Aus der FTD vom 30.3.2001 www.ftd.de/gft
GFT geht auf Schnäppchenjagd
Von Thomas Clark, Frankfurt
Das größte heimische Internet-Beratungsunternehmen GFT möchte die katastrophale Situation seiner Branchenkollegen für eine Schnäppchenjagd und damit für weiteres Wachstum nutzen.
"Wir müssen in der Lage sein, von der Krise der Konkurrenz zu profitieren und wollen in den nächsten zwei bis drei Monaten strategische Zukäufe machen", sagte GFT-Finanzvorstand Markus Kerber bei der Jahresbilanzkonferenz in Frankfurt und fügte hinzu: "Wir werden demnächst die ersten Konkurse sehen."
Die aggressiv anmutende Ansage des Vorstands der traditionell zurückhaltenden GFT verdeutlicht sowohl den Frust über die derzeitige Branchensituation als auch das eigene Zutrauen, diese Situation zu meistern. Betrachtet man die Entwicklung des operativen Geschäfts im Vorjahr, so ist das Selbstvertrauen durchaus berechtigt. Mit Erlösen von 169 Mio. DM (plus 46 Prozent) verfehlte die GFT ihre Umsatzprognose nur um eine Mio. DM - im Vergleich zum Einbruch vieler Konkurrenten im In- und Ausland (Pixelpark, Sapient, Framfab), die ihre Prognosen um bis zu 40 Prozent verfehlten, ein Musterbeispiel badischer Verlässlichkeit. (Der Hauptsitz der GFT, die mittlerweile zwölf Niederlassungen hat, liegt im baden-württembergischen Sankt Georgen.) Auch bei den Erträgen aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit hat GFT-Chef Ulrich Dietz Wort gehalten. Mit 19,6 Mio. DM hat sich der operative Cash-Flow (Geldmittelzufluss) fast verdreifacht.
Heftige Ohrfeige
Trotzdem gab es auch für die GFT an der Börse eine heftige Ohrfeige, als die neuen Zahlen bekannt wurden. Der Grund: Weil die GFT selbst mit Technologieaktien wie Cisco spekulierte, die zum Jahresende heftig unter dem Einkaufspreis lagen (Verlust: rund 2 Mio. DM) und zudem durch den rückwirkend verbuchten Zukauf von Tochterfirmen Abschreibungen vornehmen musste, verfehlten die Spezialisten für Software-Lösungen ihr Gewinnziel klar. Das Ergebnis vor Steuern (Ebit) lag mit nur 11,1 Mio. DM deutlich unter den angepeilten 17 Mio. DM. Die in diesem Segment mittlerweile hypersensiblen Anleger ließen die GFT-Papiere daraufhin um über 40 Prozent auf einen historischen Tiefstand sinken.
Durchaus Grund zum Frust, denn die GFT hatte sich im Vorjahr weder vom betriebswirtschaftlich unverantwortlichen Kaufrausch noch vom exorbitanten Wachstumsdrang so mancher Konkurrenten anstecken lassen, sondern bieder ihr Geschäft gemacht. Dass dieses fast planmäßig ablief, hat zwei Gründe.
Hohe Beratungskosten
Einerseits liegt der Schwerpunkt der GFT - anders als bei Pixelpark oder I-D-Media - nicht beim Gestalten von Web-Seiten, sondern vielmehr bei der technischen Verknüpfung von Internetfunktionen mit der bestehenden Software einer Firma, um beispielsweise eine bessere Auswertung von Kundendaten zu erreichen. In diesem hochkomplexen Bereich sind viele Unternehmen immer noch bereit, Beratungskosten von durchschnittlich 1800 DM pro Tag zu bezahlen - im Gegensatz zum Webdesign.
Außerdem profitierte die GFT davon, dass der Großteil ihrer Kunden nicht Dotcom-Firmen sind, die jetzt reihenweise Pleite gehen, sondern Konzerne wie Deutsche Post (mit 16 Prozent Aktionär von GFT), die Deutsche Bank und DaimlerChrysler.
