. Vielleicht sehen wir da ganz andere Technologien, die die Affymetrix-Patente gar nicht berühren.
gatrixx:
Nach einer Schätzung von Ihnen beläuft sich der Markt für DNA-Chips auf jährlich mehr als 1 Milliarde US-Dollar. Wieviel davon wird laut Ihrer internen Planung auf MWG entfallen - und wann?
Frieser:
Die interne Planung geben wir nicht bekannt. Der Markt ist noch sehr jung, wir haben keine Erfahrungswerte. Es gibt auch ganz verschiedene Schätzungen. Eine Studie der Unternehmensberatung Ernst&Young geht sogar von 5 Milliarden US-Dollar Umsatz bis 2004 aus - allerdings für die gesamte DNA-Chip-Technologie. Wir gehen davon aus, dass der Markt in unserem speziellen Teilbereich in diesem Jahr ungefähr 50 Millionen US-Dollar ausmachen wird.
gatrixx:
Davon wollen Sie 12 Millionen Mark kassieren. Das wäre rund ein Zehntel. Werden Sie diesen Anteil halten können?
Frieser:
Ich muss noch einmal betonen: Die Umsatzschätzungen für den gesamten DNA-Chip-Bereich weichen total voneinander ab. Für dieses Jahr reichen Sie von 1,5 Millionen bis 500 Millionen US-Dollar. Was ich sagen kann, ist: Wir wollen möglichst viel Profit machen. Und je schneller wir sind, desto weniger Möglichkeiten geben wir unseren Wettbewerbern, in den Markt zu kommen.
gatrixx:
Ganz wird das wohl kaum gelingen. Wie sehen Sie die künftige Konkurrenzsituation?
Frieser:
Die Frage ist: Wie schnell schafft es die Konkurrenz, funktionierende DNA-Chips auf den Markt zu bringen? Das wird sich zeigen. Der durchschnittliche Verkaufspreis eines DNA-Chips wird aber mit Sicherheit sinken - von 600 auf 200 bis 300 Mark, vielleicht sogar noch tiefer.
Das Interview führte Frank Markowski.
24.04. - 09:41 Uhr
(gatrixx) Kernkompetenz von MWG-Biotech ist das Erbgut, die DNA. Neben Genom-Analysen gehören auch Hochdurchsatz-Entschlüsselung, die Entwicklung von Labor-Robotern und der Verkauf von technischen Instrumenten zum Produkt-Portfolio. MWG ist in den europäischen Kernländern und den USA vertreten. Im vergangenen Jahr lag der Umsatz bei 93,2 Millionen Mark, das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT) bei minus 42,4 Millionen Mark. Im Rahmen der Gatrixx-Gespräche besuchte Finanzvorstand Markus Frieser die Gatrixx-Zentrale in Berlin.
gatrixx:
Ihr Hoffnungsträger ist der Bereich DNA-Chips. Können Sie kurz erläutern, worum es geht?
Frieser:
Mit so einem DNA-Chip hat man die Möglichkeit, genetische Informationen auf sehr kleiner Fläche zu speichern. Diese Informationen können dann in den Bereichen Diagnostik und Medikamenten-Entwicklung verwendet werden - zum Beispiel, um zu untersuchen, welche Gene für bestimmte Krankheiten ursächlich sind. Durch DNA-Chips können nicht nur ein oder zwei Experimente parallel gefahren werden, wie früher, sondern Tausende. Und die Ergebnisse stehen mit Hilfe eines Auslesegerätes sofort zur Verfügung.
gatrixx:
Die Chips sollen künftig auch der individuellen Therapie von Krankheiten dienen, oder?
Frieser:
Genau. Wenn sich die Technologie so weiter entwickelt, können irgenwann Medikamente genau abgestimmt auf den jeweiligen Menschen und die Krankheit verschrieben werden. Beispiel Leukämie: Es gibt da an die 40 verschiedene Unterarten. Mit Hilfe eines DNA-Chips kann man sagen, welche Unterart jeweils vorliegt. Und dafür entwickelt man dann die nötige Chemotherapie. Das ist um so wichtiger, als der Körper des Menschen im Regelfall nur eine Chemotherapie durchsteht.
gatrixx:
Wann wird diese individuelle Therapie Realität?
Frieser:
Ich kann mir gut vorstellen, dass die ersten Anwendungen in fünf Jahren in die Praxis umgesetzt werden.
gatrixx:
Sie wollen in diesem Jahr 147 Millionen Mark umsetzen. In welchem Maß sind die Einnahmen aus dem Bereich DNA-Chips eingerechnet?
Frieser:
Wir wollen dieses Jahr zirka 20.000 DNA-Chips verkaufen. Der durchschnittliche Preis beläuft sich dabei auf 600 Mark pro Chip. Das wären dann insgesamt 12 Millionen Mark, die auch in der Planung eingerechnet sind. Von diesen 12 Millionen können wir sehr sicher ausgehen. Irgendwann sollen daraus dann 120 Millionen werden.
gatrixx:
Wann wird das sein?
Frieser:
Wann dieser Markt expoldiert, ist schwierig zu sagen. Das hängt nicht nur von MWG ab. Es ist eine neue Technologie. Affymetrix, in diesem Bereich mit Abstand Weltmarktführer, hat zur Zeit ein jährliches Wachstum von 30 bis 35 Prozent.
gatrixx:
Affymetrix ist ein etabliertes US-Unternehmen. Haben Sie überhaupt eine Chance, sich gegen solche Wettbewerber durchzusetzen?
