Keine Champagnerlaune zum 5. Geburtstag des Neuen Markts
- von vwd Korrespondent Claus-Detlef Großmann -
Am 10. März feiert der Neue Markt seinen fünften Geburtstag. Feiert?
Champagnerlaune will sich nicht einstellen angesichts der beispiellosen
Baisse, die dieses Marktsegment in den vergangenen zwei Jahren durchlitten
hat. Von einem Höchststand von 9.694 Nemax-50-Punkten im März 2000 stürzte
Die Gründe dafür sind bekannt: In der spekulativen Blase Ende der 90er
Jahre ging das Augenmaß für die richtigen Bewertungsverhältnisse verloren.
Emissionsbanken auf der Jagd nach fetten Provisionen brachten unkritisch
Gesellschaften an die Börse, die dort (noch) nichts zu suchen hatten.
Anleger zeichneten blind, ohne die Geschäfte der Unternehmen auch nur
ansatzweise zu verstehen, deren Aktien in ihre Depots eingebucht wurden. Der
Neue Markt, das war zudem die Spielwiese der Börsengurus und Tippgeber, der
Blender, Drahtzieher und Durchstecher, denen es in einem Segment mit
vielfach sehr marktengen Titeln besonders leicht fiel, die Kurse in die von
ihnen gewünschte Richtung zu lenken.
Der Besinnungslosigkeit der Investoren entsprach dabei die
Leichtfertigkeit der jungen Unternehmen im Umgang mit dem Geld der
Aktionäre. Getrieben von dem Wunsch, sich als "first mover" auf rasch
wachsenden Märkten zu positionieren, wurde Investiert und akquiriert, was
das Zeug hielt. An den Folgen dieses Verhaltens leidet der Märkt heute noch:
Integrationsprobleme, ausufernde Kosten, massive Goodwill-Abschreibungen
belasten viele Unternehmen des Neuen Markts. Derzeit hängt das Segment
schwer angeschlagen in den Seilen. Viele der gelisteten Gesellschaften sind
nach Marktkapitalisierung und Börsenumsatz zu solchen Fliegengewichten
geschrumpft, dass die Titel für institutionelle Anleger nicht mehr in Frage
kommen.
Und das Label "Neuer Markt", einst ein Symbol für die Chancen der New
Economoy, ist nach zahlreichen Skandalen mit einem Negativ-Image behaftet.
Ist der Neue Markt am Ende? Sicherlich nicht. Richtig bleibt die Idee,
jungen Technologieunternehmen "mit einem hohen Chance/Risiko-Profil", wie es
Neuer-Markt-Vordenker Reto Francioni einst genannt hat, auf diese Weise zu
Eigenkapital zu verhelfen. Die sich abzeichnende konjunkturelle Erholung in
den USA dürfte auch den Neuen Markt stabilisieren. Allerdings werden die
Bäume in diesem Segment 2002 wohl nicht in den Himmel wachsen. Der
Telekomsektor steht wegen der UMTS-Problematik und des schleppenden
Handyabsatzes weiter unter Druck.
Im Halbleitersegment ist erst für die zweite Jahreshälfte mit
durchgreifender Besserung zu rechnen. Auch die Medientitel dürften infolge
des Überangebots an Spielfilmen weiter eher schwach notieren. Fazit: Der
Neue Markt hat Zukunft, eine zunächst bescheidene Zukunft. Die dürfte aber
auf gesünderen Fudamenten ruhen, als dies in der Vergangenheit der Fall war.
vwd/8.3.2002/cg/gl/zwi