Diese biedere Strategie trägt jetzt Früchte. Weil die GFT als nominelles Mitglied der New Economy ihr Geschäft im Old-Economy-Stil abzog, muss sie nun nicht so tief fallen - zumindest was das operative Geschäft betrifft. Doch die Tatsache, dass die Firma vorerst mit einem blauen Auge davon gekommen ist, während Branchenkollegen schwer angeschlagen ums Überleben kämpfen, sollte die Softwareberater nicht übermütig werden lassen.
Unnötig unter Druck
Dass GFT-Chef Dietz die Wachstumsprognosen für 2001 und 2002 auf 30 bis 35 Prozent reduziert hat, mag laut Ansicht von Analysten ja noch als taktisch kluge Vorsichtsmaßnahme gelten. Die hinausposaunte Kaufansage jedoch nicht. Diese dient nämlich entweder nur der Aktienpflege oder setzt die GFT unnötig unter Druck. Beides hat Bumerang-Effekte.
Schon die bisherigen Zukäufe - etwa die knapp 20-prozentige Beteiligung beim US-Webdesigner "Plumb Design" oder die Übernahme der heimischen Pixelfactory - haben die GFT-Bilanz nicht gerade mit Glanz überschüttet. Zwar ist dem GFT-Management offenbar bewusst, dass es bei Zukäufen sehr vorsichtig agieren muss. Aus diesem Grund will Finanzvorstand Kerber auch nur mit Aktien bezahlen und die Bargeldkasse von knapp 30 Mio. DM weitgehend unangetastet lassen.
Doch allein die Ansage von Firmenchef Dietz gegenüber der FTD, dass derzeit mit drei Firmen verhandelt wird und es bis Juni 2001 zu Abschlüssen kommen soll, lässt befürchten, dass die GFT die Sprücheklopfer-Taktik der Konkurrenz annehmen könnte. Stattdessen sollte sich die Firma lieber auf das beschränken, was sie am besten kann: organisch wachsen.
© 2001 Financial Times Deutschland
URL des Artikels: www.ftd.de/tm/it/FTDH3WBNWKC.html
Kaufen???
praesidialer Gruß
GFT geht auf Schnäppchenjagd
Von Thomas Clark, Frankfurt
Das größte heimische Internet-Beratungsunternehmen GFT möchte die katastrophale Situation seiner Branchenkollegen für eine Schnäppchenjagd und damit für weiteres Wachstum nutzen.
"Wir müssen in der Lage sein, von der Krise der Konkurrenz zu profitieren und wollen in den nächsten zwei bis drei Monaten strategische Zukäufe machen", sagte GFT-Finanzvorstand Markus Kerber bei der Jahresbilanzkonferenz in Frankfurt und fügte hinzu: "Wir werden demnächst die ersten Konkurse sehen."
Die aggressiv anmutende Ansage des Vorstands der traditionell zurückhaltenden GFT verdeutlicht sowohl den Frust über die derzeitige Branchensituation als auch das eigene Zutrauen, diese Situation zu meistern. Betrachtet man die Entwicklung des operativen Geschäfts im Vorjahr, so ist das Selbstvertrauen durchaus berechtigt. Mit Erlösen von 169 Mio. DM (plus 46 Prozent) verfehlte die GFT ihre Umsatzprognose nur um eine Mio. DM - im Vergleich zum Einbruch vieler Konkurrenten im In- und Ausland (Pixelpark, Sapient, Framfab), die ihre Prognosen um bis zu 40 Prozent verfehlten, ein Musterbeispiel badischer Verlässlichkeit. (Der Hauptsitz der GFT, die mittlerweile zwölf Niederlassungen hat, liegt im baden-württembergischen Sankt Georgen.) Auch bei den Erträgen aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit hat GFT-Chef Ulrich Dietz Wort gehalten. Mit 19,6 Mio. DM hat sich der operative Cash-Flow (Geldmittelzufluss) fast verdreifacht.
