Goebbels im Weißen Haus?

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Goebbels im Weißen Haus?

 
01.08.02 21:56
Das Weiße Haus will auch ein Propagandabüro

Florian Rötzer   30.07.2002
Offenbar ist US-Präsident Bush mit der Arbeit der Werbeexpertin Charlotte Beers im Außenministerium unzufrieden und will nun mit einem eigenen Büro für angemessene Selbstdarstellung im Ausland sorgen

Schon zum Auftakt des Krieges in Afghanistan hatte US-Außenminister Colin Powell am 1. Oktober 2001 die Werbeexpertin Charlotte Beers zur neuen  Undersecretary of State for Public Diplomacy ernannt. Ihre Aufgabe sollte sein, das negative Image der USA vornehmlich in den arabischen Ländern aufzumöbeln, aus den USA ein attraktives "brand" zu machen, die amerikanischen Werte zu "kommunizieren" (  Zur Aufrüstung der Wahrheit). Zuallererst war Beers angetreten, um gegen den Fernsehsender al-Jazeera anzutreten und überhaupt den Krieg gegen den internationalen, in erster Linie arabischen Terrorismus besser zu verkaufen. Jetzt will das Weiße Haus für die Schaffung eines positiven Bildes ein "Office of Global Communications" einrichten. Offenbar ist man mit der Arbeit im Außenministerium nicht zufrieden.







   
 
Foto: Weißes Haus  
     




Als Colin Powell Beers ernannte, erklärte er: "Ich wollte einen der größten Werbeexperten, weil wir das machen? Wir verkaufen etwas. Wir verkaufen ein Produkt. Und Beers  erläuterte kurz nach dem Beginn ihrer Arbeit: "Eine meiner Prioritäten wird es sein, die Worte und Bilder zu finden, durch die die Menschen auf der ganzen Welt verstehen werden, dass die Usama bin Ladins dieser Welt nicht aus religiösem Antrieb heraus handeln, dass die Terroristen keine Märtyrer oder Helden sind, sondern Verbrecher und Feiglinge."

Sehr effektiv scheint die Arbeit von Beers bislang nicht gewesen zu sein. Aber es ist auch schwer, die USA als eine offene, freundliche und friedliche Gesellschaft darzustellen, wenn die US-Politik vornehmlich auf militärische Aktionen, Kriegsdrohungen, Stützung von undemokratischen arabischen Regierungen und vor allem einer zweifelhaften Rolle im Nahen Osten setzt, die einseitig hinter Israel steht.

Beers ließ die Broschüre "Network of Terrorism" über den 11.9. und die Rolle bin Ladins anfertigen und in den arabischen Ländern verteilen, weil Texte nicht genügen, sondern Bilder zur Übermittlung der Botschaft notwendig sind. Werbung wurde in Zeitungen und Fernsehsendern geschaltet. Sie stellte den früheren Botschafter Christopher Ross ein, der fließend arabisch spricht, um in arabischen Medien aufzutreten. Es wurden verstärkt Journalisten in die USA eingeladen und eine  Ausstellung mit Fotografien von Ground Zero von Joel Meyerowitz um die Welt geschickt. Zudem werden Texte und Filme über das Leben arabischer Menschen in den USA produziert. Diplomaten lässt Beers mit Werbetechniken schulen.

Im März 2002 nahm  Radio Sawa von Voice of America seine Arbeit auf, um vornehmlich junge arabische Menschen über viel Musik auch amerikafreundliche Informationen und Nachrichten zu vermitteln. Seit Juni geschieht dies auch über Streaming Audio im Internet. Mit Befragungen werden die Präferenzen der jungen arabischen Menschen erfasst, um daraus die Musik zusammen zu stellen. Und gegen al-Jazeera will sie noch immer einen amerikanischen Fernsehsender für den Mittleren Osten aufbauen.

Das neue Propagandabüro ist offenbar, wie Washington Post  berichtet, von Karen Hughes angeregt worden, die bis vor kurzem als Beraterin des Präsidenten in Sachen öffentlicher Auftritt des Weißen Hauses gearbeitet hat. Möglicherweise sind die zunehmenden Differenzen zwischen US-Präsident Bush und seinem Außenminister ein Grund, im Weißen Haus ein eigenes Büro einzurichten. Wer es leiten soll, ist noch nicht bekannt. Allerdings soll ein Regierungsangehöriger gesagt haben, dass das neue Propagandabüro die Arbeit des Außenministeriums nicht ersetzen soll, sondern dieser nur einen "thematischen und strategischen Wert" hinzufügen will, also vermutlich stärker auf die Politik von Bush konzentriert sein dürfte. Was Amerika der Welt sagen will, müsse nämlich von der "Spitze". Und das ist dann wohl auch als eine Spitze gegen Powell und seine Mitarbeiterin Beers gerichtet.