Frieser:
Wir werden es versuchen. Wir gehen jetzt auch massiv in den amerikanischen Chip-Markt, der von Affymetrix beherrscht wird. Affymetrix ist aber nicht unser Konkurrent, sondern unser Kooperationspartner. Wir haben von ihm die Lizenz für unsere Chips gekauft. Zudem sind unsere Chips im mitteldichten Bereich angesiedelt und decken ganz andere Anwendungsgebiete ab als die hochdichten Chips von Affymetrix. Und nicht zuletzt haben wir eine andere Technologie.
gatrixx:
Inwiefern?
Frieser:
Sie ist einfacher, schneller, flexibler und weniger kostenintensiv als die von Affymetrix. Davon müssen wir den Markt jetzt überzeugen - und ihn mit unseren Chips und Auslesegeräten bedienen. Da sind wir dran: mit Marketingaktionen, Roadshows, wissenschaftlichen Vorträgen, Messebesuchen. Vielleicht passiert bei uns schon bald etwas: Im dritten Quartal dieses Jahres wird unser Leukämie-Chip fertig. Wenn man dann in der Presse lesen könnte: Aufgrund dieses Chips hat ein Patient überlebt, wäre das eine Riesen-Schlagzeile für uns.
gatrixx:
Besteht nicht die Gefahr, dass Ihre Technologie veraltet ist, bis der große Durchbruch gelingt?
Frieser:
Nein. Wir sind mit unserer Technologie weit voraus. Das betrifft den Bereich der Oligo-Chips. Oligo ist das Produkt unserer DNA-Synthese: ein Abschnitt einer DNA. Es gibt natürlich auch andere Chip-Arten. Aber die Oligos sind prädestiniert für diese Technologie.
gatrixx:
Die Lizenz für die Herstellung der Oligo-Chips haben Sie von Affymetrix gekauft. War das nötig?
Frieser:
Nach unserem heutigen Wissen ja. Affymetrix hält über 120 Patente im Bereich der Bio-Chip-Technologie. Wenn wir Oligo-Chips legal produzieren und vertreiben wollen, ist diese Lizenz vonnöten.
gatrixx:
Was hat sie gekostet?
Frieser:
Wir haben im Jahr 2000 rund 63 Millionen Mark investiert. Davon haben wir die Hälfte in den Lizenz-Bereich gesteckt. Der Hauptposten war hier die Affymetrix-Lizenz. Die genaue Zahl darf ich nicht nennen. Es gibt ein entsprechendes Abkommen mit Affymetrix.
gatrixx:
War das eine einmalige Zahlung?
Frieser:
Es war ein Einmalbetrag, dem weitere Lizenzgebühren folgen. Das ist eine umsatzabhängige Größe im einstelligen Prozent-Bereich. Je mehr Umsatz wir machen, desto geringer wird sie.
gatrixx:
Für welche Regionen gilt die Lizenz?
Frieser:
Sie gilt weltweit, ist aber nicht exklusiv. Sie läuft über fünf Jahre, plus einer Option für uns auf weitere fünf Jahre.
gatrixx:
Was ist, wenn Sie ausläuft?
Frieser:
Der Biotech-Bereich ist so innovativ - fragen Sie mich nicht, was in zehn Jahren ist. Vielleicht sehen wir da ganz andere Technologien, die die Affymetrix-Patente gar nicht berühren.
gatrixx:
Nach einer Schätzung von Ihnen beläuft sich der Markt für DNA-Chips auf jährlich mehr als 1 Milliarde US-Dollar. Wieviel davon wird laut Ihrer internen Planung auf MWG entfallen - und wann?
Frieser:
Die interne Planung geben wir nicht bekannt. Der Markt ist noch sehr jung, wir haben keine Erfahrungswerte. Es gibt auch ganz verschiedene Schätzungen. Eine Studie der Unternehmensberatung Ernst&Young geht sogar von 5 Milliarden US-Dollar Umsatz bis 2004 aus - allerdings für die gesamte DNA-Chip-Technologie. Wir gehen davon aus, dass der Markt in unserem speziellen Teilbereich in diesem Jahr ungefähr 50 Millionen US-Dollar ausmachen wird.
gatrixx:
Davon wollen Sie 12 Millionen Mark kassieren. Das wäre rund ein Zehntel. Werden Sie diesen Anteil halten können?
Frieser:
Ich muss noch einmal betonen: Die Umsatzschätzungen für den gesamten DNA-Chip-Bereich weichen total voneinander ab. Für dieses Jahr reichen Sie von 1,5 Millionen bis 500 Millionen US-Dollar. Was ich sagen kann, ist: Wir wollen möglichst viel Profit machen. Und je schneller wir sind, desto weniger Möglichkeiten geben wir unseren Wettbewerbern, in den Markt zu kommen.
gatrixx:
Ganz wird das wohl kaum gelingen. Wie sehen Sie die künftige Konkurrenzsituation?
Frieser:
Die Frage ist: Wie schnell schafft es die Konkurrenz, funktionierende DNA-Chips auf den Markt zu bringen? Das wird sich zeigen. Der durchschnittliche Verkaufspreis eines DNA-Chips wird aber mit Sicherheit sinken - von 600 auf 200 bis 300 Mark, vielleicht sogar noch tiefer.
Das Interview führte Frank Markowski.
24.04. - 09:41 Uhr