Kein Vertrauen in Öko-Aktien ?

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Nassie:

Kein Vertrauen in Öko-Aktien ?

 
24.02.03 10:37
Grüne Aktien - Wann kehrt das Vertrauen zurück?

Ob erneuerbare Energien, Entsorgung, Wasseraufbereitung oder biologische Nahrung - der Trend zu einer gesünderen Welt hält an. Spätestens das Jahr 2002 hat aber gezeigt, dass auch Öko-Unternehmer nicht vor Selbstüberschätzung gefeit sind. Umweltbewusst und sozialkritisch eingestellte Anleger haben sich ebenso die Finger verbrannt wie Zocker auf der Jagd nach dem schnellen Geld. Vor allem bei Titeln von Wind- und Sonnenenergieanbietern gab es kein Halten mehr. Zahlreiche Gewinnprognosen zerbröselten wie zu heiß gebackene Öko-Plätzchen. Die Euphorie der Gründerjahre ist damit verflogen, das Wachstum verlangsamt sich. Jetzt gilt strengste Selektion.

Der Niedergang der Umweltaktien vollzog sich aber nur in einem Teil der Branche. So hat nach Angaben des Finanzdienstleisters Öko-Invest der nur 20 Werte umfassende und international bestückte Natur-Aktien-Index 2002 gegenüber dem konventionellen MSCI-Weltindex rund fünf Prozentpunkte besser abgeschnitten. Auch die Nachhaltigkeitsindizes, die der Index-Anbieter Dow Jones zusammen mit der Schweizer Sustainable Asset Management aufgelegt hat, schnitten nicht schlechter ab als nach herkömmlichen Kriterien zusammengestellte Aktienbarometer.

Sozial verantwortliches Investment - ein Renditekiller?

Nach zum Teil sehr schmerzlichen Erfahrungen überlegen sich Anleger inzwischen genauer, mit welchen Produkten sie sich identifizieren und welche Unternehmen sie mit ihrem Geld unterstützen wollen. In ihre Investitionsentscheidung fließt immer häufiger neben der Gewinnerwartung auch die persönliche Lebenseinstellung mit ein. Viele junge Firmen aus den Bereichen Windkraft, Solarenergie und Brennstoffzellentechnologie verlassen sich ganz bewusst auf diese zumeist risikobereite Gruppe unter den privaten Aktienkäufern. Solche Unternehmen setzen auch häufig auf das Prinzip der sogenannten Nachhaltigkeit: Geschäftserfolge werden nicht nur nach ökonomischen oder technologischen, sondern auch nach ethischen und ökologischen Kriterien bewertet. Die Sicherung der Grundlagen menschlichen Lebens auf der Erde hat dabei oberste Priorität.

Diese Philosophie führte in Finanzkreisen zu der weit verbreiteten Annahme, sozial verantwortliches Investment sei zwangsläufig mit Renditeverzicht verbunden. Dieser Einwand wurde jedoch gerade erst von den Analysten der WestLB in einer zum Thema Nachhaltige Investments verfassten Studie widerlegt. Längst picken sich die Aktienexperten der Investmentbanken aus dem großen Kuchen der Öko-Aktien Unternehmen heraus, die an ihre Aktionäre Dividenden ausschütten oder die mit ihrem eingesetzten Kapital einen hohen Ertrag erwirtschaften. Dagegen sind Unternehmen der grünen Industrie, die das Geld ihrer Aktionäre Jahr für Jahr verbrennen und die noch um tragfähige Lösungen kämpfen, bei den Analysten weitgehend in Ungnade gefallen.

Aber auch bei profitabel wirtschaftenden Photovoltaik-Unternehmen wie Astropower oder Solarworld sehen Aktienexperten derzeit mehr Schatten als Licht. Zwar werden dem schnell wachsenden und erst am Anfang seiner Entwicklung stehenden Markt für Sonnenenergie kräftige Steigerungsraten zwischen 20 und 30 Prozent in Aussicht gestellt. Die relativ hohen Anfangsinvestitionen für Solaranlagen wirken nach Einschätzung der Analysten von Concord Equity Research jedoch häufig als Bremse. Zudem sei der in Mitteleuropa durch Solarzellen erzeugte Strom anders als im Süden noch zu teuer.

Es stimmt, der potenzielle Markt für Brennstoffzellen ist riesig - vor allem im Verkehrssektor. Doch noch immer liegt der kommerzielle Erfolg in weiter Ferne. So erwarten Experten frühestens im Jahr 2010 nennenswerte Absatzzahlen in der Autobranche. Aktien von Unternehmen, die im Bereich der Brennstoffzellentechnologie forschen, leiden daher am mangelnden Wirkungsgrad ihrer Produkte. Zudem muss ein Unternehmen wie die kanadische Ballard Power nach Einschätzung von Salomon Smith Barney noch Probleme mit dem Gewicht, der Zuverlässigkeit und beim Preis in den Griff bekommen. Vor diesem Hintergrund kann es nicht überraschen, dass auch für Brennstoffzellenspezialisten wie Ballard Power oder Plug Power Kaufempfehlungen eher Seltenheitswert haben.

