Das Weiße Haus will auch ein Propagandabüro
Florian Rötzer 30.07.2002
Offenbar ist US-Präsident Bush mit der Arbeit der Werbeexpertin Charlotte Beers im Außenministerium unzufrieden und will nun mit einem eigenen Büro für angemessene Selbstdarstellung im Ausland sorgen
Schon zum Auftakt des Krieges in Afghanistan hatte US-Außenminister Colin Powell am 1. Oktober 2001 die Werbeexpertin Charlotte Beers zur neuen Undersecretary of State for Public Diplomacy ernannt. Ihre Aufgabe sollte sein, das negative Image der USA vornehmlich in den arabischen Ländern aufzumöbeln, aus den USA ein attraktives "brand" zu machen, die amerikanischen Werte zu "kommunizieren" ( Zur Aufrüstung der Wahrheit). Zuallererst war Beers angetreten, um gegen den Fernsehsender al-Jazeera anzutreten und überhaupt den Krieg gegen den internationalen, in erster Linie arabischen Terrorismus besser zu verkaufen. Jetzt will das Weiße Haus für die Schaffung eines positiven Bildes ein "Office of Global Communications" einrichten. Offenbar ist man mit der Arbeit im Außenministerium nicht zufrieden.
Foto: Weißes Haus
Als Colin Powell Beers ernannte, erklärte er: "Ich wollte einen der größten Werbeexperten, weil wir das machen? Wir verkaufen etwas. Wir verkaufen ein Produkt. Und Beers erläuterte kurz nach dem Beginn ihrer Arbeit: "Eine meiner Prioritäten wird es sein, die Worte und Bilder zu finden, durch die die Menschen auf der ganzen Welt verstehen werden, dass die Usama bin Ladins dieser Welt nicht aus religiösem Antrieb heraus handeln, dass die Terroristen keine Märtyrer oder Helden sind, sondern Verbrecher und Feiglinge."
Sehr effektiv scheint die Arbeit von Beers bislang nicht gewesen zu sein. Aber es ist auch schwer, die USA als eine offene, freundliche und friedliche Gesellschaft darzustellen, wenn die US-Politik vornehmlich auf militärische Aktionen, Kriegsdrohungen, Stützung von undemokratischen arabischen Regierungen und vor allem einer zweifelhaften Rolle im Nahen Osten setzt, die einseitig hinter Israel steht.
Beers ließ die Broschüre "Network of Terrorism" über den 11.9. und die Rolle bin Ladins anfertigen und in den arabischen Ländern verteilen, weil Texte nicht genügen, sondern Bilder zur Übermittlung der Botschaft notwendig sind. Werbung wurde in Zeitungen und Fernsehsendern geschaltet. Sie stellte den früheren Botschafter Christopher Ross ein, der fließend arabisch spricht, um in arabischen Medien aufzutreten. Es wurden verstärkt Journalisten in die USA eingeladen und eine Ausstellung mit Fotografien von Ground Zero von Joel Meyerowitz um die Welt geschickt. Zudem werden Texte und Filme über das Leben arabischer Menschen in den USA produziert. Diplomaten lässt Beers mit Werbetechniken schulen.
Im März 2002 nahm Radio Sawa von Voice of America seine Arbeit auf, um vornehmlich junge arabische Menschen über viel Musik auch amerikafreundliche Informationen und Nachrichten zu vermitteln. Seit Juni geschieht dies auch über Streaming Audio im Internet. Mit Befragungen werden die Präferenzen der jungen arabischen Menschen erfasst, um daraus die Musik zusammen zu stellen. Und gegen al-Jazeera will sie noch immer einen amerikanischen Fernsehsender für den Mittleren Osten aufbauen.
