Der Streit zwischen FDP-Politiker Jürgen Möllemann und Michel Friedman, dem Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, hat sich erneut verschärft. Möllemann warf Friedman vor, mit "Gehässigkeiten um sich zu werfen". Durch die Antisemitismusdebatte brechen zudem alte Feindschaften innerhalb der FDP auf.
Die Protagonisten des Streites über die Aufnahme des Ex-Grünen Jamal Karsli in den FDP-Kreisverband Recklinghausen in Nordrhein-Westfalen positionieren sich neu: Die Schlacht wird im "Stern" geschlagen. Möllemann verteidigt starr seine Position, Friedmans Äußerungen provozierten Antisemitismus. Dem "Stern" sagte Möllemann: Wer wie dieser "als angeblicher Sachwalter des Zentralrats der Juden Kritiker der Politik Israels niedermacht, wer wie er mit Gehässigkeiten um sich wirft, mit unverschämten Unterstellungen arbeitet - Antisemitismus und so weiter -, der schürt Unmut gegen die Zielgruppe, die er zu vertreten vorgibt".
Im Gegenzug verlangt Friedman den Rauswurf des NRW-Landeschefs Möllemann aus der FDP: "Wo ist die FDP-Führung eigentlich hingekommen, dass sie einem stellvertretenden Vorsitzenden, der solches Gedankengut verbreitet, nicht öffentlich widerspricht oder sich gar von ihm trennt?", fragte Friedman das Hamburger Magazin und fuhr fort: "Die rechten Bemerkungen von Möllemann haben auch nichts mehr mit Israel zu tun, sondern bewegen sich auf dem Niveau der Republikaner und der NPD."
Wasser auf die Mühlen der PR-verrückten Liberalen
Das Spektakel um Möllemann wird in Teilen der FDP mit Freude betrachtet. Zwar ist die neulich beim Bundesparteitag demonstrierte Einigkeit aller Flügel durch die Möllemann-Affäre längst flöten gegangen. Doch bei PR-verrückten Parteimitgliedern wird jede Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit mit Hochgenuss registriert. Die FDP-Kritik an der Palästina-Politik des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon soll nach Recherchen des "Stern" weiterhin Wahlkampfthema bleiben.
Planer des Wahlkampfs der Liberalen werden zitiert: "Wir leben in einer Zeit der Tabu-Brüche." Wer Klartext rede, gewinne. Jede Provokation scheint da ins Konzept zu passen - auch wenn der Westerwelle-Vertraute seinen Chef angeblich aufgefordert hat: "Der Amoklauf Möllemanns muss gestoppt werden." Doch die Wahlkampfstrategen der FDP denken anders: Wählerfang ist in der Westerwelle-FDP offenbar Selbstzweck. Ein Vorstandsmitglied der FDP wird zitiert, die Strafanzeige von Grünen-Chefin Claudia Roth gegen Möllemann wegen Volksverhetzung sei "geradezu PR für die Liberalen". Die kommt Westerwelles Wahlkampfberater Fritz Goergen gerade recht. Mit dem Palästina-Thema will er rund vier Millionen Israel-interessierte Wähler ansprechen. Auch rund 800.000 wahlberechtigte Muslime habe man mit der "Kritik an Israels Kriegspolitik" im Blick.
Kritik aus den eigenen Reihen
Da stört es offenbar nicht allzu sehr, wenn innerhalb der Partei alte Feindschaften wieder aufbrechen. Die Drohung von Hildegard Hamm-Brücher und der Rüffel Graf Lambsdorffs scheinen Möllemann nicht zu beeindrucken: "Die gegenseitige Wertschätzung hält sich in Grenzen", so Möllemann zum "Stern".
Die innerparteiliche Kritik scheint Möllemann weitgehend kalt zu lassen. Dass sich die Südliberalen Walter Döring, Klaus Kinkel, Helmut Haussmann und Birgit Homburger gegen ihn stellen, rührt ihn nicht. "Bei denen kann man die Uhr danach stellen, wenn es gegen mich geht", so Möllemann.