Nach den kräftigen Kurskorrekturen der vergangenen Jahre erscheinen ausgewählte Aktien der grünen Geldbranche wieder interessant:

Repower Systems
Multex Estimates Konsens: Buy (1,25), EPS: 2,64 Euro

Einst waren Windenergie-Aktien gefeierte Börsenstars, die Kurse stiegen in Schwindel erregende Höhen. Doch nun herrscht in der Branche Katerstimmung. Viele Firmenchefs haben sich bei ihren Wachstumsplänen übernommen und die Möglichkeiten des Marktes überschätzt. Selbst Firmenpleiten sind deshalb nicht mehr auszuschließen. Obwohl die Windkraftbranche jährlich zwischen 15 und 20 Prozent wächst, hatte es sogar ein gesundes Unternehmen wie der Windanlagenprojektierer, -entwickler und -produzent Repower Systems im vergangenen Jahr nicht leicht, sich über die Börse Geld zu beschaffen.

Obwohl die Repower-Aktie deutlich unter ihrem Emissionskurs notiert, haben die Branchenexperten der Hamburgischen Landesbank die Hoffnung nicht aufgegeben. Sie bewerten die aktuellen Geschäftszahlen positiv, der Marktanteil des Unternehmens in Deutschland werde steigen, die Expansion ins Ausland stehe auf gesicherter Grundlage. Die Analysten der Landesbank Baden-Württemberg erneuerten zuletzt für die Aktie ihre Kaufempfehlung. Ihre Begründung: Die Hamburger verfügten über eine große technisch hochwertige Produktpipeline und seien international ausgerichtet. Auch für Thorben Geise ist die Aktie weiterhin ein Qualitätstitel unter den "Renewables". Der Analyst der WGZ-Bank empfiehlt, das Papier als Alternative zu den ?reinrassigen? Projektentwicklern zu akkumulieren.

Die weiteren Geschäftsaussichten von Repower sind günstig: So peilen die Hanseaten für dieses Jahr einen gegenüber dem Vorjahr 50 Prozent höheren Umsatz von 330 Millionen Euro an. Die operative Marge soll im zweistelligen Bereich liegen, das Auslandsgeschäft auf einen Anteil von 30 Prozent ausgeweitet werden. Für das abgelaufene Geschäftsjahr werden die Aktionäre voraussichtlich eine Dividende zwischen 50 und 70 Cents pro Aktie erhalten.

Analysten weisen allerdings auch auf einige Risiken hin. So tun sich mittelständische Windparkprojektierer und Windkraftanlagenbauer angesichts des hohen Kapitalbedarfs bei der Erschließung der Zukunftsmärkte im Ausland und vor den Küsten ("offshore") schwer. Josef Auer, Branchenanalyst bei der Deutschen Bank, rechnet deshalb damit, dass große Versorgungs- und Energiekonzerne die erforderlichen Mittel eher aufbringen können als die vergleichsweise kleinen Windparkprojektierer. Und Investitionen sind dringend nötig, da nach rasantem Wachstum in Deutschland die guten, windreichen Standorte im Binnenland Mangelware werden. Über die Realisierung von Offshore-Windparks soll allerdings erst im Jahr 2005 entschieden werden.

Tomra Systems

Tomra Systems
Multex Estimates Konsens: Outperform (1,57), EPS: 3,10 NOK

Abseits des Zukunftsmarktes ?Neue Energien? verdient Tomra Systems sein Geld. Das in Europa, Amerika und Asien vertretene norwegische Unternehmen wird davon profitieren, dass langfristig Einzelhändler in der gesamten Europäischen Union Getränkedosen und Einwegflaschen gegen Pfand zurücknehmen müssen. Denn Tomra ist der weltgrößte Anbieter von Leergut-Rücknahmeautomaten. Das Unternehmen dürfte im laufenden Geschäftsjahr nicht zuletzt auf Grund der erfolgreichen Einführung von Rücknahmesystemen in Skandinavien und Nordamerika sowie erheblichen Kostensenkungsmaßnahmen den Gewinn pro Aktie auf 3,10 (Vorjahr: 1,44) norwegische Kronen mehr als verdoppeln. Für 2004 erwarten Analysten 3,81 Kronen pro Aktie. Ebenfalls positiv: Tomra verfügt über Barmittel von über einer Milliarde Kronen - umgerechnet mehr als 130 Millionen Euro.

