Sendung vom 25. September 2006
McZahn: Brücken aus dem Land des Lächelns
Kronen, Brücken und Prothesen ohne Zuzahlung - damit wirbt die McZahn AG aus Willich. Das Unternehmen will bundesweit über 400 Zahnarztpraxen eröffnen und die Branche kräftig aufmischen. Doch ob dies gelingt, steht in den Sternen, denn die Firma hat bislang nicht einmal geklärt, ob sie den Namen McZahn verwenden darf.
Von Matthias Holland-Letz
Im Krefelder Behnisch-Haus, einem gläsernen Bau in der Innenstadt, arbeiten noch Heizungsmonteure und Maler. Hier, im zweiten Stock, entsteht eine Zahnarztpraxis, 380 Quadratmeter groß, mit acht Behandlungsstühlen. Am kommenden Donnerstag (28.09.2006) muss alles fertig sein. Dann will die McZahn AG hier ihre ersten Patienten behandeln. Über 400 weitere Praxen sollen in den nächsten Monaten folgen.
Der Discounter bietet künstliche Beißer ohne Zuzahlung. Für gesetzlich Krankenversicherte klingt das verlockend, denn Zahnersatz ist teuer. So kostet etwa eine viergliedrige Brücke mit Teilverblendung insgesamt 682 Euro. Die gesetzliche Krankenversicherung zahlt davon nur einen Festzuschuss. Der beträgt maximal 465 Euro. Der Patient muss also mindestens 217 Euro aus eigener Tasche zuzahlen. McZahn hingegen verspricht, derartige Brücken zum Festzuschuss anzubieten. Der Patient spart also die 217 Euro. „Wir produzieren unsere Prothetik in China. Da fällt es uns nicht schwer, dieses Angebot zu machen“, sagt Werner Brandenbusch, Vorstandssprecher der McZahn AG. Allerdings gibt es Zahnersatz ohne Zuzahlung auch bei dem Willicher Unternehmen nur dann, wenn der Patient die einfache Ausführung wählt, die sogenannte Regelversorgung. Wer zusätzliche Leistungen verlangt, zahlt auch bei McZahn zu. Doch auch in diesen Fällen, so Werner Brandenbusch, verlange McZahn lediglich zwischen 40 und 50 Prozent des deutschen Tarifs.
Christel Kapaun, kaufmännische Angestellte aus Essen, hat bei McZahn in Krefeld bereits einen Termin. Sie benötige zwei Brücken, berichtet die 50-Jährige. Ihr bisheriger Zahnarzt habe ausgerechnet, dass bereits für eine Brücke 1.400 Euro Zuzahlung fällig werden. „Ich finde das sehr teuer“, kritisiert Kapaun.
Neben dem ehemaligen Textilkaufmann Werner Brandenbusch gehört der Zahnarzt Dr. Oliver Desch zum Vorstand der McZahn AG, außerdem der gebürtige Chinese Pai Mao Yeh, der in Krefeld das Chinarestaurant Peking Garden betreibt. Wer als Investor hinter der AG steht, will McZahn nicht bekannt geben. Stillschweigen herrscht auch bei der Frage, mit welchen Zahnlabors in China das Unternehmen zusammenarbeitet. Brandenbusch kündigt derweil an, dass McZahn zusätzlich eine Zahnlaborkette in Deutschland aufbauen werde. Deren Aufgabe sei es, Servicearbeiten und Zahnersatzreparaturen zu übernehmen. Die dort beschäftigten Zahntechniker arbeiten natürlich nicht für chinesische Löhne. Dennoch sei die Preiskalkulation des Billiganbieters nicht gefährdet, versichert Vorstandssprecher Brandenbusch. „Das ist ein Problem, das wir gelöst haben.“
Skepsis bei Zahntechnikern und Krankenkassen
Deutsche Zahntechniker sind über die Konkurrenz aus Willich nicht erfreut. Sie warnen vor den dritten Zähnen aus China. „Zahnersatz ist ein kompliziertes Produkt“, betont Dominik Kruchen, Zahntechnikermeister in Düsseldorf. Das erfordere die enge Zusammenarbeit mit dem Zahnarzt. „Über die weite Entfernung bis nach China scheint mir das schlecht möglich“, sagt Kruchen.
Bei den Krankenkassen sieht man das anders. „Es gibt keinen Beweis dafür, dass der Zahnersatz, der im Ausland angefertigt ist, grundsätzlich schlecht ist“, so Wilfried Jacobs, Chef der AOK Rheinland/Hamburg mit Sitz in Düsseldorf. Er bezweifelt jedoch, dass der Billiganbieter 400 Zahnarztpraxen als Partner finden werde. „Das müssten ja Zahnärzte sein, die freie Kapazität haben“, sagt der AOK-Mann. Gute Zahnärzte seien derzeit gut beschäftigt. „Deswegen glaube ich nicht, dass das so einfach gehen wird“, urteilt Wilfried Jacobs.
Streit um Namensrechte
markt-Recherchen werfen weitere Fragen auf. So steht dem selbst ernannten Preisbrecher womöglich ein teurer Streit um Namensrechte ins Haus, denn die Firma Datext GmbH aus Hagen nutzt ebenfalls den Namen McZahn - und das laut eigenen Angaben bereits seit 1999. Das Unternehmen betreibt unter mczahn.de einen Onlinedienst für Zahnersatz und Zahnmedizin. Auf diesen Internetseiten werben auch Zahnärzte und Labore. Datext-Geschäftsführer Axel Koch sagt: „Wir haben deutlich gemacht, dass wir die vollen Rechte an McZahn für uns beanspruchen.“ Werner Brandenbusch wiegelt ab: „Die haben den Namen McZahn geschützt allein für Computerangelegenheiten und Computersoftware. Das hat mit Zahnersatz überhaupt nichts zu tun.“
Datext erhebt weitere Vorwürfe: „Leider sind unsere Kunden in Scharen davongelaufen, seitdem die McZahn AG sich unserer etablierten Marke bedient.“ Viele Kunden wollten mit Zahnersatz aus Fernost nichts zu tun haben. Wie hoch der wirtschaftliche Schaden sei, so Geschäftsführer Axel Koch, wisse man noch nicht.
Der Zoff um den Namen ist besonders unangenehm, weil McZahn als sogenannter Franchisegeber auftritt. Das heißt: Das Willicher Unternehmen bietet Zahnärzten an, gegen Entgelt den Markennamen McZahn zu nutzen. Thorsten Posselt, Professor am Lehrstuhl für Handel und Servicemanagement der Universität Wuppertal, betont: „Das gehört zum Rüstzeug eines jedes Franchisesystems, dass man sich vorher darum kümmert, ob ein solcher Name belegt ist.“ Diese Frage im Nachhinein zu klären, könne teuer werden, sagt Professor Posselt.
Wie der Konflikt ausgeht, ist offen. Zahnärzte, die gerne als Franchisenehmer einsteigen würden, warten erst mal ab, wie der Namensstreit ausgeht. Das wiederum heißt für Patienten: Bis das Willicher Unternehmen bundesweit 400 Praxen als Partner gefunden hat, kann es noch dauern. markt bleibt am Ball.