Auch der Liberalen-Fraktionschef im Bundestag, Wolfgang Gerhardt, und der niedersächsische Landesvorsitzende Walter Hirche kritisierten Möllemann. Sie warfen ihm vor, mit seinem Verhalten der FDP Schaden zugefügt zu haben. In der ARD sagte Gerhardt zu dem Angriff des nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden auf Friedman, die FDP setze sich nicht mit dem Zentralrat in diesem Stil auseinander. In einer demokratischen Gesellschaft müsse man sich gegenseitig respektieren. Möllemann und Friedman müssten nun miteinander reden, "in einer Wortwahl, die der Sache angemessenen ist".
Gefahr einer "Haider-FDP"
Hirche forderte Karsli auf, von sich aus auf die Mitgliedschaft zu verzichten. Karslis Aufnahme in den FDP-Kreisverband Recklinghausen hatte den Streit über Möllemann ausgelöst. Karsli hatte die Politik Scharons gegen die Palästinenser als "Nazi-Methoden" bezeichnet. "Bei aller innerparteilichen Liberalität dürfen wir nicht bestimmte, anti-israelische Positionen so pflegen, dass der Eindruck aufkommt, hier entsteht in Deutschland so etwas wie eine Haider-FDP."
Der Förderkreis für das in Berlin geplante Holocaust-Mahnmal hat die FDP-Spitze aufgefordert, "ernsthaft zu überlegen, ob Jürgen Möllemann weiter für den Parteivorstand der FDP tragbar ist". Den FDP-Politikern müsse klar sein, dass "die FDP durch die Äußerungen Ihres Vorstandskollegen Hass gegen die Juden in Deutschland gesellschaftsfähig macht". Der Offene Brief ist vom Vorstand des Förderkreises unterschrieben, zu dem auch die Publizistin Lea Rosh, Initiatorin des geplanten Holocaust-Mahnmals in Berlin, gehört.
Müntefering: "Demontage Westerwelles"
SPD-Generalsekretär Franz Müntefering wertete die Karsli-Affäre als Demontage von FDP-Chef Guido Westerwelle. Dieser rede viel und tue nichts, erklärte der SPD-Politiker in Berlin. Der FDP-Bundesvorstand könne auch ohne einen Beschluss des Landesvorstandes handeln, "sofort und ohne Zögern", sagte Müntefering und fügte hinzu: "Aber er will wohl nicht." Während Westerwelle taktiere und offenbar hoffe, dass sich in zwei Wochen niemand mehr für die Entscheidung über Karslis Parteimitgliedschaft interessiere, stelle Möllemann klar, "dass er entscheidet, wann entschieden wird und wie".
Spiegel
Die Protagonisten des Streites über die Aufnahme des Ex-Grünen Jamal Karsli in den FDP-Kreisverband Recklinghausen in Nordrhein-Westfalen positionieren sich neu: Die Schlacht wird im "Stern" geschlagen. Möllemann verteidigt starr seine Position, Friedmans Äußerungen provozierten Antisemitismus. Dem "Stern" sagte Möllemann: Wer wie dieser "als angeblicher Sachwalter des Zentralrats der Juden Kritiker der Politik Israels niedermacht, wer wie er mit Gehässigkeiten um sich wirft, mit unverschämten Unterstellungen arbeitet - Antisemitismus und so weiter -, der schürt Unmut gegen die Zielgruppe, die er zu vertreten vorgibt".
Im Gegenzug verlangt Friedman den Rauswurf des NRW-Landeschefs Möllemann aus der FDP: "Wo ist die FDP-Führung eigentlich hingekommen, dass sie einem stellvertretenden Vorsitzenden, der solches Gedankengut verbreitet, nicht öffentlich widerspricht oder sich gar von ihm trennt?", fragte Friedman das Hamburger Magazin und fuhr fort: "Die rechten Bemerkungen von Möllemann haben auch nichts mehr mit Israel zu tun, sondern bewegen sich auf dem Niveau der Republikaner und der NPD."
Wasser auf die Mühlen der PR-verrückten Liberalen
Das Spektakel um Möllemann wird in Teilen der FDP mit Freude betrachtet. Zwar ist die neulich beim Bundesparteitag demonstrierte Einigkeit aller Flügel durch die Möllemann-Affäre längst flöten gegangen. Doch bei PR-verrückten Parteimitgliedern wird jede Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit mit Hochgenuss registriert. Die FDP-Kritik an der Palästina-Politik des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon soll nach Recherchen des "Stern" weiterhin Wahlkampfthema bleiben.