In Deutschland haben die Norweger allerdings gerade einen Dämpfer erhalten: Hier hat man sich trotz des zum Jahresbeginn eingeführten Pfands auf Getränkedosen und Einwegflaschen wegen noch nicht vollständig gelöster Sicherheitsfragen bislang nicht auf eines von vier konkurrierenden Rücknahmesystemen einigen können. Obwohl Tomra - wie auch die anderen Wettbewerber - vorerst aus dem Rennen sind, sehen Analysten dennoch gute Chancen, dass das Unternehmen letztlich doch noch den Zuschlag erhalten wird. Denn nach Einschätzung der Landesbank Rheinland-Pfalz ist das norwegische Technologieunternehmen im Markt für automatische Rücknahmesysteme besser positioniert als seine Konkurrenten. Tomra verfüge über die höchsten Standards bei der Überprüfung zurückgegebener Pfandverpackungen. Die Analysten sind optimistisch, dass das Sicherheitsproblem noch in diesem Jahr gelöst werden kann.

Aufgrund der zuletzt entstandenen Irritationen ist der Kurs der Tomra-Aktie eingebrochen. Dies führte dazu, dass das Papier auf 2003er Gewinnbasis nur noch ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von zehn aufweist.

Wedeco

Wedeco
Multex Estimates Konsens: Outperform (1,80), EPS: 0,75 Euro

Der Spezialist für Wasseraufbereitung Wedeco zählt ebenso wie Tomra zu den Mitgliedern des Natur-Aktien-Index. Außerdem wurde das Düsseldorfer Unternehmen - wie übrigens auch Repower - gerade erst von der Deutsche Börse AG zum Mitglied des 30 Werte umfassenden Tec-Dax erkoren. Wedeco hat nach Einschätzung von Analysten gute Chancen, am Geschäft mit dem immer knapper werdenden Trinkwasser kräftig zu verdienen. Für 2002 bestätigte der Vorstand kürzlich die Zielgrößen von 140 Millionen Euro Umsatz und 8,4 Millionen Euro Überschuss. Wedeco wird den Jahresbericht am 31. März vorlegen.

In der chemikalienfreien Wasseraufbereitung ist Wedeco weltweit das einzige Unternehmen, das Verfahren wie UV-Desinfektion und Ozonoxidation aus einer Hand anbieten kann. Dies verschafft Wettbewerbsvorteile in den USA - auch wenn die UV-Sparte, auf die der kanadische Hauptkonkurrent Trojan spezialisiert ist, die besseren Margen bringt. Der UV-Desinfektionsmarkt wächst jährlich um gut 20 Prozent, der für Ozonoxidation um rund acht Prozent. Für Fantasie sorgt auch Wedecos Präsenz im stark wachsenden chinesischen Markt. Zudem sieht Burkhard Weiss von Commerzbank Securities in der angestrebten Liberalisierung des deutschen Wassermarktes neue Chancen. Denn dann würden die Richtwerte neu bestimmt und chemiefreie Aufbereitungsmethoden einen Schub erhalten. Ein weiteres Plus: Die Auftragseingänge in Wedecos Hauptgeschäftsfeldern sind weitgehend unabhängig von der allgemeinen Wirtschaftslage.

Mit dem Kurseinbruch, der im Frühherbst vergangenen Jahres auf Schlusskursbasis sogar bis auf ein Discountpreis-Niveau von 9,99 Euro hinab führte, ist die einstige Überbewertung der Aktie inzwischen abgebaut. Die Gewinnbewertung für das Jahr 2003 liegt nur noch bei moderaten 13. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 lag das KGV in der Spitze bei etwa 100. Wedeco sei gerade im Vergleich zu Trojan (KGV 2002/03: 18) nun günstig bewertet, meint auch Burkhard Weiss. Er rät zum Kauf der Aktie. Das Bankhaus Lampe hatte bereits nach Veröffentlichung der Q3-Zahlen die Anteilsscheine des Spezialisten für Wasseraufbereitung als "Outperformer" eingestuft und das Kursziel auf 16 Euro veranschlagt.

Anleger sehen Geschäftsmodelle kritischer

So gut die drei Unternehmen Repower, Tomra und Wedeco auch in ihren Märkten aufgestellt sein mögen, große Gewinnsprünge wie während der Hausse vor knapp drei Jahren dürften auch bei diesen Aktien nicht mehr drin sein. Denn die Gewinnwarnungen vieler anderer Firmen aus der grünen Industrie haben dazu geführt, dass die Investoren wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgekehrt sind. Anleger fragen inzwischen auch kritischer nach, wie die Unternehmen, in die sie investieren wollen, denn eigentlich aufgestellt sind. Die anfängliche Goldgräberstimmung in der grünen Geldbranche ist damit passé, das Wachstum verlangsamt sich. Es liegt im Öko-Sektor allerdings weiter deutlich vor den meisten anderen Branchen. ?Wir stehen erst am Anfang einer großen Entwicklung?, gibt sich der Energie-Experte Ludger Peters von Montgomery Asset Management in San Francisco optimistisch. Trotzdem könnte es noch eine Weile dauern, bis die Investoren das Vertrauen in grüne Aktien zurückgewonnen und sich die Kurse von ihren Tiefs nachhaltig erholt haben werden.

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