Der gebeutelte Nischenplayer Gericom setzt zum Comeback
an.
Für den österreichischen Notebook-Produzenten Gericom AG ist Licht am
Ende des Tunnels zu erkennen. Die ersten 4 Monate 2002 haben das
Unternehmen des Self-Made-Mannes Hermann Oberlehner arg gebeutelt.
Lieferprobleme bei Pentium-4-Prozessoren, damit verbunden ein
entäuschendes Quartalsergebnis und der Vorwurf von
Bilanzmanipulationen.
Der letzte Punkt ist seit Mitte der Woche definitiv vom Tisch, eine
Sonderprüfung hat angebliche Liquiditätsprobleme und Manipulationen
widerlegt. Im weiteren Jahresverlauf kann die Gruppe aus Linz dort
ansetzen, wo sie im Weihnachtsgeschäft aufgehört hat: In großen
Mengen preiswerte Laptops über Handelsketten zu verkaufen. Hier zeigt
sich jedoch auch das Grundproblem: Branchenriesen wie Toshiba und
Fujitsu-Siemens drängen mit Macht und ihrem Image in die gleiche
Marktnische, in der sich wie im Gesamtmarkt für Computer
Sättigungserscheinungen bemerkbar machen. Im Raum stehen auch die
bösen Gerüchte, die Lieferverzögerungen bei Intel seien von der
Konkurrenz initiiert worden oder Intel selber habe die Auslieferung
zurückgehalten, um sich mit den eigentlich für stationäre PC
gedachten Prozessoren den Markt für später geplante Varianten für den
Einsatz in Laptops nicht kaputt zu machen.
Von dem wieder funktionierenden Fluss der Halbleiter nach Österreich
hat Gericom im April profitiert, der Umsatz kletterte um 17%, im
ersten Quartal war er noch um 46% auf 88 Mill. Euro eingebrochen.
Positiv ist, dass die EBIT-Marge mit 4,93% nicht allzu weit vom
Zielwert 5,3% für das Gesamtjahr entfernt ist. Äußerst ambitioniert
bleibt allerdings das Umsatzziel von 640 Mill. Euro, denn damit
müssen von April bis Dezember gut 530 Mill. Euro Erlöse reinkommen,
was trotz des wiederauflebenden Aktionsgeschäfts mit dem Neckarsulmer
Discounter Lidl schwer werden könnte. Mit dem Outdoor-Notebook X-5
will Oberlehner erneut eine interessante Nische füllen, ein
Massenprodukt ist es jedoch kaum. Die avisierten bis zu 15%
Umsatzanteil schon 2002 dürften um den Faktor 3 zu hoch gegriffen
sein, meinen Branchenkenner. Das zeigt auch: Die stetige Suche nach
engen, aber margenstarken Sonderbereichen im Computermarkt ist für
die Österreicher Chance und Risiko zugleich. Denn anders als Medion
sind sie kaum diversifiziert und damit angreifbarer für Schwankungen
beim Hauptprodukt Notebook. Schaffen sie es jedoch, im Ausland die
gleiche Notebook-Begeisterung wie in Österreich und Deutschland zu
erzeugen und den Umsatzanteil in Richtung auf ein Drittel von zuletzt
23% zu steigern, sind die Umsatzperspektiven realistisch. Wer
Vertrauen in den Unternehmer Oberlehner und sein Gespür für Märkte
und Randprodukte hat und spekulativ veranlagt ist, bekommt die Aktie
derzeit mit 16,50 Euro noch nahe am 52-Wochen-Tief von 13,30
Gruß Pichel