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Infineon-Chef Bauer über die akute Pleitegefahr der Speicherchip-Tochter und den Streit mit Sachsen
Die Welt:
Herr Bauer, warum lassen Sie Ihre Konzerntochter Qimonda hängen?
Peter Bauer:
Das tun wir nicht. Mir liegt Qimonda sehr am Herzen und wir wollen helfen, so gut wir das können. Aber ich trage in erster Linie die Verantwortung für Infineon, für unsere 30 000 Mitarbeiter und für unsere Aktionäre. Das muss ich bei unserem Hilfsangebot berücksichtigen.
In Dresden wird behauptet, dass Infineon im Rettungskonzept für Qimonda Luftbuchungen veranstaltet habe. Es sollen Aufträge aufgeführt sein, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt.
Bauer:
Ich bin entsetzt über diese Vorwürfe. Wir können sie allerdings leicht entkräften: Erstens, so etwas würden wir nie machen. Zweitens, Qimonda ist ein eigenständiges Unternehmen, Infineon kann gar keine Buchungen in den Geschäftsbüchern von Qimonda vornehmen. Zudem haben zwei renommierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaften das Konzept von Qimonda begutachtet, ohne Beanstandungen.
Will die Politik Infineon die Schuld für eine mögliche Pleite von Qimonda in die Schuhe schieben?
Bauer:
Ich kann die Emotionen nachvollziehen, die es momentan gibt. Immerhin geht es bei Qimonda um 12 000 Arbeitsplätze und die Frage, ob ein ganzer Wirtschaftszweig in Europa verschwindet. Aber ich bin an einer Deeskalation der Lage interessiert. Wir wollen niemanden an den Pranger stellen - gehören aber auch selbst dort nicht hin. Es muss im Interesse von Qimonda eine Lösung geben.
Trotzdem: Man hat Sie vorgeführt. Die sächsische Landesregierung hat öffentlich von Ihnen gefordert, 150 Millionen Euro für die Rettung von Qimonda zu zahlen.
Bauer:
Ich kann den schwarzen Peter nicht annehmen. Wir haben von Anfang an unsere Position deutlich gemacht und immer gesagt, wie weit unsere Mittel reichen.
Was haben Sie denn angeboten?
Bauer:
Wir sind bereit, Qimonda aus unseren eigenen Mitteln einen Kredit über 75 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Zusätzlich haben wir vorgeschlagen, ein Aktienpaket an Sachsen zu verkaufen und den Erlös ebenfalls an Qimonda zu geben. Beides zusammen ist deutlich mehr als 100 Millionen Euro wert. Das würde zugegebenermaßen ein weiteres Investment von Sachsen erfordern.
Wären Sie bereit, noch mal etwas draufzulegen?
Bauer:
Wir sind bereits bis an unsere Grenzen gegangen. Mehr können wir nicht leisten. Infineon leidet ja selbst unter der schwierigen Wirtschaftssituation. Wir müssen 3000 Arbeitsplätze abbauen. Wir wollen nicht, dass es noch mehr werden.
75 Millionen Euro sind Ihr letztes Wort?
Bauer:
Ja.
Können Infineon und Sachsen nach dem Streit überhaupt noch konstruktiv miteinander verhandeln?
Bauer:
Angesichts der schwierigen Situation von Qimonda ist sicherlich jeder bereit, über seinen Schatten zu springen und die Gespräche fortzusetzen.
Die Bundesregierung scheint bereit zu sein, Geld zu geben. Halten Sie das für möglich?
Bauer:
Wir haben zumindest von einer Bereitschaft gehört, sich dieses Themas anzunehmen.
Wie zuversichtlich sind Sie, dass eine Rettung von Qimonda gelingt?
Bauer:
Das kann ich zum heutigen Zeitpunkt nicht einschätzen. Alles hängt davon ab, ob wir gemeinsam weitere Mittel auftreiben.
Angenommen, Sie bekommen die notwendigen 300 Millionen Euro zusammen: Was soll Qimonda damit? Das Unternehmen hat das Geld doch ruckzuck verbrannt.
Bauer:
Qimonda hat eine neue Technologie entwickelt, die dem Konzern in Zukunft große Wettbewerbsvorteile verschaffen wird. Natürlich gibt es in der Speicherchipbranche immer Risiken, aber der Geschäftsplan von Qimonda ist auch für eine relativ ungünstige Entwicklung ausgelegt.
Wenn das Konzept so toll ist, warum haben Sie dann keinen privaten Investor gefunden?
Bauer:
Das liegt vor allem an der Finanzkrise. Die macht es für private Investoren schwierig, die notwendigen Investitionen bei Qimonda zu stemmen. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass sich auch noch mal neue Konstellationen ergeben.
Sie haben zuletzt einen sehr pessimistischen Ausblick für das Jahr 2009 gegeben. Gilt der noch?
Bauer:
Die meisten unserer Wettbewerber haben sich unserer Prognose angeschlossen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Entwicklung die kommenden zwei Quartale ins Positive dreht, ist nicht sehr wahrscheinlich.
Können Sie ausschließen, dass Infineon 2009 in derselben Situation steckt wie heute Qimonda?
Bauer:
Ja, das kann ich ausschließen. Infineons Herausforderung ist die langfristige Refinanzierung, wir spüren die Kreditklemme momentan massiv. Aber unser operatives Geschäft ist gesund.