Allerdings ist Beers noch nicht ausgebootet. Erst letzte Woche hat das Repräsentantenhaus ein Gesetz des republikanische Kongressabgeordneten und Vorsitzenden des Ausschusses für Außenpolitik Henry Hyde verabschiedet, dass dem Außenministerium für Propagandaarbeit Hunderte von Millionen US-Dollar in Aussicht stellt. Damit würden die Position Beers' gestärkt, der geplante Fernsehsender ermöglicht und Journalisten-, Austausch- und Sprachprogramme ausgebaut. Im  Gesetzestext wird begründet, warum das Geld dringend benötigt wird:


 
" (1) Surveys indicate that, in countries of predominantly Muslim population, opinions of the United States and American foreign policy among the general public and select audiences are significantly distorted by highly negative and hostile beliefs and images and that many of these beliefs and images are the result of misinformation and propaganda by individuals and organizations hostile to the United States.
(2) These negative opinions and images are highly prejudicial to the interests of the United States and to its foreign policy.

(3) As part of a broad and long-term effort to enhance a positive image of the United States in the Muslim world, a key element should be the establishment of programs to promote a greater familiarity with American society and values among the general public and select audiences in countries of predominantly Muslim population."
 
 



Charlotte Beers hat allerdings noch weitergehende Pläne. So will sie die sogenannten "American Rooms", die zu Beginn der 90er Jahre in russischen Bibliotheken angelegt wurden, für den arabischen Sprachraum modernisieren. In Universitäten und anderen öffentlichen Orten sollen Medienzentren eingerichtet werden, um den Menschen die USA näher zu bringen: "Wir schaffen unseren American Room, der virtuelle Realität einsetzen wird, um die amerikanische Kultur auf einer Wand, mit Datenbanken verbundene Computer und eine Straße in einer typischen amerikanischen Stadt auf der anderen Wand darzustellen. Schließlich werden wir die Zuschauer mit ihnen ähnlichen US-Bürger verbinden. ... Wir hoffen, dass sie als Katalysatoren für einen offeneren Dialog wirken werden."

Und natürlich hat Beers auch schöne Geschichten von der erfolgreichen Arbeit zu  berichten. So habe man etwa eine Journalistin und Autorin aus Saudi-Arabien eingeladen, die vor einer Reise in die USA gewarnt worden sei und dann gesagte hatte, als sie zurückgekehrt war:


 
"Jeder sagt, dass die Menschen im Westen schlecht und gemein sind, aber das stimmt nicht. Die Leute erzählen eine ganze Reihe von Lügen über den Westen. Die Menschen, die ich getroffen habe, sind nett, sie sind freundlich, sie lächeln. Niemand starrt einen an oder verfolgt einen. Sie verschwenden kein Geld. Sie lassen keine Lebensmittel herumliegen. Sie achten Grenzen. Ihre Gewohnheiten sind schön. In Amerika arbeiten Männer und Frauen zusammen, um ihr Leben zu verbessern."  
 



Solche "Bekehrungen" könne man durch den Ausbau der Austauschprogramme vermehren. Am wichtigsten aber sei es, der arabischen Jugend eine bessere Ausbildung zu ermöglichen. Ganz aufklärerisch meint sie, dass ein "Zugang zur Wissenschaft, zur Technologie, zu Büchern" die Jugendlichen von fanatischen Interpretationen des Islam abhalte und so offener werden. Das sei, so sagte Beers in ihrer Rede vor dem Kongressausschuss für Außenpolitik, indirekt über ein Zitat besser als militärisches Vorgehen. Aber möglicherweise hört man das im Weißen Haus nicht so gerne
Schnorrer:

Gabs das nicht schonmal, anno 41? aus Feinden

 
01.08.02 22:00
werden (vorübergehende) Freunde?