Heftige Ohrfeige
Trotzdem gab es auch für die GFT an der Börse eine heftige Ohrfeige, als die neuen Zahlen bekannt wurden. Der Grund: Weil die GFT selbst mit Technologieaktien wie Cisco spekulierte, die zum Jahresende heftig unter dem Einkaufspreis lagen (Verlust: rund 2 Mio. DM) und zudem durch den rückwirkend verbuchten Zukauf von Tochterfirmen Abschreibungen vornehmen musste, verfehlten die Spezialisten für Software-Lösungen ihr Gewinnziel klar. Das Ergebnis vor Steuern (Ebit) lag mit nur 11,1 Mio. DM deutlich unter den angepeilten 17 Mio. DM. Die in diesem Segment mittlerweile hypersensiblen Anleger ließen die GFT-Papiere daraufhin um über 40 Prozent auf einen historischen Tiefstand sinken.
Durchaus Grund zum Frust, denn die GFT hatte sich im Vorjahr weder vom betriebswirtschaftlich unverantwortlichen Kaufrausch noch vom exorbitanten Wachstumsdrang so mancher Konkurrenten anstecken lassen, sondern bieder ihr Geschäft gemacht. Dass dieses fast planmäßig ablief, hat zwei Gründe.
Hohe Beratungskosten
Einerseits liegt der Schwerpunkt der GFT - anders als bei Pixelpark oder I-D-Media - nicht beim Gestalten von Web-Seiten, sondern vielmehr bei der technischen Verknüpfung von Internetfunktionen mit der bestehenden Software einer Firma, um beispielsweise eine bessere Auswertung von Kundendaten zu erreichen. In diesem hochkomplexen Bereich sind viele Unternehmen immer noch bereit, Beratungskosten von durchschnittlich 1800 DM pro Tag zu bezahlen - im Gegensatz zum Webdesign.
Außerdem profitierte die GFT davon, dass der Großteil ihrer Kunden nicht Dotcom-Firmen sind, die jetzt reihenweise Pleite gehen, sondern Konzerne wie Deutsche Post (mit 16 Prozent Aktionär von GFT), die Deutsche Bank und DaimlerChrysler.
Diese biedere Strategie trägt jetzt Früchte. Weil die GFT als nominelles Mitglied der New Economy ihr Geschäft im Old-Economy-Stil abzog, muss sie nun nicht so tief fallen - zumindest was das operative Geschäft betrifft. Doch die Tatsache, dass die Firma vorerst mit einem blauen Auge davon gekommen ist, während Branchenkollegen schwer angeschlagen ums Überleben kämpfen, sollte die Softwareberater nicht übermütig werden lassen.
Unnötig unter Druck
Dass GFT-Chef Dietz die Wachstumsprognosen für 2001 und 2002 auf 30 bis 35 Prozent reduziert hat, mag laut Ansicht von Analysten ja noch als taktisch kluge Vorsichtsmaßnahme gelten. Die hinausposaunte Kaufansage jedoch nicht. Diese dient nämlich entweder nur der Aktienpflege oder setzt die GFT unnötig unter Druck. Beides hat Bumerang-Effekte.
Schon die bisherigen Zukäufe - etwa die knapp 20-prozentige Beteiligung beim US-Webdesigner "Plumb Design" oder die Übernahme der heimischen Pixelfactory - haben die GFT-Bilanz nicht gerade mit Glanz überschüttet. Zwar ist dem GFT-Management offenbar bewusst, dass es bei Zukäufen sehr vorsichtig agieren muss. Aus diesem Grund will Finanzvorstand Kerber auch nur mit Aktien bezahlen und die Bargeldkasse von knapp 30 Mio. DM weitgehend unangetastet lassen.
Doch allein die Ansage von Firmenchef Dietz gegenüber der FTD, dass derzeit mit drei Firmen verhandelt wird und es bis Juni 2001 zu Abschlüssen kommen soll, lässt befürchten, dass die GFT die Sprücheklopfer-Taktik der Konkurrenz annehmen könnte. Stattdessen sollte sich die Firma lieber auf das beschränken, was sie am besten kann: organisch wachsen.
© 2001 Financial Times Deutschland
URL des Artikels: www.ftd.de/tm/it/FTDH3WBNWKC.html
Kaufen???
praesidialer Gruß