Priester in Deutschland
Bis zu 300 Priester sind in Deutschland in sexuellen Missbrauch mit Kindern verwickelt. Das schätzt der Weihbischof im Ruhrbistum Essen, Franz Grave. Es handele sich um zwei Prozent der insgesamt 18.000 Priester. Gleichzeitig wies Grave in Essen jeden Generalverdacht gegen katholische Geistliche zurück. Jeder Missbrauchsfall sei einer zuviel, doch handele es sich nicht um ein "Massenphänomen, das ausschließlich in der katholischen Kirche vorkommt".
Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, der Mainzer Bischof Karl Lehmann, erwartet neue Vorwürfe gegen Priester. "Nüchtern betrachtet muss man wohl mit weiteren Enthüllungen dieser Art rechnen", schrieb Lehmann in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung ". Die Vorfälle träfen die "Kirche in diesem Land ähnlich wie in den Vereinigten Staaten ins Mark", so Lehmann weiter. Sexuellen Missbrauch gebe es in jeder Berufsgruppe, aber die Kirche stelle sich hier selbst "unter besonderen Anspruch ". Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz wollte die Erklärung als persönliche Meinungsäußerung verstanden wissen.
Bischof Grave äußerte sich in der bundesweiten Debatte über Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche zu einem Fall, der inzwischen rund 22 Jahre zurückliegt und heute veröffentlicht wurde. Der langjährige Dirktor des Essener Franz-Sales-Hauses, eines Heimes für Behinderte, hatte gestanden als junger Kaplan über Jahre hinweg einen Jugendlichen missbraucht zu haben. Der Priester sei seines Amtes enthoben und in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden, erklärte der Weihbischoff. Das Bistum habe dem inzwischen Erwachsenen Opfer psychologische Hilfe angeboten.
Schon einmal, vor neun Jahren hatte sich das Opfer an das Ruhrbistum Essen gewandt und den Fall geschildert. Damals seien nach einer internen Prüfung der Vorwürfe keine Konsequenzen gezogen worden. "Das war aus heutiger Sicht ein Versäumnis", räumte Grave ein.
Im Ruhrbistum gab es nach Angaben Graves in den vergangenen zehn Jahren noch weitere Fälle von sexuellem Missbrauch durch Priester. In zwei Fällen seien die Geistlichen zu Bewährungsstrafen und zur Zahlung von Geldbußen verurteilt worden. In einem anderen Fall konnten die Anschuldigungen nicht bewiesen werden. Die nun eingeräumte Tat sei inzwischen verjährt.