Allianz der Zweckmäßigkeit
 
Annäherung zwischen Iran und Irak: US-Politik macht aus langjährigen Feinden wieder Freunde
 
Nachdem US-Präsident George W. Bush in der Iran-Politik seines Landes eine härtere Gangart angekündigt hat und im Kongreß eine Resolution vorliegt, die ebenso wie in Bagdad auch in Teheran einen von Washington gesteuerten »Regimewechsel« fordert (siehe jW vom 29. Juli), nehmen auch iranische Regierungsmitglieder in bezug auf die USA kein Blatt mehr vor den Mund. Als der von Washington fünf Jahre lang umworbene, »gemäßigte« iranische Präsident Seyyed Mohammed Khatami kürzlich Malaysia besuchte, beschuldigte er die USA der »Kriegstreiberei« und Israel der »Grausamkeit«. Von seinen Zuhörern erhielt er begeisterten Beifall, obwohl die USA den malaysischen Premierminister Mahathir Mohamad im »Krieg gegen den Terror« zu ihren Verbündeten zählen. Anläßlich einer das ganze Land umfassenden Demonstration gegen die »amerikanischen Interventionsabsichten« erklärte Teherans Nationaler Sicherheitschef, Hassan Rowhani, Mitte Juli, daß Iran bereit sei, sich gegen jeglichen Angriff zu verteidigen. »Wenn eine Gefahr unser Land bedroht, dann müssen wir uns die Hände reichen und ihr gemeinsam trotzen«, sagte er gegen über Vertretern der internationalen Presse.

Inzwischen mehren sich allerdings Hinweise, daß Teheran im Kampf gegen den US-Interventionismus sogar in Erwägung zieht, dem langjährigen Feind in Bagdad seine Hand zu reichen. Der Experte des britischen Guardian für den Nahen und Mittleren Osten, Simon Tisdall, warnte in der vergangenen Woche gar: »Die Unfähigkeit der Bush-Regierung bringt es mit ihren kontraproduktiven Strategien noch fertig, Iran und Irak in eine gefährliche Allianz der Zweckmäßigkeit zu treiben.«

Seit der irakische Außenminister Naji Sabri im Januar einen offiziellen Besuch in Teheran abgestattet hat, haben sich die iranisch-irakischen Beziehungen zwar unspektakulär, aber stetig verbessert. Allerdings sind noch genügend Gründe für gegenseitiges Mißtrauen und Spannungen geblieben, insbesondere weil beide Seiten innerhalb ihren Grenzen Gruppen von Dissidenten und Rebellen Zuflucht gewähren, deren Ziel es ist, die jeweils andere Regierung auch mit Waffengewalt zu stürzen. Dennoch haben sich unter dem Eindruck der gemeinsamen Bedrohung durch die USA die Beziehungen zwischen den beiden Nachbarländern merklich verbessert. Hierzu muß auch die feierliche Übergabe der sterblichen Überreste von in irakischer Gefangenschaft gestorbenen iranischen Kriegsgefangenen gezählt werden.

Die iranische Führung warnte die USA gar, daß sich eine amerikanische Invasion des Irak gegen die Interessen Teherans richtet. Khatami wörtlich: »Jegliche Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Irak würde sich nicht nur gegen die Interessen der Menschen im Irak richten, sondern auch gegen die Interessen der Länder der Region.«

Die Präsidentenworte dürften in Bagdad auf besonders großes Interesse gestoßen sein. Im Fall eines Krieges wird sich Irak wohl kaum auf China oder Rußland verlassen können, trotz deren verbaler Proteste gegen die US-Angriffspläne. Bagdad ist weder Moskau noch Peking wichtig genug, um etwa im UN-Sicherheitsrat ein Veto einzulegen und damit eine schwere Krise mit den USA zu riskieren. Im Fall von Iran ist das anders. Hier sitzt bei vielen, sowohl in der Regierung als auch in der Bevölkerung, noch ein tiefer Haß gegen »den großen Satan« USA. Allein eine Entscheidung Teherans, Bagdad während eines neuerlichen US-Angriffs mit Nachschub zu versorgen und im Süden des Irak keinen von schiitischen Separatisten geführten Aufstand zuzulassen, würde die amerikanischen Kriegspläne außerordentlich erschweren. Noch problematischer würde es für die Amerikaner, wenn sich jüngste Meldungen aus nachrichtendienstlichen Kreisen bestätigten: Entgegen ursprünglich anders lautender Berichte hat Teheran eine Bitte Bagdads zum Kauf von iranischen Mittelstreckenraketen und Kampfjets nicht rundweg abgelehnt, sondern den entsprechenden politischen Gremien zur Beratung vorgelegt.

