Mut und Verstand
Hans Bernecker: Mut und Verstand
Mails/Nachrichten vom 04.09.2002, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
rein oder raus? Jetzt ist Mut, aber auch Verstand gefragt. Die Wette lautet: Verhältnis Chance/Risiko 80:20 für eine saftige Erholung nach dem Sell off von gestern. Was spricht dafür, was dagegen? Drei Fakten waren gestern bestimmend. Davon einer, von dem Sie noch nichts wissen (können). Die Nerven der Anleger liegen natürlich blank, die der Banker noch blanker und niemand wird sich heute trauen, etwas zu tun. Vorab:
Gestern gab es keinen einzigen Tiefstkurs in den relevanten Titeln der Technologie und anderen marktbestimmenden Segmenten. Weder im Dow Jones, noch im Nasdaq oder S+P 500 oder DAX. Jeweils Schlußbasis.
VDAX erneut über 50 und der amerikanische SRO seit drei Tagen auf Talfahrt, nachdem er am Donnerstag/Freitag letzter Woche gedreht hat. Zeichnen Sie es in der Abbildung auf S. 7 der AB Nr. 32 nach. Die Spitze lag bei + 6 und befindet sich jetzt wieder bei etwa Null. Volumen gestern normal bei 1,26 bzw. 1,16 Mrd Stück, davon aber 90 % auf der fallenden Seite. Das ist typisch für einen Sell off. Wichtiger ist: Sell off ohne massiv höhere Umsätze. Nun zu den Fakten:
Die schwache Tokio-Börse war nur ein äußerer Anlaß, den ich nicht sehr hoch gewichte, wie gestern erläutert.
Schwerer wiegt ein anderer Tatbestand, den ich sehr kurz umreiße: Mehrere Lebensversicherer wurden Ende letzter Woche und am Montag aufgefordert, ihre Allokation innerhalb 24 Stunden zu Lasten der Aktien zu verändern, und zwar um 10 - 15 Prozentpunkte. Voraussetzung ist der sogenannte Stresstest, der berechnet, wie die Versicherungsleistung mit dem Faktor Risiko abgeglichen wird. Das führte bei einer ganzen Reihe von Unternehmen zu einem negativen Resultat mit der beschriebenen Folge. Die Aufforderung hieß: Verkaufen, aber ohne Rücksicht auf die Marktlage. Allein der versicherungstechnische Aspekt mit den Folgen für die Bilanz ist für die Beamten/Prüfer ausschlaggebend. Ich veranschlage das Volumen aus gutem Grund auf mindestens 1 - 1,3 Mrd E. für deutsche Aktien, davon über 80 % im DAX. Das war natürlich wirksam.
In USA stand der Einkäuferindex im Mittelpunkt. Welcher ist richtig? Der von Chicago, der am Freitag von 51,5 auf 54,9 stieg und sogar für Euphorie sorgte, oder der von gestern (ISM), der mit 52 erwartet worden war, aber unverändert bei 50,50 verharrte. Daraus eine Baisse zu machen, ist natürlich Unsinn, schon schwachsinnig. Ernster ist der Teilindex für die Auftragseingänge, der leicht unter 50 gefallen war.
Soweit die drei Ursachen. Eine vierte? Angst vor dem 11. September. Glauben Sie wirklich, daß Bin Ruhrpott und Stox Laden und seine Mannen zum Terrorgeburtstag von New York nochmals eine große Party veranstalten? Wenn Sie dies wirklich annehmen, sollten Sie sich ernsthaft im Spiegel betrachten. Wie auch immer:
Psychologie ersetzt den Verstand nicht. Das einzige Problem besteht heute darin: Fangen die Märkte schwach an und drehen im Tagesverlauf, oder erst morgen oder starten sie fest und mit dem neuen Tiefststand des Nikkei knapp um 9.000 ist das etwas fraglich.
Firmendaten interessieren heute nicht, aber auch das ist nicht untypisch. Alle haben Angst vor der Chipkrise, doch seit gestern sieht es die Branche anders: 8 % Plus im Juli für den Ordereingang bedeutet + 3 % für das Quartal, und der US-Branchenverband SIA geht sogar von einer moderaten, aber nachhaltigen Erholung aus. Plus 3 % Jahresrate für 2002 und jeweils + 20 % in 2003 und 2004. Sie lesen richtig. Sie wissen aber auch: Chips haben heute die Funktion von Konjunkturseismographen.
Wie ist die eingangs erwähnte Wette zu gestalten? Am besten mit Indexzertifikaten, womit Sie die Markterholung am besten „abtasten“ können. Das ist vermutlich besser, als auf einzelne Aktien zu setzen. Ferner:
Das Ganze ist ein Trading und kein Investment auf lange Sicht. Darüber reden wir später. Wiederum ein Indikator steht heute in der Presse: AXA und A.G.F., die beiden Franzosen in der Assekuranz Europas, rücken die Dinge zurecht, nachdem darüber in den letzten Tagen die verrücktesten Vermutungen herumgereicht wurden. Siehe Ticker von gestern.
Meine Empfehlung: Markteröffnung abwarten, vielleicht bis zehn Uhr, um dann zu entscheiden. Morgen geht es weiter.