Planer des Wahlkampfs der Liberalen werden zitiert: "Wir leben in einer Zeit der Tabu-Brüche." Wer Klartext rede, gewinne. Jede Provokation scheint da ins Konzept zu passen - auch wenn der Westerwelle-Vertraute seinen Chef angeblich aufgefordert hat: "Der Amoklauf Möllemanns muss gestoppt werden." Doch die Wahlkampfstrategen der FDP denken anders: Wählerfang ist in der Westerwelle-FDP offenbar Selbstzweck. Ein Vorstandsmitglied der FDP wird zitiert, die Strafanzeige von Grünen-Chefin Claudia Roth gegen Möllemann wegen Volksverhetzung sei "geradezu PR für die Liberalen". Die kommt Westerwelles Wahlkampfberater Fritz Goergen gerade recht. Mit dem Palästina-Thema will er rund vier Millionen Israel-interessierte Wähler ansprechen. Auch rund 800.000 wahlberechtigte Muslime habe man mit der "Kritik an Israels Kriegspolitik" im Blick.
Kritik aus den eigenen Reihen
Da stört es offenbar nicht allzu sehr, wenn innerhalb der Partei alte Feindschaften wieder aufbrechen. Die Drohung von Hildegard Hamm-Brücher und der Rüffel Graf Lambsdorffs scheinen Möllemann nicht zu beeindrucken: "Die gegenseitige Wertschätzung hält sich in Grenzen", so Möllemann zum "Stern".
Die innerparteiliche Kritik scheint Möllemann weitgehend kalt zu lassen. Dass sich die Südliberalen Walter Döring, Klaus Kinkel, Helmut Haussmann und Birgit Homburger gegen ihn stellen, rührt ihn nicht. "Bei denen kann man die Uhr danach stellen, wenn es gegen mich geht", so Möllemann.
Auch der Liberalen-Fraktionschef im Bundestag, Wolfgang Gerhardt, und der niedersächsische Landesvorsitzende Walter Hirche kritisierten Möllemann. Sie warfen ihm vor, mit seinem Verhalten der FDP Schaden zugefügt zu haben. In der ARD sagte Gerhardt zu dem Angriff des nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden auf Friedman, die FDP setze sich nicht mit dem Zentralrat in diesem Stil auseinander. In einer demokratischen Gesellschaft müsse man sich gegenseitig respektieren. Möllemann und Friedman müssten nun miteinander reden, "in einer Wortwahl, die der Sache angemessenen ist".
Gefahr einer "Haider-FDP"
Hirche forderte Karsli auf, von sich aus auf die Mitgliedschaft zu verzichten. Karslis Aufnahme in den FDP-Kreisverband Recklinghausen hatte den Streit über Möllemann ausgelöst. Karsli hatte die Politik Scharons gegen die Palästinenser als "Nazi-Methoden" bezeichnet. "Bei aller innerparteilichen Liberalität dürfen wir nicht bestimmte, anti-israelische Positionen so pflegen, dass der Eindruck aufkommt, hier entsteht in Deutschland so etwas wie eine Haider-FDP."
Der Förderkreis für das in Berlin geplante Holocaust-Mahnmal hat die FDP-Spitze aufgefordert, "ernsthaft zu überlegen, ob Jürgen Möllemann weiter für den Parteivorstand der FDP tragbar ist". Den FDP-Politikern müsse klar sein, dass "die FDP durch die Äußerungen Ihres Vorstandskollegen Hass gegen die Juden in Deutschland gesellschaftsfähig macht". Der Offene Brief ist vom Vorstand des Förderkreises unterschrieben, zu dem auch die Publizistin Lea Rosh, Initiatorin des geplanten Holocaust-Mahnmals in Berlin, gehört.
Müntefering: "Demontage Westerwelles"
SPD-Generalsekretär Franz Müntefering wertete die Karsli-Affäre als Demontage von FDP-Chef Guido Westerwelle. Dieser rede viel und tue nichts, erklärte der SPD-Politiker in Berlin. Der FDP-Bundesvorstand könne auch ohne einen Beschluss des Landesvorstandes handeln, "sofort und ohne Zögern", sagte Müntefering und fügte hinzu: "Aber er will wohl nicht." Während Westerwelle taktiere und offenbar hoffe, dass sich in zwei Wochen niemand mehr für die Entscheidung über Karslis Parteimitgliedschaft interessiere, stelle Möllemann klar, "dass er entscheidet, wann entschieden wird und wie".
Spiegel