Das neue Propagandabüro ist offenbar, wie Washington Post berichtet, von Karen Hughes angeregt worden, die bis vor kurzem als Beraterin des Präsidenten in Sachen öffentlicher Auftritt des Weißen Hauses gearbeitet hat. Möglicherweise sind die zunehmenden Differenzen zwischen US-Präsident Bush und seinem Außenminister ein Grund, im Weißen Haus ein eigenes Büro einzurichten. Wer es leiten soll, ist noch nicht bekannt. Allerdings soll ein Regierungsangehöriger gesagt haben, dass das neue Propagandabüro die Arbeit des Außenministeriums nicht ersetzen soll, sondern dieser nur einen "thematischen und strategischen Wert" hinzufügen will, also vermutlich stärker auf die Politik von Bush konzentriert sein dürfte. Was Amerika der Welt sagen will, müsse nämlich von der "Spitze". Und das ist dann wohl auch als eine Spitze gegen Powell und seine Mitarbeiterin Beers gerichtet.
Allerdings ist Beers noch nicht ausgebootet. Erst letzte Woche hat das Repräsentantenhaus ein Gesetz des republikanische Kongressabgeordneten und Vorsitzenden des Ausschusses für Außenpolitik Henry Hyde verabschiedet, dass dem Außenministerium für Propagandaarbeit Hunderte von Millionen US-Dollar in Aussicht stellt. Damit würden die Position Beers' gestärkt, der geplante Fernsehsender ermöglicht und Journalisten-, Austausch- und Sprachprogramme ausgebaut. Im Gesetzestext wird begründet, warum das Geld dringend benötigt wird:
" (1) Surveys indicate that, in countries of predominantly Muslim population, opinions of the United States and American foreign policy among the general public and select audiences are significantly distorted by highly negative and hostile beliefs and images and that many of these beliefs and images are the result of misinformation and propaganda by individuals and organizations hostile to the United States.
(2) These negative opinions and images are highly prejudicial to the interests of the United States and to its foreign policy.
(3) As part of a broad and long-term effort to enhance a positive image of the United States in the Muslim world, a key element should be the establishment of programs to promote a greater familiarity with American society and values among the general public and select audiences in countries of predominantly Muslim population."
Charlotte Beers hat allerdings noch weitergehende Pläne. So will sie die sogenannten "American Rooms", die zu Beginn der 90er Jahre in russischen Bibliotheken angelegt wurden, für den arabischen Sprachraum modernisieren. In Universitäten und anderen öffentlichen Orten sollen Medienzentren eingerichtet werden, um den Menschen die USA näher zu bringen: "Wir schaffen unseren American Room, der virtuelle Realität einsetzen wird, um die amerikanische Kultur auf einer Wand, mit Datenbanken verbundene Computer und eine Straße in einer typischen amerikanischen Stadt auf der anderen Wand darzustellen. Schließlich werden wir die Zuschauer mit ihnen ähnlichen US-Bürger verbinden. ... Wir hoffen, dass sie als Katalysatoren für einen offeneren Dialog wirken werden."
Und natürlich hat Beers auch schöne Geschichten von der erfolgreichen Arbeit zu berichten. So habe man etwa eine Journalistin und Autorin aus Saudi-Arabien eingeladen, die vor einer Reise in die USA gewarnt worden sei und dann gesagte hatte, als sie zurückgekehrt war:
"Jeder sagt, dass die Menschen im Westen schlecht und gemein sind, aber das stimmt nicht. Die Leute erzählen eine ganze Reihe von Lügen über den Westen. Die Menschen, die ich getroffen habe, sind nett, sie sind freundlich, sie lächeln. Niemand starrt einen an oder verfolgt einen. Sie verschwenden kein Geld. Sie lassen keine Lebensmittel herumliegen. Sie achten Grenzen. Ihre Gewohnheiten sind schön. In Amerika arbeiten Männer und Frauen zusammen, um ihr Leben zu verbessern."