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
Besonders lieb grüßen möchte ich heute mal wieder meine Lieblings-Leser Ruhrpottzocker und Stox Dude ! ;-)))))))
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Hans Bernecker: Mut und Verstand
Mails/Nachrichten vom 04.09.2002, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
rein oder raus? Jetzt ist Mut, aber auch Verstand gefragt. Die Wette lautet: Verhältnis Chance/Risiko 80:20 für eine saftige Erholung nach dem Sell off von gestern. Was spricht dafür, was dagegen? Drei Fakten waren gestern bestimmend. Davon einer, von dem Sie noch nichts wissen (können). Die Nerven der Anleger liegen natürlich blank, die der Banker noch blanker und niemand wird sich heute trauen, etwas zu tun. Vorab:
Gestern gab es keinen einzigen Tiefstkurs in den relevanten Titeln der Technologie und anderen marktbestimmenden Segmenten. Weder im Dow Jones, noch im Nasdaq oder S+P 500 oder DAX. Jeweils Schlußbasis.
VDAX erneut über 50 und der amerikanische SRO seit drei Tagen auf Talfahrt, nachdem er am Donnerstag/Freitag letzter Woche gedreht hat. Zeichnen Sie es in der Abbildung auf S. 7 der AB Nr. 32 nach. Die Spitze lag bei + 6 und befindet sich jetzt wieder bei etwa Null. Volumen gestern normal bei 1,26 bzw. 1,16 Mrd Stück, davon aber 90 % auf der fallenden Seite. Das ist typisch für einen Sell off. Wichtiger ist: Sell off ohne massiv höhere Umsätze. Nun zu den Fakten:
Die schwache Tokio-Börse war nur ein äußerer Anlaß, den ich nicht sehr hoch gewichte, wie gestern erläutert.
Schwerer wiegt ein anderer Tatbestand, den ich sehr kurz umreiße: Mehrere Lebensversicherer wurden Ende letzter Woche und am Montag aufgefordert, ihre Allokation innerhalb 24 Stunden zu Lasten der Aktien zu verändern, und zwar um 10 - 15 Prozentpunkte. Voraussetzung ist der sogenannte Stresstest, der berechnet, wie die Versicherungsleistung mit dem Faktor Risiko abgeglichen wird. Das führte bei einer ganzen Reihe von Unternehmen zu einem negativen Resultat mit der beschriebenen Folge. Die Aufforderung hieß: Verkaufen, aber ohne Rücksicht auf die Marktlage. Allein der versicherungstechnische Aspekt mit den Folgen für die Bilanz ist für die Beamten/Prüfer ausschlaggebend. Ich veranschlage das Volumen aus gutem Grund auf mindestens 1 - 1,3 Mrd E. für deutsche Aktien, davon über 80 % im DAX. Das war natürlich wirksam.
In USA stand der Einkäuferindex im Mittelpunkt. Welcher ist richtig? Der von Chicago, der am Freitag von 51,5 auf 54,9 stieg und sogar für Euphorie sorgte, oder der von gestern (ISM), der mit 52 erwartet worden war, aber unverändert bei 50,50 verharrte. Daraus eine Baisse zu machen, ist natürlich Unsinn, schon schwachsinnig. Ernster ist der Teilindex für die Auftragseingänge, der leicht unter 50 gefallen war.
Soweit die drei Ursachen. Eine vierte? Angst vor dem 11. September. Glauben Sie wirklich, daß Bin Ruhrpott und Stox Laden und seine Mannen zum Terrorgeburtstag von New York nochmals eine große Party veranstalten? Wenn Sie dies wirklich annehmen, sollten Sie sich ernsthaft im Spiegel betrachten. Wie auch immer:
Psychologie ersetzt den Verstand nicht. Das einzige Problem besteht heute darin: Fangen die Märkte schwach an und drehen im Tagesverlauf, oder erst morgen oder starten sie fest und mit dem neuen Tiefststand des Nikkei knapp um 9.000 ist das etwas fraglich.
Firmendaten interessieren heute nicht, aber auch das ist nicht untypisch. Alle haben Angst vor der Chipkrise, doch seit gestern sieht es die Branche anders: 8 % Plus im Juli für den Ordereingang bedeutet + 3 % für das Quartal, und der US-Branchenverband SIA geht sogar von einer moderaten, aber nachhaltigen Erholung aus. Plus 3 % Jahresrate für 2002 und jeweils + 20 % in 2003 und 2004. Sie lesen richtig. Sie wissen aber auch: Chips haben heute die Funktion von Konjunkturseismographen.
Wie ist die eingangs erwähnte Wette zu gestalten? Am besten mit Indexzertifikaten, womit Sie die Markterholung am besten „abtasten“ können. Das ist vermutlich besser, als auf einzelne Aktien zu setzen. Ferner:
Das Ganze ist ein Trading und kein Investment auf lange Sicht. Darüber reden wir später. Wiederum ein Indikator steht heute in der Presse: AXA und A.G.F., die beiden Franzosen in der Assekuranz Europas, rücken die Dinge zurecht, nachdem darüber in den letzten Tagen die verrücktesten Vermutungen herumgereicht wurden. Siehe Ticker von gestern.
Meine Empfehlung: Markteröffnung abwarten, vielleicht bis zehn Uhr, um dann zu entscheiden. Morgen geht es weiter.
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
Besonders lieb grüßen möchte ich heute mal wieder meine Lieblings-Leser Ruhrpottzocker und Stox Dude ! ;-)))))))
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