Medienberichten zufolge haben westliche Geheimdienstquellen inzwischen viele der Details bestätigt, die ursprünglich am 22. Juli in einem Bericht der in London erscheinenden Zeitung A-Sharq Al Awsat aufgezählt wurden. Demnach soll Saddam Husseins Sohn Qusay persönlich die irakische Delegation zum Waffenkauf in Teheran angeführt haben. Bei den bis zu hundert Flugzeugen handele es sich um den Rückkauf der immer noch modernen irakischen Kampfjets. Sie waren während des »Wüstensturmkrieges« 1991 in den Iran in Sicherheit gebracht worden. Bei den Raketen handele es sich um die vom Iran entwickelte »Shihab-3« mit einer Reichweite von 1300 Kilometern. Damit könnte die irakische Armee alle amerikanischen Militärbasen in der Region erreichen.
Schnorrer:

Eine ruhige Hand kann auch nervös machen: war

 
01.08.02 22:04
der neue Ribbentropp schon hier (wie heißt der eigentlich auf amerikanisch: Rib-eye?):


BUNDESREGIERUNG ZU IRAK-ANGRIFFSPLÄNEN

"Das muss man gelassen sehen"

Die Amerikaner versuchen intensiv Verbündete für einen Irak-Krieg zu finden. Die Bundesregierung hält sich bedeckt. Klare Äußerungen über die bisherige offizielle Irak-Politik hinaus gibt es trotz neuer Dringlichkeiten nicht.


US-Kampfflugzeug im Einsatz gegen den Irak, 1998. Den neuen Feldzug gilt es laut Verteidigungsminister Peter Struck gelassen zu sehen


Berlin - Der wahrscheinlich bevorstehende Krieg gegen den Irak wird zu einem immer zweifelhafteren Unternehmen. Noch besteht in der Phalanx möglicher Angreifer Uneinigkeit. Großbritanniens Premier Tony Blair will die USA in einem möglichen Irak-Feldzug unterstützen, doch die Bevölkerung auf den britischen Inseln will dies nicht. In den USA spiegeln diverse, öffentlich diskutierte Planspiele über Angriffsszenarien offenbar einen Machtkampf innerhalb der Regierung Bush wider - eventuell auch zwischen hochrangigen Militärs.
Doch obwohl die USA sich bisher offenbar auf keine Strategie festgelegt haben, sind sie nach britischen Medienberichten dabei, intensiv um die Unterstützung der Verbündeten zu werben. Angesichts der diffusen Lage scheint es den Verbündeten jedoch zunehmend schwerer zu fallen, klare Aussagen über einen Angriff auf den Irak zu machen.

   
 IN SPIEGEL ONLINE
 
·  Auslandseinsätze: Bundeswehr gegen Saddam Hussein? (30.07.2002)

·  Waffeninspektion im Irak: Schwedischer Diplomat wirft USA Spionage vor (29.07.2002)

·  Irak: USA prüfen angeblich bereits Angriffspläne (29.07.2002)

·  Irak: Briten verweigern sich Blairs Kriegskurs (28.07.2002)


 

Die Bundesregierung hält sich derzeit bedeckt. Die Äußerungen aus Berlin sind von so allgemeiner Art, dass sie kaum strittig sind. SPD-Außenexperte Gert Weisskirchen etwa sagt, die Bundesregierung würde einen Angriff gegen den Irak nur bei eindeutiger völkerrechtlicher Grundlage unterstützen. Im Deutschlandfunk sagte er: "Für uns gilt ganz eindeutig und klar, dass ein Schlag gegen Saddam Hussein durch eine neue Resolution des Uno-Sicherheitsrats autorisiert werden muss."

Die bisherigen Resolutionen der Vereinten Nationen, so Weisskirchen, seien politisch für einen erneuten Schlag gegen den Irak nicht ausreichend. "Insofern brauchen wir politisch gesehen eine neue Resolution. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass die USA alles daran setzen wird, um eine völkerrechtlich einwandfreie Grundlage für eine denkbare Aktion zu konstruieren", fügte er hinzu. Nach Angaben aus Kreisen der Bundesregierung haben sich die USA bisher nicht mit der Bitte um Unterstützung an Berlin gewandt.

Schröder: Druck auf Irak aufrechterhalten

Am Rande der deutsch-französischen Regierungskonsultationen in Schwerin sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), angesichts der Gefahr möglicher Massenvernichtungswaffen im Irak müsse der Druck auf das Regime von Saddam Hussein aufrechterhalten werden. Schröder forderte den Irak auf, die Uno-Waffeninspekteure wieder ins Land zu lassen. In dieser Frage gebe es keine Unterschiede zwischen Europa und den USA. Der Kanzler sagte, über die Frage des Angriffszeitpunkts habe Washington Konsultationen mit seinen Partnern zugesagt.

Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) sagte ebenfalls in Schwerin, es gebe derzeit "überhaupt keinen Entscheidungsbedarf" in der Frage eines möglichen Angriffs auf den Irak. In den nächsten Monaten werde sich ergeben, was die Amerikaner planten. "Das muss man gelassen sehen", sagte Struck.






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