Solche "Bekehrungen" könne man durch den Ausbau der Austauschprogramme vermehren. Am wichtigsten aber sei es, der arabischen Jugend eine bessere Ausbildung zu ermöglichen. Ganz aufklärerisch meint sie, dass ein "Zugang zur Wissenschaft, zur Technologie, zu Büchern" die Jugendlichen von fanatischen Interpretationen des Islam abhalte und so offener werden. Das sei, so sagte Beers in ihrer Rede vor dem Kongressausschuss für Außenpolitik, indirekt über ein Zitat besser als militärisches Vorgehen. Aber möglicherweise hört man das im Weißen Haus nicht so gerne
Florian Rötzer 30.07.2002
Offenbar ist US-Präsident Bush mit der Arbeit der Werbeexpertin Charlotte Beers im Außenministerium unzufrieden und will nun mit einem eigenen Büro für angemessene Selbstdarstellung im Ausland sorgen
Schon zum Auftakt des Krieges in Afghanistan hatte US-Außenminister Colin Powell am 1. Oktober 2001 die Werbeexpertin Charlotte Beers zur neuen Undersecretary of State for Public Diplomacy ernannt. Ihre Aufgabe sollte sein, das negative Image der USA vornehmlich in den arabischen Ländern aufzumöbeln, aus den USA ein attraktives "brand" zu machen, die amerikanischen Werte zu "kommunizieren" ( Zur Aufrüstung der Wahrheit). Zuallererst war Beers angetreten, um gegen den Fernsehsender al-Jazeera anzutreten und überhaupt den Krieg gegen den internationalen, in erster Linie arabischen Terrorismus besser zu verkaufen. Jetzt will das Weiße Haus für die Schaffung eines positiven Bildes ein "Office of Global Communications" einrichten. Offenbar ist man mit der Arbeit im Außenministerium nicht zufrieden.
Foto: Weißes Haus
Als Colin Powell Beers ernannte, erklärte er: "Ich wollte einen der größten Werbeexperten, weil wir das machen? Wir verkaufen etwas. Wir verkaufen ein Produkt. Und Beers erläuterte kurz nach dem Beginn ihrer Arbeit: "Eine meiner Prioritäten wird es sein, die Worte und Bilder zu finden, durch die die Menschen auf der ganzen Welt verstehen werden, dass die Usama bin Ladins dieser Welt nicht aus religiösem Antrieb heraus handeln, dass die Terroristen keine Märtyrer oder Helden sind, sondern Verbrecher und Feiglinge."
Sehr effektiv scheint die Arbeit von Beers bislang nicht gewesen zu sein. Aber es ist auch schwer, die USA als eine offene, freundliche und friedliche Gesellschaft darzustellen, wenn die US-Politik vornehmlich auf militärische Aktionen, Kriegsdrohungen, Stützung von undemokratischen arabischen Regierungen und vor allem einer zweifelhaften Rolle im Nahen Osten setzt, die einseitig hinter Israel steht.
Beers ließ die Broschüre "Network of Terrorism" über den 11.9. und die Rolle bin Ladins anfertigen und in den arabischen Ländern verteilen, weil Texte nicht genügen, sondern Bilder zur Übermittlung der Botschaft notwendig sind. Werbung wurde in Zeitungen und Fernsehsendern geschaltet. Sie stellte den früheren Botschafter Christopher Ross ein, der fließend arabisch spricht, um in arabischen Medien aufzutreten. Es wurden verstärkt Journalisten in die USA eingeladen und eine Ausstellung mit Fotografien von Ground Zero von Joel Meyerowitz um die Welt geschickt. Zudem werden Texte und Filme über das Leben arabischer Menschen in den USA produziert. Diplomaten lässt Beers mit Werbetechniken schulen.
Im März 2002 nahm Radio Sawa von Voice of America seine Arbeit auf, um vornehmlich junge arabische Menschen über viel Musik auch amerikafreundliche Informationen und Nachrichten zu vermitteln. Seit Juni geschieht dies auch über Streaming Audio im Internet. Mit Befragungen werden die Präferenzen der jungen arabischen Menschen erfasst, um daraus die Musik zusammen zu stellen. Und gegen al-Jazeera will sie noch immer einen amerikanischen Fernsehsender für den Mittleren Osten aufbauen.
