Aus der FTD vom 14.11.2002
Treuhänder Thoma könnte Mobilcom retten
Von René Gribnitz, Hamburg
Der frühere Chef des Fernsehsenders RTL, Helmut Thoma, soll als Treuhänder die Aktien des Mobilcom-Gründers Gerhard Schmid verwalten. Darauf haben sich Bundesregierung und Schmid nach Angaben aus Verhandlungskreisen am Mittwoch grundsätzlich verständigt.
Damit scheint der Weg zur Rettung des Not leidenden Unternehmens wieder greifbar nah. Bislang hatte Schmids Weigerung, seine Aktien einem von der Bundesregierung benannten Treuhänder zu übertragen, einen für Mobilcom lebensnotwendigen Überbrückungskredit von 110 Mio. Euro blockiert. Zugleich gefährdete Schmid damit die Übernahme der Milliardenschulden von Mobilcom durch den abtrünnigen Großaktionär France Telecom.
Die Franzosen und die Kreditgeber machen ihre Zustimmung davon abhängig, dass Schmid künftig keinen Einfluss mehr auf das Unternehmen hat. Die Franzosen müssen der Berufung Thomas noch zustimmen. Dies wird erwartet.
Thoma ist langjähriger Mobilcom-Aufsichtsrat. Er hatte sich bereits früher als Vermittler zwischen France Telecom und Schmid angeboten. Zudem beriet Thoma den neuen Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement in dessen Zeit als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen in Medienfragen.
Zwei Millionen Aktien vergessen
Problematisch könnte noch werden, dass der Gründer und frühere Chef Gerhard Schmid verwirrende Angaben über seinen Aktienbestand macht. Dienstagabend teilte Schmid nach Auskunft von Teilnehmern dem Aufsichtsrat mit, dass er persönlich noch mindestens 22,2 Millionen Stück oder knapp 34 Prozent der Mobilcom-Aktien kontrolliere. Das sind fast zwei Prozent oder rund zwei Millionen Stückaktien mehr, als Schmid noch am Vortag angab.
Am Montag ließ er mitteilen, nach seinem Rauswurf im Juni rund acht Prozent aus seinem Aktienbestand an der Börse verkauft zu haben. Ursprünglich kontrollierte Schmid 39,7 Prozent der Anteile. Bis Montag hatte Schmid Berichte über Aktienverkäufe als falsch dementieren lassen.
Die verwirrenden Angaben hatten erneut Zweifel an der Glaubwürdigkeit Schmids genährt. "Ich glaube Schmid kein Wort mehr", sagte ein Aufsichtsrat am Mittwoch. "Vielleicht sollte er noch mal genau nachsehen, ob da nicht noch was ist", sagte ein anderer. Schmid war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Schon das Eingeständnis, über die Börse Aktien verkauft zu haben, hatte für Ärger gesorgt. Schmid hatte im Sommer den Mitgesellschafter France Telecom beschuldigt, über verbündete Banken Aktien auf den Markt zu werfen, um den Kurs der Mobilcom-Papiere zu manipulieren.
Verschärfter Sanierungsplan
Zwischen France Telecom und Schmid war es im Streit um dubiose Aktiengeschäfte des Firmengründers und die milliardenschweren UMTS-Investitionen zum Zerwürfnis gekommen. Seit die Franzosen letztlich im September die Finanzierung Mobilcoms einstellten, ist Mobilcom von der Insolvenz bedroht. Am Freitag sind nach viermaliger Stundung Kredite von 4,7 Mrd. Euro fällig, die Mobilcom nicht bedienen kann.
Das Unternehmen zehrt von einer Rettungsbeihilfe der Bundesregierung von 50 Mio. Euro. Das Geld reicht nach Angaben aus Unternehmenskreisen noch über das Wochenende. Ursprünglich war am Dienstag ein Insolvenzantrag erwartet worden.
Seit über zwei Wochen streiten Schmid und die Bundesregierung über den Treuhändervertrag. Durch den Zeitverzug muss Mobilcom-Chef Thorsten Grenz womöglich den Sanierungsplan verändern. Der sieht bislang unter anderem vor, mehrere Standorte zu schließen und 2100 der 5000 Beschäftigten zu entlassen. Da das Unternehmen operativ gelähmt und das lukrative Weihnachtsgeschäft gefährdet sei, müsse das Sparprogramm notfalls verschärft werden, hieß es am Mittwoch.
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