27.09.2002 18:06:00
Die Wirtschaftsdaten welche am Freitag Morgen in den USA veröffentlicht wurden waren wie schon am Vortage etwas besser als erwartet. Leider deutet sich jedoch weiter keine wirtschaftliche Erholung an. Da die Erwartungen der Marktteilnehmer jedoch so niedrig angesetzt sind, wurden diese Zahlen als positives Zeichen gesehen.
Wenn ich in der Schule wieder einmal eine Mathematikarbeit einigermaßen hinter mich gebracht hatte, stellt ich sicher, mit langem Gesicht zu Hause zu erscheinen. Ich fühlte mich so schlecht, weil ich mich doch so hart vorbereitet hatte. Und trotzdem sagte mir mein (vorgetäuschtes) Gefühl, dass die Arbeit daneben war. So versuchte ich das wenigsten meinen Eltern zu verkaufen, um eine bessere "Startposition" zu ergattern. Kam die Arbeit dann wieder mal nur durchschnittlich zurück (3 oder 4), wurde dies Zuhause oftmals schon oft als ein Sieg gesehen. Im Unterschied zum Aktienmarkt, konnte ich dieses Schauspiel bei meinen Eltern nicht ständig wiederholen. Am Aktienmarkt funktioniert es aber. Die Anleger sind so froh, dass Ihre Verluste sich verringert haben, dass sie sofort neue Hoffnung schöpfen und mutig ihre Positionen beibehalten. Eine Kurssteigerung von 10%, nach einem vorherigen Kursverlust von 10% bringt aber nur 90% des Verlustes zurück (ein bisschen Mathematik ist also doch hängen geblieben). Wenn man dies wiederholt durchexerziert, kumuliert sich jedoch der angelaufene Verlust. Deshalb sollten alle Aktienpositionen mit einem Stop-Loss versehen werden, welches bei steigenden Kursen nachgezogen wird. So "laufen" die Gewinner und die Verlierer können ausgebremst werden. Gerade in einem volatilen Markt bewehrt sich diese Disziplin.
REITs (Real Estate Investment Trusts). Diese verbrieften Beteiligungen am Realestatemarkt der USA waren in den letzten 3 Jahren der Renner. Immer mehr Anleger interessieren sich für diese als Aktienanteile verbrieften Investitionen in den Grund- und Bodenmarkt der USA. Die überwiegende Mehrzahl der ausstehenden REITs investiert in Commercial Real Estate (Bürohäuser, Lagerhallen und Fabriken). Leider schauen die Bewertungen der REITs jedoch meist in die (sichere) Vergangenheit und nicht in die (unsichere) Gegenwart oder gar Zukunft. Die Renditeberechnungen der REITs beruhen auf langfristig abgeschlossenen Mietverträgen. So manches REIT hatte Enron, WorldCom und ähnliche als Mieter. Schon bald wird der eine oder andere Mietscheck ausbleiben. Die oft überhöht angesetzten Mieten der heißen Phase des Commercial Real Estate Marktes lassen sich immer schwieriger verdienen.
Seit Jahresbeginn stieg die Leerstandsrate bei Commercial Real Estate in den USA von 15% auf 17,2% an. Der Trend ist ungebrochen. Je teurer (die Mieten (und damit profitabler der REIT) um so eher muss davon ausgegangen werden, dass die Mietverträge nach deren Ablauf nicht verlängert werden, wenn sie nicht schon oft vorher gebrochen werden sollten. Von 86 Commercial Real Estate Märkten, welche Merrill Lynch analysiert und verfolge, stuft das Brokerhaus 20% als " distressed" ein. Laut dem Omaha World Herald stieg die Leerstandsrate in Omaha von 11% auf 34 % an !
Auch die Meldungen über die Defizite der Pensionskassen der US-Firmen häufen sich. 339 Firmen von 500 aus dem S&P500 (einem Benchmark Index !!) werden Ende 2002 underfundend sein. Letzte Schätzungen liegen bei $ 323 Milliarden, oder 69% ihrer gesamten Assets. Firmen wie Ford (F) schulden ihrer Pensionskasse $ 7 Mrd. und gehören damit noch lange nicht zu den Spitzenreitern. Ford hat eine Marktkapitalisierung (ausstehende Aktien x Kurs) von ca. $ 18,1 Milliarden. Wie blind das (fehlgeleitete) Vertrauen der Anleger in Institutionen mit vertrautem Namen ist, symbolisiert meiner Meinung nach Ford. Der Autokonzern hat Bond in Höhe Von ca. $ 127 Milliarden. Sollte der Autoabsatz unter "die Räder" kommen, Was dann. In der vergangenen Woche stufte, die wenig bekannte Ratingagentur Egan Jones, Ford denn auch auf Junk herunter. Moodys & S+P halten Ford noch als Investment Grade. Egan Jones ist eine unabhängige Ratingagentur, welche ihre Ergebnisse an zahlende Kunden verkauft, sich aber nicht für Ratings bezahlen lässt, wie es die Konkurrenz tut. Egan Jones hatte Enron und WorldCom Monate bevor es S+P oder Moodys taten, bereits auf Junk herabgestuft. Laut dem Umfrageinstitut J.D.Power ist der PKW Absatz in den ersten 2 Wochen des September, gegenüber den 3 Vormonaten, stark rückläufig.
Das makroökonomische Umfeld ist so weiterhin eine mit finanziellen Tretminen ausgelegte Wiese. Größte Vorsicht ist leider weiter geboten. Die neuesten Gewinnwarnungen (Phillip Morris) und Herabstufungen (General Electric) machen dies deutlich.
Gruss aus New York, Jerry (Gerhard Summerer / Aktienhändler New York)
Gruß