Das neue Propagandabüro ist offenbar, wie Washington Post berichtet, von Karen Hughes angeregt worden, die bis vor kurzem als Beraterin des Präsidenten in Sachen öffentlicher Auftritt des Weißen Hauses gearbeitet hat. Möglicherweise sind die zunehmenden Differenzen zwischen US-Präsident Bush und seinem Außenminister ein Grund, im Weißen Haus ein eigenes Büro einzurichten. Wer es leiten soll, ist noch nicht bekannt. Allerdings soll ein Regierungsangehöriger gesagt haben, dass das neue Propagandabüro die Arbeit des Außenministeriums nicht ersetzen soll, sondern dieser nur einen "thematischen und strategischen Wert" hinzufügen will, also vermutlich stärker auf die Politik von Bush konzentriert sein dürfte. Was Amerika der Welt sagen will, müsse nämlich von der "Spitze". Und das ist dann wohl auch als eine Spitze gegen Powell und seine Mitarbeiterin Beers gerichtet.
Allerdings ist Beers noch nicht ausgebootet. Erst letzte Woche hat das Repräsentantenhaus ein Gesetz des republikanische Kongressabgeordneten und Vorsitzenden des Ausschusses für Außenpolitik Henry Hyde verabschiedet, dass dem Außenministerium für Propagandaarbeit Hunderte von Millionen US-Dollar in Aussicht stellt. Damit würden die Position Beers' gestärkt, der geplante Fernsehsender ermöglicht und Journalisten-, Austausch- und Sprachprogramme ausgebaut. Im Gesetzestext wird begründet, warum das Geld dringend benötigt wird:
" (1) Surveys indicate that, in countries of predominantly Muslim population, opinions of the United States and American foreign policy among the general public and select audiences are significantly distorted by highly negative and hostile beliefs and images and that many of these beliefs and images are the result of misinformation and propaganda by individuals and organizations hostile to the United States.
(2) These negative opinions and images are highly prejudicial to the interests of the United States and to its foreign policy.
(3) As part of a broad and long-term effort to enhance a positive image of the United States in the Muslim world, a key element should be the establishment of programs to promote a greater familiarity with American society and values among the general public and select audiences in countries of predominantly Muslim population."
Charlotte Beers hat allerdings noch weitergehende Pläne. So will sie die sogenannten "American Rooms", die zu Beginn der 90er Jahre in russischen Bibliotheken angelegt wurden, für den arabischen Sprachraum modernisieren. In Universitäten und anderen öffentlichen Orten sollen Medienzentren eingerichtet werden, um den Menschen die USA näher zu bringen: "Wir schaffen unseren American Room, der virtuelle Realität einsetzen wird, um die amerikanische Kultur auf einer Wand, mit Datenbanken verbundene Computer und eine Straße in einer typischen amerikanischen Stadt auf der anderen Wand darzustellen. Schließlich werden wir die Zuschauer mit ihnen ähnlichen US-Bürger verbinden. ... Wir hoffen, dass sie als Katalysatoren für einen offeneren Dialog wirken werden."
Und natürlich hat Beers auch schöne Geschichten von der erfolgreichen Arbeit zu berichten. So habe man etwa eine Journalistin und Autorin aus Saudi-Arabien eingeladen, die vor einer Reise in die USA gewarnt worden sei und dann gesagte hatte, als sie zurückgekehrt war:
"Jeder sagt, dass die Menschen im Westen schlecht und gemein sind, aber das stimmt nicht. Die Leute erzählen eine ganze Reihe von Lügen über den Westen. Die Menschen, die ich getroffen habe, sind nett, sie sind freundlich, sie lächeln. Niemand starrt einen an oder verfolgt einen. Sie verschwenden kein Geld. Sie lassen keine Lebensmittel herumliegen. Sie achten Grenzen. Ihre Gewohnheiten sind schön. In Amerika arbeiten Männer und Frauen zusammen, um ihr Leben zu verbessern."
Solche "Bekehrungen" könne man durch den Ausbau der Austauschprogramme vermehren. Am wichtigsten aber sei es, der arabischen Jugend eine bessere Ausbildung zu ermöglichen. Ganz aufklärerisch meint sie, dass ein "Zugang zur Wissenschaft, zur Technologie, zu Büchern" die Jugendlichen von fanatischen Interpretationen des Islam abhalte und so offener werden. Das sei, so sagte Beers in ihrer Rede vor dem Kongressausschuss für Außenpolitik, indirekt über ein Zitat besser als militärisches Vorgehen. Aber möglicherweise hört man das im Weißen Haus nicht so gerne